06-04-2023, 12:33 PM,
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Louarn
Schlechter Druide, guter Krieger
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
Wie sollten Spiegel denn zerbrechen? Die, die ich kannte, waren aus Silber oder Messing, selten aus Gold, und ganz glatt poliert. Da musste man schon ordentlich irgendwo dagegen hauen, damit sie zerbrachen. Aber ich nahm an, dass sie auch keine Beulen kriegen sollten, und schwer waren Spiegel, wenn sie groß waren. “Klar, muss mir nur einer sagen, wo das ist“, meinte ich gleichmütig.
Flavianus Pü setzte sich auch an den Rand des Bettes und Wicho fiel über das Essen her, als wäre er kurz vor dem Hungertod. Ich nahm also auch ein bisschen Brot und…. was auch immer das alles war. Käse erkannte ich, aber was diese grünen und schwarzen Dinger waren, keine Ahnung. Noch nie gesehen. Ich hielt mich an das, was ich kannte und aß einfach mit den Fingern.
Flavianus Pü meinte dann, er wäre Sklave gewesen, was mich aufschauen ließ. Ich betrachtete ihn einen Augenblick lang fragend. “Warum bist du dann nicht wieder zurück zu deinem Volk gegangen?“ fragte ich ganz offen. Wenn er doch kein Römer war, warum trug er dann einen römischen Namen und zog sich wie einer an, war eher, was ich fragen wollte. Aber das klang vielleicht etwas angreifend.
Flavianus Pü versuchte sich dann auch im hiesigen Keltisch, was furchtbar klang. “Ofnadwy“, meine ich grinsend, aber nicht böse. Denn ja, es hörte sich schrecklich an. “Und ja, Nos da heißt gute Nacht.“ Ich wollte besser nicht wissen, wie ich mich anfangs in seiner Sprache angehört hatte. Aber Cathbad hatte darauf bestanden, dass wir es akzentfrei lernten, damit meine Brüder sich unbemerkt einschleichen konnten. Bei mir wäre es wohl egal gewesen, aber sie mussten sich tarnen können, und dafür durften wir nicht auffallen.
“Wie gesagt, mein Vater bestand darauf, dass meine Geschwister und ich es lernen, als wir Kinder waren“, wiederholte ich schon das, was ich zuvor gesagt hatte.
Falke
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06-06-2023, 11:53 AM,
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
Louarn aß, wobei er die Oliven nicht anrührte, und Wicho war nun in Gedanken versunken. Bestimmt plante er im Geiste, wie und was er vorbereiten musste. Pytheas erinnerte sich daran, dass er als Junge zunächst Patienten gepflegt hatte, doch das eines Tages sein Lehrmeister ihm die gleiche Aufgabe erteilt hatte wie er jetzt Wicho. Auch er war aufgeregt gewesen:
"Wenn man von einem Römer freigelassen wird, heißt das nicht, das man danach tun kann, was man möchte", erklärte Pytheas und aß selbst vom Moretum und den Oliven:
"Mein ehemaliger Herr ist nun mein Patron, ich bin sein Klient, und ich bin ihm dienstverpflichtet. Er hat mich übrigens hierher nach Iscalis geschickt. Doch selbst wenn das nicht so wäre, wüsste ich nicht, zu welchem Volk ich zurückkehren konnte. Meine Mama starb, als ich noch klein war. Die Familia Caesaris, also die Gemeinschaft der Sklaven und Freigelassenen des Kaisers, ist meine wirkliche Familie", er zuckte mit den Schultern. Ihm fiel auf, dass es schwierig war, Sachverhalte, die jedem in Rom klar waren, einem Ausländer zu erklären. Vermutlich würde er denken, dass die Römer schon seltsam waren:
"Wie ist das mit Sklaven und Freigelassenen bei den britannischen Stämmen?", fragte der Medicus daher, um die Kulturen vergleichen zu können.
