Forum

[Titus Thorius Tympanus]

Ich brütete über einer langen Liste an benötigten Materialien und Arbeitsschritten für die Aufschüttung von Erdreich und der geplanten Begrünung des Innenhofs von Thorianum A sowie den geplanten einheitlichen Pflanzgefäßen für die Terrassen von Thorianum B. Ich hatte bereits eine Zeichnung der benötigten Gefäße mit den Maßen an eine Manufaktur im Umland geschickt und diese sollten bald geliefert werden. Fehlten nur noch Sockel für die Gefäße und natürlich der Inhalt. 

Arius riss mich aus meinen Gedanken und verkündete einen Bittsteller. Hoffentlich war es nicht wieder Marius, der mir endlose weitere Pläne von meinem Bruder Blosius brachte, der immer noch in unserer Hütte auf dem Land hockte und von früh bis spät neue Gebäude und Gerätschaften erträumte, die ich mir dann irgendwie aus den Rippen leiern sollte. Ich seufzte und nickte Arius zu, damit dieser den Bittsteller hereinführte und Erfrischungen besorgte.

[Marcus Mucius Primus]

Im Vorraum musste ich erst einmal einem Schreiber sagen, was ich wollte, nur damit der verschwinden konnte und einige Minuten später wieder zurückkehrte mit der Bitte, ihm zu folgen. Wir waren tausend Meilen weit von Rom entfernt, und trotzdem waren manche Abläufe einfach gleich. Es lebe die Bürokratie, sie hielt das Imperium zusammen. Schon allein, weil sie sich nicht ändern konnte, selbst, wenn sie wollte.
Ich folgte also dem Mann und sah mich einem weiteren Schreibtischtäter gegenüber, der diesmal aber besser gekleidet war als der erste und offensichtlich in Papyrus ertrank. Eines der sicheren Zeichen dafür, bei jemandem gelandet zu sein, der sich zumindest für wichtig hielt. Ich räusperte mich kurz und grüßte knapp.
“Salve. Meine Herrin Didia Corona sucht eine Mietwohnung, und mir wurde geraten, mich hier deshalb zu erkundigen“, trug ich auch gleich mein Anliegen ohne Umschweife vor.

[Titus Thorius Tympanus]

"Salve, ich bin Titus Thorius Tympanus." Der Mann hatte sich nicht einmal mit Namen vorgestellt, obwohl er hier als Bittsteller eintrat. Wahrscheinlich ein Sklave oder so ein Freigelassener, der dachte, dass das Imperium jetzt ihm zu Füßen lag. Seufzend erhob ich mich und ließ mir von Arius die Pläne reichen und rollte sie gekonnt auf dem großen Schreibtisch aus. 

"Hier ist der Plan von Thorianum A und dieser ist für Thorianum B." Der erste Plan enthielt eine eher quadratische Insula mit einem Innenhof, tabernae im Erdgeschoss, die durch den Innenhof betreten wurden und drei weiteren Etagen von geschlossenen Wohnungen, die größtenteils aus durchaus bequemen und großzügigen einzelnen Räumen bestanden. Der zweite Plan enthielt eine rechteckige Insula ohne Innenhof, die tabernae im Erdgeschoss enthielt, die zur Straßenseite führten. Insula B hatte aber dafür Terrassen und Wohnungen mit zwei bis drei Räumen. Beide Pläne enthielten auch Skizzen der Innenansicht der Wohnungen und Terrassen. 

"Sucht deine Domina denn nach einer taberna oder eher einer Wohnung? Derzeit sind die ersten beiden Etagen von beiden Insulae schon fertig und spätestens bis zum nächsten Winter sollten auch die restlichen beiden Etagen fertig sein." Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und ließ mir von Arius einschenken, der auch dem namenlosen Bittsteller Erfrischungen anbot.

[Marcus Mucius Primus]

