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[Tiberius Furius Saturninus]

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Furius Saturninus, der nach der Schließung der Provinzverwaltung zwar seinen Titel behalten hatte, aber doch nun vorläufig ein Privatmann war, nahm da er Zeit hatte, die Aufbringung von Spendengelder für den geplanten Tempel in seine Hände. Sein Sekretär Scaevus saß neben ihm und führte getreulich Buch.

* Bildnachweis: Rechte bei Saturninus, Potsdam 2017

[Narcissus]

Es war soweit. Letztlich war doch alles sehr schnell gegangen. Nach Aglaias Fortgang hatte er noch gezögert, doch nachdem Kiki sich ebenfalls verabschiedet hatte und jetzt auch noch die gesamte Verwaltung der Stadt und viele seiner Kunden, hatte sich Narcissus dazu entschlossen, seine Pläne endlich in die Tat umzusetzen. Sich jeden Tag mit Olympias über das beste Vorgehen zu streiten - wofür? Es war niemand mehr da, für den er sich diesen Ärger noch antun wollte. Für dieses Fiasko hatte er Rom verlassen. Für seine Freundin, die ihn dann hatte hängen lassen. Nur um dann in diesem Provinznest zu versauern? Nein Danke.
Er besaß noch Optionen. Ihm gehörten Anteile an der Casa Liciniana und er hatte Schritte unternommen, diese zurückzuerhalten, dann konnte diese alte Hexe ihr Regime allein weiterführen - sobald sie ihn ausgezahlt hatte, hah!

Nun stand der Aufbruch nach Londinium bevor. Irgendwo dort trieb sich Aglaia herum, doch sie zu suchen, kam Narcissus nicht in den Sinn. Er hatte sich nur per Schreiben von Owain verabschiedet, Und nun galt es nur noch, zurück zum Festland und nach Hause zu kommen. Er würde klein beginnen müssen. Ein ganzes Haus würde erst einmal nicht in Frage kommen, doch er besaß noch Mittel und würde sich schnell wieder erholen.
Einstweilen würde er sich in Londinium einmieten und er dachte noch nach, wie er es am besten anstellen wollte. Doch eine rechte Ahnung hatte er noch nicht. Weshalb er nun hier war.
Nun. Vielleicht erhoffte er sich ein wenig Hilfe von den Göttern, wenn er eine Spende daließ. Einen Wink, in welche Richtung er sich wenden sollte.
Er bekam die üblichen Blicke. Man kannte ihn hier natürlich nicht, aber gutes Aussehen tendierte dazu, in römischen Mengen Aufsehen zu erregen. Narcissus ignorierte die übrigen Leute, die hier spenden wollten, trat nach vorn und hielt inne.
Na sowas. Saturninus war also doch noch in der Stadt.
"Salve", sagte er verdutzt.

[Tiberius Furius Saturninus]

Römer, die etwas auf sich hielten, kamen mit einem Gefolge von Klienten und Sklaven. Je mehr man davon mit sich hatte, desto bedeutender wirkte es. Auch Saturninus hatte einige Klienten im Tablinum herumstehen. Narcissus aber war alleine gekommen, und dennoch war es so, als wäre ein weißer Schwan unter einer Graugänseschar aufgetaucht. Der junge Mann sah so gut aus, dass er kein Gefolge brauchte, um die Blicke auf sich zu ziehen, wie Saturninus anerkennen musste. Er sah ihn nämlich sofort! Und er ließ einen Honoratior stehen, um ihm zuzuwinken, und als es ruhiger um ihn wurde, erhob er sich und ging auf Narcissus zu:
"Mein Lieber, willkommen!", sagte er und zog den Hetären etwas auf die Seite:
"Sebastos, bringe uns Wein. Aber vom Falerner", flüsterte er seinem Mundschenk zu. Der junge Sklave, der viel dazu gelernt hatte und sich wesentlich geschickter bewegte als am Anfang, sauste los, um vom "guten Wein" zu holen, den der Hausherr nur seinen Freunden kredenzte.
Scaevus hatte Narcissus auch erkannt und errötete gar lieblich, so freute er sich.

"Wie geht es dir, mein lieber Narcissus?", fragte derweil Saturninus und 
versuchte, Narcissus gelindes Erstaunen zu deuten:
"Ja, ich bin noch hier, wie man sieht und noch nicht auf dem Weg nach Londinium, denn ich habe dem Stadtrat versprochen, mich um die Akquise von Spendengeldern zu kümmern. Es soll nämlich ein prächtiger Tempel gebaut werden, und es ist geplant, ihn an der Ausfallstraße zu errichten, die zum verschütteten Bergwerk führt, um diesen alten Fluch endlich aufzuheben"

Damals war eine der Silberminen unter sehr merkwürdigen Umständen eingestürzt, und der Zufahrtsweg durch herabfallendes Geröll verschüttet worden. Minensklaven waren entkommen, und eine zeitlang hatten Marodeure die Gegend unsicher gemacht, bis es der Legio II Augusta gelungen war, die Situation wieder in Griff zu bekommen:
"Kommst du denn, um etwas für den Tempelbau zu spenden?"

