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Einfach nur weg
12-08-2024, 09:47 PM,
Beitrag #1
Einfach nur weg
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Ich rannte weg. Das war das gute an einer panikartigen Flucht, sie brauchte kein Ziel. Man lief einfach nur weg. Das Ziel ergab sich dann von ganz allein.
Draußen war alles immer noch von leichtem Nebel verschleiert und verbarg den Boden und schluckte die meisten Geräusche. Im Moment hätte ich aber nicht einmal bemerkt, wenn hier tanzende Feen gewesen wären. Ich vergaß auch mein Pferd, was irgendwo hätte sein müssen. Verdammt, ich hatte nicht einmal das Feuer in der höhle gelöscht, von neuem Holz ganz zu schweigen. Ich hatte gerade echt andere Sorgen. Oder nein: Ich hatte einen ausgewachsenen Panikanfall. Darum rannte ich weg.


Die Luft war kalt und schneidend und ich hatte das Gefühl, als würde meine Lunge nicht genug davon abbekommen. Ich japste also ungebührlich beim rennen und konnte vor Nebel und dem Brennen in meinen Augen nichts sehen. Es dauerte also nicht allzu lang, bis ich mich das erste Mal lang legte, weil ich über eine Wurzel gestolpert war. Beim zweiten Mal fiel ich in einen Brombeerbusch, der seine fiesen Stacheln durch mein Hemd in meine Arme bohrte. Dem Brennen in meinem Gesicht nach zu urteilen, hatte ich auch mindestens einen Kratzer im Gesicht auf der Stirn. Von da lief auch schon bald etwas Blut in mein Auge. Aber trotzdem rannte ich einfach immer weiter und wollte einfach nur weg von dem, was ich getan hatte.


Ja, Cathbad hatte Calum töten wollen. Und alle, die Calum auch nur kannte. Sehr grausam. Er hatte uns alle töten wollen, jeden einzelnen von uns. Es war nicht meine Absicht gewesen, ihn zu töten, ich wollte nur meine Brüder beschützen. Und trotzdem sagte mir eine Stimme bei jedem hastigen Schritt immer nur eins: Mörder! Mörder! Mörder!
Ich hatte einen Druiden getötet. Wenn stimmte, was er sagte, sogar den höchsten Druiden der Insel. Was er sonst noch gewesen war, ein grausamer Foltermeister, ein schlechter Mensch, selbst Mörder und schlimmeres, das war egal. Sollte irgendjemand jemals herausfinden, was ich getan…
Wieder wurde mein Fuß von einer Wurzel gefangen und ich stürzte. Ich kam hart auf und blieb diesmal nicht gleich liegen, sondern fiel weiter, drehte mich, fiel in raschelnde Blätter, weiter auf Steine und Himmel und Boden verschwammen miteinander.


Am Fuß des Abhangs blieb ich ohnmächtig liegen.


*reserviert*
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Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
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12-09-2024, 01:00 PM,
Beitrag #2
RE: Einfach nur weg
" Da liegt einer!"
"Tot?" 
" Keine Ahnung, ich gehe da nicht hin. Das kann ein Räuber sein. Oder Schlimmeres" 
Am Abhang standen zwei Frauen. Die zuerst gesprochen hatte, war älter, die zweite war jünger und nicht allzu groß und von ansehnlicher Gestalt, bis man entdeckte, dass ihr Gesicht von mehreren grauschwarzen Warzen verunstaltet war. In der Gruppe der Reisenden, der sie sich angeschlossen hatte, nannte man sie deshalb "die arme Catia".
"Es sollte doch jemand nachsehen, was mit dem Mann ist, oder?" Catia strafte die Reisegefährtin mit einem Blick aus fast schwarzen Augen.
"Ich nicht. Wir brechen auf, hörst du. Wenn du dich hier aufhälst, lassen sie dich zurück" Tatsächlich waren auf dem Weg - die Frauen hatten sich in die Büsche geschlagen, um ihre Notdurft zu verrichten - nun Geräusche zu hören, Scharren von Hufen und das Quitschen von Wagenrädern.