"Die Spiegel stehen übrigens in einem gelben Sack im Laboratorium", erklärte Pytheas dann:
"Es sind fünf Stück - Spezialanfertigungen aus der Stadt Sidon, in verschiedenen Größen. Sie haben eine dreifache Beschichtung, und eine davon besteht aus eingelassenem Glas. Du kennst Glas, Louarn?
Würden sie kaputt gehen, wäre ich nicht mehr in der Lage, sie je wieder zu beschaffen. Ich habe sie bereits in Rom benutzt, um bei Nacht operieren zu können, aber auch hier, wenn es regnerisch ist, leisten sie mir gute Dienste"
Er trank einen Schluck Wein:
"Ownady", versuchte er es noch einmal:
"Und wie sagt man Fieber? Seit Frühlingsanfang habe ich sehr viele Fälle von Sumpffieber gehabt. Solange der Iscafluss nicht begradigt und der Sumpf trocken gelegt wird, wird sich das auch nicht ändern", er seufzte. Es gab soviel, was nicht zu ändern war, obgleich die Vernunft geboten hätte, genau das zu tun.
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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06-06-2023, 03:41 PM,
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Wicho
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
(06-04-2023, 08:29 AM)Flavianus Pytheas schrieb: Pytheas legte sich nicht zu Tisch; er setzte sich seitlich auf seine Kline und ließ die Beine baumeln.
"Ich hege keine Zweifel, dass Du es hervorragend machen wirst, Wicho", sagte er ernst und dachte bei sich, wie seltsam es war, dass er hier in Britannien eine Art eigene Ärzteschule begründete und dass sein erster Schüler ein junger Kelte war, über dessen Fähigkeiten im Lesen und Schreiben er sich nicht ganz im Klaren war. Später wird sich Wicho einmal vorstellen als "Wicho Medicus aus der Schule des Pytheas von Iscalis", dachte er, so wie ich selbst Schüler des Andromachus Maior von Kreta war:
"Ja, Louarn, ich habe einen Sack großer Spiegel, die doch einiges wiegen. Sie sollen möglichst ohne zu zerbrechen in die Villa Sabinia transportiert werden. Könntest du das übernehmen?", fragte er den Türhüter:
"Römische Kinder lernen gewiss Latein von ihren Müttern. Ich bin jedoch kein Römer, sondern ein Freigelassener. Das bedeutet, dass ich ein römischer Sklave war und mein Herr mich in die Freiheit entlassen hat", fügte er als Erklärung an:
"Bore da. Croeso. Haia", wiederholte er die Worte aus der britannischen Sprache: "Aber wie war noch einmal das Wort für Nachmittag? Und kann man für gute Nacht auch Nos da sagen? Das nächste Mal bringe ich eine Wachstafel mit. So kann ich mir das nicht merken. Es sind seltsam krause Wortgebilde: Pryn- was und Nos- wie? Nos klingt beinahe wie Nox"
Wo habt ihr eigentlich so gut Latein gelernt, Wicho und Louarn?"
Wicho strich sich über sein Kinn und stellte wieder einmal zufrieden fest wie sich der langsam bildende Flaum ausbreitete. „Von meinen Eltern, ach hatte ich es noch nie erwähnt?“ Begann er seinen Bericht. „Ich bin kein Icener, sondern ein Atrebatii. Wir Atrebaten einem Stamm der zu den Belgen gehört, den Galli wie Caesar uns nannte. Caesar war es auch, der uns vom Festland zu der Insel Britannien schickte. Ich bin sozusagen zweisprachig aufgewachsen und eigentlich verstand ich die Kelten hier kaum. Das ist dann meine dritte Sprache, vielleicht lehrt mein Patron mich dann auch noch griechisch“, fügte er belustigt hinzu. "Schreiben lehrte meine Mutter mich ein wenig, wir brachen dann auf und hier in Britannien hatte sie keine Zeit mehr dazu. Ein wenig brachte ich mir später selber noch bei, doch im Bergwerk, hatte ich kein Bedarf mehr dazu. Wie gut oder schlecht ich es kann, weiß ich auch nicht. Ich mache mir zwar immer Notizen von dem was ich lernte, aber ob das einer außer mir lesen kann, bezweifle ich.“ Damit beendete er seinen Bericht und nahm sich einige Oliven, die er sehr gerne aß.
