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Fuchs und Rabe - Wer bist du?
02-10-2023, 06:40 PM,
Beitrag #1
Fuchs und Rabe - Wer bist du?
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Nachdem dann alles besprochen war auf ihrer überraschenden Versammlung in Boduognatus’ Hütte, trat ich wieder nach draußen an die frische Luft. Dafür, dass Winter war, war es fast schon mild und glücklicherweise heute einmal trocken. Ich atmete einmal tief durch, um den Moment des Friedens noch in mich aufzunehmen, denn das Folgende würde sicherlich alles andere als leicht werden. Überhaupt hatte ich das Gefühl, dass nie mehr alles leicht werden würde. Vielleicht war es auch nie leicht gewesen.
Lasst das Feuer mangels Nahrung ausgehen, hallten die Worte von diesem Cartivel in meinem Kopf, und ich war mir immer noch nicht sicher, was ich von diesen halten sollte. Und ob ich etwas davon halten wollte. Ich wusste, er meinte es gut, aber… es fühlte sich einfach falsch und schwer an. Auch wenn ich wusste, dass es vermutlich das einzig richtige war.


Ich ging zu Helena, nein, Raven hinüber und fasste noch einmal den nötigen Mut. “Wollen wir ein Stück hinausreiten, um zu reden? Mein Pferd ist gleich da, und… ich hätte gerne einen ruhigen Ort und weniger neugierige Blicke um uns herum. Also, falls du noch etwas Zeit hast, ehe du zurück in Iscalis sein musst.“ Meine Stimme klang in meinen eigenen Ohren fremd. Viel schwächer als normalerweise. Irgendwie dumpf. Es gefiel mir nicht. Gar nichts davon. Aber all das wollte ich nicht hier klären. Ich hoffte nur, sie sagte ja, damit wir raus konnten. In der Natur waren meine Gedanken klarer. Ich dachte, das würde sicher helfen.
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Falke
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02-10-2023, 07:16 PM,
Beitrag #2
RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Noch etwas in Gedanken machte sich Raven auf den Weg zurück nach Iscalis. Es war nur ein kurzer Weg doch sie war auf geheimen Wegen gekommen, da sie nicht wollte das jemand sie hier sah.
Zuerst verstand sie nicht wer da sprach und vor allem was gesagt wurde, doch dann erkannte sie Lou vor sich stehen.
Er sah fast schon aus wie ein kleiner Junge, schüchtern und fast ängstlich.
„Äh…was hast du gesagt?“ seine Worte kamen erst jetzt bei ihr an „ich bin zu fuß, ich wollte nicht das jemand mich sieht. Reden?..ja..Ja ich glaube das sollten wir.“
Sie hatte sich wieder gefangen und sah offen zu ihm auf.
Er wollte reden, worüber wollte er reden? War es gut, wenn sie jetzt mit ihm allein war? Irgendwann würden sie allein sein und irgendwann mussten sie reden, also warum nicht jetzt.
„Lass dein Pferd hier, wir gehen zum Fluss. Ich kenne einen guten Platz dort.“
Sie ging vor und nach ein paar Schritten außerhalb kamen sie an den Fluss. Er plätschert über die Steine und sie führte ihn am Ufer zu einer kleinen natürlichen Bucht.
Eine Trauerweide hatte ihr Wurzeln so zum Wasser gestreckt, das einige schon unterspült waren, andere bildeten einen Kranz um eine Sandkuhle und die dichten Weidenzweige bildeten im Sommer einen schönen Vorhang.
Die ideale Stelle für ein Rendezvous oder eben zum Reden.
Namen haben Macht.
[Bild: 1_22_10_22_8_54_26.png]Falke
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02-10-2023, 08:26 PM,
Beitrag #3
RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Irgendwie war ich enttäuscht, dass wir zu Fuß aus Cheddar hinausgingen. Es war vielleicht nicht unbedingt das schlechteste, angesichts der Umstände, aber der Gedanke, sie wenigstens eine Weile ganz dicht bei mir zu haben, im Arm zu halten, ihr nah zu sein, ohne dass es falsch wäre, der hinterließ eine sanfte Traurigkeit. Es war total bescheuert, aber im Moment konnte ich nichts dagegen machen. Also folgte ich ihr das Stück hinaus aus dem Dorf und zum Fluss hinunter zu einer großen, alten Weide. Der Platz hier war schön, geradezu friedlich. Im Sommer, wenn es heiß war, war es sicherlich ein Treffpunkt einiger Paare, wenn die dichten Fäden der Weide voller Blätter waren und einen Schleier bildeten, der einen in ein eigenes Zauberreich entführte. Jetzt im Winter sah es irgendwie so aus, wie ich mich fühlte: ein blasses Versprechen an bessere Zeiten.