Die kleine Gruppe kam aus dem Norden. Es war entschieden sicherer, in Gesellschaft zu reisen, weshalb sich Catia den Reisenden kürzlich angeschlossen hatte. Sie kannte aber niemanden näher, und daher hatte die andere Frau Recht: Man würde sie, wenn sie sich nicht sputete, einfach hier alleine im Wald lassen.
"Ich hole euch schon noch ein. Aber ich schaue nach", sagte Catia. Die andere zuckte mit den Schultern und ging.
Die junge Frau war alleine. Unten im Laub lag ein Mann, groß, rothaarig, sehnig. Catia näherte sich wie einem wilden Tier, dann holte sie ein Messer aus ihrem Bündel und hielt es vor den Mund des Fremden. Nach einer Weile beschlug die Klinge, und Catia atmete auf: Der Mann war also nicht tot, nur bewusstlos. Blut sah sie nicht. Vermutlich war er gestürzt und hatte sich nur tüchtig den Kopf gestoßen. Dennoch konnte er nicht bleiben, in Britannien gab es Wölfe, solche auf vier und solche auf zwei Beinen. 
Er war aber entschieden zu groß und zu schwer, als dass Catia ihn hätte tragen können. Also musste er aufwachen und selber gehen. Nur wie? 
Catia, das Messer immer noch in der einen Hand, schubste mit der anderen den Bewusstlosen. Er rollte herum, und sie konnte sein Gesicht sehen. Der Mann war noch jung, bestimmt nicht älter als sie selbst. Er hatte ansprechende Züge, zumindest sah er nicht so aus, wie sie sich einen Wegelagerer vorstellte.
Wasser, fiel ihr ein. Ohnmächtige werden mit Wasser wach. Sie nahm ihr Messer zwischen die Zähne und holte eine Lederflasche aus ihrem  Reisebündel. Sie schüttelte sie: Da war zu wenig Wasser drin. 
Catia leerte den Rest auf den Boden und lauschte dann. Es war still um sie geworden, ihre Reisegruppe war tatsächlich ohne sie weiter. Aber zumindest konnte sie das Rauschen des Windes, das Rascheln kleiner Tiere und ganz in der Nähe das Gluckern von Wasser hören.
"Warte, ich komme gleich zurück", murmelte sie, immer noch mit dem Messer und fand sich ein wenig albern, weil der Bewusstlose sie sowieso nicht hören konnte. 
Mit der gefüllten Lederflasche kam sie zurück. Sie wischte sich dabei über die Stirn und bemerkte nicht, dass eine ihrer "Warzen" hinunterfiel. Darunter war ihre Stirn weiß und glatt.
Mit beherztem Schwung schüttete sie den Inhalt ihres Gefässes über den Kopf des Fremden....
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12-09-2024, 02:58 PM,
Beitrag #3
RE: Einfach nur weg
Ohnmächtig sein war eine Gnade. So konnte ich nicht mehr darüber nachdenken, was ich getan hatte, ganz zu schweigen von dem, was ich denn jetzt, nachdem ich es getan hatte, tun sollte. Irgendwann würde jemand Cathbad vermissen. Oder zumindest ihn suchen. Oder einfach so über ihn stolpern und ihn finden. Und ich hatte wirklich nicht den Hauch einer Ahnung, was ich in dann tun sollte. Aber glücklicherweise musste ich darüber nicht nachdenken, während ich ohnmächtig war.

Unglücklicherweise aber blieb ich nicht ohnmächtig. Mein Überlebensinstinkt weckte mich ziemlich jäh, als er ein drohendes Ertrinken feststellte und Gegenmaßnahmen am besten im Wachzustand ergriffen werden konnten. Oder anders: Ich riss die Augen auf und hustete und japste nach Lust, während ich unkontrolliert mit den Armen ruderte, bis ich ungefähr eine Sekunde später merkte, dass ich gar nicht in einen Fluss gefallen war, sondern auf dem Boden mittlerweile saß und nass im Gesicht war. Warum war ich nass im Gesicht?