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06-06-2023, 04:17 PM,
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Louarn
Schlechter Druide, guter Krieger
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
Die spinnen, die Römer. Warum ließ man einen Mann frei, wenn er dann doch nicht frei war, sondern zu Diensten verpflichtet war und überall hingeschickt werden konnte, wo man wollte? Wo war da der Unterschied zu einem Sklaven? Und… was Moment, hatte ich grade was nicht mitgekriegt?
Ein Stück Brot fiel von meiner Hand auf den Boden, wo ich es schnell aufhob, kurz abwischte und dann schnell aß, ehe ich Flavianus Pü wieder anschaute. “Du gehörst dem römischen Kaiser?“ fragte ich nochmal ungläubig nach, denn mein Verstand arbeitete für diese Information wohl grade eindeutig zu langsam. Cathbad würde wohl gerade Freudentänze aufführen, wenn das stimmte, denn mal im ernst, so dicht an irgendwelchen wirklich wichtigen Informationen waren wir nie gewesen, wie dieser Medicus sie vielleicht hatte. Hätte ich das mit Absicht gemacht, wäre das vielleicht irgendwie genial gewesen. Aber grade fühlte ich mich eher, als wäre ich drei Mal gegen eine Wand gelaufen und nur zwei mal wieder aufgestanden.
Da half es auch eher wenig, dass Wicho meinte, er wäre ein Atrebat. Römerkelte, wie ich es mir schon fast gedacht hatte. Schlimmer noch, die Atrebaten waren, wie er selber bestätigt, selbst erst nach Britannia gekommen, um sich hier breit zu machen, und hatten den Römern bei jeder ihrer Invasionen geholfen. Das war Verrat an den eigenen Leuten, in jeder Hinsicht. Wicho sammelte bei mir grade ganz viele Sympathiepunkte. Nicht.
Flavianus Pü fragte, was Kelten mit ihren Sklaven so machten und brachte mich ein wenig raus. “Ähm, das kommt ganz auf die Umstände und den jeweiligen Stamm an. Normalerweise werden Sklaven im Krieg genommen vom unterworfenen Stamm, und dann sind sie eben Sklaven. Ich denke, das ist überall auf der Welt gleich. Aber wer entkommen kann oder freigelassen wird, der ist eben auch wieder frei, ohne Einschränkung.“
Flavianus Pü erklärte die Spiegel, dass da Glas dabei war. Ich hatte zwar keine Ahnung, wie das funktionieren sollte, aber ich verstand sowas meistens nicht. Dund… nein, verdammt, ich wollte nicht an ihn denken. “Ich kenne Glas. Ich werde vorsichtig sein“, versprach ich, da ich wirklich nichts kaputt machen wollte Was irgendwie im Widerspruch zu meinem Schicksal zu stehen schien, aber ich sah grade einfach keinen einzigen, vernünftigen Grund, Flavianus Pü irgendwas tun wollen zu sollen. Er tat mir ja auch nichts.
“Fieber heißt twymyn, wobei du auch clefyd sagen kannst“, was wahrscheinlich für seine Zunge sehr viel einfacher auszusprechen war und einfach nur Krankheit bedeutete. “Und der Sumpf gehört dem kleinen Volk. Es würde sie sehr zornig machen, wenn jemand ihn verändert.“ Dort gab es Feenringe. Tore in die Anderswelt. Nein, das würde dem kleinen Volk sicher nicht gefallen, wenn dort jemand herumpfuschte.
Falke
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06-06-2023, 05:17 PM,
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
Pytheas hörte Wichos Erklärung an und musste dann ein Lachen unterdrücken:
"Wicho, ich lache nicht über dich“, sagte er dann:
"Sondern über mich und eine Ironie des Schicksals. Ich dachte, dass ich mit einem keltischen Gehilfen das Vertrauen der Leute hier gewinnen könnte. Jetzt erfahre ich, dass du fast genauso fremd hier in diesem Land bist wie ich selbst. Ich habe mich nie mit den Stämmen beschäftigt. Alle waren für mich Kelten. Wie dumm von mir! Du bist also ein Atrebate, ein Gallier?"