Ich folgte Raven, bis wir hier stehen blieben, und sah sie einen Augenblick nur an. Wir sollten reden. Wir mussten reden, über alles, was passiert war, wer sie war, wer ich war. Ich wollte sie kennen lernen und hatte so wahnsinnig viele Fragen. Ich wollte so viel wissen, wie es sein konnte, dass sie meine Schwester war. Wo sie so lange gesteckt hatte. Ob Calum recht hatte und sie Cathbads Tochter war. Wieso sie die Nichte der Wirtin in Iscalis war.
Was aber aus mir herauskam, war: “Ich hab von dir geträumt.“
Verdammt, das war jetzt das vollkommen falsche gewesen. “Ähm, das kam jetzt irgendwie falsch heraus“, sagte ich und kratzte mich am Nacken, ehe ich ein paar Schritte ging. In mir war eine Unruhe, die immer mehr Raum forderte, und ich hoffte, mit ein bisschen Bewegung sie zurückzudrängen. Ich lief zu der Weide und meine Finger spielten ein wenig mit ein paar der hängenden Zweige. Ganz vorsichtig, fast zärtlich. Es erinnerte mich irgendwie an ihr Haar. Es half, und irgendwie half es auch nicht. Ich atmete durch.
“Ich habe manchmal sehr reale Träume. Caradoc nannte sie grüne Träume. Er dachte, sie wären irgendwie wichtig. Keine Ahnung. Auf jeden Fall hatte ich einen, und du warst auch da, auf einer Waldlichtung, und...“ Nein, ich würde ihr jetzt nicht sagen, dass wir im Traum miteinander geschlafen hatten. Sie würde es entweder nicht verstehen, oder für eine seltsame Anmache halten, oder denken, ich hätte einfach nur einen feuchten Traum von ihr gehabt, was sicher alles andere als schmeichelhaft für sie war. Aber so war es ja nicht. Ja, im Traum waren wir eins gewesen, aber darum ging es ja nicht, und es war ja auch nicht diese Art von Traum, nicht wirklich. Ich konnte es nur nicht erklären, wie es war. Ich begriff es ja selber nicht. Ich wusste nur, dass es nichts mit niederer Lust zu tun hatte. “…du hast dich verwandelt, in eine andere Frau“, sagte ich stattdessen, als würde das irgendwas erklären. “Und ich frag mich ein wenig, ob mich dieser Traum auf das heute vorbereiten sollte, oder ob es einfach nur ein Traum war...“
Ich atmete tief durch und schüttelte leicht den Kopf, ehe ich sie wieder richtig ansah. Alles in mir verlangte danach, sie in meine Arme zu ziehen, aber ich wusste, dass das nie wieder sein durfte. “Es tut mir leid. Also, nicht der Kuss, aber dass ich dich dazu gedrängt habe. Ich wusste nicht, dass du der Göttin geweiht bist. Ich… ich wollte es dir nicht absichtlich schwer machen, dein Versprechen ihr gegenüber zu halten. Ich dachte, du wärst einfach nur ein normales Mädchen, und…“ Ich sah sie an und wieder regte sich dieses Gefühl in meiner Brust, das mir sagte, dass ich sie jetzt gleich an mich ziehen und wärmen und nie mehr loslassen sollte. Aber ich durfte nicht. “… wenn du möchtest, dann ziehe ich aus. Ich bin mir sicher, Alan lässt mich auch im Stall schlafen. Du… du musst nicht mit mir unter einem Dach bleiben, wenn… also wenn du nicht willst oder es leichter für dich so ist.“ Nein, ich wollte nicht wirklich gehen. Ich wollte in ihrer Nähe bleiben. So viel näher, als wir uns waren. Und wenn das nicht ging, wollte ich sie wenigstens sehen können. Sehen können, wie sich die Sonne in ihrem Haar spiegelte. Wie ihre dunklen Augen streng wurden, wenn sie nachdachte. Wie ihre zarten Lippen sich leicht teilten, wenn sie mich ansah, ehe sie es bemerkte und beiseite schaute. Wie ihre schlanken Finger anfingen, mit Dingen in ihrer Umgebung zu spielen, wenn sie überlegte. All die vielen Kleinigkeiten, die so unendlich kostbar waren. Nein, ich wollte keine davon verpassen. Aber ich wollte ihr nicht weh tun. Niemals wollte ich ihr weh tun.
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Falke
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02-12-2023, 03:03 PM,
Beitrag #4
RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Er sah so verloren aus in dem blattlosen Geäst des Baumes. Gar nicht so stark und voller Lebenslust wie noch vor ein paar Tagen bei den Saturnalien.
Auch sie wusste nicht so genau wie es weiter gehen sollte.
Seit 13 Jahren war sie nun schon eine Priesterin der großen Mutter, zwar war sie nicht geweiht doch nicht weil sie noch nicht dazu bereit war sondern wegen ihm Auftrag.
Mit 17 wäre sie sonst schon längst keine Jungfrau mehr oder hätte eine andere Aufgabe. Sie würde die jungen Novizinnen selbst unterrichten, eine Aufgabe in der Gemeinschaft der Frauen gefunden haben.
Die Zeit, als sie mit der alten Ula alles über Kräuter und ihre Heilkraft gelernt hatte, war die beste Zeit gewesen. Damals dachte sie auch noch, dass sie vielleicht mal ihre Nachfolgerin würde.
Doch die Göttin hatte anderes mit ihr vor, sie hatte gelernt sich unauffällig zu bewegen, im Schatten zu verschmelzen, sogar einige Arten zu töten und sich zu verteidigen. Im Notfall könnte sie sogar als Junge durchgehen, wenn sie ihre Haare abschneiden würde.
Doch wie sie mit einer verbotenen Liebe umgehen sollte, darauf hatte sie niemand vorbereitet.
In ihrer Ausbildung hatte sie gelernt ihre Gefühle zu kontrollieren, doch sie erst gar nicht zu spüren eben nicht.
Lou sah so traurig aus, so hilflos und verletzt. Allein das schmerzte sie und sie wollte ihn nur noch in die Arme nehmen und trösten. Ihm sagen das alles wieder gut würde und die Götter schon wussten was sie taten.
Dieser Glaube, das die Göttin alles im Voraus geplant hätte, nichts durch Zufall passierte, liess sie jetzt doch zweifeln. Das konnte nicht der Wille der Göttin sein, es war eine kleine Verirrung und einfach menschlich.
Sie holte tief Luft und…

