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Von Falken und Drachen - Befreiung und Untergang der Mine
01-09-2024, 10:15 PM,
Beitrag #31
RE: Von Falken und Drachen - Befreiung und Untergang der Mine
Wir hatten es geschafft! Wir hatten tatsächlich alle Wachen ausgeschaltet! Doch selbst jetzt, nachdem wir alle römischen Wachen ausgeschaltet hatten, spürte ich immer noch dieses beklemmende Gefühl. Der Gestank von menschlichem Elend, das Wehklagen der Sklaven und der Anblick ihrer halbtoten Gesichter hingen in der Luft. Ich fragte mich, ob ich dem Balventier dankbar sein sollte, dass er mir all das erspart hatte, als er mich in sein Haus geholt hatte. Aber nein, dafür musste ich ihm nicht dankbar sein! Nich dafür!
Ich versuchte, meine Gedanken zu verdrängen und ging zu einer der toten Wachen. Ich nahm den Schlüsselbund, der an seinem Gürtel befestigt war. Nun musste ich nur noch den passenden Schlüssel für die Schlösser finden, um die Ketten zu öffnen. Es war eine mühsame Arbeit, denn alles musste schnell gehen. Ich wollte so viele wie möglich retten. Keiner dieser Männer und Frauen hatte es verdient, hier zu sterben. Auch wenn die meisten Sklaven nur noch Schatten ihrer selbst waren. Einige begannen zu weinen, wie kleine Kinder. Andere waren völlig verängstigt. Doch diejenigen, die noch etwas mehr Kraft hatten, begannen sich nun selbst mit Hilfe ihrer Hämmer und Meißel von ihren Ketten zu befreien. Andere halfen ihren Leidensgenossen, die auf Hilfe angewiesen waren.
“Geht! Geht nach draußen! Beeilt euch!” rief ich den Befreiten zu und half schließlich denen, die kaum noch in der Lage waren, zu laufen. 
Mit jedem Schritt, den wir  uns dem Audgang der Mine näherten, fühlte ich, wie die Last der Dunkelheit von uns abfiel. Die frische Luft füllte unsere Lungen und die Sonne wärmte unsere Haut. Es war ein neuer Anfang für uns alle, ein Zeichen der Hoffnung inmitten der Verzweiflung, auch wenn viele nur noch wenige Wochen oder Monate zu leben hatten. Viele dieser Männer würden auch jetzt noch an der Bleikrankheit sterben.
Aber unsere Reise war noch nicht vorbei. Wir mussten einen sicheren Ort finden, denn Ciaran und Dunduvan würden waren sicher schon bald bereit, die Miene zu sprengen.
"Kommt! Schnell! Wir müssen hier weg!" rief ich den befreiten Sklaven zu. Und so führte ich sie weiter, weg von der Mine und hinein ins Unbekannte.
Plötzlich drang ein gewaltiges Dröhnen und Grollen aus dem Mineneingang zu uns hinaus, begleitet von heftigen Staubwolken. Es war, als ob die Götter selbst am Werk waren, denn sie ließen die Erde erzittern. Bei den Befreiten brach Panik aus. Doch ich beruhigte sie und führte sie weiter weg von der Mine, weg von der Gefahr. Ich warf einen Blick auf den Eingang der Mine und hoffte, sie würde nicht zum Grab für Louarn und seine beiden Brüder werden.
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01-10-2024, 03:36 PM,
Beitrag #32
RE: Von Falken und Drachen - Befreiung und Untergang der Mine
Louarn stürzte in Richtung der eingestürzten Mine und versuchte, etwas zu retten, was nicht mehr zu retten war. Dunduvan war tot, da war ich mir ganz sicher, und daran gab es nichts zu retten oder zu ändern. Dieses Brüllen und suchen war vollkommen sinnlos. Trotzdem ließ ich ihn einfach machen, setzte mich auf einen größeren, herumliegenden Findling und ließ den roten Riesen einfach machen. Wahrscheinlich war das seine Form von trauer oder so etwas. Viele Menschen reagierten ziemlich irrwitzig auf einen Toten.
Aber meine Neugier oder seine Trauer waren nicht der Grund, warum ich ihn machen ließ, sondern einfach der Umstand, dass Madoc mit den Befreiten sich auf den Weg gemacht hatte. Da die Straße aber verschüttet war und es jetzt nicht besonders viele andere Wege gab, musste diese ganze Horde über Leitern nach oben auf den Felsvorsprung, was nicht nur gefühlt, sondern tatsächlich ewig dauerte. Einige fielen zu allem Überfluss beim Klettern auch noch wieder halb runter. Solange die also den Rückweg verstopften, musste ich sowieso warten, also konnte ich Louarn in dieser Zeit auch machen lassen, was auch immer er gerade als nötig erachtete. Und ich beobachtete es einfach ruhig und fragte mich wieder einmal, warum einige Leute mich als verrückt bezeichneten, obwohl ich nicht der schreiende Idiot war, der sich Brandblasen an den Fingern holte.

