Saturninus war selten so schlechter Laune gewesen, wie als er von dem
Gespräch mit Aglaia kam. Sie hatte ihn seiner Ansicht nach verraten, der Narcissus auch. Eine steile Falte zog sich über seine Stirn.
Zuerst rief er den Scaevus zu sich und diktierte ihm einen Brief:
"Furius Saturninus grüßt seine Kiki, wünscht ihr Gesundheit und ein langes Leben.
ich werde nicht lange herumreden: Mit Liciniana Aglaia habe ich mich überworfen. Ich werde das Haus, das ihr ja gehört, nicht wieder betreten. Weder ihr noch dem hinterlistigen Narcissus will ich wieder begegnen.
Aber du, meine liebe Kiki, trägst an den Ereignissen keinerlei Schuld. Weshalb sollten wir beide darunter leiden?
Ich möchte dir daher vorschlagen, dass ich in einem der beiden Thoriana eine kleine Wohnung anmiete und ausstatte. Nein, du sollst da nicht wohnen; wenn du es nicht magst, es wäre nur die Möglichkeit eines geschützten Liebesnestes, in dem wir uns treffen könnten.
Doch es mag sein, dass deine Loyalität der Liciniana gilt. Ich will dich nicht zu einer Wahl drängen. Sollte es so sein, so sage es mir, und ich löse deinen Vertrag. Dann gehen wir nämlich im Guten auseinander.
Es würde mich schmerzen, denn ich habe dich gern. Triff bitte deine Entscheidung!
Dein Saturninus"
Er stoppte im Diktat, während Scaevus seine Kürzel aufnotiert hatte. Der junge Sekretär würde den Brief ins Reine schreiben und später unterschreiben und siegeln
und fortbringen. Kiki hatte ihm nie Grund gegeben, zu zweifeln, aber sein Misstrauen war erwacht. Vielleicht war er nur von Menschen umgeben, die ihn ausnutzten...
Die Sklavin
Sarapion kam in den Garten, um ein paar Narzissen zu schneiden, um sie später in den Vasen zu verteilen. Saturninus Blick fiel auf sie. Sie glich Aglaia auf keinste Weise, aber sie war Griechin und mit sehr heller Haut und dunklem Haar so ein bisschen ihr Typ.
Saturninus warf ihr einen Blick zu. Er merkte selbst, dass in ihm der Wunsch aufkam, der Sklavin einen Schlag zu versetzen, obgleich sie nichts getan hatte, nur stellvertretend für die Hetäre. Das Gefährliche war, dass das jederzeit sein Recht als ihr Herr gewesen wäre.
Der Furier verließ die Stelle, wo er stand. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Seine Anwandlung beschämte ihn zu tiefst. Er war der Familia gegenüber nach seinem Empfinden niemals ungerecht oder grausam gewesen. Ich werde wie der Iulius, dachte er, der schon als Junge zu Jähzorn geneigt hatte.
Saturninus verließ den Garten, um ins Atrium zu gehen. Dort schaute er eine Weile ins Impluvium, in dem sich der graue Himmel Britanniens spiegelte.
Das nächste, das ihm ins Auge stach, war die bronzene Statue, die Owain von Narcissus angefertigt hatte. Wie sehr hatten die Honoratioren von Iscalis die Kunstfertigkeit bewundert. Hatte nicht selbst der LAPP ein anerkennendes Wort für Licinianus Owain übrig gehabt? Ohne seine, Saturninus Protektion, wäre der Kelte nie so bekannt geworden. Anstatt Dankbarkeit zu zeigen, war er aber zu seiner Frau gelaufen und hatte sich beschwert.
Saturninus merkte, wie er Zorn auf Künstler und auf Modell empfand. Er wollte den
Bronzenarcissus nicht ständig sehen müssen, wenn er sein Atrium betrat. Am liebsten hätte er die Statue zerstört, ihr den Kopf abgeschlagen, aber da kam er an seine Grenze.
Saturninus streckte eine Hand aus und fuhr über die glatte Oberfläche. Er könnte seinen Sklaven befehlen, eine Feuergrube auszuheben, um das Metall zu schmelzen. Er könnte zusehen, wie sich das anmutige Gesicht in den Flammen auflöste, die bronzenen Glieder zerflossen...aber nein.
Die Statue war schön. Aus ästhetischen Gründen brachte Saturninus das nicht über sich. Dieser verdammte Licinianus hatte tatsächlich ein Meisterwerk geschaffen.
Ich bringe sie Licinianus zurück, dachte Saturninus, und gleichzeitig gefiel ihm die Idee, denn etwas zu unternehmen, würde seine Energie kanalisieren. Immer noch dachte er daran, wie es wäre,
Sarapion bitterlich weinen zu sehen. Soll dieser Licinianus die Plastik haben, er konnte sie verkaufen oder einschmelzen oder etwas anderes daraus schmieden.
Saturninus befahl seinen Sklaven Fabricius und Seasnán aufzubrechen, um vom Landgut einen Ochsenkarren zu besorgen sowie ihm seinen Hengst Mandan mitzubringen. Frühstens Morgen früh wären sie wieder hier. Ochsen waren nicht die Schnellsten.
Der Entschluss ließ Saturninus wieder leichter atmen. Er beschloss, nach Saturnina zu sehen. Vielleicht würde er noch mehr innere Ruhe finden, wenn ihre Amme ihm seine kleine Tochter auf den Arm gab. Sie war rein und gut. Sie würde ihren Vater lieben, nicht ausnutzen.