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Drws | Tür
04-14-2024, 03:26 PM,
Beitrag #4
RE: Drws | Tür - Die Heimkehr des verlorenen Sohnes
(03-02-2024, 07:51 PM)Lucius Sabinius Belenus schrieb: Drei Tage lang hatte ich in diesem Reisewagen gesessen. Die letzte Etappe auf meiner langen Reise von Ostia nach Iscalis. Norbanus Paullus und seine entzückende Tochter waren anfangs nette Reisebegleiter gewesen. Das junge Mädchen aber konnte auf Dauer doch sehr strapaziös sein. Wie hielt der Gelehrte das auf die Dauer nur aus? Wahrscheinlich würde er sie so schnell als möglich verheiraten wollen, sobald sie sich eingelebt hatten.
Kurz bevor wir jedoch Iscalis erreicht hatten, stieg ich aus dem Reisewagen aus. Mein Gepäck hingegen sollte zur Casa Sabinia gebracht werden. Ich war noch nicht bereit, meinem Halbbruder entgegenzutreten. Mein Wissen über seine Person hatte ich nur aus Erzählungen und Briefen meines Onkels, bei dem ich aufgewachsen war. Zuvor hatte ich noch eine wichtige Sache zu erledigen.
Ein vorbeikommender Bauer, der seine Kühe vor sich hertrieb fragte ich nach dem Weg nach Cheddar. Er musterte mich mit einer ordentlichen Portion Skepsis und erklärte mir dann schließlich mit knappen Worten, wie ich zu dem Keltendorf kam.
Mit einer gewissen Anspannung machte ich mich auf dem Weg. Jahrelang hatte ich darüber gegrübelt, wie es sein würde, an diesen Platz wieder zurückzukehren. Als kleine Junge hatte viele Nächte lang weinend nachts wachgelegen, weil ich eine solche Sehnsucht nach diesem Ort gehabt hatte. Dabei war es mir keinesfalls um das Dorf an sich gegangen, sondern um meine Mutter. Mein Vater, der im Grunde nie wirklich einer gewesen war, hatte uns hierhergeholt, als ich fünf Jahre alt gewesen war. Hin und wieder hatte er danach meine Mutter besucht. Mit mir aber konnte er nicht viel anfangen. Erst als er dann eines Tages gekommen war, um mich von meiner Mutter fortzuholen, hatte er zum ersten Mal bewusst mit mir gesprochen. Damals hatte ich ihn gehasst, weil er mir meine Mutter genommen hatte und mich in ein fremdes Land bringen ließ.
Inzwischen war mein Vater gestorben und hatte seine Frau und einen Sohn hinterlassen, der gut zehn Jahre älter war, als ich selbst. Ich wusste sehr wenig von ihm. Nur dass er Soldat gewesen war und bei einem Einsatz schwer verletzt worden war. Von meiner Mutter wusste ich gar nichts. Ich hoffte, sie war noch am Leben.
Als ich Cheddar erreicht hatte, trafen mich die neugierigen Blicke der Dorfbewohner. Einen fragte ich schließlich nach Ceridwen und ob sie immer noch in Cheddar wohnte. Der Dorfbewohner verwies mich zur Hütte der Gwrach. Diesen Begriff hatte ich schon eine Ewigkeit mehr gehört, doch ich wusste, was er bedeutete. Die Gwrach war ein Todesgeist in Gestalt einer hässlichen alten Weibes – eine Hexe.
Die Blicke der Leute verfolgten mich, als ich zur Hütte der Gwrach lief und dort an der Tür des mit Reet gedeckten Rundhauses klopfte.

 Mein Vorrat an Kräutern schwand so langsam dahin, seit ich regelmäßig Hustensaft für das Waisenhaus zubereitete. Doch da der Frühling bald nahte, würde es in absehbarer Zeit auch wieder frische Kräuter geben. Dieser Tage roch es daher oft in meiner Hütte nach einem würzigen Kräutersud aus Spitzwegerich, den ich so lange köcheln ließ, bis er sich um die Hälfte reduziert hatte. Danach würde ich noch Honig beifügen. So einfach ließ sich Hustensaft herstellen, den die Kinder auch mochten und der sie von ihrem lästigen Husten befreite. Ich hielt kurz Inne und dachte wieder an Bran, meinen lieben Sohn, der mir vor vielen Jahren schon genommen worden war. Wenn ich ihn doch noch einmal sehen könnte, bevor ich diese Welt wieder verließ! Sein Vater hatte ihn mir damals weggenommen. Es brach mir auch jetzt noch immer das Herz, wenn ich an jenen schlimmen Tag zurückdachte. Nachdem Bran fort war, hatte ich mich von allem und jedem zurückgezogen. Ich war mit der Zeit zu einer alten verbitterten Frau geworden, die die Leute, teils aus Furcht, teils auch aus Spott die Gwrach nannten.

Als ich gerade den Honig  meinem Sud beifügen wollte, klopfte es plötzlich an der Tür. Ich stellte den Honigtiegel  beiseite, wischte die Hände an meiner Schürze ab und ging zur Tür. Wie üblich öffnete ich sie erst nur einen Spalt breit, um zu sehen, wer davor stand. Ein junger Römer stand davor, den ich nicht kannte. Doch das musste nichts heißen. Seitdem Furius Saturninus sich zum Patron über Cheddar erklärt hatte, kamen nun hin und wieder auch Römer zu mir, die mich um eine Arznei oder manchmal sogar auch einen Zaubertrank baten.
Ich öffnete die Tür etwas weiter. "Salve! Wie kann ich dir…" Ich stockte plötzlich, als ich dem jungen Mann in die Augen schaute und stand für einem Augenblick da, als müsste ich erstarren. Ich kannte diese Augen! Einst gehörten sie einem kleinen Jungen. Doch der Junge war inzwischen zu einem jungen Mann herangewachsen.  "Bran?" fragte ich vorsichtig mit leiser Stimme und ergründete weiter dieses Gesicht. Es gab keinen Zweifel! Das war Bran, mein Sohn! Die Götter hatten mich erhört und ihn endlich wieder zu mir zurückgebracht. "Bran! Mein Sohn!" rief ich und die Tränen stiegen mir in die Augen. Ich machte einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn. "Komm herein, mein Sohn! Komm herein!" bat ich ihn freudig.

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[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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