(02-10-2023, 08:26 PM)Louarn schrieb: Was aber aus mir herauskam, war: “Ich hab von dir geträumt.“
Verdammt, das war jetzt das vollkommen falsche gewesen. “Ähm, das kam jetzt irgendwie falsch heraus“, sagte ich und kratzte mich am Nacken, ehe ich ein paar Schritte ging. In mir war eine Unruhe, die immer mehr Raum forderte, und ich hoffte, mit ein bisschen Bewegung sie zurückzudrängen. Ich lief zu der Weide und meine Finger spielten ein wenig mit ein paar der hängenden Zweige. Ganz vorsichtig, fast zärtlich. Es erinnerte mich irgendwie an ihr Haar. Es half, und irgendwie half es auch nicht. Ich atmete durch.
“Ich habe manchmal sehr reale Träume. Caradoc nannte sie grüne Träume. Er dachte, sie wären irgendwie wichtig. Keine Ahnung. Auf jeden Fall hatte ich einen, und du warst auch da, auf einer Waldlichtung, und...“ Nein, ich würde ihr jetzt nicht sagen, dass wir im Traum miteinander geschlafen hatten. Sie würde es entweder nicht verstehen, oder für eine seltsame Anmache halten, oder denken, ich hätte einfach nur einen feuchten Traum von ihr gehabt, was sicher alles andere als schmeichelhaft für sie war. Aber so war es ja nicht. Ja, im Traum waren wir eins gewesen, aber darum ging es ja nicht, und es war ja auch nicht diese Art von Traum, nicht wirklich. Ich konnte es nur nicht erklären, wie es war. Ich begriff es ja selber nicht. Ich wusste nur, dass es nichts mit niederer Lust zu tun hatte. “…du hast dich verwandelt, in eine andere Frau“, sagte ich stattdessen, als würde das irgendwas erklären. “Und ich frag mich ein wenig, ob mich dieser Traum auf das heute vorbereiten sollte, oder ob es einfach nur ein Traum war...“
Ich atmete tief durch und schüttelte leicht den Kopf, ehe ich sie wieder richtig ansah. Alles in mir verlangte danach, sie in meine Arme zu ziehen, aber ich wusste, dass das nie wieder sein durfte.


Grüne Träume? Fast schon entsetzt sah sie ihn an, doch er war Druide und somit war das zwar selten, aber nicht ungewöhnlich. „Du hast Visionen? Das zweite Gesicht?“ etwas ungläubig schüttelt sie den Kopf. Druiden deuten die Visionen der Seherin, haben aber nur selten selbst welche. Vielleicht hatte er nur eine zu bildliche Fantasie und es war Garnichts dahinter.

(02-10-2023, 08:26 PM)Louarn schrieb: “Es tut mir leid. Also, nicht der Kuss, aber dass ich dich dazu gedrängt habe. Ich wusste nicht, dass du der Göttin geweiht bist. Ich… ich wollte es dir nicht absichtlich schwer machen, dein Versprechen ihr gegenüber zu halten. Ich dachte, du wärst einfach nur ein normales Mädchen, und…“ Ich sah sie an und wieder regte sich dieses Gefühl in meiner Brust, das mir sagte, dass ich sie jetzt gleich an mich ziehen und wärmen und nie mehr loslassen sollte. Aber ich durfte nicht. “… wenn du möchtest, dann ziehe ich aus. Ich bin mir sicher, Alan lässt mich auch im Stall schlafen. Du… du musst nicht mit mir unter einem Dach bleiben, wenn… also wenn du nicht willst oder es leichter für dich so ist.“ Nein, ich wollte nicht wirklich gehen. Ich wollte in ihrer Nähe bleiben. So viel näher, als wir uns waren. Und wenn das nicht ging, wollte ich sie wenigstens sehen können. Sehen können, wie sich die Sonne in ihrem Haar spiegelte. Wie ihre dunklen Augen streng wurden, wenn sie nachdachte. Wie ihre zarten Lippen sich leicht teilten, wenn sie mich ansah, ehe sie es bemerkte und beiseite schaute. Wie ihre schlanken Finger anfingen, mit Dingen in ihrer Umgebung zu spielen, wenn sie überlegte. All die vielen Kleinigkeiten, die so unendlich kostbar waren. Nein, ich wollte keine davon verpassen. Aber ich wollte ihr nicht weh tun. Niemals wollte ich ihr weh tun.

Sie musst jetzt doch etwas schlucken, doch auch jetzt hatte sie ihre Gefühle im Griff. Ruhig deute sie ihm an sich zu setzen, sie selbst setze sich auf eine der dicken Wurzen des Baumes. Beide waren jetzt irgendwie in ihrer eigenen Welt, nur das rauschen des Wassers des Flusses deute an das sie noch in dieser Welt waren. Wobei…etwas Nebel kam über das Wasser und hüllte sie zusätzlich ein.

„Ich bin eine Tochter der Göttin, das stimmt und ich habe mich ihr geweiht, durch meine Geburt und durch meinen Willen. Das bedeutet das ich mein Schicksal in ihre Hände gelegt habe, sie entscheidet über mich. Das du es jetzt nicht falsch verstehst, ich habe natürlich einen eigenen Willen und auch Wünsche doch ohne ihre Zustimmung würde ich niemals etwas tun. Wir alle sind in den Händen der Götter, das ist unsere Bestimmung. Meine und auch Deine.“

Sie sah ihm in die Augen, seine brauen Augen waren so hell wie bei einem Rotfuchs. Sein Name passt so sehr zu ihm, fast sahen seine Pupillen auch elliptisch aus, doch das war nur ein Trugschluss.
Der Fuchs, der Wildhund. Schlau, ein Kämpfer, treu zu seinem Rudel und der Begleiter von Göttern und Helden…und mit Verbindung zur Anderwelt, vielleicht war doch mehr hinter den Träumen als sie zuerst dachte.