Ich blickte auf und vor mir stand ein Mädchen. Oder eher junge Frau. So mein Alter. Rote Haare, dunkle… oh, dunkle Augen. Dunkler noch als meine. Meine waren eher ein helles braun, fast schon ins gelbliche gehend, ihre waren ein richtig kräftiger Braunton. Ungewöhnlich, aber hübsch. Also, wenn ich gerade Zeit hätte, sowas zu bemerken. In ihrem Gesicht waren einige, schlimm aussehende Warzen. Und ich merkte, dass ich sie erschrocken und noch immer schnell atmend anstarrte, was sie sicher auf die Warzen beziehen würde.
“Tut mir leid“, sagte ich reflexartig und sah mich um, wo ich war. Und ich hatte keine Ahnung. Also im Wald, offensichtlich, auf meinem Hosenboden, ebenso offensichtlich. Aber wo genau? Der langsam abflauende Nebel half nicht unbedingt. Und ich war mir auch nicht ganz sicher, ob das hier echt war. Ich sah noch einmal zu ihr und überlegte schon, ob ich die Notfall-Kiesel, die ich wie jeder gute Kelte in einem kleinen Beutel am Gürtel trug, streuen sollte, um zu schauen, ob sie sie zählte. Ich war mir zwar nicht sicher, ob Fey auch Warzen hatten, aber man konnte da nie sicher sein. Dann sah ich aber ihre Hand, die ein Messer umklammert hielt, und die hatte zumindest fünf Finger. Wobei ich mich mehr auf das Messer fixierte. “Wenn du mich ausrauben willst, ich hab nichts bei mir, tut mir leid. Und ich möchte dir auch wirklich nicht weh tun.“ Der letzte Teil war vor allen Dingen für den Fall wichtig, dass sie mich angreifen wollte. Ich würde mich natürlich wehren, in der Schlacht war ein Messer ein Messer, egal, wer es führte. Aber ich würde ihr wirklich ungern dabei weh tun, das sollte sie wissen.
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Falke
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12-11-2024, 02:59 PM,
Beitrag #4
RE: Einfach nur weg
Der junge Mann erschrak, und das lag an den Warzen. Er versuchte es, zu verbergen, aber Catia erkannte es in seinen Augen. Mittlerweile war sie an dieses Erschrecken gewöhnt. Langsam sagte sie:
"Wenn ich dich hätte ausrauben wollen, hätte ich dich nicht erst aufgeweckt. Den Hals hätte ich dir durchgeschnitten und genommen, was ich nehmen will. Du siehst aber eher aus, als hättest du einen Schlag auf den Kopf bekommen. Und weil ich von freundlichem Wesen bin, dachte ich, dass ich nachsehe, ob du noch am Leben bist"
Ein wenig misstrauisch schaute sie Louarn an. Sie war nun ganz alleine mit einem fremden Mann im Wald. Je nachdem wie ausgehungert er war, würden sie die Warzen vielleicht nicht vor einer Vergewaltigung schützen:
" Da vorne...", sie wies in eine unbestimmte Richtung: "...ist meine Reisegruppe weitergezogen. Bestimmt holen wir sie bald ein. So oder so, du musst fort von hier, bevor die Dämmerung kommt. Hier im Wald hat es Wölfe, wir haben sie seit zwei Tagen schon heulen gehört. Ich kann dich stützen, doch laufen musst du alleine"
Catia drehte sich halb um, so dass der Fremde ihre Schulter sah. Das Messer steckte sie weg. Er hatte eine nette Stimme, fand sie und dass er ihr nicht weh tun wollte, hatte er auch gesagt. Verstohlen schenkte sie ihm einen Blick. Aber er sah auch anders aus wie die jungen Männer, die sie kannte. Er hatte kein Bauerngesicht und seine Kleidung, die konnte Catia nicht einschätzen. Er sieht sehr gut aus, dachte sie und errötete ein wenig und wandte den Blick etwas ab. Aber ihre Hilfe war alleine ihrer Gutherzigkeit entsprungen. Als der Fremde auf dem Boden gelegen hatte, hatte sie nicht abschätzen können, ob er attraktiv war oder nicht.
