11-08-2023, 06:03 PM,
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Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
Mit den ersten Sonnenstrahlen hatte ich das Bett verlassen, um mich von meinen Sklaven waschen und ankeiden zu lassen. Heute trug ich nur eine wollene Tunika und verzichtete auf die Toga, da ich keinen Besuch erwartete. Doch heute gab es sehr viel zu tun! Daher eilte ich sofort in mein Arbeitszimmer, nachdem ich eine Kleinigkeit zu mir genommen hatte.
Zunächst musste ich noch ein Empfehlungsschreiben für den Vilicus aufsetzen müssen. Bevor er uns an diesem Morgen verließ, wollte ich noch eine Art Übergabe abhalten. Da ich nach der Morgentoilette von einem Geistesbitz getroffen worden war, hatte ich kurzerhand beschlossen, den guten Midas zu meinem neuen Vilicus zu ernennen. Der junge Sklave besaß alles, was man dafür haben musste. Er würde den Laden schon schmeißen, wie es so schön hieß!
Nachdem dann Tarutius und Nysa unter Tränen verabschiedet worden waren, hatte ich den jungen Phoebus losgeschicht, um uns einen Wagen zu besorgen, der uns eine Stunde später abholen sollte.
In dieser einen Stunde hatten die Sklaven in der Küche Zeit, uns ein paar Leckereien für den Ausflug zu richten, desweiteren sollten ein paar Decken zusammengepackt werden, die entweder dazu dienen sollten, uns zu wärmen, falls es regnete oder als Picknickdechen genutzt werden konnten, wenn die Sonne schien. Außerdem suchte ich noch eine Hand voll Sklaven aus, die uns begleiten sollten, die uns beschützen und zur Hand gehen sollten.
Dann war es endlich so weit! Phoebus war erfolgreich gewesen. Der Wagen stand vor der Tür. Die Sklaven begannen damit, alles einzuladen, was wir für unseren Ausflug benötigten. Nun fehlte eigentlich nur noch meine Frau! "Geh und gib der Domina Bescheid, der Wagen sei da!" Der Junge lief sofort los.
Während ich auf sie wartete, kam Dana angelaufen. Sie hatte einen wärmenden Wollmantel in der Hand. "Dominus, hier hast du noch deinen Mantel! Damit du nicht krank wirst!" Ach ja, Dana, die gute Seele! "Danke, Dana! Ich werde mich davor hüten, wieder krank zu werden!" antwortete ich grinsend und zog den Mantel an.
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11-08-2023, 09:09 PM,
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Accia Prisca
Forenmitglied
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Beiträge: 303
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Registriert seit: Feb 2023
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RE: Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
Der Tag war hart für Prisca. Nachdem sie kaum und darüber hinaus noch schlecht geschlafen hatte, war sie am Morgen mit der Gewissheit aufgestanden, Corvus vorerst zum letzten Mal zu sehen. Zum Glück weinte auch Nysa ziemlich beim Abschied, so dass es ihr keiner verdenken konnte, dass auch sie weinte. Es konnte ja keiner wissen, dass das nicht der übliche Abschiedsschmerz wegen Nysa war, sondern mehr Liebeskummer wegen Corvus.
Danach hatte sie sich erst einmal in ihr Zimmer zurückgezogen, um ausgiebig zu heulen, und war froh, dass niemand sie dabei störte. Erst eine Weile später vernahm sie ein zaghaftes Klopfen und die Meldung, dass ihr Mann jetzt bereit wäre, mit ihr den gestern nächtens noch beschlossenen Ausflug zu unternehmen. Prisca erbat sich einen Moment Zeit und stand aus dem Bett auf, um sich zu waschen. Sie konnte nicht vollkommen verheult auf den Ausflug gehen.
Sie wusch sich also mit kaltem Wasser und nach einer Weile kam auch eine der Sklavinnen noch herein, um ihr zu helfen. Ihre Haare mussten neu geflochten werden, damit es nicht so wirr aussah, und sie zog sich auch noch ein wärmeres Kleid an und nahm neben einer dazu passenden Palla noch einen dickeren Umhang aus Lammfell mit, falls es doch überraschend kalt werden sollte, ehe sie nach draußen zu ihrem Mann ging, der schon auf sie wartete.