„Ich will nicht das du gehst, auch wenn es vielleicht für alle besser wäre. Du musst mir versprechen, dass du meine Tarnung nicht gefährdest. Vielleicht ist es auch nicht so schlecht so Informationen und Nachrichten weiterzuleiten. Keiner wird sich wundern, wenn wir miteinander reden, es sollte nur nicht zu vertraut sein. Ja, so machen wir das. In Iscalis musst du mich als Römerin sehen und auch so behandeln.“ Sie überlegte, was man ihr auch ansah den dann setzte sie immer ein ernstes, fast schon böses Gesicht auf.
„Du solltest vielleicht doch besser hier im Dorf leben, so kannst du auch unbemerkt kommen und gehen. Das heißt nicht das du öfters in der Stadt bist. Du arbeitest doch im Stall, oder?“

Sie wollte nicht das er auszog, doch die Idee mit dem Dorf war die beste Lösung. In Iscalis selbst waren schon Calum und sie als Spione und mehr würde nur auffallen, jemanden aber der ungefragt kommen und gehen konnte fehlte noch um untereinander Kontakt zu halten.
„Wenn du da vielleicht fest arbeiten könntest, hättest du auch unauffällig Kontakt zu Calum. Was hälst du davon?“
 Ihn jetzt wegzuschicken zerriss ihr fast das Herz aber darauf durfte sie jetzt keine Rücksicht nehmen.
Namen haben Macht.
[Bild: 1_22_10_22_8_54_26.png]Falke
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02-12-2023, 03:40 PM,
Beitrag #5
RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Was, das zweite Gesicht? Ich grinste schief und schüttelte den Kopf, während ich mich in ihre Nähe setzte. Ich hätte mich gern ganz neben sie gesetzt, aber ich traute mich nicht. Ich würde sie berühren, das wusste ich sicher, über ihr schwarzes Haar fahren, meine Hand darin versenken und… ich sollte aufhören, darüber nachzudenken. Ich schaute zu Boden, wo ein paar kleine Blümchen dem Winter trotzten und sich ihren Weg zwischen den Wurzeln gesucht hatten, am Rand des Sandes vom Ufer. Abwesend pflückte ich ein paar. “Nein, es sind… einfach Träume. Seltsame Träume zwar, aber… ach, keine Ahnung, wie ich das beschreiben soll.“ Es tat gut, eine Beschäftigung für meine Finger zu haben. Ich suchte noch ein paar der langen Grashalme dazu und begann, ganz abwesend alles zusammenzuflechten. “Ich meine, die meiste Zeit bin ich darin ein Fuchs.“ Ich zuckte die Schultern. Ich glaubte nicht, dass es etwas zu bedeuten hatte. Und wenn doch, wusste ich nicht, was es war.

Raven redete dann, sagte, wie sehr sie an die Göttin glaubte und auf diese vertraute. Ich fing an, mich schlechter zu fühlen, weil ich das bedrohte. Bei ihr klang es so friedlich, und ich fühlte mich wie ein Eindringling, der diese Verbindung störte. Ich bemühte mich, mich auf meine Finger zu konzentrieren, um sie nicht anzusehen. Einem so großen Kerl wie mir traute man so eine filigrane Arbeit von etwas so vergänglichem nicht zu, das wusste ich. Und ich war ja auch eher geschickt mit dem Schwert und hatte bei Weitem nicht Calums Kunstfertigkeit oder Dunduvans Verstand. Aber trotzdem machte ich sowas hier gerne. Es beruhigte irgendwie. Überhaupt wurde gerade alles um mich herum ruhiger, wenn auch schwerer.
Als sie sagte, sie wollte nicht, dass ich gehe, machte mein dummes Herz einen kleinen Sprung, und ich schaute auf. “Ich würde dich nie in Gefahr bringen“, sagte ich zu ihr, und meinte es ernst. Lieber würde ich mir selbst eine Hand abhacken, als sie in Gefahr zu bringen. Allein der Gedanke, dass sie durch mich in Gefahr geraten würde, verursachte mir Schmerzen.
Aber ich wollte nicht hier im Dorf leben. “Ich kann auch hier hin kommen, wenn ich in der Stadt lebe“, meinte ich und widmete mich wieder den Blumen und Grashalmen. Ich wollte nicht so weit weg von ihr sein. Falls etwas passierte, wollte ich in ihrer Nähe sein. “Ich helfe Alan im Stall. Vielleicht ergibt sich noch etwas anderes, aber im Moment ist das in Ordnung für mich.“ Ja, ich wollte wirklich nicht allzu weit weg von ihr. Ich sollte es besser tun, damit es nicht so schwer war, aber… es fühlte sich falsch an.