[Narcissus]

Die Miene des Hausherrn hellte sich sogleich auf, als er den hübschen Jüngling erblickte und das ließ wiederum ihn lächeln.
"Es freut mich, dich zu sehen", sagte er warm, nickte Scaevus zu und ließ sich abseits führen, sobald es Saturninus' Zeit zuließ. "Aber Saturninus, ist es denn rechtens, wenn du mich deinen Gästen vorziehst?"
Lachend sah er an dem Patrizier vorbei. Die Männer würden sich schon ohne ihn genügend amüsieren, dachte er. So dringend brauchten sie Saturninus nicht. Das hatte er eben beschlossen.
Mit einem dankbaren Nicken nahm er den Becher mit dem guten Wein an und nahm einen Schluck, während sein Gastgeber ihm erläuterte, was er noch hier zu suchen hatte. Welch glückliche Fügung, dachte er, denn er hatte schon geglaubt, Saturninus hätte sich ohne Abschied von dannen gemacht.
Natürlich wahrte er die Contenance, lächelte sein übliches verschmitztes und doch herzliches Lächeln und nickte.
"Mir selbst geht es... gut, denke ich. Tatsächlich bin ich hier, um zu spenden, auch wenn es eine schöne Überraschung ist, dass du dies selbst durchführst. Von dem Tempel hörte ich... und offen gestanden hatte ich mir erhofft, die Götter würden sich erbarmen, mir ein wenig bei der Entscheidung zu helfen.
Iscalis, weißt du, ist nichts mehr für mich. Ohne Aglaia, ohne Kiki, eingesperrt mit der verrückten Olympias in diesem Nest... Deshalb wollte ich mich auszahlen lassen und wieder abreisen. Ob nach Londinium oder zurück nach Rom... Ich weiß noch nicht, wohin es mich verschlagen wird. Ein neues Haus und Mitarbeiter will ich derzeit wohl nicht. Einen wirklichen Plan gibt es jedoch noch nicht."
Gedankenverloren drehte er den Becher in seinen Händen und seufzte lautlos. Es war nicht üblich, seine Kunden so viel mit den eigenen Problemen zu füttern. Entschuldigend lächelte er und zuckte mit den Schultern.
"Ich hoffe, ich langweile dich nicht damit. Lass uns sonst gern das Thema wechseln, auch wenn ich dich nicht zu lange aufhalten will."

[Tiberius Furius Saturninus]

"Es ist vielleicht nicht üblich, seine Gäste für wahre Schönheit stehen zu lassen, aber von einem Patrizier erwartet man ein wenig Exzentrik, sonst hätten diese braven Männer ja gar nichts, was sie zuhause ihren Ehefrauen erzählen können", scherzte Saturninus und brach dann ab. Die alte Zuneigung zu Narcissus keimte wieder auf. Der Junge war zu schön, und seine Schönheit verlor sich anscheinend auch nicht, wenn er reifer wurde:
"Auch ich bin die letzte Zeit brav geblieben" Nefertem und Damaris zählte er mal nicht mit:  "Du darfst mir zur Geburt meines nun zweiten Sohnes gratulieren, Lucius Antias. ". Saturninus war stolz auf seine Zeugungskraft. Serena war aber auch eine prächtige Ehefrau. In vier Jahren drei Kinder!
"Aber nein, du langweilst mich ganz und gar nicht. Lass uns in den Hortus gehen, dort ist es schön um diese Jahreszeit. Scaevus ist so tüchtig, dass er die Gelder auch alleine einsammeln kann, und später schicke ich jedem Spender noch eine persönliche Dankeskarte und ein kleines Geschenk, das genügt an heutiger Aufmerksamkeit"
Beide Männer waren nun stehen geblieben:
"Ich freue mich, wenn Du etwas spendest. Wenn die Provinzverwaltung aus Iscalis abgezogen wird, braucht unsere Stadt einen neuen Mittelpunkt. Ich hoffe sehr, dass ein Wunder geschieht, um die Stätte zu einer Attraktion zu machen. Zumindest eine himmlische Erscheinung des Divus Claudius sollte zu organisieren sein"
Saturninus Ehrfurcht vor den Göttern hinterte ihn nicht daran,zu manipulieren. Den Göttern dürfte es doch nur gelegen kommen, wenn es viele Gläubige und viele Opfergaben für sie gäbe.
Saturnunus seufzte nun auch:
"Ach ja, die gute Aglaia. Und meine reizende, liebliche Kiki! Sie haben es in der Provinz nicht so recht ausgehalten. Nun sind sie fortgeflogen wie die Zugvögelchen. Doch Olympias ist immer noch eine sehr schöne Frau. Ich glaube aber, dass ich ihr zu jung bin, zumindest macht sie sich nichts aus mir. Das ist schade, denn auf altgedienten Schiffen segelt sich sehr gut... Du hast noch keinen Plan, was deine Zukunft betrifft und hoffst auf den Rat der Götter?"
Saturninus war ehrlich gemüht, freundlich zu sein, und er wäre nicht der Furius gewesen, hätte er nicht versucht, auch zu seinem Nutzen zu handeln:
"WEnn du kein Hetär mehr sein willst, mein lieber Narcissus, dann gäbe es vielleicht die Möglichkeit, dass ich dir irgendwo in meinem Gefolge eine Anstellung verschaffe. Meine Leute bringe ich ja selbst mit, wie es üblich ist. Nicht alle haben offizielle Posten. Vielleicht haben die Götter bereits deine guten Absichten erkannt, und dich daher zu mir geführt",
Saturninus hob seinen Becher:
"Jemanden, der in Londinium für mich Augen und Ohren offen hält und auch einmal zu.... mehr Einsatz bereit ist, könnte ich brauchen", schlug er vor und musterte mit seinen dunklen Augen den Freund über dem Becherrand.

