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[Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
01-12-2024, 10:35 PM,
Beitrag #1
[Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*

* Sim off:  und sind alle drei Römer  Wink 


[Bild: Taberna-Nimue-pompei-iscrizioni-in-via-d...ipinto.jpg]

THERMOPOLIUM DER NIMUE


Nicht weit entfernt vom Forum befand sich das Thermopolium der Nimue. Es war ein Schnellimbiss römischen Stiles, wo man entweder ein einfaches Mittagessen einnehmen oder auch zum Mitnehmen kaufen konnte. Es wurde besonders von Angestellten der Provinz- und der Stadtverwaltung besucht. Da Plautius Leander uns mit den Heiratsunterlagen geholfen hatte, hatte ich damals eine größere Spende für einen Freitisch für das Rathaus gemacht und Gemüse der Saison und Lamm- und Hühnerfleisch selbst geliefert.*
Aus der Spende war eine Geschäftsbeziehung geworden. Die Qualität unserer landwirtschaftlichen Produkte aus der Villa Rustica Gabiniana hatte die Wirtin überzeugen können.  Auch wenn die Freitisch- Woche schon vergangen war, blieb ich seitdem ihr Lieferant. 
Obwohl das Thermopolium ein Stück vom Marsfeld weglag, hatte ich diesen Ort gewählt. Im Gegensatz zu den Tabernae, die am Marsfeld lagen, stand das Haus von Nimue in gutem Ruf. Daher schien es mir für Gabinia Clara geeignet, die normalerweise nicht in solche Etablissements ging. Die Taberna, des Octavius und der Fabata, in der wir unsere allererste Unterkunft in Iscalis bezogen hatten, war leider ein Raub der Flammen geworden und nur noch eine Ruine.. Feuer war eine immerwährende Gefahr in jeder Stadt.

Sim off:   Abbildung: See page for author, Public domain, via Wikimedia Commons

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01-13-2024, 02:43 PM,
Beitrag #2
RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Der Weg, der von Gabinius Secundus eingeschlagen worden war, war etwas weiter, als Leander erwartet hätte. Im Grunde mussten sie durch die halbe Stadt laufen, aber ganz unrecht war es Leander so oder so nicht, denn so hatte er ausführlich Gelegenheit, sich Gabinia Clara auch unauffällig anzusehen. Und sie war hübsch. Schlank, von schöner Statur und augenscheinlich guter Gesundheit. Ja, es war ein wenig seltsam, eine Frau zu beäugen, als wäre sie eine Ziege, die man kaufen wollte, aber abseits von romantischen Schriftstellern und ihren Ideen war das in der römischen Gesellschaft ja in der Tat nicht sehr viel anders. Die Ehe war ein Geschäft zum gegenseitigen Nutzen, vornehmlich der Zeugung von Erben und der Abwendung von Hunger und Tod. Also beschwerte Leander sich sicher nicht, eine potentielle Braut erst einmal in natürlicher Bewegung unauffällig ansehen zu können, bevor er weitere Schritte überdachte.

Je näher sie sich dem Stadtkern näherten, umso gewisser war Leander, wo sie hingehen würden. “Ah, ich sehe, du hast meinen Ratschlag bezüglich Nimues Thermopolium beherzigt und weißt ihre Qualitäten zu schätzen“, meinte ich an Gabinius Secundus, als wir uns der Stelle näherten.
Im Grunde lebte das Thermopolium wie alle seiner Art vom Verkauf zur Mitnahme: Menschen kamen mit ihren Töpfen und Schüsseln und kauften sich vornehmlich ihr Abendessen, um es zuhause mit der Familie zu verzehren. Im Gegensatz zu Wirtshäusern war das auch nicht infam oder anrüchig. Nur das Essen außerhalb des eigenen Hauses galt als unfein, und Wirtsleute waren deshalb infam, da der Großteil von deren Geschäften darin bestand, die Gäste, die über Nacht blieben, auch anderweitig zu versorgen, vornehmlich mit den Schankmädchen.
Und deshalb gab es bei Nimue auch überhaupt keine Gelegenheit, sich hier einzuquartieren, und die meisten Leute nahmen ihr Essen in eigenen Schalen mit sich nach Hause. Lediglich ein winziger Teil war mit ein paar wenigen Tischen ausgestattet, so weit weg von der Essensausgabe, dass man es für ein anderes Geschäft halten mochte, und es gab auch keine Bedienung, die zweifelhafte Angebote machte, sondern man musste wie alle anderen sich sein Essen selbst an der Ausgabe abholen und dann eben selbst zu den Tischen tragen und eben nicht so fein tatsächlich außer Haus essen. Allerdings hatte diese Aufteilung des Geschäftes den Vorteil, dass es auch für Damen geeignet war und nicht ihrem Ruf schaden würde.