Das erklärte, weshalb Wicho sich so nahtlos in das römische Leben einfügte.Und ja, er konnte also auch schreiben. Sein Volk war schon seit Jahren romanisiert:
"Und welchem Stamm gehörst du an, Louarn?“
Pytheas schüttelte den Kopf über sich selbst. Er wäre in der Pflicht gewesen, bei den verschiedenen Stämme nachzuhaken. Sein Patron würde mit solch liderlicher Arbeitsweise nicht zufrieden sein.
"Gehörte, nicht gehört“, korrigierte er Louarn in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse zwischen ihm und dem Imperator:
"Ja, ich war Sklave im kaiserlichen Palast in Rom. Dort habe ich auch die Ausbildung zum Medicus erhalten. Ich habe fünf Kaiser miterlebt, und Caesar Augustus Vespasianus hat mich freigelassen, weshalb ich Flavianus heiße“, er lächelte ein wenig:
"Das heißt aber nicht, dass ich das Ohr des Kaisers oder Macht oder sonst etwas besitze. Er hat ein ganzes Heer von Freigelassenen, hunderte von Männern und Frauen. Ich denke, dass er sich nicht einmal mehr an mich erinnert“
Pytheas sagte nicht, dass er regelmäßig Bericht an die kaiserliche Kanzlei auf dem Palatin erstattete. Auch nicht, dass er mit genügend Mitteln versehen worden war. Die Familia Caesaris war das Auge, Ohr und manchmal auch der Arm des Kaisers. Außerhalb von ihm gab es nichts für sie, weshalb er sich auf ihre Loyalität verlassen konnte:
"Ein kleines Volk, welches im Sumpf hier am Iscafluss lebt? Wer sind sie?“, fragte er interessiert:
"Ich würde nie dafür plädieren, sie zu vertreiben! Könnte man sie davon überzeugen, ihre Hütten mit Hütten in Cheddar oder Wohnungen in den Insulae des Neubaugebiets zu tauschen? Gesünder wäre doch es allemal wegen des… clefyd“, versuchte er sich an dem neuen keltischen Wort.
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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06-06-2023, 07:13 PM,
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Louarn
Schlechter Druide, guter Krieger
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
Flavianus Pü versuchte, zu erklären, wie das mit dem Kaiser war, aber ich verstand nur Pferdewechselstation. So alt war Flavianus Pü noch nicht. Wie schnell wechselten in Rom die Kaiser, dass er gleich fünf von ihnen miterlebt hatte?! Und wie konnte der Kaiser sich nicht an ihn erinnern, wenn er ihn hierher geschickt hatte?
Wahrscheinlich konnte man meinem Gesicht deutlich ansehen, dass ich keine Ahnung hatte, wovon Flavianus Pü gerade sprach. Ich versuchte, es zu verstehen, aber allein die Aussage, dass der Kaiser hunderte von freigelassenen Sklaven hatte, dauerte schon ein wenig, um bei mir anzukommen. “Und die sind alle in Britannia?“ fragte ich nochmal nach, auch wenn ich mir das fast nicht vorstellen konnte. Vielleicht hätte ich doch noch etwas besser bei Cathbads ewigen Vorträgen zuhören sollen. Ich hatte ja gut zugehört, aber das war jetzt doch neu für mich.
