04-20-2024, 03:34 PM,
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Alun
Falke; aka Lucius Tarutius Corvus
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RE: Neuer Ruf an die Falken
(04-17-2024, 11:37 AM)Cathbad schrieb: "Roms Mühlen mahlen langsam. Selbst wenn der hiesige Provinzialbeamte etwas Auffälliges bemerket hat, liegt es nicht an ihm, irgendeine Entscheidung zu treffen. Die liegt beim Statthalter. Und der wird nur handeln, wenn es politisch opportun erscheint. Vespasian ist fortgeschrittenen Alters. Ich vermute nicht, dass er mit Vorkommnissen in einer so unbedeutenden Siedlung wie Iscalis belästigt werden will“
Es war Cathbad anzumerken, dass er davon ausging, dass die Römer nur das sahen, was er ihnen zu sehen erlaubte. Doch die Druiden waren auf dem Laufenden über Rom, und ihre Verbindungen reichten bis in den Osten des Imperiums und darüber hinaus.
Cathbad begriff sofort, was Alun ihm weiter sagen wollte:
"Die Götter selbst haben diesen Soldaten zu dir geführt. Du hast deine Mutter gerächt, deinen Schwur gehalten und ihren Geist erfreut“, erwiderte er ihm ruhig:
"Es war allerdings keine gute Idee, da irgend etwas hinzuschreiben. Es gibt Schriftgelehrte unter den Römern, die Handschriften nicht nur deuten, sondern sie auch dem Schreiber zuordnen können. Gibt es irgendetwas, was dich verdächtig machen könnte? Wenn nicht, bleibe besser an Ort und Stelle. Untertauchen könnte jetzt gerade Verdacht erregen“
Er wandte sich wieder an Louarn. Zu Calum jedoch , der ihn gefragt hatte, warum sie gerufen worden waren, hob er kurz die Hand:
"Nimm kein Mädchen wichtig, wenn ich dir einen Rat geben kann, Louarn. Gut, dass jene Niamh fort ist. Ihr alle bringt Mädchen nur Unglück und vielleicht sogar den Tod.
- Calum, du bist ungeduldig heute! Nur Geduld, deine Neugier soll gestillt werden. Hast du denn noch etwas Besseres vor? Zurück zu einem Liebchen vielleicht?“
Man hätte annehmen können, dass Cathbad scherzte. Seine Stimme klang nun heiter, wie die eines liebenden Vaters, der mit seinem Jungen einen Witz machte. Aber Calum brauchte nur den Namen der Geliebten nennen, und Cathbad würde schon dafür sorgen, dass ihr das Unglück zustieß, von dem er geredet hatte. Er musste nicht unbedingt Hand anlegen, er konnte sie auch zu Tode ängstigen und ihren Geist verwirren.
Cathbad wartete noch ab, dass jeder ihm kurz sagte, was er getrieben hatte.
Dann sprach er von dem, was vor ihnen lag. Und wieder änderte sich seine Stimme. Sie wurde dunkel und beschwörend, als könne sich der Schleier der Zeit heben, um eine Zukunft offenbaren, die eintreffen konnte - oder auch nicht:
"Ein Kelte ist tapferer und klüger als ein Römer. Aber zehn Römer sind klüger als zehn Kelten. Ihr wisst, weshalb!
Immer waren die Stämme von Albion zerstritten, Falken und nicht einig, wie es unsere Feinde sind. Immer haben sie einzeln mit den Römern paktiert, oder auch mit Verwandten in Hibernia, oder vom Festland, immer gegeneinander und nie vereint.
Jeder kennt die Weissagung von der Prinzessin des Südens, die den Königssohn des Nordens heiraten soll. Diese Weissagung wird unter anderem in der Geschichte der Schwanenkinder erzählt. Spätere Barden haben ein Ende hinzugefügt, das tröstlich sein soll. Doch das ist für die Schlichten im Geiste. In Wahrheit heißt der ganze Text:
Und wann werden die Schwäne erlöst werden? Wenn sich das Weib vom Süden und der Mann vom Norden für alle Ewigkeit in Liebe vereinigt und im Fleisch und im Geist eins geworden sind.¹
Selbst den Römern ist diese Prophezeiung bekannt. Sie drehen sie nur um in ihrer Anmaßung, und meinen, der Prinz des Südens sind sie, und das Weib aus dem Norden ist Albion, und es kann nur Frieden geben, wenn wir beide ein einziges Volk geworden sind“
Cathbads Stimme klang hasserfüllt, seine Lippen kräuselten sich:
"Frieden mit Rom, niemals wird das sein! Sie werden verschwinden wie Schnee in der Frühlingssonne! Der tiefe Sinn der Prophezeiung ist doch, dass die Stämme Britanniens sich vereinigen und eins werden, um gegen jeden zu bestehen, der sie versucht, zu versklaven“
Er machte eine kleine Pause und schaute jeden durchdringend an:
"Es gab für dieses Jahr noch andere Visionen, aber davon berichte ich später. Zum günstigen Tag wird also die verheißene Hochzeit stattfinden.