Sie suchten sich also einen möglichst blickgeschützten Tisch, um die Ehre der anwesenden Dame zu warten, und Leander las auf den großen tafeln, was Nimue heute kochen wollte. Da erst Mittag war und das Prandium die unwichtigste Mahlzeit des Tages darstellte im Gegensatz zur Cena bei Eintritt der Dämmerung, war das Angebot jetzt am Nachmittag noch überschaubar und bestand noch hauptsächlich aus kalten Speisen, während die warmen Speisen für das allabendliche Geschäft gerade erst zubereitet wurden und noch ziehen mussten.
“Gestern Abend gab es Schinken mit Kohl und Rüben mit einer süßsauren Sauce. Falls die Dame etwas essen möchte“, meinte Leander nach kurzem Studium der vorhandenen Möglichkeiten. Es war üblich, die übrigen Speisen des Vortages am nächsten tag als Mittagstisch zu servieren. Ansonsten waren wohl nur kalte Alltäglichkeiten wie Brot und eingelegtes Gemüse vorhanden. Immerhin war Winter und die Cena noch ein gutes Stück entfernt. Gerade schrieb Nimue die Tafel für eben jene, wo es wohl ein Wildragout mit Möhren und Pastinaken, sowie süßscharfe Erbsen und verschiedene Eierspeisen geben sollte.
Aber im Grunde waren sie ja nur hier, um etwas zu trinken, was den Weinhändler nebenan, der mit Nimues Hilfe ein gutes Geschäft machte, freuen sollte.
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01-14-2024, 05:53 PM,
Beitrag #3
RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Endlich haben die drei den Circus verlassen und befanden sich nun auf dem Weg in die Tberna, die Sonnwin so gelobt hat und mit der Besitzerin Geschäfte machte. Es war kühl und Gerwina freute sich, dass sie ihren mit Hasenpelz besetzten Mantel mit Kapuze trug, eigentlich konnten sie auch ihre Kutsche nehmen, aber ihr Bruder wollte, warum auch immer, dorthin zu Fuß gehen. "Die frische Luft und Bewegung werden uns bestimmt gut tun...", bemerkte Gabinia beiläufig und versuchte mit den Männer Schritt zu halten. Dass der Archivvorsteher sie während dieses Spazierganges heimlich beobachtet hatte, hat sie gespürt, blieb aber gelassen und zeigte keine Reaktion.

Dann erkannte Leander, wohin Gerwinas Bruder sie nun führte: “Ah, ich sehe, du hast meinen Ratschlag bezüglich Nimues Thermopolium beherzigt und weißt ihre Qualitäten zu schätzen“, das sagte Plautius Leander zu Sonnwin, als sie nun diesem Thermopolium der Nimue näherten. Nun war Gerwina auch gespannt, welche Qualitäten diese Taberna zu bieten hat.

Dann waren sie endlich angekommen und betraten das Thermopolium und Gerwina war etwas erstaunt, als sie sich umschaute. Es waren nur wenige Tische im Raum vorhanden und es gab anscheinend keine Bedienung. So wie es aussah, musste jeder Gast sein Essen an der Ausgabe abholen und zu seinem Tisch tragen. Dann fanden sie auch einen Tisch und Leander las auf den großen Tafeln, was es heute so an Essen angeboten wird. Und sagte, wenn Gerwina etwas essen möchte gab es Schinken mit Kohl und Rüben mit einer süßsauren Sauce, allerdings von gestern. Gabinia rollte mit den Augen und sah Plautius Leander und ihren Bruder abwechselnd an:

"Über welche Qualitäten habt ihr beide eigentlich gesprochen... Etwa über Kohl von gestern? "... Sie machte eine Pause und seufzte, "Ich möchte dann einen Becher Wasser, bitte!"
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund (Pater Familias): Aulus Gabinius Secundus [Sonnmar] (NSC)
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01-15-2024, 12:28 PM,
Beitrag #4
RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
" Nach der Woche, die wir für den Mittagstisch vereinbart hatten, sind wir bei der Lieferung von Gemüse und Fleisch verblieben. Es hatte den Vorteil, für Frau Nimue, dass sie sich davon überzeugen konnte, was sie an Qualität bekommt, und den Vorteil für mich, dass ich nicht selbst auf dem Markt stehen muss, um meine Ware zu verkaufen. Danke dir noch einmal für diese gute Empfehlung", erzählte ich Plautius Leander. 
Er wunderte sich bestimmt, dass ich für den Marktverkauf keinen tüchtigen Villicus hatte. Doch meine germanischen Knechte sprachen ungern Latein und keine der hiesigen Sprachen und waren zum Verkaufen nicht so recht geeignet. (Außer Rango vielleicht, aber der war zu jung) Also machte ich das Meiste selbst. Ich empfand das nicht als ehrenrührig, schließlich war mein Betrieb noch im Aufbau. Eines Tages würde das anders sein, besonders wenn ich meinen Traum verwirklichen und edle britannisch-germanisch-syrische Pferde züchten konnte. Ich hoffte nur, dass der Archivvorsteher das nicht anders sah. 
Ich wandte mich an Clara: Den Kohl von gestern wollte sie nicht, obwohl Kohlgerichte erst am nächsten Tag so richtig gut schmeckten. Er würde ihr vielleicht schwer im Magen liegen. Clara wünschte nur einen Becher Wasser.
Ich nickte: "Einen Becher Wasser werde ich dir auftreiben, liebe Schwester. Doch möchtest du nicht lieber etwas Wärmendes? Einen heißen Gewürzwein vielleicht? Und etwas Gebäck - ich habe auf dem Weg einen Bäcker gesehen?" 

Ich schaute auch unseren Gast an: "Werter Plautius Leander, was darf ich dir denn  bringen?", fragte ich ihn freundlich.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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01-15-2024, 03:42 PM,
Beitrag #5
RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Die Reaktion der jungen Dame verblüffte Leander ein wenig. Sie schien nicht gerade glücklich darüber, in ein respektables Haus eingetreten zu sein, und rümpfte über das Essen die Nase. “Vielleicht sind die Gepflogenheiten auf dem Land anders, aber wie gestaltet ihr das Prandium?“ fragte Leander etwas verwirrt.
Von einer Patrizierin hätte er etwas Dekadenz erwartet und gegebenenfalls Widerwillen, Nahrung vom Vortag zu essen – wobei auch in den reichen Häusern das durchaus üblich war. Entweder das, oder reichhaltige Spenden an weniger begüterte. Zumal im Winter. Aber bislang hatte er einen durchaus bodenständigeren Eindruck der Gabinier gehabt, der sich auch durch die stete Erwähnung des landwirtschaftlichen Fokus gefestigt hatte. Daher war Leander jetzt doch von ihrer Reaktion etwas verwirrt und fragte sich, wie die Gepflogenheiten der Gabinier so waren – und natürlich auch, ob diese Einstellungen zu seinen passten, oder ob er jegliches Engagement in diese Richtung auf ein freundliches Maß beschränken sollte.

“Für mich bitte einen Gewürzwein. Bei den kühlen Temperaturen ist das genau das richtige.“ Leander wollte sich eigentlich nicht einladen lassen, aber es gab jetzt keine höfliche Möglichkeit, das abzulehnen. Er würde sich einfach bei der nächsten Runde dann revanchieren.
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01-18-2024, 12:57 PM,
Beitrag #6
RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Der Archivvorsteher war sichtlich verblüfft, als Gerwina ihre Meinung über den Kohl von gestern geäußert hatte und sah ihn ungerührt an, "Ja, auf dem Land haben wir andere Bräuche und das Mittagessen wird uns von der Köchin serviert, je nachdem, was die Bewohner der Villa Gabiniana sich so wünschen ...", sie nickte und fuhr fort, "Ich mag zum Beispiel frischgebackenes Brot und einen Becher warme Milch mit Honig dazu, wenn dich das interessiert...". Um Plautius Leander nicht noch mehr zu verwirren, fügte sie noch kurz hinzu: "De gustibus non est disputandum...".