Der Kranz war fertig, und ohne darüber nachzudenken beugte ich mich vor und ließ ihn ungefragt auf ihr Haar sinken. Ich sah kurz auf und kurz zuckte ein Lächeln über mein Gesicht. Es sah wunderschön aus. Ich hoffte nur, sie fand es nicht albern.
Ich räusperte mich und zog mich wieder etwas zurück.
“Wie soll ich dich nennen?“ fragte ich schließlich, weil das vielleicht eines der Dinge war, die wir klären sollten. Oder die ich wissen wollte. “Also nicht in der Stadt, sondern… wie möchtest du genannt werden? Also jetzt?“ Denn ich wusste nicht, ob ihr Raven oder Helena lieber war. Überhaupt wusste ich so wenig.
“Ich würde dich wirklich gerne kennen lernen“, sagte ich, und die Wahrheit meiner Worte traf mich irgendwie selbst. “Ich meine… woher kommst du? Wie… ich dachte, alle meine Schwestern wären tot, und… Dunduvan hat den Tod seiner Schwester noch immer nicht verwunden, nach all den Jahren, aber… auf einmal bist du da. Das… das ist ein Wunder, weißt du? Ein wirkliches Wunder.“ Calum und Dunduvan hatten damit zu kämpfen, bei ihnen löste es eine Bitterkeit aus. Aber bei mir nicht. Ich war nur erstaunt und neugierig und, ja, hingezogen zu ihr, und ich wollte so gern all das aufholen, was ich verpasst hatte. Vielleicht war ja das das Gefühl, was ich für sie hatte, nur ich verwechselte es. Vielleicht würde es sich klären, wenn ich sie als Schwester sehen würde.
“Und deine Tante, ist sie… ich meine, gehört sie auch zu uns?“ Ich glaubte es ja fast nicht, so wie sie mich beäugt hatte, aber im Moment hatte ich das Gefühl, gar nichts mehr zu wissen.
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Falke
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02-13-2023, 12:32 PM,
Beitrag #6
RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Raven sah wie er sich wand und fast schon schüchtern ihr zuhörte. Sein Einwand, dass er auch ohne die Stadt zu verlassen sich frei hin und her bewegen könnte, erleichterte sie fast schon.
In Wahrheit wollte sie nicht das er sich von ihr fernhielt, auch wenn es richtig war.
Er setze ihr den Kranz auf den Kopf und ihr Herz machte einen Satz. Jetzt war sie das kleine Mädchen und senkte verschämt den Blick.
Hitze stieg ihr in die Wangen und sie hatte Mühe sich wieder zu beruhigen.
Noch nie hatte ein Mann so etwas für sie gemacht. Sicher, als junges Mädchen hatten sie und ihre Mitschwestern, oft Kränze geflochten und sich gegenseitig damit bekränzt. Sie hatten auch davon geträumt das eines Tages vielleicht ein Mann kommen würde und sie, so mit Blumen geschmückt, zum Feuer mitnahm, aber das waren eben nur Jungemädchenträume gewesen.

Sie legte ihre Hände in den Schoss und begann zu erzählen.
„Fabata Ioventia ist nicht meine Tante und ich bin nicht Helena Ioventia. Also ich heiß zwar unter den Römern Helena aber meine Eltern, also meine Zieheltern, gehören nicht zum Gen Ioventia.
Ich bin die Tochter von Igraine, eine der Priesterinnen von Mona und ich bin ein Falke, so wie du.
Ich kann dir nur erzählen, was man auch mir erzählt hat.
Als meine Mutter mich unter schmerzen geboren hat, sollte ich, genauso wie alle anderen Töchter, im heiligen Brunnen geopfert werden. Doch, ich weiss nicht warum, hat Cathbad das verhindert. Er brachte mich zu meinen Eltern.
Ich nenne sie so, den ich kenne keine anderen und sie haben mich immer, wie ihre eigene Tochter behandelt. Sie sind Römer und leben an der Grenze zu dem kleinen Volk, weit im Norden. Von ihnen habe ich alles gelernt was man als gute römische Tochter wissen muss.
Eine der Sklavinnen meines Vaters stammt aus Eire und sie brachte mir etwas ihre Sprache bei und auch unsere, außerdem erzählte sie mir alles, was man über uns wissen muss, sie erzählte mir die alten Geschichten und von unseren Göttern, von der Zeit vor den Römern und auch von Mona.
Aber erst als ich später zum weißen Turm kam, erfuhr ich die ganze Geschichte.
Mit sieben Jahren holte mich Cathbad ab und brachte mich zu den Priesterinnen und dort bekam ich auch meinen keltischen Namen. Raven, der schwarze Vogel. Zuerst dachte ich, es liegt an meinen schwarzen Haaren, das man mich so nannte. Doch im laufe der Zeit lernte ich alles über die Falken, zu denen ich ja durch Geburt auch gehöre. Doch ich bin nicht der Jäger, der elegante Raubvogle sondern meine Aufgabe wird eine andere sein.
Ich bin eine voll ausgebildete Priesterin der großen Mutter, doch ohne Weihe. Ich habe an Samhain das erste Mal, ihr direkt gedient. Mein Schicksal liegt in ihren Händen.
Cathbad hat mir gesagt das er eine Weissagung erhalten hat in dem ihm gesagt wurde das er mich zu meinen Brüdern bringen muss um unser Ziel zu erreichen. Also brachte er mich im Herbst hier her. Irgendwie schafft er es, das Fabata und ihre Familie denkt ich bin ihre Nichte und mein Vater hat mich zu ihr geschickt, damit ich weg von einem nicht würdigen Jungen bin.
Wenn wir beide jetzt zu vertraut sind, befürchte ich das sie mich wieder wegschickt, wegen der Geschichte mit dem anderen Mann.
Als Römerin bin ich schon recht alt um nicht verheiratet zu sein, ich befürchte sie denkt schon darüber nach wem sie mich zur Frau geben kann. Das werde ich verhindern, im Notfall heirate ich Calum. Der geht auch als Römer durch und alles wäre gut.“
Als sie fertig war mit erzählen sah sie ihn wieder an und lächelte, das deffuse Licht der untergehenden Sonne im Nebel ließ ein zweites Gesicht über ihrem erahnen. Ein älteres, ein weiches und doch auch gleichzeitig strenger. Sie hob ihre Hand und legte sie mit dem Handrücken an seine Wange. „Der Fuchs und der Rabe haben schon von altersher immer wieder die Welt der anderen besucht und kamen doch zurück.“
Ein leichter Windhauch wehte den Nebel davon und Raven sah ihn jetzt wieder mit ihren eigenen dunklen Augen an, war da überhaupt etwas anderes gewesen?
„Alles wird gut, doch jetzt muss ich zurück. Fabata wird sich schon fragen, wo ich bleibe. Ich habe gesagt das ich zur alten Urbica will um noch ein paar Kräuter für sie besorgen.“ Sie klopfte auf einen kleinen Beutel am Gürtel ihres Kleides.
Namen haben Macht.
[Bild: 1_22_10_22_8_54_26.png]Falke
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02-13-2023, 02:29 PM,
Beitrag #7
RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Ich hörte zu, auch wenn ich nicht so ganz verstand. Cathbad hatte sie also gerettet und zu irgendwelchen Römern gebracht – Römer! Cathbad und Römer! In einem Satz gesagt! Das allein war schon am Rande allen Verständlichen – die sie aufgezogen hatten. Aber eine Sklavin schließlich hatte ihr unsere Wege beigebracht, und schließlich wurde sie zur Priesterin ausgebildet. Ich versuchte, es zu verstehen, aber so sehr ich mich auch anstrengte, ich verstand es nicht wirklich. Also, inhaltlich schon, aber wir redeten hier von Cathbad! Dem Mann, der die Römer mehr hasste als jeder von uns, der immer darauf gepocht hatte, wie wichtig die Traditionen und die Druiden und die Freiheit von den Römern war, der bereit war, jeden einzelnen von uns zu opfern, um dieses Ziel zu erreichen. Und dieser Cathbad hatte gegen die Regeln verstoßen? Das konnte gar nicht sein. Aber was war es, das ihn dazu veranlasst hatte?
“Und deine… Eltern“ Das Wort fühlte sich so schwer, so fremd und so bedeutungsvoll an. Etwas, von dem ich nicht wusste, wie es war, wenn man so etwas hatte. Wie es war, in Sicherheit und geliebt aufzuwachsen, als Familie. Einfach ein Kind sein zu können. Etwas, das ich akzeptiert hatte, dass das nicht mein Schicksal war. Aber Ravens. Als hätte sie zwei Schicksale. “Wissen sie es? Und… siehst du sie noch? Wissen sie, wo du bist und… tut mir leid, ich weiß nicht, wie das ist. Wie das für dich sein muss. Ich kenn sowas nicht.“ Ich versuchte es wirklich zu verstehen. Nachzufühlen. Mich in sie hineinzuversetzen, um zu verstehen, wer sie war. Um sie wirklich zu sehen. Ich wollte es.