Sie hoffte, dass ihre Augen nun nicht mehr verweint wirkten, als sie tief durchatmete und zu ihm hinüber ging. “Hier bin ich“, sagte sie, konnte aber keine Freude darüber in ihre Stimme legen. Sie hoffte einfach, dass der Ausflug sie wirklich ablenken würde.
Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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11-09-2023, 11:49 AM,
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RE: Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
Ich war mir bewusst, dass der Abschied von Nysa für meine Frau nicht einfach gewesen war. Allerdings hatte ich auch nicht damit gerechnet, dass es ihr so schwer fallen würde. Nysa hatte sie beim Heulen tatkräftig unterstützt. Ich hatte Tarutius dann irgendwann ein Zeichen gegeben, dass es besser war, bald zu gehen, was er dann auch getan hatte. Nachdem er und Nysa gegangen waren, hatte sich Prisca zurückgezogen.
Der Sklave, den ich zu ihr geschickt hatte, erklärte mir, sie würde noch einen Moment brauchen. Nun stand ich zwischen Tür und Angel und wartete, bis sie endlich kam. Ich hatte ja schon befürchtet, sie ließe sich gleich wieder entschuldigen und könne aus einem unerfindlichen Grund nicht mitkommen. Doch nach einiger Zeit kam sie dann doch. Nun ja, sie sah nicht gerade glücklich aus. Auch ihre Schminke konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie lange geweint hatte. Aber ich war mir sicher, der Ausflug würde ihr guttun und sie ablenken, von allem, was sie gerade bedrückte.
Ich streckte meine Hand nach ihr aus, als sagte, sie sei nun hier. "Komm, meine Liebe!" Ich legte ihr meinen Arm um die Schultern und begab mich mit ihr zu dem wartenden Wagen. Da sie etwas weitsichtiger als ich war, hatte sie bereits einen wärmenden Umhang dabei. Frauen waren in dieser hinsicht doch etwas besonnener.
Die Sklaven hatten inzwischen alles eingeladen, was wir auf unserem Ausflug benötigten. Drei Sklaven würden uns heute begleiten. Aratas würde für unsere Sicherheit zuständig sein. Er hatte bereits seinen Platz neben dem Fahrer eingenommen. Des Weiteren würden uns noch Phoebus und Lysandra begleiten. Letztere hatte ich speziell für meine Frau ausgewählt. Vielleicht verstanden sich ja die beiden. Dann konnte sie in Zukunft Nysas Platz einnehmen. Phoebus würde mir als Schreiber dienen. Er hatte dafür alles mit dabei, gut verpackt in einer Ledertasche.
Gemeinsam mit meiner Frau bestieg ich den Wagen. Die beiden Sklaven stiegen noch zu, danach konnte der Wagen auch abfahren.
Zunächst rollte der Wagen mit einem polternden Geräusch durch die Gassen der Stadt. Am Stadttor hielt er dann an, doch glücklicherweise ging es dort heute relativ zügig voran, so dass der Wagen schon bald auf der Straße nach Dubris war.
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12-08-2023, 10:40 AM,
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RE: Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
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Ich hatte mich sofort aus der Decke geschält, öffnete die Tür des Wagens und sprang heraus. "Was ist passiert?" fragte ich Dana, die ihren Tränen keinen Einhalt mehr gebieten konnte. Doch ich wartete ihre Antwort nicht ab und betrat hastig das Haus. Mein Blick fiel auf einige Sklaven, einige ebenfalls mit Tränen in den Augen. "Was ist geschehen?" rief ich lauter. Diese Ungewissheit trieb mich fast in den Wahnsinn.
Endlich trat Midas, den ich am Morgen zum neuen Vilicus ernannt hatte, an mich heran. Der Sklave wirkte sehr bedrückt, behielt jedoch die Fassung. "Dominus, deine Mutter! Die Domina ist vor wenigen Stunden verstorben", sagte er schließlich mit belegter Stimme. Ich verharrte wie versteinert, bis ich endlich das Gehörte begriff. "Was? Was sagst du da?" fragte ich noch einmal nach. Mutter war schon seit mehreren Monaten recht kränklich gewesen. In den letzten Tagen war sogar wieder eine leichte Besserung eingetreten. "Die Domina hat am Nachmittag ihr Cubiculum verlassen. Sie wollte nach dem Rechten sehen, hatte sie noch gesagt, als sie das Tablinium betrat. Als Dana der Domina warmen Würzwein bringen wollte, fand sie sie leblos auf dem Boden liegen. Praxilla, ihre Leibsklavin war auch bei ihr. Aber das Herz der Domina hatte bereits aufgehört, zu schlagen", berichtete der Sklave, während ich mit offenem Mund dastand und die schlimme Nachricht hörte.
