RE: [Frühlingsequinox] Im Zeichen des Sichelmondes
Träumte Rhian oder hatte sich der Stein, auf den sie vorsichtig gebettet wurde, tatsächlich erwärmt? Vorsichtig ließ das Mädchen ihre Fingerspitzen über die Oberfläche des Steins wandern und spürte dabei wie glattgeschliffen sich der Stein anfühlte. Als sich schließlich Morwenna über sie beugte, zuckte Rhian kaum merklich zusammen, bevor sie tief durchatmete und Morwenna ein verwackeltes Lächeln schenkte. Oh ja. Das Mädchen verspürte leichte Furcht. Aber wer würde keine Furcht spüren, bei dem was in den nächsten Augenblicken geschehen würde? Nur jemand der herzlos war, würde hierbei wohl keinerlei Furcht fühlen. Dann jedoch atmete Rhian tief durch und schenkte der Mondscheibe ein sanftes Lächeln. Augenblicklich wurde das Mädchen ruhiger, wobei sie ihren Blick keine Sekunde von dem hellen Stern abwandte. Erst als sie Gildas kaum wahrnehmbare Berührung an ihrer Schulter spürte, gelang es Rhian ihre Aufmerksamkeit von der Mondscheibe zu lösen und ihren Kopf in Gildas Richtung zu drehen. Auch die Berührung Diernas, als sich deren Hand auf ihrem Bein niederlegte, spürte Rhian wie als würden abermillionen Ameisen unter ihrer Haut krabbeln.
“Die Göttin. Sie ist gerade ganz nahe bei mir.“
Wisperte Rhian mit ihrer leisen Stimme. So leise, dass nur sie ihre Worte vernehmen konnte. Beinahe wirkten diese Worte, als wollte sich das Mädchen dadurch selbst Mut zusprechen. Dann trat Morwenna auch schon an ihre Seite und Rhian konnte eine Knochennadel in ihrer Hand aufblitzen sehen. Auch musste sich in ihrer unmittelbaren Nähe ein Schälchen mit Färberwaid befinden, denn dessen Geruch stieg Rhian in die Nase. Und dann konnte Rhian auch schon die Spitze der Knochennadel auf ihrer Stirn spüren, wie sich diese in ihre Haut bohrte und das Zeichen der Göttin, den Halbmond, hinterließ. Nachdem der Umriss des Halbmondes auf Rhians Stirn erstrahlte, atmete das Mädchen tief ein und wieder aus. Denn offensichtlich hatte sie die gesamte Zeit über die Luft angehalten. Schließlich wurde die blaue Farbe auf dem Halbmond auf ihrer Stirn aufgetragen. Und wieder kam diese kleine fiese Knochennadel zum Einsatz, um die Farbe noch tiefer in den bereits vorhandenen Umriss des Sichelmondes zu drücken. Einmal zuckte Rhian leicht zusammen, da die Knochennadel dann doch einen unsteten Schmerz durch ihren Körper schickte. Die restliche Prozedur ließ das Mädchen klaglos über sich ergehen. Um sich schließlich von Gilda in eine aufrechte Sitzposition ziehen zu lassen. Etwas schwankend kauerte das Mädchen auf dem Altarstein.
Nachdem Rhian noch einmal tief durchgeatmet hatte, rutschte sie vom Altarstein. Dabei hielt sie sich am Altarstein fest, um nicht doch hinzufallen, sollten sie ihre Füße nicht tragen. MIt einem sanften Lächeln auf ihren Lippen suchte sie unwillkürlich Gildas Blick. Bevor sie ihren Blick auch schon senkte und Gildas Worten lauschte, die in just diesem Moment erklangen. Es folgten Anweisungen an die baldige Priesterin, so dass Rhian kaum merklich nickte und sich die Worte Gildas einprägte. Zart legte sich Rhians Hand in die ihr dargebotene Hand Gildas, während sich die Finger ihrer anderen Hand um die Fackel krallten. Etwas wackelig auf den Beinen folgte Rhian den beiden Frauen, zum Rand der Quelle, an der sich eine kleine hölzerne Hütte befand.
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