Und natürlich verstand ich ihre Sorge, und was sie mir sagen wollte. Ich musste aufhören, mit ihr vertraulich zu sprechen. Ich sollte einen Bogen um sie am besten machen, damit sie nicht Gefahr lief, wegen mir in Verruf zu kommen. Überhaupt wusste ich, dass ich kein passender Umgang für sie war, und zum ersten Mal vielleicht in meinem Leben machte es mir etwas aus und ich wünschte, ich wäre jemand anderes. Zum ersten Mal in meinem ganzen Leben wünschte ich mir, mit Calum tauschen zu können. Ich war noch nie eifersüchtig auf einen meiner Brüder gewesen, aber gerade in dem Moment, als sie sagte, sie würde ihn heiraten, während sie mich geradezu von sich scheuchte, um Abstand bat und Zurückhaltung, gerade jetzt war ich eifersüchtig auf ihn, und es brannte wie ein Blitz, der einen Baum entzündet hatte. Ein bitteres, tiefes, scharfes Gefühl, das einen sauren Geschmack hinterließ. Meine Kiefer mahlten kurz aufeinander, und ich nickte nur einmal knapp, sagte nichts dazu. Ich konnte nichts dazu sagen. Egal, was ich sagen würde, ich würde es später aus dem einen oder anderen Grund bereuen. Ich wollte so nicht fühlen, aber so war es eben nun einmal. Vielleicht war ich auch ein wenig gekränkt, dass sie mich gar nichts fragte, auf Abstand ging und mir nicht näher kommen wollte. Aber vielleicht war auch das einfach der Eifersucht geschuldet, die gerade alles in düsteres Licht tauchte.

Ein bisschen Nebel stieg vom Fluss auf und kroch zu uns herüber wie sanfte, weiße Finger. Es schüttelte mich ein wenig, als ich Raven auf einmal lächeln sah, was grade nicht wirklich zu meiner Stimmung passen wollte. Dann sagte sie etwas, das ich nicht wirklich verstand, und dementsprechend verwirrt blinzelte ich sie auch an, ehe sie wieder ernst wurde und gehen wollte.
“Warte mal“, hielt ich sie auf und richtete mich etwas gerader auf. “Was meintest du mit dem Fuchs und dem Raben?“ Ja, manchmal war ich einfach dumm, ich wusste das, aber ich verstand es wirklich nicht, was sie mir sagen wollte und ob das eine Aufmunterung gewesen sein sollte oder aber eher ein Abschied, dass ich sie in Ruhe lassen sollte. Aber zumindest letzteres würde ich wohl deutlicher hören müssen, damit mein dummes Herz es auch kapierte.
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Falke
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02-15-2023, 11:28 AM,
Beitrag #8
RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Sein bedrücktes Gesicht macht ihr das Herz schwer, eigentlich wollte sie gar nicht gehen. Sie wollte immer in diesem unwirklichen Licht bleiben, alles um sie herum vergessen und einfach nur mit ihm hier sitzen.
Auf so viel war sie vorbereitet worden, doch nicht darauf das ihr Herz ihr einen Streich spielte.
Sein angespanntes Gesicht, als sie davon sprach das sie im Notfall Calum heiraten würde, entging ihr auch nicht. Sofort hatte sie das Gefühl, dieser Gedanke war vollkommen falsch doch was sollte sie den sonst machen wenn Fabata sie wirklich verheiraten wollte? Wecklaufen war nie eine Lösung, sie hatte eine Aufgabe zu erledigen.
Seine aufkeimende Wut und Eifersucht, schmeichelte sie fast schon. Doch sie musste es im Keim ersticken, es war viel zu gefährlich das irgendjemand etwas merkte und ihre Tarnung aufflog. Das musste er auch begreifen.