Die Königstochter von den Silurern aus dem Süden wird sich mit dem Königsohn der Briganten aus dem Norden vereinen. Ihre Mitgift, das werden nicht nur Spiegel und goldene Halsringe sein, sondern Schwerter. Schöne scharfe Schwerter für Römerhälse und Römerherzen“
Ein wenig lachte Cathbad nun ein grimmiges Lachen:
"Die Römer würden versuchen, diese Verbindung nicht stattfinden zu lassen, wenn sie davon wüssten, was sie jedoch nicht tun. Die junge Frau muss also so schnell wie möglich und unbehelligt ins Brigantenland zu ihrem Bräutigam gebracht werden. Das ist eure Aufgabe, Falken. Ihr begleitet sie, ihr beschützt sie, ihr seid schnell und tödlich - gibt es noch Fragen?“
¹ Erinn - Keltische Sagen aus Irland, herausgegeben und übersetzt von Martin Löpelmann, Köln 1977 , Seite 265
"R
"
Cathbad beschwichtigte mich und tat so, als wäre das keine nennenswerte Information. Er rechnete nicht damit, dass die Wahrheit über die Explosion der Miene keinerlei Konsequenzen haben würde. Zumindest keine, die ihm gefährlich werden konnte. Uns hingegen vielleicht schon. Aber da wir sowieso keine Daseinsberechtigung hatten, spielte das eh keine Rolle. Ich hingegen fühlte mich klein und dumm und unnütz. Erst Recht als er weiter Kritik übte, nachdem ich vom Tod meines Erzeugers berichtet hatte. Zwar klang es zunächst wie ein Lob, weil er betonte, ich habe meine Mutter gerächt und ihren Geist erfreut. Doch kritisierte er meine weitere Vorgehensweise, weil ich Buchstaben in die Brust des Centurios hineingeschnitten hatte. Er meinte, die Römer könnten die Schriftzeichen deuten und zu mir zurückführen. Cathbad meinte, ich solle in Iscalis bleiben, um keinen Verdacht zu erregen. Hatte er mich nur deshalb herbeordert, um mich dann sofort wieder zurück nach Iscalis zu schicken? Ich war sehr enttäuscht, doch ich behielt meine Gedanken für mich, damit ich mir nicht auch noch seinen Zorn auflud. Letztendlich würde er sowieso entscheiden.
"Nein, gibt es nicht. Um herzukommen, habe ich meinem Vorgesetzten gesagt, ich müsse dringend nach Londinium, weil mein Ziehvater schwer erkrankt sei. Es schöpft also niemand Verdacht, wenn ich eine Weile weg bin," gab ich ihm zur Antwort und schwieg erst einmal, bis er sich wieder an mich wenden würde. Ich war nur froh, dass ihm nichts über Prisca zu Ohren gekommen war, denn er hätte sich sicher nicht davor gescheut, sie umbringen zu lassen. Gut, dass ich sie hinter mir gelassen hatte. Sie und das Kind, das in ihr heranwuchs.
Dann begann Cathbad eine Geschichte zu erzählen. Eine, die so ziemlich jedes keltische Kind kannte. Die Geschichte von Lirs Kindern hatte mich schon als Kind sehr berührt. Manchmal kam ich mir selbst wie esines der Schwanenkinder vor, dass getrieben von der Hoffnung auf Erlösung, Jahrhunderte lang durch Land ziehen musste. Doch Cathbad ging es nicht um die Schwanenkinder, genausowenig wie es ihm jemals um uns gegangen war. Es ging ihm lediglich um die Weissagung, die in diese Geschichte mit eingewebt worden war. Die von der Prinzessin des Südens, die den Prinzen des Nordens heiraten sollte, damit Lirs Kinder Erlösung erfuhren. Und tatsächlich sollte es eine Hochzeit geben! Zwischen einer silurischen Prinzessin und einem Prinzen der Briganten.
Jeder wusste, dass mit der Prinzessin des Südens eine irische Prinzessin gemeint war, die einen irischen Prinzen des Nordens heiraten sollte, damit auf der Nachbarinsel endlich wieder Ruhe und Frieden einkehrte, wonach sich auch die Leute dort schon eine halbe Ewigkeit sehnten. Cathbad jedoch interpretierte diese anstehende Verbindung in die Geschichte hinein. Unser Auftrag bestand darin, die Prinzessin in den Norden zu ihrem Bräutigam zu führen. Also nicht mein Auftrag, denn ich sollte ja wohl wieder nach Iscalis. Dabei hätte ich mir vorstellen können, dass so eine Reise eine interessante Erfahrung sein konnte. Cathbad sprach mich auch deswegen nicht mehr an und ich wagte es nicht, ungefragt meine Stimme zu erheben. Wahrscheinlich hatte Calum ihn zu sehr gereizt. Louarn war, wie immer, wenn es wegen einem von uns Ärger gegeben hatte, für ihn in die Bresche gesprungen und hatte am Ende eine doppelt so schwere Aufgabe. Ich hingegen würde mich wahrscheinlich schon nach dieser Unterredung wieder vauf den Heimweg machen können.
Als "Lucius Tarutius Corvus"
Falke
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