Gabinia hat schon im Circus bemerkt, dass Plauitius Interesse vielmehr ihr galt, als den Gladiatoren in der Arena. Und dann, während sie unterwegs zum Thermopolium waren, hat er sie heimlich beobachtet. Sie fühlte sich dabei unbehagen und beschloss mit ihrem Bruderherz später darüber zu reden, der sie gerade fragte, ob sie anstatt Wasser einen heißen Gewürzwein trinken wollte, "Nein, Publius, danke, ich möchte nur einen Becher frisches Wasser und etwas Gebäck..."

Zuerst aber, um die angespannte Atmosphäre etwas zu lockern, lächelte sie den Griechen friedselig an, "Werter Plautius, du hast deinen Vater vorhin kurz erwähnt, wohnt er auch in Iscalis?"
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund (Pater Familias): Aulus Gabinius Secundus [Sonnmar] (NSC)
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01-20-2024, 05:13 PM,
Beitrag #7
RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Plautius Leander fragte, da Gerwina nichts haben wollte, wie wir denn das Prandium einnehmen würden ,und ich erwiderte:
" Recht früh und das, was ich im Beutel dabei habe, werter Plautius Leander. Ich bin bis zur Mittagsstunde ja meist unterwegs. Wie die Damen es halten, das müsste Clara beantworten"

Ich ließ meine Schwester in der Obhut des ehrenwerten Archivvorstehers zurück und machte mich daran, dass Gewünschte einzukaufen: Etwas Gebäck beim Bäcker, einen Becher unseres Iscaler Wassers, zwei Gewürzweine und eine Platte mit Schinken und den Rüben mit süßsaurer Soße in Scheiben geschnitten, dazu Brot, so dass man mit einer Scheibe stippen konnte, wenn man das wünschte. Die Kämpfe und der Fußmarsch hatten mich hungrig gemacht.

(01-11-2024, 05:17 PM)Caius Plautius Leander schrieb: Gabinia Clara zitierte aus der Georgica, die Leander zwar irgendwann auch einmal gelesen hatte, aber bei weitem nicht so gründlich wie Gabinia Clara. Er wusste zwar noch, dass Vergilius sehr blumig über die Eigenheiten von Bienen und deren Haltung geschrieben hatte, aber genaue Hexameter hätte er nicht wiederzugeben vermocht.
Gabinius Secundus meinte noch, er hätte gedacht, für Leander gäbe es nichts Besseres als Gesetzestexte, woraufhin Leander kopfschüttelnd lächelte. “Oh, sie sind sicher wichtig und so manches Mal sogar unterhaltsam – man denke an die Plädoyers des großen Tullius Cicero – aber die meisten von ihnen sind doch recht eintönig zu lesen und haben nicht die lyrische Finesse eines Vergilius Maro“, konnte er unumwunden zugeben
.

Ich stellte alles vor meine Gäste hin, und die Platte in die Mitte des Tisches. Ich kam gerade, als Gabinia Clara freundlich nach Plautius Leander Vater fragte. Ich wusste schon, dass der Archivvorsteher der Erbe des bekannten Rechtsgelehrten Seneca war, aber es war gut, dass Clara fragte.

Denn sie würde es betreffen. 
Ja, ich war nicht blind. ich hatte zwei leidlich scharfe Augen im Kopf. Plautius Leander wandelte auf Freiersfüßen. Er prüfte unverbindlich, ob meine Schwester für ihn eine gute Frau zum Heiraten wäre.  Wir waren römische Bürger der zweiten Generation und er der ersten. Wir waren keine Patrizier oder reiche Plebejer, die irgendwelche Familienbündnisse schmieden mussten. Hier waren wir freier als diese. Ich würde Clara da auch nicht reinreden, wenn sie einen Mann wollte -oder auch nicht wollte. Plautius Leander würde sie zweifellos mit Respekt behandeln und ihr ein komfortables, gemütliches Leben bieten können.
Ich wünschte mir eigentlich nur, dass sie ebenso glücklich verheiratet sein sollte wie ich. Denn ich hatte Stella, sie jedoch ging alleine durchs Leben.

