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Das Heim der Priesterin
10-03-2022, 12:35 PM,
Beitrag #1
Das Heim der Priesterin
Ein wenig abseits der heiligen Quelle am Rande des kleinen Wäldchens, das die Quelle umgibt, steht ein einfaches Häuschen. Es ist das Heim der Priesterin der heiligen Quelle, wo diese bescheiden und zurückgezogen lebt. Angrenzend an das kleine Häuschen ist ein Verschlag, in dem eine Ziege lebt und ein Abort befindet sich in einiger Entfernung. Ein kleiner Kräutergarten, eingezäunt um die Ziege fernzuhalten, befindet sich ebenfalls hinter dem Häuschen. 

In der Nachbarschaft des kleinen Häuschens stehen mehrere solcher Häuser sowie ein großes Haus, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt wurden. Heute waren die anderen Häuser leer und verfallen und bei vielen war das Dach schon lange eingestürzt und löcherig, der Innenraum Wind und Wetter ausgesetzt. Keines der Häuser hatte noch Türen und wenn es stürmte, pfiff es so laut, das man dachte man hörte Schreie. 

Früher lebten in dieser Gemeinschaft ein halbes Dutzend Priesterinnen und mehrere Novizinnen, doch nach der Schändung von Mona, gab es einfach keinen Nachwuchs mehr. Die Priesterinnen, die überlebt hatten, hielten sich verborgen aus Angst das gleiche Schicksal wie ihre Schwestern von Mona zu ereilen und gaben ihr Wissen nur noch im Verborgenen weiter.
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10-03-2022, 02:16 PM,
Beitrag #2
RE: Das Heim der Priesterin
Heute auf den Tag war es ein Jahr her, dass Morran gestorben war. Einst waren sie sechs Priesterinnen, die hier gelebt hatten. Eine Hohepriesterin, eine Meisterin der heiligen Gesänge und die Priesterinnen der Jahreszeiten. Alles war ewig gleich und doch auch ewig im Wandel - bis die Römer kamen. Uralte Traditionen wurden einfach so hinweg gefegt und zu Asche verbrannt. 

Als Mona fiel war ich bereits Gilda, auch wenn ich nicht mit diesem Namen geboren wurde. Ich wurde auf der Insel geboren, wo ich die alten Traditionen lernte, doch Mona war nicht mein Schicksal. So verließ ich mit zwölf Jahren die Insel Mona und wurde hierher in Brigids Sanktum gebracht. Nach einem Jahr als Novizin wurde ich von Gilda als Nachfolgerin erwählt zu Beltane und lebte von da an in Gildas Haus. Das war schon so lange her, dass es mir immer mehr wie ein Traum erschien. 

Geistesabwesend jätete ich ein wenig Unkraut im Kräutergarten und prüfte, dass alle notwendigen Kräuter vorhanden waren. Ich würde sie für Samhain und die Rituale benötigen. Ich unterdrückte einen Anflug von Verzweiflung und betete stumm zur Göttin, dass sie mir genug Kraft und Jahre schenkte, damit ich wenigstens eine Nachfolgerin finden konnte. Auch wenn ich noch nicht wusste, wie und wo - aber ich würde sie finden.
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10-03-2022, 02:59 PM,
Beitrag #3
RE: Das Heim der Priesterin
Callum war verwirrt. Nicht etwa wegen etwas, das er gelesen oder gehört hatte. Wegen einer Äußerung oder weil er orientierungslos gewesen wäre. Nein, Verwirrung gehörte zu seinem Wesen schon seit seiner Geburt. Stets hatte es Fragen gegeben. Stets hatte es Ängste gegeben. Und die Unsicherheit war ein alltäglicher Begleiter auf all seinen Wegen.
Eine kleine Ausnahme waren die Tage, die er in Iscalis verbrachte, wo ihn niemand komisch ansah. Doch selbst dies trug zu seiner inneren Zerrissenheit nur bei.
Wen wunderte es also, dass er sich nach Anleitung sehnte? Nach einer Richtung, welcher er folgen konnte. Es war nicht Calums erster Besuch an der Quelle und es würde nicht sein letzter bleiben.
Der junge Kelte, den man für einen Römer hätte halten können in seiner Tunika und mit dem dunklen Teint, stieg von seinem Pferd und sah sich zwischen den leerstehenden Ruinen um. Nur ein Haus war hier noch bewohnt, wie er wusste. Auf dieses hielt er, die Zügel der Stute in der Hand, langsam zu. Sein Ziel mochten die Quelle und ein kleiner Wink der Göttin sein, doch gehörte es schließlich zum Anstand, seine Ankunft wenigstens anzukündigen.
„Gilda?“, rief der junge Mann und fragte sich, ob sie wohl daheim war. Nicht wissend, wo sich die Priesterin befinden mochte, klopfte er an die Tür. „Ich bin es, Calum. Ich bringe Opfergaben für die Göttin und auch ein paar Vorräte für ihre Priesterin.“
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Falke
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10-03-2022, 03:14 PM,
Beitrag #4
RE: Das Heim der Priesterin
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich weder das Pferd noch den Reiter hörte, bis dieser bereits vor meinem Haus stand und klopfte. Ich atmete hörbar durch, als es sich um Calums Stimme handelte, die nach mir rief. Der junge Mann war schon eine Weile nicht mehr hier gewesen. 