Auf die Frage nach dem Fuchs und dem Raben ging sie nicht weiter ein. Was hatte sie da überhaupt gesagt? Sie konnte sich kaum noch an die Worte erinnern, die Worte waren ihr plötzlich im Geist aufgetaucht. Sie konnte sich nur noch an die Empfindung erinnern, eine innere Ruhe, das Gefühl, dass sie beide etwas verband und das es wichtig war.
„Irgendetwas müssen meine Eltern wissen, Cathbad kam ja nicht und hat mich bei Nacht und Nebel entführt. Sie waren darauf vorbereitet, im Gegensatz zu mir.“
Seine Gefühle konnte sie nur erahnen, sie wusste das die Jungs zusammen groß wurden, ohne eine wirkliche Familie. Wobei sie wahrscheinlich untereinander eine Familie waren. Das war etwas anderes, als behütet unter der Liebe zwei Erwachsener aufzuwachsen.
„Ich hab mir immer einen Bruder oder eine Schwester gewünscht, ich war das einzige Kind meiner Eltern. Alle Familien um uns herum hatten immer viele Kinder, nur wir eben nicht. Ich glaube meine Eltern konnten keine eigenen Kinder bekommen, deswegen haben sie mich aufgenommen.
Als ich dann in den weißen Turm kam, war das ganz anders. Wir waren 14 junge Mädchen, aber auch dort war ich die Einzige, die das nicht kannte. Es war nicht immer einfach für mich, eine von vielen zu sein.
Ich habe meine Eltern seitdem nie wieder gesehen, ich weiss noch nicht einmal ob sie noch leben. Ich bin jetzt ein ganz anderer Mensch als damals.“

Und sie war jetzt auch ein ganz anderer Mensch als unter ihren Schwestern. Manchmal wusste sie gar nicht mehr wer sie war, ob Helena die Haustochter der Wirtin oder Raven die Priesterin der Göttin oder eben der einzige weibliche Falke? Wer war sie überhaupt? Sie fühle sich manchmal sehr einsam und verloren, in keiner Welt hatte sie wirklich einen Halt.
Ihr einziger Halt war ihr fester Glaube an die Göttin und das sie wusste was war und was sein wird. Doch auch das schien ins wanken zu geraten, was hatte Lou in ihrem Leben zu bedeuten? Warum war er hier, warum war er GERDE JETZT hier?
Nun stand sie endgültig auf. „Wir sollten gehen, es wird schon dunkel.“
Namen haben Macht.
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02-15-2023, 01:12 PM,
Beitrag #9
RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Sie wollte gehen. Ich schätzte zwar, dass wir noch für ein paar Stunden Licht hätten, aber gut, mit dem aufkommenden Nebel war es wahrscheinlich trotzdem nicht so angenehm und sie musste ja laufen. “Soll ich dich...“, fing ich schon automatisch an, ehe ich mich bremsen konnte. Ich wollte ihr anbieten, sie mit mir auf dem Pferd in die Stadt zu nehmen, oder sie wenigstens zu begleiten, aber ich bremste mich und schüttelte den Kopf. Nein, sie würde es nicht wollen. Ich musste mir klar machen, dass das, was ich fühlte, einseitig war, und oben drein zum Scheitern verurteilt. Sie war meine Schwester, die jungfräuliche Priesterin, ganz der Göttin geweiht und für mich damit sowas von Tabu. Und sie hatte auch kein Interesse an mir, hatte mich nicht eine Sache gefragt, nicht einmal irgendwie versucht, mir näher zu kommen, außer das eine kurze Mal, als sie mich an der Wange berührt und von Raben und Füchsen geredet hatte. Aber nicht einmal dazu hatte sie meine Frage beantwortet.
Ich schüttelte den Kopf. “Vergiss es. Pass auf dich auf dem Weg auf. Ich bleib noch ein wenig hier, damit wir nicht zusammen ankommen“ sagte ich und setzte mich so, dass ich mich gegen den Stamm der Weide lehnen konnte. Ich sah sie nicht an, sondern schaute zum Fluss, als würde es mich nicht weiter berühren oder kümmern, dass sie ging. Auch wenn mein dummes Herz das anders sah und nicht wollte, dass sie ging, dass sich unsere Wege trennten. Es fühlte sich falsch an. Aber ich wusste, dass es das einzig richtige war. Cartivel hatte recht, ich sollte dieses Feuer zu löschen versuchen.

Ich hörte eine Bewegung von ihr und nahm an, dass sie ging. “Vergiss die Blumen nicht“ sagte ich nur kurz und meinte damit den Kranz auf ihrem Kopf, der bei ihrer Tante sicherlich Fragen aufwerfen würde. Und ich glaubte auch nicht, dass sie die Blumen haben wollte. Was hatte ich mir überhaupt dabei gedacht, den Kranz zu flechten und ihr aufzusetzen? Ich war eindeutig kaputt.
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Falke
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02-17-2023, 08:33 PM,
Beitrag #10
RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Ich blieb noch lange sitzen, nachdem sie gegangen war, und hörte dem Murmeln des Wassers zu. Ich sollte wahrscheinlich aufstehen und gehen, aber ich konnte es im Moment nicht. Ich fühlte mich, als würde ich niedergedrückt werden, hier gegen diesen Baum, während um mich herum der Nebel langsam höher stieg und die Temperatur wieder fiel. Es war eine unheimliche Stille, die sich über die Welt legte, aber sie passte gerade zu meiner Stimmung.