"Ich bin kräftiger als ich aussehe", setzte sie hinzu.
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12-11-2024, 05:07 PM,
Beitrag #5
RE: Einfach nur weg
“Ja, nein… ich“ Natürlich wusste ich, dass sie mich einfach hätte abstechen können, wenn sie böse Absichten hatte. Das hatte ich ihr auch gar nicht unterstellen wollen. Was ich sagen wollte, war eigentlich…. Gut, ich hatte keine Ahnung, was ich hatte sagen wollen. Ich schüttelte leicht den Kopf, was aber ein Fehler war, weil er jetzt weh tat und ich ein leichtes Aufstöhnen nicht unterdrücken konnte. Sehr männlich, verdammt.
“Ich wollte nur nicht, dass du Angst vor mir hast“ schloss ich also etwas lahm, auch wenn es eigentlich cleverer von ihr wäre, wenn sie Angst vor mir hätte. Ich war ein Monster. Niemand sollte mir trauen.

Und natürlich hatte sie recht, dass ich hier nicht bleiben konnte. Nur wo war überhaupt dieses hier. Ich schaute mich um, erkannte jetzt aber mit meinem dröhnenden Kopf spontan keine auffälligen Wegpunkte. “Ich hatte ein Pferd...“, murmelte ich und versuchte, mich ohne ihre Hilfe erstmal hochzurappeln, auch wenn sie sie anbot. Nicht, dass ich ihr nicht glaubte, dass sie stark war, nur… ich hatte gerade schon etliche Punkte auf der Männlichkeits-Skala eingebüßt und musste wieder ein bisschen gut machen. Wobei ich noch einen Punkt verlor, weil ich beim ersten Versuch wieder auf dem Hintern landete, bevor ich überhaupt oben gewesen war. Na gut, ich kassierte nochmal fünf Minuspunkte und die ewige Häme der Männerwelt und hielt ihr meine Hand entgegen, damit sie mir half, mich hochzuziehen. Auf beiden Beinen war ich erstmal ein wenig wackelig und mein Kopf dröhnte noch immer, aber ich fiel nicht sofort um. Das gab wenigstens einen Punkt wieder zurück. Einen halben.
“Tut mir leid, ich bin ein wenig durcheinander. Ich hab wohl einen ziemlichen Schlag auf den Kopf gekriegt“, meinte ich entschuldigend und versuchte, mich so wenig aufdringlich wie irgendwie möglich an ihr zu stützen. Also landete einfach nur meine linke Hand auf ihrer rechten Schulter und ich hoffte, dass das als Stütze reichen würde. Würde ich mich halb über sie hängen müssen wie ein Verwundeter, der von seinen Knappen vom Schlachtfeld getragen wurde, würde ich lieber nochmal ohnmächtig.
“Ich bin übrigens Louarn“, stellte ich mich ihr vor, aber ich fürchtete, der Versuch eines Lächelns war gerade nicht halb so charmant, wie er sonst gewesen wäre, und käme vermutlich gerade auch nicht gut an. Ich ließ es also schnell bleiben, damit sie nicht dachte, ich wollte sie nur anbaggern.
“Und ihr seid eine Reisegruppe? Wohin reist ihr denn?“ Vielleicht fand ich dann auch raus, wo ich jetzt war und in welche Richtung ich gerannt war. Und ob es sich lohnte, vielleicht nach meinem Pferd zu pfeifen oder einfach hoffen zu müssen, dass die Stute cleverer war als die Wölfe und rechtzeitig den Heimweg zu Alans Stall alleine antreten würde.
