RE: Hortus - Rosenrot und Schneeweiß
Er erinnerte sich an den Tag, als er Louarn kennengelernt hatte, und lächelte dabei. Doch dann erwähnte er, dass Rom möglicherweise Pläne für mich hatte. Ich war unsicher, ob ich ihn richtig verstand. Er sagte, ich müsse einen Herrscher heiraten und Louarn vergessen. Er glaubte zu wissen, was ich darauf antworten würde, doch er irrte sich! Er sprach langsam und gestikulierte viel, sodass ich seine Worte halbwegs verstand. Ja, ich wollte das Beste für mein Volk, und am liebsten hätte ich auch über Diarmait genauso geurteilt wie über Erwan, auch wenn das meine Familie nicht zurückgebracht hätte. Doch ich wusste, dass mein Herz danach genauso leer sein würde wie zuvor. So war es auch bei Erwan gewesen. Damals hatte ich nur kurz Genugtuung empfunden, die schnell verflogen war. Außerdem konnte ich mir inzwischen vorstellen, welch hohen Preis meine Rache haben würde. Ich könnte mir niemals verzeihen, wenn wegen mir die Römer ihre Macht auch über Eíre ausdehnen würden. Das durfte niemals geschehen!
"Nein, sein Herz nicht mein! Er mich nicht mehr lieben", antwortete ich und versuchte, stark zu sein. Er sprach weiter über Erziehung und die Ehe zum Wohl höherer Ziele und darüber, dass Frauen es nicht leicht hätten, im Gegensatz zu Männern, wie er meinte. Seine Hand streckte sich nach mir aus, wohl in einem Versuch, mich zu trösten, vermied es aber dann, mich zu berühren. Wenn ich wieder ganz gesund war, wollte er seinen Freund, den Statthalter, fragen, was mit mir geschehen sollte. Bis dahin war ich sein Gast und keinesfalls eine Sklavin! Ich sollte weiter seine Sprache lernen und seine Sitten. Seine Frau sei dafür die beste Lehrerin.
Schließlich wollte er wissen, wie ich in Ovidius‘ Gewalt geraten war. Mein Gesichtsausdruck wurde ernst, als er diesen Namen erwähnte. Er schien ihn sogar zu kennen, nahm ich an. "Ich gehen weg von Cheddar. Ich mir Pferd nehmen und tauschen mein Schmuck für Spitze von Pfeil bei Schmied. Er mir auch geben Bogen. Ich reiten bis Abend. Dann ich suchen Platz zu Schlafen. Am Morgen ich Hunger. Ich gehen jagen mit Pfeil und Bogen." Um ihm zu verdeutlichen, was ich meinte, tat ich so, als spannte ich einen Bogen. "Dann ich treffen Ovidius. Er mit Speer. Er wollen mich töten. Ich schießen Pfeil in sein Arm. Besser ich schießen in Herz." Diesen Fehler würde ich nicht noch einmal machen! Das hatte ich mir geschworen. "Dann kommen sein Pferd, Sein wildes Pferd. Ich reden mit Pferd, damit Pfer ruhig. Dann Ovidius mich schlagen auf Kopf. Ich nicht erinneren. Ovidius mich fesseln und bringen mich in sein Haus. Er sagen, ich jetzt Sklavin und geben mir engen Ring um den Hals und Kette wie Hund. Er nicht geben Essen, weil ich nicht knien und 'Dominus' sagen." Man konnte mir deutlich ansehen, wie sehr ich Ekel und Abneigung empfand, als ich über meine Zeit im Haus des Tribuns sprach. "Er mich sperren in Stall bei Pferd. Aber Pferd nicht töten mich. Dann er verkaufen mich an Sklavenhändler." Nachdem ich ihm das alles berichtet hatte, atmete ich tief durch. Es war sehr großzügig von ihm, mir meine Freiheit zurückzugeben. Wie frei ich jedoch tatsächlich war, würde sich noch zeigen müssen.
Furius Saturnus entschuldigte sich nun wegen des Wagenrennens bei mir und erklärte mir, wie wichtig sein Freund war und dass viele Mädchen ihn gerne kennenlernen wollten. Er hatte geglaubt, ich gehöre auch dazu. Dann senkte er den Blick und schien plötzlich nervös zu werden, als er weiter sprach. Er gestand mir, dass er mich sehr hübsch fand und sich sogar ein wenig in mich verliebt hatte, als er mich das erste Mal gesehen hatte. Meine helle Haut, meine Augen und mein kupferrotes Haar gefielen ihm immer noch. Er hob wieder den Blick und sah mir direkt in die Augen. Ich muss gestehen, ich war sehr überrascht von seinem Geständnis, und ich fühlte mich auch ein wenig geschmeichelt. Denn bis jetzt hatte mir noch kein Mann gesagt, dass er sich in mich verliebt hatte. Weder mein ehemaliger Verlobter Suileabháin noch sonst jemand. Nicht einmal Louarn hatte das zu mir gesagt. Doch dieser Römer hier hatte es gerade gesagt. Er hätte sich ja auch einfach nehmen können, was ihm so sehr gefiel. Stattdessen zeigte er mir seine offene und verletzliche Seite. Es war ein magischer Moment, den ich nicht erwartet hatte. Als er mich nun so ansah, konnte ich nicht anders, als ihm tief in seine dunklen Augen zu schauen. Ich kam ihm dabei immer näher, bis sich unsere Lippen schließlich trafen.
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