Thorium Tympanus kramte sogleich zwei Baupläne hervor, die er mit einer geübten Bewegung vor mir ausbreitete. Ich hatte mich schon darauf gefasst gemacht, erst ein längeres Verhör über mich ergehen lassen zu müssen, bevor ich sie zu sehen bekäme. In Rom wäre das wohl eine Angelegenheit einer halben Stunde und einiger Sesterzen Bestechung gewesen. Vielleicht war also in dieser Provinz nicht alles schlechter als in Rom. Ich beugte mich auch gleich über die Pläne und hörte mir die Erklärung an.
Da das Thorianum A scheinbar nur über einzimmrige Unterkünfte verfügte, schied es wohl aus, denn ich war nicht gewillt, uns auf mehrere Räume zu verteilen, die nicht verbunden und zu sichern waren. Außerdem lockten solche Wohnungen nur solche Personen an, die sich eben nicht mehr als einen Raum leisten konnten, und die wollte ich auch nicht unbedingt als Nachbarn haben. Trotzdem besah ich mir den Bauplan sehr genau und studierte den Aufbau, für den Fall, dass es einmal gebraucht werden würde.
Das Thorianum B war also eher das, was Didia Corona brauchen würde. “Wie sieht es mit einer Kanalisation aus? Besitzt die Stadt und insbesondere das Thorianum B eine? Wenn nein, wo liegen die Leitungen zu abfließendem Wasser und wo liegen die Latrinen?“ Es gab auch in Rom genug Wohnungen, die nicht an die Kanalisation angeschlossen waren. Eigentlich sogar der Großteil, insbesondere die Insulae und da nochmal ganz besonders die günstigen in der Subura und auf dem Aventin. Trotzdem war schön eben anders, auch wenn ich nicht annahm, dass Iscalis ein ähnliches Geruchsproblem im Sommer haben würde. Soweit ich informiert war, fiel hier ganzjährig Regen und Dürre war kein Thema. Aber daher wäre eine Entwässerung nicht unwichtig, und insbesondere wollte ich meiner Herrin nicht zumuten, in Abfließrichtung von den Latrinen eine Wohnung zu beziehen, die bei Überschwemmung noch andere Dinge als Wasser auf die Terrasse befördern würde.

[Titus Thorius Tympanus]

Der Diener von Didia Corona besah sich den Plan mit Argusaugen, wie mir auffiel. Ob der Mann ein Leibwächter oder etwas dergleichen war? Ich trank einen Schluck aus meinem Becher, ehe ich antwortete. "Es gibt eine separate Latrinenhütte zwischen den beiden Insulae mit Toiletten und daneben eine Grube für Küchenabfälle. Wir sind hier nicht vollkommen fern der Zivilisation." 

Eine Kanalisation wäre nicht schlecht und wenn ich das Konzept den reichen Geldsäcken andrehen könnte, dann würde ich das jederzeit tun. Selbst Londinium und Eburacum hatten nichts besseres als Jauchegruben und Plumpsklos. "Es ist ein kleines Badehaus neben Insula B geplant für welches wir gerade das Fundament legen." 

Zumindest Überschwemmung vom Fluss sollte kein Problem sein, da die beiden Insulae auf einem kleinen Hügel auf einer Anhöhe gebaut wurden. Der Ausblick von den Terrassen würde einmal recht schön sein.

[Marcus Mucius Primus]

Keine Kanalisation, Latrinen zwischen den Häusern. Nicht unbedingt der Standard, den Didia Corona wohl gewohnt war. Wobei das nach den langen Wochen und Monaten der Reise sicher auch kein Problem mehr war. Mit einem ordentlichen Toilettenstuhl war ein Mindestmaß an Komfort gegeben. Nur Serafina würde sicherlich nicht aufhören, sich zu beschweren. Aber wir hatten uns für dieses Leben entschieden, und es war nun nicht unbedingt die schlechteste aller Möglichkeiten.
Ich ließ mir genau zeigen, wo das künftige Badehaus stehen sollte und überlegte eine Weile mit Blick auf den Plan. Ich versuchte, mir die Gegebenheiten vor Ort noch einmal genau ins Gedächtnis zu rufen, um nichts zu übersehen, was eine unangenehme Überraschung bieten würde.
“Diese Wohnung im Erdgeschoss oder die darüberliegende“, deutete ich auf den Plan auf eine Wohnung mit drei Räumen, die wohl den Ansprüchen genügen würde, die Didia Corona als unumgänglich bezeichnen würde. Serafina würde zwar bei ihr mit im Zimmer schlafen müssen, wenn sie sich nicht mit mir einen Raum teilen wollte, aber das machten die Frauen ja ohnehin bislang immer so. “Sind die noch frei und wie hoch wäre die Miete?“
Angesichts einer Einbruchsgefahr waren beide Wohnungen wohl ähnlich, wobei mir die im ersten Stock da lieber wäre, da es dem Dieb den Zugang erschwerte. Aber ich kannte meine Herrin, und jeden Tag eine Leiter zu erklimmen war nicht unbedingt in ihrem Sinne. Außerdem barg das wiederum eine erhöhte Gefahr im Falle eines Brandes. Trotzdem hatte ich vor, ihr erst einmal beide Wohnungen vorzuschlagen, sofern beide noch frei wären und zu einem vernünftigen Preis zu mieten wären, so dass sie wenigstens den Anschein haben konnte, sie hätte es mitbestimmt.