"Habt ihr den Medicus gerufen?" fragte ich, obwohl er ihr auch nicht mehr helfen konnte. "Wo ist sie jetzt?" Midas nickte, "Ja, das haben wir, Dominus. Pacorus hat mir geholfen, die Domina nach oben in ihr Cubiculum zu bringen. Praxilla hat die Domina bereits gewaschen." antwortete Midas.
Ich schüttelte den Kopf, da ich es immer noch nicht fassen konnte. Am meisten bestürzte es mich, dass ich nicht bei ihr gewesen war, als Mutter gestorben war. Ich schlug die Hände vor die Augen und sah mich hilfesuchend nach meiner Frau um.
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12-08-2023, 03:03 PM,
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Accia Prisca
Forenmitglied
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Beiträge: 303
Themen: 8
Registriert seit: Feb 2023
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RE: Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
Das küssen in der Kutsche war für Prisca seltsam gewesen. Sie war sich nicht sicher, ob ihr Mann nicht eigentlich noch mehr wollte und fürchtete es fast. Aber zumindest verlangte er nicht mehr während der holprigen Fahrt, und küssen war schon in Ordnung für Prisca. Auch wenn seine Nähe während der nicht wirklich kurzen Fahrt doch weiterhin irgendwie ungewohnt blieb.
Trotzdem musste sie wohl irgendwann bei dem ganzen Geholper eingenickt sein, denn sie wachte etwas verwirrt auf, als der Wagen anhielt und Geschrei vom Haus her drang. Prisca brauchte ein wenig länger, bis sie soweit wach und ansprechbar war und sich aus der Kutsche geschält hatte. Ihr Mann war schon im Eingang des Hauses und redete heftig mit Midas. Sie brauchte ein paar Momente, bis wirklich zu ihr durchdrang, was passiert war.
Naevia Calida, Merulas Mutter, war verstorben. Und das ausgerechnet heute! Prisca schaute zu ihrem Mann, der kurz davor war, die Fassung zu verlieren, und das vor den Sklaven. Vor Mitleid zerbarst ihr Herz beinahe. Ja, sie hatte lange gehofft, dass Naevia Calida bald abreisen würde. Claudia Sabina hatte sogar eine Fluchtafel dafür geschrieben. Aber das hier hatte Prisca nicht gewollt. Sie fand Naevia Calida zwar grausam, vor allen Dingen gegenüber Nysa und ihrem eigenen Sohn, aber deshalb hatte sie ihr trotzdem nicht den Tod gewünscht.
Schnell trat Prisca zu ihrem Mann und ergriff eine seiner Hände, um sie leicht zu drücken und ihn leicht zu umarmen. Ihr als Frau waren größere Gefühlsausbrüche gestattet, die ihm als Mann eigentlich untersagt blieben. “Es tut mir so furchtbar leid“, sagte sie ehrlich, auch wenn sie sich gerade nicht dazu zwingen konnte, lautstark zu klagen und zu weinen. Ihr tat Merula weit mehr leid als Naevia Calida, mit der sie wenig verband.
“Wenn du möchtest, lasse ich die Sklaven die Trauerkränze aufhängen und gebe den Nachbarn bescheid“, sagte Prisca, um ihm zu zeigen, dass sie ihm helfen würde. Leider wusste sie ja noch zu gut, welche Rituale alles anstanden, wenn ein verwandter starb. Bei ihrem Vater war es erst wenig mehr als ein Jahr her.
Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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12-10-2023, 01:40 PM,
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RE: Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
All die schönen Momente, die dieser Tag hervorgebracht hatte, verblassten gerade zu einem fahlen Bild. Ich atmete mehrmals tief durch, denn ich spürte, dass ich im Begriff war, den Halt zu verlieren, und das auch noch vor den Augen der Sklaven! Meine Frau war inzwischen ebenfalls aus dem Wagen gestiegen und eilte zu mir. Sie drückte meine Hände und umarmte mich sanft. Wahrscheinlich hatte ich das gebraucht, damit wieder Firmitas und Gravitas - die Stärke und die Schwere in mich zurückkehrten. Jene Tugenden, die einen Mann zum Römer machten. Dies war nur eine weitere Prüfung, so sagte ich zu mir selbst, die ich bestehen musste. Ich würde nicht wie ein Schwächling einknicken, sondern hier und jetzt meine Würde bewahren.
