RE: Gemach Furia Serena
Pytheas verbeugte sich kurz, als er die Anweisung des Furius vernahm. Dann ging er wieder hinein zu Serena:
" Edle Furia Serena, dein Gemahl gestattet mir, alle nötigen Maßnahmen vorzunehmen, um dein Leben zu bewahren", sagte er, während er sich die Hände wusch. Danach verrichtete er das kurze Gebet seiner Ärzteschule an die Göttin Hygeia:
"Bitte fürchte nicht, dass dein Onkel dich verunreinigen konnte. Gewiss habt ihr ihn mit Ehre bestattet und alle Reinigungsriten eingehalten" Es war wichtig, dass Furia Serena nicht daran glaubte, von irgendeinem Unheil befallen worden zu sein. Nach Pytheas Erfahrung schwächten solche Überzeugungen die Kranken:
"Und hier beschützen dich die gütigen Laren deiner edlen Gens"
Er hatte Phoebes Auskunft mit einem freundlichen Nicken zur Kenntnis genommen, und als er nun Serenas Leib aufdeckte und ansah, bemerkte er, dass sich ihre Brustwarzen dunkler gefärbt und die linea nigra, eine ganz feine braune Linie von den Brüsten bis zum Bauchnabel verlief. Das war früh, wenn die Patientin erst im ersten Trimester war, aber durchaus im Rahmen des Möglichen.
"Lass mich die blutigen Tücher sehen, bitte", sagte er zu Phoebe. Und ja, sie waren etwas bräunlich blutig, aber er fand keine feste Bestandteile eines kleinen Wesens, das nicht hatte geboren werden können. Pytheas schaute alles genau an, obwohl er sich dachte, dass Furia Serena gewiss vor Scham litt. Dann sagte er:
" Du hast geblutet, edle Furia Serena. Und du bist vermutlich schwanger. Ich habe mir die Tücher angesehen, um zu sehen, ob es einen Abgang gegeben hat, aber ich kann keine Hinweise darauf finden. Also kann sein, dass das Kind in dir noch am Leben ist. Das werde ich nun untersuchen"
Der Medicus ließ von Serenas Skklavinnen ein Leintuch über die Patientin spannen, so dass er sie nicht und sie ihn nicht ansehen konnte. Erst dann legte er beide Hände auf Serenas Leib" Wie geht es deiner kleinen Tochter? Ihr Name war doch gleich....?", fragte er und hoffte, in dem er Serenas Aufmerksamkeit auf die Erstgeborene zog, sie abzulenken und zum Plaudern zu bringen.
Seine Hände erwärmten sich. Pytheas war nun sehr konzentriert, als er langsam drückte. Es war noch zu früh, und er würde bestimmt noch nichts spüren, und sie hatte ja geblutet. Die junge zarte Patrizierin, die ihn so flehend angesehen hatte, der Patrizier, der so blass und voller Sorgen schien, wie allen seinen Patienten wollte Pytheas auch ihnen so gerne helfen. Er hoffte, der jungen Frau nicht weh zu tun, als er lange, eine Ewigkeit so schien es ihn, weiterdrückte.
Und gerade als er loslassen, und Furia Serena auf die kommende Ausschabung vorbereiten wollte, da spürte er es. Eine Ausweichbewegung, sanft wie ein Insektenflügel. Schwach. Winzig.
Serena konnte Pytheas erleichtertes Lächeln wegen des aufgespannten Tuches nicht erkennen:
"Edle Furia Serena, ich teile dir mit, dass du immer noch guter Hoffnung bist. Das Kind in dir - das ist ein Kämpfer. Es möchte gerne leben, und es ist in dir geblieben", sprach er.
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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