[Narcissus]

Narcissus' Augen funkelten, als ihm Saturninus davon erzählte, dass er 'brav' gewesen sei. Und nun schon das nächste Kind. Gute Güte, der Mann war so fleißig wie die Frau fruchtbar. Narcissus hielt ihm nicht entgegen, dass er durchaus in Rom schon ein paar blonde Bengelchen mit seiner Nase hatte rumplärren sehen. Immerhin waren nicht nur Männer unzüchtig in dieser Stadt.
"Ich gratuliere dir, mein Lieber", sagte er mit einem gediegenen Nicken. "Dann musst du dir um den Fortbestand deiner Familie wohl keinerlei Sorgen machen. Ich bin sicher, der kleine Lucius Antias wird mal ein ganz großer."

Der Hortus war schön. Beinahe eine Schande, ihn zurückzulassen, dachte er. Es war, als starb Iscalis nach und nach aus, wo sie nun alle gingen. Es war natürlich Unsinn. Die Stadt war noch immer im Aufschwung. Die neue Mine warf seines Wissens nach ab und UNruhen gab es auch keine mehr. Im Großen und ganzen ging es Iscalis gut. Und doch gab es hier nichts mehr für ihn.
"Olympias ist zweifelsohne schön, aber ein garstiges Frauenzimmer. Wir streiten beinahe täglich, denn ich habe natürlich keine Ahnung von nichts. Ach, ich muss weg hier. Ich habe fast den Eindruck, die Casa Liciana ist verflucht. Sie verschlang mein Geld, meine Zeit, meine Freundschaften. Ich will nichts mehr mit ihr zu tun haben."
Der junge Mann lächelte nun ganz untypisch schüchtern und schmunzelte bei dem Gedanken an das Vorgeschlagene.
"Ach, Saturninus... Wenn ich nur der Typ für eine 'Anstellung' wäre", sagte er mit einem Seufzen und lehnte sich an seinen Gastgeber an. Sie hatten sich einige Zeit nicht gesehen. "Ich meine... Ich könnte sicher tun, was du dir vorstellst. Und ich weiß viele Dinge. Doch wenn vertrauliche Informationen, die man einem Hetären anvertraut, plötzlich bei der Konkurrenz landen, sieht das nicht gut aus und es sind schon hübschere als ich deswegen verschwunden. Deshalb halte ich es so vertraulich. Immerhin, wie könnte ich von dir erwarten, mir zu vertrauen wenn du nicht sicher sein könntest, dass ich mit deinen Geheimnissen so umgehe wie mit jenen anderer, wenn ich sie verrate? Oh, ich werde wohl noch ein paar Köpfe verdrehen. Immerhin liegt da gutes Geld. Und nette Leute trifft man auch."
Vielsagend zwinkerte er Saturninus zu.
"Wobei der Gedanke, dich öfter zu sehen, mir sehr gefällt... Hach, was soll ich nur tun? Ich weiß es wirklich nicht... So viel Auswahl!"