Und ich ging auf das, was Leander noch im Circus gesagt hatte, ein, ich fragte ihn nämlich: "Aus deinen Worten entnehme ich, dass Gesetzestexte nicht das sind, von dem du immer geträumt hast. Was würdest du denn gerne tun in deinem Leben, wenn du die völlig freie Wahl dazu hättest?" 
Das interessierte mich sehr. Denn ich hatte schon einmal gedacht, dass ich Plautius Leander andere Fragen stellen würde als es ein römischer großer Bruder für gewöhnlich getan hätte. 
Ich wollte nämlich wissen: Hatte er einen verträglichen Charakter? Zeigte er Güte? Lachte er gerne? Ehrte er die Götter? Hatte er einen Sinn für Poesie oder Musik, was meine Schwester liebte? Wie behandelte er seine Untergebenen? Das er klug war, nahm ich bereits an, sonst hätte Plautius Leander keinen Leitungsposten in der Stadtverwaltung bekommen.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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01-21-2024, 01:41 PM,
Beitrag #8
RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Die Gepflogenheiten der Gabinier waren schon sehr seltsam für Leander. Nun, nicht das, was Gabinius Secundus tat, der sich einfach etwas kaltes einpackte, das machte viele, gerade die, die zur Mittagszeit noch unterwegs waren. Aber das, was Gabinia Clara erzählte, verwunderte ihn doch sehr.
“Eure Köchin kocht für jeden Bewohner ein eigenes Mahl, und das zu Mittag? Und abends zur Cena?“ Es war Neugier, die aus Leander sprach, auch wenn ihn in dem Moment klar wurde, dass die Lebenswelten der Gabinier und der Plautier wohl nicht zusammenpassen würden. Ihre Köchin würde den Bewohnern der Domus Plautia was husten, wenn diese schon mittags ein warmes Essen verlangten, und sie das dann auch noch an einzelnen Vorlieben ausrichten sollte und nicht eben die Wochenplanung zumindest im Groben schon zuvor festgemacht wurde, damit sie auf dem Markt auch alles benötigte und nicht vorrätige einkaufen konnte. Immerhin war der Markt nur einmal in der Woche, wie überall üblich.

Gabinius Secundus kam schwer beladen zurück, und Leander beeilte sich, aufzustehen und ihm die Sachen abzunehmen. “Oh, Gabinius, du hättest etwas sagen sollen! Ich hätte doch mittragen können!“ meinte er erschrocken angesichts der mitgebrachten Mengen.
Er setzte sich wieder und nippte an seinem Wein. Er war gut gewürzt und warm. Leander meinte, Lorbeer und Pfeffer zu schmecken, dazu ordentlich Honig und einige orientalische Noten. Vermutlich Nelken.
Gabinia Clara fragte nach seinem Vater. “Ja, der edle Rechtsgelehrte Caius Plautius Seneca wohnt hier in Iscalis. Nicht zu verwechseln mit seinem entfernten Verwandten Aulus Plautius Montanus, zu dem nur sehr wenig Kontakt besteht.“ Leander fiel wieder einmal auf, dass sein Familienname falsche Assoziationen wecken konnte. Plautius Montanus hätte einer täglich nach Gelüsten der Bewohner wechselnden, warmen Mittagsküche sicher mehr abgewinnen können als Leander. Vielleicht sollte Leander daher doch mehr sagen, um auch letzte Gedanken einer Verbindung der beiden zu zerstreuen. “Da der edle Plautius Seneca nur zwei Töchter aber keinen Sohn hatte und ich ihm als Sklave lange Jahre treu gedient habe, war er so gütig, mich freizulassen und als Erben zu benennen.“ Damit wäre dann wohl Leanders Stand gänzlich geklärt, hoffte er.