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Falke
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12-12-2024, 10:55 AM,
Beitrag #6
RE: Einfach nur weg
Catia sah nun erschrocken aus und kam ein Stück näher: "Hast du arge Schmerzen?", fragte sie, als der Fremde aufstöhnte: "Leider habe ich nichts gegen Schmerzen dabei. Komm aber, ich helfe dir auf. Ich kann dich nicht bis zum Weg tragen, weil du zu groß und zu schwer bist", sie gab ihm ihre Hand. 
Er murmelte, dass er ein Pferd hatte.
"Vielleicht hat dich dein Pferd abgeworfen", meinte Catia: "Meinst du denn, es kommt wieder zu dir, wenn du es rufst?"  
Pferde waren klug, wusste sie. Und sie waren treue Freunde. So langsam verlor sie ihre Furcht. Sie glaubte nicht, dass die Verwirrung des jungen Mannes gespielt war. Er musste in der Tat einen tüchtigen Schlag auf den Kopf bekommen haben, denn er kam nicht allein vom Boden hoch und schwankte ein wenig, als er schließlich stand. Dennoch bemühte er sich rücksichtsvoll, sich nicht zu sehr auf sie zu stützen:
"Wir waren nach Westen unterwegs, nach einem Dorf namens Cheddar und  nach Iscalis und Lindinis. Genau weiß ich es nicht, wohin alle anderen wollten. Ich habe mich der Gruppe nur angeschlossen, weil es sicherer ist, in Gesellschaft zu reisen"
Catia hatte ein eigenes Ziel im Sinn, doch das behielt sie für sich.
Der junge Mann schenkte ihr ein kurzes, schiefes Lächeln: Louarn, stellte er sich vor.
Catia lächelte ihn ebenfalls an, was wegen ihrer Warzen leicht gruselig wirkte:
"Hi, Louarn. Ich heiße Catia, Tochter von Regat, aber alle nennen mich "die arme Catia"
Nun mussten sie den Abhang wieder hinauf. Es ging nicht anders, Catia legte ihren Arm um Louarns Hüfte, während er sich auf sie stützte. Es war etwas mühesam, aber dann hatten sie es geschafft und standen auf dem Weg, der von Calleva aus über die Hügelkuppen - die Täler waren sumpfig und kaum begehbar - auf die Römerstraße führte. 
Etwas verlegen ließ sie ihn los. Er war so nahe gewesen, dass er bestimmt hatte ihren Schweiß riechen können. Doch es war nicht immer einfach, sich auf Reisen sauber zu halten. 
Catia hoffte sehr, dass Louarn jetzt auf dem leidlich glatten Weg besser marschieren konnte. Sie wollte weg, bevor die Dämmerung hereinbrach. Aber sie wollte den armen Kerl auch nicht beunruhigen. Sie hatte ihn gerettet, und nun fühlte sie sich verantwortlich. Dennoch wäre ein Pferd eine feine Sache gewesen. Sie war zwar noch nie geritten, doch Louarn hätte ja reiten können und sie das Pferd führen.
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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12-12-2024, 07:10 PM,
Beitrag #7
RE: Einfach nur weg
Pferd abgeworfen? Jetzt grinste ich doch nochmal schief. “Pferde lieben mich. Ist lange her, dass ich abgeworfen wurde. Nein, ich bin nicht geritten. Ich….“ Und da war sie dahin, die gute Laune. Ich hörte wieder dieses ohrenbetäubend leise Knacken. Götter, was hatte ich getan? Ich schüttelte den Kopf, um die Bilder loszuwerden.

Nachdem wir uns den Abhang hochgekämpft hatten, den ich wohl ziemlich spektakulär nach unten gedonnert war, und da der Nebel sich langsam etwas lichtete, erkannte ich dann auch, wo ich war. Zumal sie es mir ja quasi sagte. Ich war wohl eine ziemliche Strecke gerannt. Wenn mein Pferd noch bei der Falkenhöhle stand, was ich echt nicht hoffte, dann würde es mich vermutlich nicht hören.