Ich stand auf und strich meine Kleidung glatt und streifte die Schürze ab, die ich für die Gartenarbeit benutzte. "Ich bin im Garten...ich komme gleich!" rief ich, während ich meine Kleidung richtete und das Kopftuch abnahm, wodurch der blaue Mond auf meiner Stirn wieder sichtbar wurde. 

Es dauerte nicht lange, bis ich um das Häuschen herum gelaufen war und bei Calum angelangt war. "Es freut mich dich zu sehen, Calum. Komm doch einen Moment mit ins Haus, wenn du möchtest. Ich habe vorhin eine Suppe gekocht, die dir die Knochen wärmt und dann kannst du mir erzählen, was in der Welt so passiert." sprudelte es aus mir heraus. 

Ich öffnete die Tür der Hütte, die nur spärlich erleuchtet war. Auf dem Herdstein glimmte es noch von dem Feuer, mit dem ich am Vormittag die Suppe gekocht hatte und es herrschte eine angenehme Wärme in dem Raum. Das Mobiliar war funktional und bestand aus einem Stuhl, einer kleinen Bank, einem Tisch, dem Herd und einem einfachen Bett. Es gab noch eine Holztruhe für die wenigen Habseligkeiten und die Kleidung, die am Ende des Bettes stand. 

"Gib mir ruhig die Vorräte...das wäre doch nicht nötig gewesen, Calum!" sprach ich, während ich mich in die Hütte begab.
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10-03-2022, 03:43 PM,
Beitrag #5
RE: Das Heim der Priesterin
Der junge Mann war erleichtert, dass er die Stimme der Priesterin hörte. Er wäre ungern ohne ihr Wissen zur Quelle gegangen. Sowas gehörte sich einfach, fand er. Geduldig wartete er also, bis seitlich Hütte Schritte zu hören waren und grüßte Gilda mit einem respektvollen Neigen seines Haupts.
„Ich grüße dich“, sagte er. Gilda war eine freundliche Frau. Er unterhielt sich gern mit ihr und erzählte von den Neuigkeiten in der Welt. Er kehrte meist nur sehr ungern in die weitläufigen Höhlen zurück, in denen er selten die Gesellschaft anderer freundlicher Gesichter genießen durfte. „Danke, dass du mich empfängst.“
Ja, manchmal war er etwas förmlicher als angebracht war, doch um fair zu bleiben, er wollte wirklich, dass die Leute ihn mochten. Also lud er die Tasche mit den Vorräten für seine Gastgeberin ab und trug sie ins Haus.
„Ich trage sie hinein“, bot er an. „Es ist, fürchte ich, auch nicht viel Besonderes dabei. Das meiste ist haltbar, wo die Tage doch jetzt kälter werden. Aber ich habe ein paar Oliven aus der Stadt mitgebracht. Ich weiß nicht, ob du sie mögen wirst. Die Leute dort finden sie toll, aber sie sind sehr eigen.“ Immerhin, an ein paar Äpfel hatte er gedacht. Sie freute sich sicherlich auch über andere Dinge als Trockenfleisch und Dörrobst. Und es würde sie vielleicht wegen der Oliven beschwichtigen. Leute wie Deimos hätten sicher mit Beleidigung auf Leckereien der Römer reagiert. Mal sehen, ob Gilda dazugehörte.
„Und über eine Suppe würde ich mich freuen. Die Wälder sind frisch dieser Tage. Ich weiß aber nicht, ob ich dir so viel Neues erzählen kann. Iscalis wird von Tag zu Tag voller und unsere Leute auf dem Land werden immer unruhiger. Kann man ihnen wohl nicht verübeln.“
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Falke
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10-04-2022, 11:49 PM,
Beitrag #6
RE: Das Heim der Priesterin
Ich dankte dem jungen Mann mit einem freundlichen Lächeln und ging voran in die Hütte, während Calum die Vorräte hineintrug. Ich nahm eine Schale vom Regal über dem offenen Herdstein und schöpfte eine gute Portion Suppe hinein. Es war nur Gemüsesuppe, aber sie war herzhaft und pikant mit Kräutern gewürzt und dadurch zumindest nicht langweilig im Geschmack. Vor allem aber war die Suppe warm und wärmte einen von innen auf nach einem langen Tag draußen oder einer Reise. 