Gabinius Secundus stellte hingegen eine Frage, die Leander überraschte. Er stutzt kurz, nippte noch einmal kurz an seinem Wein und überlegte. “Nun, diese Frage hat sich mir nie gestellt. Und wenn ich darüber nachdenke, halte ich sie auch für einen ziemlich sicheren Weg, unglücklich zu werden. Auch wenn es sicherlich spannendere Dinge als Gesetzestexte gibt und diese weit weniger lyrisch sind als ein Vergilius Maro oder ein Ovidius Naso, würde ich mich mit meiner Arbeit hieran nicht als unglücklich beschreiben. Ebenso mit meiner Arbeit im Archiv. Ich kann helfen, Ordnung in das Chaos zu bringen und damit Menschen helfen, die Hilfe brauchen. Es ist vielleicht nicht so ruhmreich wie im Namen Roms schlachten zu gewinnen, nicht so aufregend wie durch Jagden Nahrung zu beschaffen oder Bestien zu bezwingen, nicht so philosophisch wie Gedichte oder Forschung. Aber ich finde, der Vergleich schmälert nur den empfundenen Wert. Und wenn ich wählen müsste, diese großen Taten oder doch die Kleinen, alltäglichen Dinge, dann bin ich sehr zufrieden mit eben diesen kleinen Hilfestellungen und träume nicht von den großen Heldentaten, die zwar leuchtend strahlen, letzten Endes in ihrer Außergewöhnlichkeit den Menschen aber weniger helfen als die vielen, unbemerkten, kleinen Dinge.“
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01-23-2024, 01:58 PM,
Beitrag #9
RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Während Sonnwin einkaufen ging, setzten Gerwina und Leander ihre "geistreiche" Unterhaltung über die Mahlzeiten in der Villa Gabiniana fort. Sein verwunderter Gesichtsausdruck, als sie sagte, dass die Köchin für jeden Bewohner das Essen nach den Wünschen serviert, amüsierte die junge Frau und sie lächelte leicht, "Ja, werter Plautius Leander, so ist es", sie nickte "Und zur Cena wird es zum Beispiel heute ein Eintopf mit  Fleisch, viel Gemüse und würzigen Kräuter geben, danach noch Eierkuchen mit Honig...". Warum das alles einen Archivvorsteher interessierte, blieb für Gerwina ein Rätsel.

Dann kam auch schon Sonnwin voll beladen mit Lebensmittel, etwas Gebäck und einen Becher Wasser für seine Schwester und zwei mit Wein für Leander und sich. Der Archivar half Sonnwin, das alles, was Sonnwin mitgebracht hatte, dabei war eine Platte mit Schinken und Brot, auf den Tisch zu stellen.
"Danke, lieber Bruder," Gerwina knabberte genüsslich an dem Gebäck und trank langsam ihr Wasser. "Das Gebäck schmeckt gut".

Plautius Leander hat auf ihre Frage geantwortet, dass sein Vater, der edle Rechtsgelehrte Caius Plautius Seneca in Iscalis wohnt und hat zwei Töchter, aber keinen Sohn und hat Leander, der als Sklave ihm gedient hatte, ihn dann freigelassen und als seinen Erben eingesetzt hat. Gabinia wusste nicht, dass der Grieche ein freigelassener Sklave war, sie nahm es kommentarlos zur Kenntnis, weil es für sie keine Bedeutung hatte, aß nur ihr Gebäck, schaute ihn dann unauffällig an und dachte, dass er als Sklave damals vielleicht nicht genug zum Essen bekam und daher könnte es der Grund sein, warum er so neugierig auf die Mahlzeiten auf ihrem Landgut war...
"Es ist aber in der Tat sehr edel von deinem Vater, Plautius Leander, dass er dich als Erben bestimmt hat!"