[Titus Thorius Tympanus]

Ich folgte dem Blick des Mannes und erhob mich dann wieder. Ganz geheuer war mir der Kerl nicht, aber man musste hier zahlungskräftiges Publikum anlocken, wo es ging. Die Kelten hatten oft nicht die Münzen, um sich so eine Unterkunft zu leisten. Da war man froh, dass römische Bürger mit entsprechend Mitteln einziehen wollten.

"Im Erdgeschoss befinden sich nur unmöblierte tabernae. Falls deine Domina einen Laden eröffnen möchte, so vermiete ich ihr auch gerne das Erdgeschoss. Ansonsten kann sie gerne Wohnung B-IV im ersten Stock mieten. Es ist die einzige mit drei Zimmern und die Terrasse hat vormittags und mittags gutes Sonnenlicht. Der Preis beträgt 15 Sesterzen pro Woche jeweils am Anfang der Woche beim Verwalter Hyginus Arvidus abzugeben. Die ersten drei Wochen im Voraus beim Einzug." 

Ich rollte den Plan wieder ein und räumte den Tisch frei, damit ich die Daten der neuen Mieterin und dergleichen schriftlich auf einer tabula festhalten konnte. "Möchtest du gleich bezahlen oder es noch mit deiner Domina besprechen? Sie kann die Wohnung natürlich auch gerne erst einmal besichtigen, wenn sie das wünscht. Ich kann sie persönlich herumführen oder ihr sprecht einfach Hyginus Arvidus an und er zeigt euch die Wohnung. Ihr findet ihn auf der Baustelle in der Verwalterhütte neben der Imbissbude der Petronier."

[Marcus Mucius Primus]

Das im Erdgeschoss war ein Laden? Die Vorstellung derart großer Verkaufsräume unter einer potentiellen Wohnung behagte mir nicht. Sowas lockte Einbrecher an. Oder Wäschereien. Was beides gleichermaßen schlimm war, wenn man darüber wohnte. Aber wir wollten unauffällig bleiben, da konnten wir nicht ein Haus kaufen, das meinen Vorstellungen von Sicherheit und Didia Coronas Vorstellungen von Komfort erfüllen würde. Erst einmal mussten wir einfach warten, bis Gras über alles gewachsen war. Später konnte man immer noch eine Erbschaft vortäuschen, die einem erlaubte, sich räumlich zu verbessern.
Fünfzehn Sesterzen war allerdings ein durchaus nicht gerade kleiner Preis für eine Wohnung in einem oberen Stockwerk. Ich schaute den Mann kurz an und versuchte ihn einzuschätzen, was ihn misstrauischer machen würde: Wenn ich versuchte, zu verhandeln, oder wenn ich nicht verhandelte.
“Wir wollen die Wohnung zuerst sehen. Meine Domina wäre sicherlich höchst erfreut, wenn du etwas Zeit dafür erübrigen könntest. Wann würde es denn deinem Terminplan am meisten entgegenkommen?“ erkundigte ich mich erst einmal also freundlich. Ich würde niemals eine Wohnung kaufen, ohne sie von innen gesehen zu haben. Nicht einmal eine neue. Ich hatte schon Wohnungen gesehen, die nur vom Fliegendreck an den Wänden zusammengehalten worden waren. Verkäufer versprachen einem immer alles und malten es in schillernden Farben aus. Ich vertraute auf das, was ich sehen und anfassen konnte.
Und ich kannte Didia Corona. Sie unterhielt sich gern. Außerdem brauchte sie Kontakt zu den Honoratoren der Stadt, zu denen dieser Bauherr sicher gehörte. Und, ganz ehrlich, sie war auch besser dafür geeignet, jemanden um den Finger zu wickeln, als ich.

[Titus Thorius Tympanus]

Ich warf Arius einen Blick zu und dieser reichte mir eine andere Tabula, auf der meine Termine vermerkt waren. Am Nachmittag hatte ich nichts vor und bis zur Cena mit Narcissa, Blosius und meinem Schwager Falco wäre ich bestimmt wieder zurück. 

"Wir können uns kurz nach der Mittagsstunde treffen, wenn meine Sprechstunde hier beendet ist. Sagen wir etwa eine Stunde nach Mittag?"

[Marcus Mucius Primus]

“Ich danke dir für deine Zeit, verehrter Thorius. Meine Herrin wird zur siebten Stunde am Thorianum sein, um sich die Wohnung zeigen zu lassen“, sagte ich und deutete eine leichte Verbeugung an. Dezent. “Vale bene“, verabschiedete ich mich und verließ das Officium, um jetzt gleich Didia Corona zu suchen und zu verhaften. Bis zu dem Termin war es immerhin nicht viel Zeit, und ich wollte diese Angelegenheit zu einem Abschluss bringen, damit wir endlich richtig ankommen konnten.