Ich stellte die Schale auf den Tisch vor dem einzigen Stuhl, schenkte noch Wasser in einen Becher für meinen Gast und setzte mich auf das kleine Bänkchen gegenüber. Priesterinnen tranken traditionell nur Wasser und ich hatte keinen Wein, Met oder Bier, das ich meinem Gast hätte anbieten können. Ich schenkte mir selbst auch einen Becher Wasser ein und nippte daran. Die Gartenarbeit war anstrengend gewesen, aber notwendig.

Die Vorräte, die Calum mitgebracht hatte, würden mir eine Weile reichen. "Ich glaube ich habe noch nie Oliven gegessen. Ist das ein römisches Gemüse?" fragte ich für ein bisschen leichte Konversation, damit mein Gast sich erst einmal setzen und etwas essen konnte. "Paperlapapp...nichts Besonderes. Essen ist Essen und wir sollten der Göttin für alle Gaben dankbar sein."
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10-05-2022, 08:37 PM,
Beitrag #7
RE: Das Heim der Priesterin
Dankbar nahm der junge Besuch sowohl Wasser als auch Suppe an. Es war ein langer Ritt gewesen und würde ein langer Ritt zurück nach Iscalis werden. Der Wald, heute besonders klamm und voller Nebel, trieb einem die Kälte in die Glieder. Da war das hier genau das Richtige.
"Oliven? Nein, äh... Gute Frage eigentlich. Ich glaube, es sind Früchte, aber sie schmecken anders als alle, die ich hier je gegessen habe. Sie sind eigentlich sehr interessant."
Auf ihren Widerspruch hin neigte der Junge respektvoll das Haupt. Einer Priesterin sollte man Recht geben.
"Ich werde gleich auch die Quelle aufsuchen, wenn du es mir erlaubst, um der Göttin zu opfern und ihren Beistand zu erbitten", eröffnete er ihr. Es war zwar offensichtlich gewesen, doch man musste es ja mal ansprechen. "Aber bitte sag mir doch, ob ich dir bei etwas helfen kann. Du lebst so weit abgelegen. Ich helfe gern, wenn etwas repariert oder getragen werden muss."
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Falke
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10-06-2022, 08:53 PM,
Beitrag #8
RE: Das Heim der Priesterin
Ich rieb mir ein wenig die noch klammen Finger, obwohl der Rest von mir schön langsam wohlig warm war und die Muskeln sich nach dem Jäten im Garten entspannten. Der junge Mann machte sich mit Gusto über die angebotene Gemüsesuppe her, was mich sehr freute. Es war nur einfache Kost, aber ich war ja auch keine Königin. 

"Die Göttin wird dir bestimmt ihren Beistand gewähren, wenn du sie aufrichtig im Herzen trägst. Vielleicht solltest du ihr eine der Oliven opfern. Ich werde sie bestimmt probieren." erwiderte ich fröhlich. Essen war Essen und ich würde kein Geschenk der Erde verschmähen. "Es gibt in der Tat etwas, das du für mich tun kannst. Komm doch nach der Zwiesprache mit der Göttin noch einmal zu mir bitte" sagte ich noch ein wenig kryptisch.
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10-06-2022, 09:19 PM,
Beitrag #9
RE: Das Heim der Priesterin
Calum, der das einfache und doch köstliche Mahl soeben beendet hatte, stellte das Geschirr ordentlich zusammen, bevor er sich erhob.
"Glaubst du wirklich, sie wird mich anhören?", wollte er wissen, beließ es aber dabei. Das Gespräch war vorerst beendet, auch wenn Gilda ihn für später noch einmal hergebeten hatte.
"Ich danke dir vielmals, Gilda", verabschiedete sich der Jugendliche also und entschloss sich, einmal zu prüfen, ob die Göttin Oliven mochte. "Dann komme ich gleich danach zurück. Es sollte auch nicht lange dauern. Ich will den Frieden hier nicht zu lange stören."

>>>> Brigids Quelle
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Falke
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10-06-2022, 09:34 PM,
Beitrag #10
RE: Das Heim der Priesterin
Ich legte dem jungen Mann noch einmal freundlich die Hand auf den Unterarm und nickte ihm bejahend zu. Die Göttin würde ihn erhören, wenn er so weit war und sich ihr öffnete. 

Nachdem Calum gegangen war, inspizierte ich die Vorräte, die der junge Mann mitgebracht hatte. Alles davon war hervorragend nutzbar und würde mir über den Winter helfen. Heutzutage trauten sich nicht mehr so viele Menschen zu den Heiligtümern wie früher, aber ich war auch nur noch alleine und brauchte nicht viel Verpflegung. 

Neugierig pickte ich eine der Oliven aus dem Vorratsbeutel und steckte sie mir in den Mund. Ob man die überhaupt roh aß oder kochte? Nunja, jetzt war es zu spät und ich kaute darauf herum. Im ersten Moment fand ich den Geschmack eher nicht so lecker, aber je länger ich darauf herumkaute, desto mehr fand ich es interessant.
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