06-17-2025, 03:21 PM,
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Bran
15jähriges Faktotum
  
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Themen: 3
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RE: Auf dem Dach - Die Flucht
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Es war schon eine Weile her, seit ich das letzte Mal diesen Weg genommen hatte: Über das binsengedecktes Tempelchen, auf das ich leicht raufkam und dann über drei Häuserdächer. Würde man mich erwischen, hätte ich nix zu lachen. Das letzte Mal war noch vor den Saturnalia gewesen, am hellichten Tag. Diesmal hatte ich bis zur Dämmerstunde warten müssen.
Dunkel wäre mir lieber gewesen, denn auch mich konnte man so erkernnen. Doch in der Finsternis von Dach zu Dach zu hüpfen, da hätte ich mir das Genick gebrochen. Außerdem kämen wir dann vielleicht nicht mehr aus Iscalis raus. Es musste also auch so gehen. Leider waren sich die Furier- Hunde und die Hunde der Nachbarschaft gleich geblieben. Sie tobten wie verrückt, als sie mich auf den Dächern witterten, obwohl ich nichts Böses vorhatte, sondern nur zu meinem Mädchen wollte. Einmal kam ein Sklave raus und schaute nach, und ich verharrte und presste mich wie eine Flunder auf die Ziegel. Er glotzte nur und rief dann den Hunden zu, das wäre bestimmt nur ein Marder gewesen.
Auf dem Nachbardach, das an der hohen Mauer endete, welches die Furier- Villa von dem Nachbaranwesen trennte, hockte ich mich hin.
Ich räusperte mich. Doch mein Mund war ganz trocken und mein Käuzchenruf klang eher nach einem verunglückten Frosch......
Ob Cassia kommen würde? Oder ob sie das alles für eine irrwitzige Idee hielt, wenn sie nochmal gründlich nachdachte?
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06-17-2025, 10:40 PM,
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Cassia
» Feuerkünstlerin
  
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Themen: 4
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RE: Auf dem Dach
Das Gespräch mit Bran hatte Cassia auf ihrem Heimweg in die furische Villa nicht mehr losgelassen. Auch die Tage danach musste sie immer wieder daran denken. Und auch daran, dass sie die kleine Domina Furia Saturnina alleine zurück lassen musste. Bei diesem Gedanken musste Cassia dann doch hart schlucken und flüchtete sich dann meistens an Orte, an denen sie niemand entdeckte. Schließlich war jener Tag gekommen, an dem Cassia der Villa Furia -Lebewohl- sagen müsste. Ihr hübsches Kleid hatte sie in ihre Truhe gepackt. Ihre Jonglierbälle hatte sie der jungen Furia Saturnina auf das Kopfkissen gelegt. Bevor sie in eine unscheinbare Tunika schlüpfte. Eben jene Tunika, mit der sie in die Provinz gekommen war. All‘ die Dinge, die sie in ihrer Truhe gesammelt hatte, würde Cassia zurück lassen.
Zur vorgeschriebenen Stunde schlich sich Cassia auf das Dach. An genau den Ort, an dem sie gemeinsam mit Bran diesen waghalsigen Plan geschmiedet hatte. Jetzt durfte einfach nichts schief gehen. Wie es Bran vorgeschlagen hatte, beeilte sich Cassia auf das Dach zu klettern. Etwas abgehetzt erklomm sie schließlich die letzte Stufe und stolperte im nächsten Moment auf das Dach. Als auch schon der Käuzchenruf erklang und Cassias Blick aufmerksam in sämtliche Himmelsrichtungen glitten. War das überhaupt Bran der da diesen Ruf erklingen hatte lassen? Denn so klang doch kein Käuzchen, eher ein verunglückter Frosch. Hm. Vielleicht doch ein sterbendes Tier, dachte sich die furische Sklavin und biss sich im nächsten Moment auf ihre Unterlippe.
“Bran?“ Wisperte es erschrocken über Cassias Lippen, als sie einen Schatten erkennen konnte, der sich verdächtig an das Mauerwerk klammerte und der sich bei näherer Betrachtung als ihr Bran entpuppte. Augenblicklich spürte Cassia wie ihr Herz vor Freude schneller in ihrer Brust pochte. Auch wenn sie zugleich wusste, was sie vor hatten und dass dies der Beginn eines äußerst waghalsigen Abenteuers werden würde. Doch Cassia war bereit. Doch war es Bran ebenso?
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06-19-2025, 01:35 PM,
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Bran
15jähriges Faktotum
  