Er fragte mich auch nach meinem Stamm, und tja, das war etwas schwieriger. “Mein Vater stammt aus Eriu, kam aber vor vielen Jahren schon nach Britannia“, sagte ich einfach nur, da ich ja wusste, dass für die Römer nur der Vater zählte. Dass Cathbad zwar nicht mein wirklicher Vater war, musste niemand wissen. Und vermutlich käme es nicht sehr gut an, wenn ich sagen würde, dass Gwyneth, meine Mutter, jüngste Tochter von Gahareet, Fürst der Silurer, und Gwendolen, einer Tochter von Huawar von den Ordovicern, war. Nicht, dass mir diese adelige Abstammung jemals irgend etwas genutzt hätte oder nutzen würden. Alle Priesterinnen auf Mona hatten adeliges Blut gehabt. Der Druidenstand war erblich, und nur die Fürsten sendeten immer wieder ihre jüngeren Töchter zu den Göttern, um die Druiden zu erfreuen und ihnen gewogen zu machen und so zu hoffen, ihre eigenen Linien einzukreuzen – oder einfach, um jüngere Töchter loszuwerden, bis ein geeigneter Heiratskandidat gefunden war. Dass jemand aus dem einfachen Volk dorthin kam, kam einmal im Jahrhundert vielleicht vor. “Ich wuchs hauptsächlich etwas nördlich von hier auf. Aber wir reisten viel zwischen den Stämmen.“ Was sogesehen beides stimmte, nur aus ganz anderen Gründen, als Wicho und Flavianus Pü wohl annehmen würden.
Dann fragte er nach dem kleinen Volk, und ob die nicht einfach nach Iscalis ziehen konnten, und ich musste lachen. Laut. Es tat mir auch leid, aber in dem Moment konnte ich mich nicht beherrschen. “Oh, tut mir leid, Flavianus. Aber die Idee ist wirklich lustig. Das kleine Volk sind keine Menschen, weißt du? Sie leben im Wasser und den Steinen und Bäumen und Sträuchern dort. Und die einzigen, die mit ihnen hätten reden können, wären die Druiden. Aber die hat Rom verboten.“
Das würde ich wirklich gerne sehen, wie ein ausgewachsener Pwca durch die Stadt fegte und die römischen Bauten in Schutt und Asche legte, weil er schlechte Laune hatte. Ich bezweifelte, dass den Römern das wirklich gefallen würde, wenn die freien Geister in die Stadt kämen.
Falke
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06-08-2023, 01:30 PM,
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
"Die Meisten der Familia Caesaris sind in Rom und ansonsten in allen Teilen des Imperiums. Wo der Kaiser sie eben haben will", erwiderte Pytheas:
"Aha, da kommst du aus einem Land, in dem Rom nicht herrscht, Louarn? Obwohl ich gehört habe, dass mehrere römische Delegationen hingereist sind, um zu sehen, ob sich eine Eroberung lohnt. Unser Caesar Augustus hat freilich genügend andere militärische Erfolge"
Pytheas war sich sicher, dass wenn die Römer Hibernia haben wollten, sie es auch auch haben konnten. Er zweifelte nicht an der Macht Roms. Sie war eine unumstößliche Realität, die ihn immer in ihrer Gewalt gehabt hatte. Nur einmal hatte er davon geträumt, mit Atreus ein Schiff zu besteigen und ganz weit weg zu fahren, bis dorthin, wo das Meer gerann wie Milch.
Seine Frage nach den Sumpfbewohnern brachte Louarn dagegen zum Lachen. Pytheas sah überrascht auf, als der große Krieger so herzhaft lachte. Dann grinste er aber auch.
"Du meinst Dryaden oder Nymphen oder so etwas?", fragte er nach und sah beide Kelten forschend an: Sie schienen an solche Wesen aufrichtig zu glauben. Pytheas kritisierte das nicht, er hatte oft erlebt, wie seine Patienten durch solche Vorstellungen schneller und besser genasen. Vermutlich brauchte jeder Mensch einen Strohhalm, an den er sich klammern konnte. Und wenn es kleine Wesen im Sumpf waren. Er selbst hielt alles Überirdische für bloße Konstrukte des menschlichen Geistes:
"Gut, dass Du jenes kleine Volk erwähnt hast. Ich würde in meine Empfehlung über die Trockenlegung des Iscafluss schreiben, dass man ihnen großzügig opfern und rituell bitten soll, ihren Wohnsitz zu verlassen. Niemand möchte Unglück auf sich ziehen", sagte er.