Vorsichtig löste ich mich aus Priscas Umarmung und wandte mich an den neuen Vilicus. "Danke, Midas", sagte ich mit fester Stimme. "Domina Calida soll hier im Atrium aufgebahrt werden, sobald sie gesalbt und eingekleidet wurde."
Meine Frau wusste genau, was nun zu tun war und ergriff daher die Initiative. Sie wuchs in diesem Moment über sich hinaus. Ich nickte Prisca zustimmend zu. "Ja, tu das bitte!" Mir war bewusst, dass die nächsten Tage sehr schwer werden würden. Doch in dieser großen Not konnte ich auf meine Frau zählen. Sie stand zu mir und unterstützte mich, so wie es sich für eine römische Matrona gehörte.
Nachdem jeder wusste, was er zu tun hatte, begab ich mich in das Tablinium und fand dort einen geöffneten Brief vor. Zunächst wunderte ich mich, wer sich an meiner Post zu schaffen gemacht hatte. Er war von meinem Onkel Quintus aus Ostia, dem jüngeren Bruder meines Vaters. Ich begann ihn zu lesen und musste mich dann, ob des Inhalts, setzen.
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Ad
Marcus Sabinius Merula
Casa Sabinia
Iscalis
Britannia
Mein lieber Marcus,
Ich hoffe, dieser Brief findet dich in bester Gesundheit und
guter Stimmung. Ich schreibe dir heute mit einer Nachricht,
die sowohl überraschend als auch hoffnungsvoll ist.
Dein Vater, mein geliebter Bruder, hatte einen weiteren Sohn.
Ja, du hast richtig gelesen. Du hast einen Bruder. Sein Name
ist Lucius Sabinius Belenus. Er kam im Alter von fast
sechs Jahren zu deiner Tante Clara und mir
und ist in meinem Haus aufgewachsen.
Dein Vater wollte damals deine Mutter nicht brüskieren.
Inzwischen ist dein Bruder zu einem feinen jungen Mann
herangewachsen, voller Energie und Begeisterung, genau
wie dein Vater in seinenjungen Jahren.
Belenus hat immer davon geträumt, dich einmal zu treffen
und mehr über seinen Vater durch dich zu erfahren. Deshalb
hat er sich entschieden, nach Britannia zurückzukehren, um
seinen Bruder kennenzulernen. Wenn du diesen Brief erhältst,
ist er bereits aufdem Weg zu dir.
Ich weiß, dass diese Nachricht überraschend für dich sein mag,
aber ich hoffe, dass du deinen Bruder mit offenen Armen und
einem offenen Herzen empfangen wirst. Ich bin sicher, dass ihr
beide gut miteinander auskommen werdet, wenn ihr euch erst
einmal kennengelernt habt.
Mögen die Unsterblichen stets über dich und die Deinen wachen!
Vale bene,
Dein Onkel Quintus
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12-10-2023, 05:55 PM,
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Accia Prisca
Forenmitglied
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Beiträge: 303
Themen: 8
Registriert seit: Feb 2023
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RE: Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
Merula fing sich wieder und richtete sich mehr auf. Prisca war erleichtert. Sie hätte nicht gewusst, wie sie mit einem Nervenzusammenbruch hätte umgehen sollen. Das wusste sie ja nicht mal bei sich selber, obwohl sie mehrfach kurz davor stand.
Merula gab also den Befehl, seine Mutter im Atrium aufzubahren, sobald sie soweit vorbereitet war, und überließ Prisca die weitere Organisation. Er selbst zog sich ins Tablinum zurück. Prisca übernahm also notgedrungen das Heft, schickte zwei Sklaven los zum nächsten Bestatter, damit der Naevia Calida einbalsamieren konnte. Dann fragte sie Midas aus, ob die Sabinier eine eigene Grabstädte in Iscalis oder anderweitig hatten und wies ihn an, sich um die Beschaffung von hinreichend Brennholz für die Bestattung zu kümmern. Hier in Britannia im Winter war trockenes Brennholz zwar nicht selten, aber man musste gut darauf achten, dass es trocken blieb. Ebenso schickte sie eine Sklavin zum hiesigen Töpfer, eine schön glasierte Urne zu kaufen, da Prisca nicht wusste, ob es hier einen Steinmetz mit hinreichend Fähigkeiten für eine steinerne Urne gab.