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Beiträge: 164
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Registriert seit: Jul 2022
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RE: Auf dem Dach
Je länger ich wartete und wie ein Käuzchen rief, desto mehr Gedanken dränhgten sich mir auf. Was, wenn Furia Saturnina bittere Tränen vergoss, sich an ihre Sklavin klammerte und sie nicht gehen lassen wollte? Was, wenn die Furier den Verkauf schon vorbereitet und Cassia irgendwo in eine Kammer eingeschlossen hatten? Mein Mut war gesunken. Doch da tauchte eine kleine, leichtfüssige Gestalt auf dem flachen Ziegeldach auf. Bran ...hörte ich flüsternd meinen Namen.
"Cassi!", meine düsteren Gedanken verflogen, ich schloss sie in die Arme: "Mein süßes Mädchen. Ist alles gut gegangen?"
Cassia trug gegen ihre Gewohnheit keines ihrer hübschen Kleider, sondern nur eine alte Tunika. Ich ahnte, dass sie das Wenige, was sie auf Erden besessen hatte, nun auch noch zurück ließ. Mir zu Liebe, dachte ich. Ich wusste, dass ich das Cassia nie vergessen würde. Ich würde sie immer lieben und bei ihr bleiben, solange sie mich wollte und nicht etwa ihren hübschen Nicanderling.
Wir mussten verschwinden. Ich deutete auf den Abgrund zu unseeren Füssen, dort, wo die Hunde vor der Mauer kläfften. Jeden Moment konnte einer der Wächter zum Nachsehen kommen.
"Hast du Mut? Wir springen.... gemeinsam", sagte ich und nahm Cassias Hand. Sie konnte rennen und springen, denn sie war biegsam wie eine Silberweide. Aber etwas anderes war es, in der fallenden Dämmerung von Dach zu Dach zu huschen:
Ich griff nach Cassias Hand und hielt sie ganz fest: "Komm!", geduckt nahm ich mit ihr Anlauf und Hui... wir sptrangen wie ins Leere, kamen jedoch auf dem Nachbardach auf, ich rutschte nicht ab, und ich ließ Cassia nicht los:
"Das nächste!", flüsterten ich. Unten erklangen Stimmen, der Strahl einer Laterne erfasste die Wand. Aber bevor das Licht oben bei uns war, waren wir schon weiter:
Das nächste Dach. Und dann Stroh unter unseren Füßen, das war der kleine Tempel, der jedoch am Abend von einem alten Tempelwächter bewacht wurde. Eben sah ich den schräg über den Platz humpeln. Hoffentlich blickte er nicht nach oben und sah uns!
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06-20-2025, 11:23 AM,
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Cassia
» Feuerkünstlerin
  
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Registriert seit: Oct 2023
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RE: Auf dem Dach
Die Geräusche der Nacht hüllten Cassia ein, die mit gespitzten Ohren auf dem Dach verharrte und dem einen bestimmten Käuzchenruf lauschte. Um dann Bran im nächsten Moment flink über das Dach huschen zu sehen. Oh endlich. Der claudische Sklave war doch erschienen. Beinahe hatte Cassia nicht mehr daran geglaubt. Als Bran ganz dicht bei ihr stand und sie in seine Arme zog, klammerte sich Cassia an den claudischen Sklaven und schmiegte sich an seinen kräftigen Körper. Denn ja, Bran hatte durchaus Muskeln bekommen. War nicht mehr nur der Hänfling, der er einst gewesen war, als sie ihm das erste Mal begegnete. “Oh Bran. Ich hatte schon Angst, dass ich dich nicht treffe.“ Sprudelte es hastig über Cassias Lippen, die aus großen Augen zu dem Kupferhaarigen blickte. Mit leicht bebenden Fingern strich sie sich über ihre einfarbige, alte Tunika. Jene Tunika, mit der sie in die Provinz gekommen war, an der Seite von Nicander. Damals als ihre Welt noch in Ordnung gewesen war.
Als Bran nach unten deutete. Auf die gepflasterte Straße und auf die kläffenden Hunde, spürte Cassia wie ihr doch etwas mulmig zu Mute wurde. Doch dann hob sie ihren Blick und suchte den Blick des claudischen Sklaven. Verschränkte ihre Finger mit den seinigen und wusste, dass sie an seiner Seite bleiben würde. “Wir springen ..gemeinsam.“ Wiederholte sie seine Worte und wappnete sich, um jederzeit abspringen zu können. Wenn Bran das Signal gab, würde sie sich anspannen, ihre Füße gegen die Ziegel drücken und dann einfach springen. Den freien Fall genießen und hoffen dass Bran ihre Hand dabei niemals loslassen würde.
Nachdem Cassia Anlauf genommen hatte und dicht an Brans Seite blieb, um im nächsten Moment den freien Fall zu erleben, hatte sie doch tatsächlich ihre Augen fest aufeinander gepresst. Ihre Füße berührten das Nachbardach und Cassia musste leise lachen, als sie sich abrollte. Dabei hatte sie Brans Hand nämlich nicht losgelassen. Das nächste Dach wurde fokussiert und Cassia hüpfte neben Bran von Dach zu Dach. Bis sie schließlich das kleine Tempeldach erreichten. Dort unten schlich der Tempelwächter mit seiner Laterne umher. Der Wächter der immer mürrisch dreinblickte und der keine Kinder leiden mochte. Bäh! Im geheimen streckte Cassia dem Wächter ihre Zunge heraus und drückte sich für einen kurzen Augenblick eng an Bran. Bevor sie ihre Finger fester mit den seinigen verwob. Unter keinen Umständen würde sie seine Hand loslassen. Und so ging ihre Flucht weiter…
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