So kannte er Religion. Ich gebe damit Du gibst, galt genauso für Götter und niedrige Gottheiten. Es war durchaus römisch, respektvoll mit ihnen umzugehen - ohne sich aber durch sie aufhalten zu lassen.
Die Erwähnung von Druiden jedoch elektrisierte den Medicus. Seine Augen leuchteten auf, und er beugte sich nach vorne. Er hatte bei verschiedenen griechischen Autoren und unter anderem bei seinem Namensvetter Pytheas gelesen, dass sie große Heilkundige waren. Zu gerne hätte er sich mit ihnen ausgetauscht:
"Habt ihr schon einmal wahrhaftige Druiden gesehen? Ich weiß, dass sie illegal sind, doch ich würde viel dafür geben, einmal einem persönlich zu begegnen! Ihr Wissen muss immens sein. Aber wahrscheinlich gibt es sie gar nicht mehr"
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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06-09-2023, 04:46 PM,
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Louarn
Schlechter Druide, guter Krieger
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
Ich wollte nicht böse gucken. Wirklich nicht. Ich wollte mich ja unauffällig verhalten. Aber ich würde keine Garantien dafür abgeben, wie ich wohl guckte, als Flavianus Pü ganz nonchalant erklärte, dass Rom nach Eriu expandieren könnte, wenn es nur wollte. Nun, nicht, wenn die Kelten dabei ein Wörtchen mitzureden hatten! Aber ich schwieg, was höchstwahrscheinlich besser war, und konzentrierte mich auf Brot und Käse und Wasser. Leider gab es weder Met, noch Bier, aber Wasser war auch gut. Und der Stimmung definitiv zuträglicher.
Er fragte mehr nach dem kleinen Volk, was ich auch wesentlich besser fand, als über Roms Eroberungsfeldzug gegen unschuldige Bauern zu reden. “Keine Ahnung, was Dryaden und Nymphen sind. Aber wenn das Gestaltwandler sind oder Dinge, die dich gerne im Sumpf ersäufen, wenn du ihnen auf die Nerven gehst, dann ja.“ Nun, nicht alle vom kleinen Volk waren gewalttätig. Wir hatten auch sehr viele Geister, die hilfreich waren. Pwca zerstörten alles und Kelpies ertränkten gerne, aber Cluricauns beschützten Bergleute, die kleinen Feen konnten einem den richtigen Weg weisen und viele, viele Kobolde wachten über kleine Kinder. Es kam meistens nur darauf an, welcher Stimmung sie waren und wie gut man sie behandelte.
“Das kleine Volk kann man auf diese Weise nicht bezahlen“, meinte ich gutmütig lächelnd, als er meinte, man solle ihnen mit Opfern den Umzug schmackhaft machen. “Sie waren vor uns da und werden nach uns da sein, Flavianus Pü. Und ich bezweifle, dass sie römische Opfer annehmen werden.“ Tat ich wirklich. Sie nahmen ja nicht einmal immer die von Druiden an, die sie jahrelang kannten. Das kleine Volk war verflixt launisch, und ich glaubte nicht, dass sich das bessern würde, wenn man ihren Sumpf trocken legte.
Und dann glänzten seine Augen fast, als er nach den Druiden fragte. Klar, als ob ich einen verraten würde. Also, selbst dann, wenn er mir nicht noch gerade gesagt hätte, dass er vom römischen Kaiser hierher geschickt worden war und ihm immer noch zu Diensten war, und dieser Kaiser wiederum nur zu gerne alle Druiden brennen sehen wollte. Wortwörtlich. Er verbrannte sie.
“Was würdest du denn tun, wenn du einem begegnen würdest?“ fragte ich stattdessen lieber, ohne die Frage zu beantworten. Denn darauf gab es nunmal keine Antwort, die ich geben konnte.