Ich schaute also noch etwas zweifelnd von links nach rechts und überlegte, ob ich es trotzdem einmal versuchen sollte, als sie sich dann auch vorstellte. “Warum nennen sie dich so?“ fragte ich ehrlich verwirrt nach, da ich es nicht verstand. Sie sah jetzt nicht gerade heruntergekommen aus. Also klar, niemand auf einer Reise sah aus wie frisch aus dem Ei gepellt und roch nach Gänseblümchen. Aber ihre Kleidung war ordentlich und warm und soweit ich das gesehen hatte ohne größere Flicken, sie hatte Schuhe an und ihr Haar war ordentlich zusammengebunden und nicht irgendwie struppig. Wieso dachte jemand, sie wäre arm?

Ich beschloss schließlich, es mit dem Pferd einfach mal zu versuchen. So langsam  hatte ich auch mein Gleichgewicht wieder – sofern ich nicht rumlief. Ich nahm also Daumen und Mittelfinger meiner rechten Hand in den Mund und pfiff nach meinem Pferd in der bekannten Tonfolge. Dann lauschte ich erst einmal, aber hörte nichts. “Zweiter Versuch“, meinte ich mit einem kleinen, schiefen Grinsen zu ihr und pfiff noch einmal. Wieder lauschen, wieder erst einmal Stille.
Ich beschloss also, dass wir wohl weiter gehen konnten, damit sie nicht den Anschluss an ihre Gruppe ganz verlor. Es war sowieso schon so nett von ihr, dass sie mir half. “Ich arbeite gerade in Iscalis im Mietstall. Also, wenn ich hier nicht im Gebüsch rumliege. Und du willst nach Cheddar, oder noch weiter?“ Auf die Idee, dass sie in eine der römischen Städte wollen könnte, kam ich gar nicht erst. “Leben von dir Verwandte da, die du besuchen willst?“

Ich wollte auf ihre Antwort warten, als ich ein ziemlich vorwurfsvolles Wiehern hörte und den federnden schritt eines schweren Pferdes. Im Wald krachte und raschelte es, und ich machte mit dem Mund Geräusche und stieß weitere Pfiffe auf, bis eine schwarze Stute mit weißer Blesse und einigen Zweigen in der Mähne durchs Unterholz auf den Weg gekracht kam und freudig den Kopf schüttelte, so dass alle meine Sachen auf dem Sattel kurz klimperten. Ich hielt die Hand hoch, so dass sie kommen und ihren Kopf dagegen schmiegen konnte. “He, Brauner“, begrüßte ich sie und erntete noch einmal ein Schnauben, als wolle sie mir vorwerfen, dass ich sie vergessen hatte.
“Das ist Catia, also bitte lieb sein“, stellte ich meinem Pferd meine Begleitung vor. Die spielerisch nach vorne gerichteten Ohren sagten aber sowieso, dass keine Gefahr bestand, dass irgendjemand gebissen oder getreten werden könnte. Die Stute war ein sehr liebes Tier.
“Kannst du reiten?“ fragte ich Catia, denn es würde sicherlich schneller gehen, ihre Reisegruppe wieder zu finden, wenn sie auch aufsitzen konnte. Mein Kopf beklagte sich zwar jetzt schon, aber schneller wäre es.
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Falke
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12-13-2024, 10:26 AM,
Beitrag #8
RE: Einfach nur weg
Louarn pfiff nach seinem Pferd. Als die schwarze Stute mit der weißen Blesse  wirklich auftauchte und ihren Kopf in Louarns Hand schmiegte, glitt über Catias Gesicht jenes Lächeln, das Mädchen zuweilen hatten, wenn sie ein Pferd sahen. Das ist Catia, lieb zu ihr sein, sagte Louarn. Sein Pferd hatte ihn tatsächlich aufgespürt.
" Du bist ja ein Zauberer! Du hast sie dir hergewünscht und sie ist gekommen.  Ist sie lieb" , sagte Catia: "Darf ich sie bitte streicheln?", vorsichtig hob sie ihre Hand, um die Stute daran schnuppern zu lassen.