Dann wurde noch den Sklavinnen aufgetragen, frische Binsen im Atrium auszusteuen, damit diese zum Ende der Trauerzeit mit der trauer gemeinsam hinausgekehrt werden konnten. Und einen Kranz sollten sie noch aufhängen, wobei Prisca nicht sicher war, ob auch schon in Iscalis Zypressen gepflanzt worden waren. In Londinium bekam man zweige davon. Notfalls würde es eine Tanne sein müssen. Sie wies aber eine Sklavin an, sich zu erkundigen und es zu versuchen.
Als dann wirklich alles soweit war, folgte Prisca erst einmal ihrem Mann. Er tat ihr so leid! Es musste so schwer für ihn sein. Und irgendwie war sie froh, dass sie nicht gleich mit Corvus abgehauen war, denn dann wäre ihr Mann jetzt ganz alleine. Sie wüsste nicht, ob sie das mit ihrem Gewissen hätte vereinbaren können.
Sie betrat also das nahegelegene Tablinum und fand ihren Mann grübelnd über einem Brief.
“Die Sklaven bereiten alles vor. Ich wollte gleich zu den Nachbarn gehen. Kann ich dir noch irgendwie helfen?“ fragte sie und fühlte sich irgendwie ganz klein. Zumindest sehr viel kleiner, als sie war.
Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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12-17-2023, 08:36 AM,
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RE: Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
| Midas
Miadas hätte nicht im Traum daran gedacht, dass seine erste große Aufgabe als neuer Vilicus darin bestand, Domina Prisca dabei zu unterstützen, um die Beisetzung der Domina Calida zu organisieren. Die Hausherrin wusste genau, was in diesem Fall zu tun war. Sie bewahrte Haltung, bei allem was sie tat und blieb dabei die gütige junge Frau, so wie er sie seit ihrer Vermählung mit dem Dominus kannte. Dafür bewunderte er sie.
Als sie mit der Frage nach einer Grabstätte an ihn herantrat, nickte er. "Ja, es gibt eine Grabstätte, Domina. An der Straße nach Lindinis hatte Domina Calida für ihren verstorbenen Gatten ein kleines Grabmal errichten lassen. Ich werde dorthin das Brennholz schaffen lassen." Midas schickte daraufhin einen Sklaven zum Holzhändler, der das Brennholz bestellen sollte, während er weiterhin die Arbeiten im Haus überwachte und sie auch tatkräftig mit unterstützte.
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Ich hatte den Brief ein zweites und ein drittes Mal lesen müssen und schaute immer noch ganz ungläubig auf diese Zeilen. Mit dem Gedanken, einen Bruder zu haben, konnte ich mich nicht so richtig anfreunden, denn es blieb ein fahler Nachgeschmack in meinem Mund, wenn ich mich fragte, wer denn die Mutter meines Bruders war. Davon hatte Onkel Qunitus nichts in seinem Brief geschrieben. Da der Brief bereits geöffnet gewesen war, nahm ich an, dass ihn Mutter geöffnet hatte. Der Inhalt musste sie so sehr getroffen haben, dass ihr Herz dabei stehen geblieben war.
Als Prisca dann eintrat, riss sie mich aus meinen Gedanken. Sie erklärte, dass sie bereits alles in die Wege geleitet hatte und nun noch den Nachbarn Bescheid geben wollte. Was konnte ich mich glücklich schätzen, eine solche Frau zu haben, die dann noch stark blieb, wenn ich zu straucheln begann!
"Komm her," bat ich sie. "Und sieh dir diesen Brief an! Ich nehme an, Mutter hat ihn geöffnet. Er kommt aus Ostia von meinem Onkel." Ich hielt ihr den Brief entgegen.
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12-17-2023, 08:13 PM,
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Accia Prisca
Forenmitglied
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Beiträge: 303
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Registriert seit: Feb 2023
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RE: Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
Zum Glück gab es eine Grabstätte nahe der Stadt, so dass Prisca nicht so viel überlegen musste, wo sie denn wohl die Verbrennung organisieren könnten. Innerhalb der Stadt war ja schon mal ausgeschlossen, aber auch außerhalb durfte man ja nicht einfach irgendwo einen Scheiterhaufen errichten. Aber an einer eigenen Grabstätte sollte es da keine Probleme geben. Dafür waren die schließlich da.