Falke
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06-11-2023, 06:54 PM,
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
Louarn schien nicht ganz einverstanden zu sein mit Pytheas Andeutung, dass die Römer stets bekamen, was sie haben wollten, denn einen Moment lang veränderte sich sein Blick. Der Medicus dachte: Beneidenswerter Optimismus der Jugend. Er selbst war eher pessimistisch und fühlte sich sehr oft uralt, aber er dachte, dass sein Pessimismus Realismus wäre. Wenn man solange absoluter Gewalt unterworfen war wie Pytheas es gewesen war, streifte man das nicht ab wie eine Schlangenhaut. Er selbst nannte es: Du kannst einen Menschen aus der Sklaverei holen, doch nicht die Sklaverei aus einem Menschen. Pytheas sprach es nicht an. Er unterhielt sich lieber weiter über die ominösen nichtmenschlichen Bewohner Britannias, oder wie sein neuer Türhüter sie nannte: Das kleine Volk:
"Dryaden sind Baumgottheiten. Sie beschützen Bäume. Ursprünglich hatte jeder Baum seine eigene Dryade, aber da Rom Unmengen an Holz für den Schiffsbau oder die Verfeuerung in Hypocaustenanlagen verbraucht, hat es sich mit ihnen darauf geeinigt, dass sie nur noch die Bäume in den Heiligen Hainen beschützen. Die anderen können gefällt werden", erklärte er:
"Die griechischen und römischen Naturgottheiten sind größtenteils friedliche und liebliche Geschöpfe. Außer vielleicht den Sirenen, doch diese wohnen weit draußen im Meer. Andere Gestalten annehmen können sie auch, soweit ich mich der alten Geschichten entsinne.
Aber Ersäufen... äh, davon habe ich nie gelesen, das klingt ja furchtbar", Pytheas schüttelte den Kopf:
"Die Provinzverwaltung wäre unter Umständen bereit, einen Stier opfern zu lassen. Das ist ein großes Opfer und bekommen normalerweise nur die großen Drei. Die einzige Grenze, die für ziv....", zivilisierte Bürger hatte Pytheas sagen wollen, doch er korrigierte sich schnell. Es ging ihm nicht darum, die keltische Kultur herabzusetzen:
" unsere Opfer gilt, ist: Keine Menschen. Wir bringen schon längst keine Menschenopfer mehr, und der große Iulius Caesar hat sie ganz verboten. Ich hoffe sehr, dass dieses kleine Volk da einsichtig ist und nicht etwa nach Menschenblut verlangt. "
Es hieß, dass die Kelten immer noch heimlich Menschen auf ihren Altären opferten. Die aufständische Königin Boudicca hatte für ihre Kriegsgöttin Andraste gar Römerinnen hinschlachten lassen.
Rom findet es jedoch viel vernünftiger, Sklaven zu Tode arbeiten zu lassen, als sie den Göttern zu opfern, dachte Pytheas, sprach das aber nicht laut aus. Das hätte zu zynisch geklungen. Doch auch die gesichtslosen Götter des Goldes fraßen Menschen; Gladiatoren, Land- und Minenarbeiter, und vielleicht mehr von ihnen, als es ein keltischer Druide mit seinem Opferdolch vermochte.
Nun schaute Pytheas auch Wicho an, und er senkte die Stimme, denn was er sagte, konnte ihm als Verrat an Roms Gesetzen ausgelegt werden:
" Was ich tun würde, wenn ich einem Druiden begegnen würde? Ich würde ihn bitten, mit mir sein Wissen über Heilung zu teilen. Und ich würde dieses Wissen aufschreiben. Denn die Druiden werden vergehen, und nichts von ihnen wird bleiben, wenn es nicht aufgeschrieben wird. Dafür wird Rom schon sorgen. Ich jedoch würde ihre Weisheit für die Nachwelt bewahren"
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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06-11-2023, 08:16 PM,
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Louarn
Schlechter Druide, guter Krieger
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RE: Speisezimmer (Triclinium)
Dryaden beschützten einzig und allein Bäume? Beseelte Bäume waren für mich jetzt nichts sonderlich Fremdes, auch wir Kelten glaubten daran, dass Dinge belebt sein konnten. Wie man das jetzt nannte, war ja eigentlich egal. Aber dass diese Baumgeister sich so einfach abspeisen hatten lassen und ihre Bäume einfach so kampflos hergaben, das überraschte mich dann doch.