Dann wollte Sonnwin wissen, was Leander wohl gerne tun in seinem Leben würde, wenn er die freie Wahl dazu hätte. Darauf erzählte Leander in einer langen Rede, was für ihn wichtig ist und, dass er mit der Arbeit im Archiv, wo er Menschen helfen konnte, sehr zufrieden ist und träumte nicht von den großen Heldentaten. Gabinia war beeindruckt und hat mit einem kleinen Applaus ihre Anerkennung gezeigt,

 "Ich kann dich gut verstehen, werter Plautius Leander, denn ich bin auch mit meinem Leben als Landwirtin sehr zufrieden und glücklich!
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund (Pater Familias): Aulus Gabinius Secundus [Sonnmar] (NSC)
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01-28-2024, 06:32 PM,
Beitrag #10
RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Leander war wirklich ein höflicher Mensch. Er wollte mir sogleich Essen und Getränke abnehmen, als ich vollbeladen wie ein Muli an den Tisch kam. Ich ließ es geschehen, setzte mich und griff zu. 
" Zur Freilassung und Adoption gratuliere ich dir", sagte ich aufrichtig:
" Dein früherer Herr muss große Stücke auf deine Ehrlichkeit halten, auch wenn dieser Tag hoffentlich noch fern ist, an dem du sein Erbe antrittst", ich erhob meinen Becher:
"Auf die Gesundheit deines Vaters, des werten Rechtsgelehrten Plautius Seneca"

 Das römische Recht erlaubte Töchtern nicht, große Erbschaften anzutreten. So ähnlich war es auch bei meiner Stella gewesen. Nur hatte ihr Vater nicht einen Freigelassenen, sondern seinen Neffen zum Erben eingesetzt, der dann seiner Cousine als Mitgift ihr Erbe ausgezahlt hatte. Ich nahm an, dass Plautius Seneca davon ausging, dass sein Freigelassener diese Pflicht treu erfüllen würde. Nicht nur schlau war er, sondern auch zuverlässig und ergeben.

Die Frage nach dem, was er im Leben am liebsten getan hatte, beantwortete der Archivvorsteher auf recht philosophische Art. Was er tat, war vielleicht nicht so ruhmreich wie im Namen Roms Schlachten zu gewinnen, nicht so aufregend wie durch Jagden Nahrung zu beschaffen oder Bestien zu bezwingen, nicht so philosophisch wie Gedichte oder Forschung. Aber er war zufrieden damit, dass er mit Kleinigkeiten Menschen helfen konnte.

Clara applaudierte sogar seiner Rede. 

Und ich antwortete:
" Deine Hilfe ist bestimmt keine Kleinigkeit, werter Plautius Leander. Gesetze jagen mir großen Respekt ein, und es gibt nichts, wodurch sich Rom mehr von seinen Nachbarn unterscheidet als durch sein geschriebenes Recht. Ich bewundere dich, dass du da durchblickst, wo ich nur im Nebel herumstochere.
Aber ich finde eine Rübe auch spannender als eine Schlacht, das glaube mir. Sehr zum Leidwesen übrigens meines Vaters, der in der Britannischen Flotte diente. Er hätte mich gerne auch beim Militär gesehen", ich hielt ein Stück der Rüben mit süßsaurer Soße hoch:
"Ist es nicht seltsam, dass es leicht ist, Leben auszulöschen, aber dass nicht einmal der Kaiser dazu fähig wäre, eine einzige Rübe zu erschaffen?", sagte ich und bevor Clara etwas sagen konnte, legte ich meine Hand auf ihre Hand:

"Ich muss aufhören, sonst sagt meine Schwester, dass ich zulange alleine draußen auf dem Gelände bin. Da komme ich nur auf merkwürdige Gedanken. Ich selbst kann mir nur schwer vorstellen, nicht mein eigener Herr zu sein, trotz der vielen Arbeit"

Und da sagte auch Clara, dass sie nur als Landwirtin glücklich sein konnte. Das war soweit ich kapierte,  eine Absage an eine Ehe. Gabinia Clara sah sich nicht als Gattin eines Archivvorstehers. Ich sah sie auch nicht so. Meine Schwester Gerwina hatte die Unabhängigkeit unserer Mutter Gerlinda geerbt, die in ihrer Jugend noch dem Wodan geweiht gewesen war. Das war schade für Leander, denn meine Schwester Clara war ein schönes Mädchen. Aber vielleicht war es auch sein Glück, denn ihren starken Charakter hätte er nicht so leicht zähmen können. 
Hoffentlich kam Plautius Leander trotzdem einmal zu Besuch. Ich hatte ihn nach seinen weisen Worten aufrichtig gern.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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