Irgendwann hörte Louarn auf, herumzuschreien und zu rennen und zu versuchen, wieder in den Berg zu kommen und heulte nur noch. Ich legte den Kopf schief und besah ihn mir eine Weile. Dann blickte ich zum Sonnenstand und schließlich zum Berg, wo langsam der Strom der Sklaven abebbte.
Ich stand auf und ging zu ihm hinüber. “Wir müssen jetzt gehen. Die Römer werden zwar eine Weile brauchen, herzukommen, aber in einer oder zwei Stunden sollte es hier von ihnen nur so wimmeln.“

Natürlich wollte Louarn nicht. Der Kerl war schon immer dumm gewesen und versuchte, seine kleinen Vögelchen zu retten. Natürlich wollte er Dunduvan retten. Ich sah zu dem eingestürzten Berg und dem feuer und sprach das offensichtliche aus. “Dunduvan ist tot. Das hier ist sein Grabmal. Und wenn du nicht gehst, bist du in ein paar Stunden genauso tot wie er jetzt.“

Ich löste mich von ihm und wendete mich den Leitern zu. Ich hatte nicht vor, hier draufzugehen wegen irgendwelcher unsinniger Aktionen, die absolut keinen Sinn hatten. Und ich war auch nicht traurig. Dunduvan würde wiedergeboren werden, wenn es an der Zeit war. Und bis dahin würde er der Anderswelt dienen und lernen. Ich hätte ihn zu gern gefragt, was er in diesen letzten Momenten gesehen, gehört, erfahren hatte. Aber ich würde damit wohl warten müssen, bis wir uns wiedersahen.
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Falke
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01-10-2024, 05:36 PM,
Beitrag #33
RE: Von Falken und Drachen - Befreiung und Untergang der Mine
Überall war Rauch und Stein, aber kein Zeichen von Dunduvan. Ich schrie, bis ich heiser war, und suchte einen Weg, fand aber keinen. Vielleicht war da auch keiner. Aber ich musste es wenigstens versuchen. Ich weigerte mich, zu glauben, was mir tief im Inneren durchaus klar war. Aber ich wollte es nicht wahrhaben. Es durfte nicht sein. Erst Helena, jetzt Dunduvan. Das durfte nicht sein. So grausam konnten die Götter nicht sein.