Als sie aber zu ihrem Mann dann gegangen war, waren diese Gedanken in den Hintergrund getreten. Er schaute ganz verwirrt und niedergeschlagen aus und hielt ihr einen Brief hin, den sie lesen sollte. Prisca fragte sich, was denn jetzt so wichtig sein konnte, dass sie – vor allen dingen SIE – das lesen sollte, aber natürlich tat sie ihm den Gefallen ohne Widerworte.
Und dann las sie, und je mehr sie las, umso mehr stutzte sie über den Inhalt. “Du hast einen Bruder? Und dein Vater hat ihn androgiert, oder…?“ Ehelich war er ja nicht, aber er trug den Familiennamen. Also musste entweder Merulas Vater oder der Onkel ihn offiziell auch androgiert haben nach der Geburt. “Weißt du, wer die Mutter sein könnte?“ fragte sie. Merulas Vater musste wirklich viele Geliebte gehabt haben, um mindestens vier Kinder von drei Frauen bekommen zu haben, und nur zwei davon ehelich. Warum er Nysa dann nicht auch aufgenommen hatte, wo er doch diesen – wie hieß er? Ah, da! - Belenus aufgenommen hatte, würde sie wohl nicht verstehen. Vielleicht, weil Nysa ein Mädchen und kein Junge war. Dennoch war es sehr verwirrend.
“Weißt du, wann dieser Brief losgeschickt wurde?“ Im Winter ruhte die Schifffahrt komplett, da das Meer für eine Überfahrt zu gefährlich war, und wurde dann erst im Frühjahr zum Festtag der Isis wieder eröffnet. Wenn dieser Belenus zu spät losgereist war, würde er erst im Frühjahr über das Mare Britannicum übersetzen können und solange in Gallia festsitzen, was ihnen Zeit geben würde, sich darauf vorzubereiten. Aber vielleicht hatte er noch eines der letzten Schiffe im October erwischt und seine Reise hatte sich nur in Londinium oder einer anderen Stadt verzögert, und er würde jeden Moment an der Tür klopfen.
Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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12-27-2023, 06:15 PM,
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RE: Herr Sabinius such das Glück - Ein Ausflug
Prisca begann zu lesen und reagierte ähnlich verstört, wie ich es getan hatte, nachdem ich den Brief meines Onkels zum ersten Mal gelesen hatte. Wenn ich mir vorstellte, dass auch meine Mutter diesen Brief gelesen hatte, wunderte mich fast nichts mehr, dass sie der Schlag getroffen hatte! Diese Offenbarung war etwas Ungeheuerliches! Wie hatte mein Vater ihr und uns nur so etwas antun können!
"Offenbar, ja," antwortete ich auf ihre beiden Fragen. Zweifelsohne war dieser geheime Bruder ein außereheliches Kind gewesen, dass ihm zumindest so viel bedeutet hatte, dass es seinen Namen tragen sollte. Prisca fragte nach der Mutter, doch ich konnte nur ahnungslos mit den Schultern zucken. Das Geheimnis aber, wer die Mutter war, hatte mein Vater mit ins Grab genommen. Falls Mutter etwas geahnt hatte, war es nun zu spät, um sie danach zu fragen. Auch Onkel Quintus Brief blieb eine Antwort auf diese Frage schuldig.
"Ich habe keine Ahnung! Weder Mutter noch Vater haben jemals darüber gesprochen, dass es da noch eine andere Frau gegeben hat." Meine Mutter wäre vor Eifersucht gestorben! Aber vielleicht konnte dieser junge Mann ein paar unserer offenen Fragen beantworten, wenn er denn irgendwann eintraf. Wann das allerdings sein würde, wusste auch niemand, denn mein Onkel war auch in diesem Punkt sehr vage mit seinen Informationen geblieben. Doch Prisca war sehr scharfsinnig mit ihren Vermutungen.
"Wahrscheinlich wurde der Brief mit einem der letzten Schiffe vor der Winterpause transportiert. Ob es dieser Sabinius Belenus es auch noch rechtzeitig nach Britannia geschafft hat, bleibt abzuwarten. Ansonsten wird er und wir wohl bis zum Frühling warten müssen." Was sicher nicht das Schlechteste war! Mir war gerade so gar nicht nach Überraschungen und ungeplantem Familienzuwachs!
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