"Arme Catia riefen mich die anderen Frauen der Reisegesellschaft, weil ich doch entstellt bin. Mit meinem Aussehen bekäme ich nie einen Ehemann, meinten sie", antwortete sie und dann etwas in sich gekehrt:
"Ich hoffe in der Tat, am Iscafluss einen Verwandten wieder zu finden" Es war Catia anzumerken, dass sie diese Frage bedrückte und sie lieber nicht darüber reden wollte. Aber als Louarn erzählte, dass er in Iscalis in einem Mietstall arbeitete, wurde ihre Miene wieder heiter:
"Iscalis ist eine große Stadt, nicht wahr? Meinst du, dass ich dort auch Arbeit finden kann? Ich kann alles, was in einem Haushalt anfällt: Putzen, Kochen und auch Weben", sagte sie lebhaft.
Louarn fragte aber, ob sie reiten könne. 
"Ich bin noch nie auf einem Pferd gesessen. Doch wenn es nur darum geht, mich oben zu halten, kann ich das gewiss", antwortete Catia. Es gab jedoch nur ein Reittier, und ihr fiel ein, dass sie ja wie ein Liebespaar reiten müssten: entweder sie hinter Louarn, die Arme um seine Hüften gelegt oder sie vorne an seine Brust gelehnt... es blieb nicht aus, dass Catia wieder errötete, als sie nur daran dachte. 
Aber natürlich wären sie beide mit einem Pferd viel schneller als zu Fuß unterwegs, da hatte der junge Mann ganz Recht.
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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12-13-2024, 04:45 PM,
Beitrag #9
RE: Einfach nur weg
“Sie hat wohl eher mein Pfeifen gehört“, meinte ich leicht amüsiert, als Catia meinte, ich hätte das Pferd herbeigewünscht, obwohl sie mich ja zwei Mal laut pfeifen hören hatte. Mit wünschen oder Magie hatte das wirklich sehr wenig zu tun.
Sie trat also zu meinem Braunen, und ich passte ein bisschen auf, dass sie wirklich in Ruhe streicheln konnte. Sie sah glücklich dabei aus, was sie hübscher machte. “Mein Brauner ist sehr lieb. Und wenn du ihr Möhren zusteckst, noch mehr.“ Ich klopfte dem Tier seitlich etwas auf den Hals und suchte mit meinen Fingern halt am Rist der Mähne, so dass ich mich nicht mehr auf Catia stützen musste und sie in Ruhe… naja, streicheln konnte.
Sie fing dann auch an, zu reden, und jetzt war es wohl wieder einmal an mir, ziemlich dumm aus der Wäsche zu gucken. Ich starrte sie wahrscheinlich grade ziemlich an, aber ich konnte nicht anders. Sie glaubten, dass sie nie einen Mann finden würde, nur weil sie die Warzen hatte? Das war…. gemein! Und dumm, und unfair und…. es ärgerte mich, dass die Leute so über eine junge Frau dachten, die mutig genug war, einen verletzten am Straßenrand aufzugabeln und mit ihm bis zu ihrer Reisegruppe gehumpelt wäre, wenn es hätte sein müssen. Nein, das war gemein. “Deine Reisegruppe besteht aus Idioten. Du bist stark und mutig und freundlich und hilfsbereit, und das zählt mehr als so ein paar Warzen. Ich weiß, die meisten Leute suchen nur nach einem hübschen Gesicht, einem starken Arm oder einem hübschen Hintern, aber so einen Ehemann willst du gar nicht, glaub mir. Und wenn sich ein Mann, der dich will, sich nicht mal die Mühe macht, all die tollen Sachen an dir kennen zu lernen, dann hat er auch gar nicht verdient, sie zu bekommen.“ Ja, ich musste gerade schimpfen. Aber es war mir ernst. Catia sollte ja nicht glauben, was diese dummen Leute sagten. Der richtige würde schon kommen, und dem würden die Warzen dann auch egal sein.