Er erzählte dann noch von römischen Opfern, und natürlich biss er sich an den Menschenopfern fest. Dass die bei uns die meiste Zeit auch nicht vorkamen, nur im Krieg, interessierte ja keinen. Als ob wir unsere eigenen Brüder und Schwestern einfach so opfern würden. Ja, auch das kam in Notzeiten einmal vor, und dann war es eine Ehre, auserwählt zu sein, sich für das größte Wohl der Gemeinschaft den Göttern darzubieten. Aber die Regel war das ganz sicher nicht. Meistens waren es eher Schmuck und Waffen, die geopfert wurden, selbst Tiere waren seltener.
“Und was ist mit euren Spielen? Die sind doch auch den Göttern geweiht? Und ob man nun einem Opfer vorher eine Waffe in die Hand drückt, bevor es von Tieren zerrissen wird oder bis zum Tod kämpfen muss, es bleibt doch dennoch ein Opfer“, sagte ich. Denn natürlich hatten wir hier in Britannia auch diverse Geschichten gehört. Vor allen Dingen von denen, die von Rom besiegt worden waren und dann in Ketten weggeführt worden waren. Ja, wir kannten die Geschichten, wie sie gezwungen wurden, zur Belustigung des römischen Volkes gegeneinander zu kämpfen, Bruder gegen Bruder. Oder gegen Wölfe und Bären und Tiere, die ich noch nie gesehen hatte.
Nein, da fand ich sogar unsere Menschenopfer am Ende ehrlicher. Da war von Anfang bis Ende klar, dass es um den Übertritt in den Tod ging, und das Publikum musste nicht noch bespaßt werden oder grölte besoffen Beifall. Na, gut, manchmal schon, aber so sollte es nicht sein.
“Und was das kleine Volk akzeptiert oder nicht, müsstet ihr Druiden fragen. Wie gesagt, sie sind diejenigen, die mit dem kleinen Volk sprechen. Ohne Druiden würde ich nicht auf einen gütigen Ausgang der Verhandlungen setzen.“ Sowas waren tiefere Mysterien, die auch mir noch verborgen waren. Und ich bezweifelte, dass ich sie verstehen würde. Ich wusste viel. Verdammt, ich wusste so viel, dass ich vermutlich mehr vergessen hatte, als andere je wissen würden. Und ich war wahnsinnig schlecht darin. Aber davon, wie man das kleine Volk von etwas so fundamentalem wie einem Wohnsitzwechsel überzeugen sollte, hatte ich nicht den Hauch einer Ahnung. Ich wüsste nicht einmal, ob das prinzipiell möglich wäre.
Und was würde Flavianus Pü tun, wenn er einem Druiden begegnen würde. Er wurde zwar ganz leise, als ob es hier irgendwas zu verheimlichen von seiner Seite aus gäbe, und ganz ernst, und meinte dann, dass er ihr Wissen aufschreiben wollte. Ich musste mich wirklich anstrengen, ernst zu bleiben, schüttelte aber vergnügt den Kopf. “Druidenwissen geht nur von Druidenmund zu Druidenohr. Nichts davon darf aufgeschrieben werden, und kein Druide würde dir irgend etwas verraten, weil du es aufschreiben würdest. Das ist streng verboten“, musste ich seine Träume wohl zerstören. Aber ich glaubte auch nicht daran, dass das Wissen verloren wäre und alle Druiden vergehen würden. Rom machte es uns schwer, aber vergangen waren wir nicht. Und selbst wenn Calum recht hatte, dass es noch bis weit nach unserem Tod dauern würde, bis Rom aus Britannien verschwand, hatte die Prophezeiung auch davon gesprochen, dass wir dann letzten Endes doch Erfolg haben würden. Mir war nicht wichtig, ob ich das erlebte. Aber dass es geschehen würde, das war wichtig, und daran glaubte ich auch. Musste ich.
Falke
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