Aber sie waren es, und irgendwann sank ich auf die Knie und weinte nur noch und betrachtete meine Hände, auf deren Flächen die Haut von der Hitze rot war und ich an mindestens einer Stelle sicher eine unappetitliche Blase bekommen würde. Eigentlich sah ich sie gar nicht wirklich, nur wie nutzlos sie waren. Niemand konnte ich retten. Meine Mutter nicht. Niamh nicht. Helena nicht. Dunduvan…
Ich schloss die Augen, als die Gefühle übermächtig wurden, und hörte nur, wie Ciaran näher kam, unbarmherzig wie immer. Er hatte keine Gefühle, oder nur solche, die niemand außer seinem Zwilling begreifen konnte. Und er sagte auch sofort nur, dass wir gehen mussten. Nichts über Dunduvan. Kein einziges Wort. Er war wirklich ein Druide wie Cathbad und kein Mensch wie der Rest von uns.
“Wir können Dunduvan hier doch nicht einfach zurücklassen! Wir müssen ihn holen!“ argumentierte ich. Ich konnte ihn, lebendig oder tot, nicht den Römern überlassen.
Aber auch Ciarans nächste Worte waren nicht einfühlsamer. Er sprach aus, was ich wusste, aber nicht wahrhaben wollte. Dunduvan, mein Bruder, mein kluger, ernster Bruder, war tot, und es gab nichts mehr, was ich für ihn tun konnte. Ich konnte ihn nicht einmal begraben, weil dieser verdammte Berg, diese verdammte Mine schon sein Grabhügel war. Und die toten Römer und all das Silber, das noch darin sein mochte, seine grabbeigaben.
Ich hörte, wie Ciaran ging, und senkte meinen Kopf und schluchzte ein paar Mal. Ich war so unnütz. Ich hätte sterben sollen, nicht Dunduvan. Er wurde noch gebraucht, um Pläne zu machen. Er hatte all das, was wir tun, verstanden und wusste, was zu tun war. Ich, ich war überflüssig, zu nichts zu gebrauchen, konnte die Römer nicht ausspionieren oder mit cleveren Plänen in die Falle locken. Ich hatte nur Kraft, sonst gar nichts. Und die war zu nichts zu gebrauchen. Wofür war diese Kraft da, wenn ich damit nicht einmal meinen Bruder retten konnte.

Ich blieb noch ein wenig sitzen und war mir sicher, dass Ciaran gegangen war. Warum sollte er auch auf mich warten? Madoc war mit den Männern und Frauen, die wir befreit hatten, auch gegangen, und nur ich und das Feuer und die Toten waren noch da. Meine Stimme war vom Schreien wund und rau und mein Kopf tat weh von den vergossenen Tränen. Vielleicht wäre es tatsächlich besser, hier auf die Römer und den Tod zu warten.

Trotzdem stand ich auf, weil ich wusste, dass Dunduvan nicht gewollt hätte, dass ich mich so sinnlos opfere. Irgend jemand musste es auch den anderen sagen, denn ich war mir sicher, dass Ciaran das vergessen und für überflüssig erachten würde. Aber Calum und Alun… sie sollten es wissen. Ich war mir nicht sicher, ob ich es ihnen jetzt sagen konnte. Aber ich musste es ihnen sagen. Wenn ich so weit war.
Ich sollte gehen. Musste gehen. Das wusste ich. Aber meine Füße wollten noch nicht. Mit kratziger Stimme stimmte ich ganz leise ein Lied an, denn wenigstens eine Totenklage hätte Dunduvan verdient.
Ta mo chroí-se go tláth lag
'S i lár mo chuid saothair
Tagann lán tocht im chléibhse
Cé nár mhéin liom é rá….*“
Mein Herz schlägt schwach
Und meine Bemühungen sind geschwächt
Ein Kummer zu tief für Worte
Erfüllt meine Brust
Weiter kam ich nicht. Ich konnte nicht. Mein ganzer Hals tat weh, und mir fiel nichts mehr ein. Alles war leer.

Ich blieb noch einen Moment stehen, ehe auch ich mich auf machte, die Mine zu verlassen.

Irgendwie kam ich die Leiter hinauf und nachdem ich ein wenig herumgestolpert war, fand ich auch meinen Braunen, der geduldig graste, als hätten wir nicht gerade einen verdammten Berg in die Luft gesprengt. Ich zog mich in den Sattel und ließ ihn einfach losgehen. Wohin, das war mir im Moment ziemlich egal.
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Falke
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