Warum, fragte ich mich. Warum musste sie meine Schwester sein? Einmal passierte es, dass ein Mädchen mich wirklich berührte, nein, mich bis ins Mark erschütterte und die ganze Welt für mich zum Stillstand brachte, einmal fühlte ich so wie in den Liedern, die ich sonst gerne sang, wie in den Geschichten, die man abends am Feuer erzählte, und dann war sie für mich unerreichbar. Schlimmer noch, sie fühlte nicht das gleiche. Würde sie so fühlen, würde sie mich… Nein, ich wollte das Wort nicht denken, weil das bedeutete, dass ich so fühlte. Und ehrlicherweise war es dafür viel zu früh. Wir kannten uns ja kaum. Nein, eigentlich kennen wir uns gar nicht. Das wurde mir wieder bewusst, auch wenn ich es mir nun schon oft gesagt hatte, seit ich sie in der Hütte gesehen hatte. Warum also fühlte ich so? Ausgerechnet für sie?
Ich hatte schon viele Mädchen geküsst. Mit einigen hatte ich noch viel mehr gemacht. Und ja, es war immer schön gewesen. Ich hatte es genossen, hatte sie sogar gern gehabt, allesamt. Keinem hatte ich etwas vorgemacht oder gesagt, es wäre mehr, keiner hatte ich irgendwas versprochen. Ich wollte nicht unehrlich sein, und wenn ich es nicht wegen dem, was ich war, musste, war ich es auch nicht. Schon gar nicht bei sowas. Aber dieses Mal fühlte es sich anders an. Es war viel weniger passiert als bei anderen, wir kannten uns nicht so lange, hatten kaum miteinander gesprochen. Es gab so viel, was dagegen sprach, selbst schon bevor ich gewusst hatte, wer sie war. Und trotzdem war da dieses brennende Gefühl in mir, dieses Ziehen bis tief in meine Eingeweide, das mich zu ihr bringen wollte und das meine ganze Welt nicht nur stillstehen ließ, sondern komplett in ihre Einzelteile zerlegte. Und ich verstand einfach nicht, warum ich so fühlte, weshalb das geschah, wenn es doch so sinnlos war. Wenn sie wenigstens ein bisschen auch so fühlen würde, dann könnte ich mir wenigstens einen Sinn dafür zurechtlegen, könnte sagen, dass es vielleicht von den Göttern doch bestimmt war, dass es eine Bedeutung hatte und es vielleicht, ja ganz vielleicht doch noch Hoffnung gab. Aber so, wie es jetzt war? Da gab es nichts, nur dieses Gefühl der Dunkelheit in mir, das mich aufzufressen drohte.
Ich lehnte mich gegen den Baum und schloss für einen Moment die Augen.

Der Nebel stieg höher, bis die ganze Welt in unwirkliches Licht gehüllt war. Alle Geräusche waren gedämpft, bis schließlich sogar das Murmeln des Wassers verstummte. Die Luft war kalt und feucht und unwirklich. Trotzdem blieb ich weiter sitzen. Mir war nicht einmal wirklich kalt. Unwohl, ja, elend, ja, aber nicht kalt.
Gedämpfte Geräusche drangen durch den Nebel, die ich erst nicht zuordnen konnte. Es dauerte ein wenig, bis ich erkannte, dass es das regelmäßige Tapp-Tapp-Tapp eines großen Tieres war. Im Nebel bildete sich ein großer Schatten. Wahrscheinlich mein Pferd, das sich fragte, wo ich abgeblieben war. Ich verdrehte die Augen und wollte mich erheben, als ich merkte, dass es nicht mein Pferd war, sondern ein Hirsch. Ein ziemlich großer mit ausladendem Geweih. Seine ganze Präsenz strahlte Macht aus. Er war der König des Waldes, erhaben und unantastbar, und ließ sich nicht im Mindesten davon beeindrucken, dass ich hier unter der Weide saß. Nein, er schaute mich direkt an. Lange. Und ein seltsames Gefühl des Erkennens stieg in mir hoch, das Erschrecken wich, als er sich verwandelte und da, wo eben noch der Hirsch gestanden hatte auf einmal ein junger Mann stand, nur spärlich mit Fell bekleidet. Nein, nicht bekleidet,
bewachsen. Und auf seinem Kopf spross noch immer das ausladende Geweih. Und ich wusste, er war der Herr der wilden Dinge, derjenige, dessen Namen wir nicht nannten, der Vater allen Lebens, Herr des Verlangens, König der Wälder und alles, was darin lebte. Und starb. Anfang und Ende. Tod und Wiedergeburt. Kreislauf der Natur.

Und er sah mich.


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Mit einem heiseren “Huargh!“ schreckte ich auf und sah mich um. Der Nebel hatte sich gelichtet und die Dunkelheit hatte sich über das Land gesenkt. Heute stand kein Mond am Himmel, dafür aber leuchteten die Sterne umso heller. Ich fuhr mir mit der Hand über das Gesicht und versuchte so, die letzten Fetzen des Traumes von mir zu ziehen.

Es war viel zu spät. Ich musste eingenickt sein. Und ich war vollkommen durchgefroren. Verdammt. Ächzend erhob ich mich und streckte die steifen Glieder. Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte noch nie so etwas verrücktes geträumt, und ich hoffte schwer, dass es bei diesem einen Mal bleiben würde.

Und doch zeigte es mir, dass ich jetzt ein paar Dinge ändern sollte, ehe es schlimmer wurde. Raven hatte recht, die Nähe, die ich zu ihr suchte, war nicht gut. Ich sollte erwachsener sein. Und deshalb stand auch mein Entschluss fest, als ich zurück zum Dorf ging, um mein Pferd zu suchen: Ich würde aus der Taverne ausziehen, erst einmal zu Alan in den Stall, und dann weitersehen.
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Falke
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