Reiten konnte sie nicht, wahrscheinlich war ihre Familie nicht so reich, dass sie ein Pferd unterhalten konnten. Denn nach wie vor war das in unserer Welt ein Statussymbol für die reichere Hälfte der Bevölkerung. Die einfachen Leute und die Unfreien, die hatten eher einen Esel, wenn überhaupt irgendwas. Aber sie traute sich zu, auf dem Pferd sitzen zu bleiben, ohne runterzufallen.
Ich ging also immer mit einer Hand zur Sicherheit am Pferd bis zum Sattel und holte einmal tief Luft. Mir war zwar etwas wackelig, aber kraft sollte ich haben, mich wie gewohnt auf den Pferderücken zu schwingen. Ganz ehrlich, wenn das nicht klappen würde, konnte ich mich mitsamt meinen Minuspunkten auf der Männlichkeitsskala dann wirklich begraben gehen. Ihr packte den sattel also mit beiden Händen extra fest und vollführte die oft geübte Bewegung, um schnell auf den Rücken zu kommen. Mir war zwar ein bisschen übel, aber ich fiel nicht runter. Das war gut.
Ich rutschte also ein klein wenig nach hinten und hielt Catia eine Hand hin, damit ich sie hochziehen konnte. Mit dem Kleid und bei dem Wetter sollte sie besser seitlich sitzen, damit der Wind ihr nicht so unter den Rock pfiff. Wenn wir ihre Gruppe nicht bald fanden, würde es wohl trotzdem frostig für ihre Beine.
Ich zog sie also vor mich aufs Pferd und versuchte, sie gleichzeitig zu stützen, ohne irgendwie dabei aufdringlich zu wirken. “Tut mir leid“, murmelte ich mehr als einmal, bis sie so saß, dass sie mir nicht gleich vom Pferd rutschen würde und ich meinen Arm so um sie gelegt hatte, dass er nichts irgendwie verfängliches berührte. Naja, abgesehen davon, dass ihr Rücken an meiner Brust war und ihr Hintern… ich sollte nicht an ihren Hintern denken.  Ich sollte viel besser an Iomaint denken. Wann hatte ich das letzte Mal gespielt? Ahja, an Lughnasadh. Tolles Spiel. Hat viel Spaß gemacht. Ein paar tolle Pässe dabei.

Als alles inklusive aller Taschen sicher saß, gab ich meinem Pferd nur ganz leicht die Fersen in die Flanke, und schon trottete die Stute geduldig los. Jetzt hier auf dem weg war das auch einfacher als quer durchs Unterholz. Und so langsam konnte ich auch wieder an die Dinge denken, die Catia gesagt hatte.
“Du hattest nach Iscalis gefragt. Ja, die Stadt ist ziemlich groß. Ich mein, es gibt auch größere, sie ist noch ziemlich neu. Aber ich finde sie schon verdammt groß. Und sicher gibt es Arbeit, auch wenn die Römer für viele Sachen lieber Sklavinnen nehmen. Aber es gibt auch immer wieder mal ein paar nette. Wenn du magst, kann ich dich einer Freundin vorstellen. Sie heißt Peigi und macht eigentlich genau das, was du suchst. Vielleicht kann sie Hilfe brauchen oder weiß was, wo du arbeiten könntest.“
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Falke
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12-14-2024, 05:55 PM,
Beitrag #10
RE: Einfach nur weg
Catia hatte leider keine Möhren für das Pferd dabei. Doch als Louarn sie nun so lobte, errötete sie noch mehr, biss sich auf die Lippen und war nun sehr mit der Stute beschäftigt. 
In Wirklichkeit schämte sie sich aber ein wenig. Denn der junge Mann hatte sich als freundlich erwiesen, und es tat ihr ehrlich Leid, ihn irgendwie hereinzulegen. Anderseits zögerte sie noch, ihre Maskerade abzulegen. Die hatte sie doch einige Male vor Unangenehmem bewahrt. Schon fuhr ihre Hand zu ihrem Rock, um sich mit einem Zipfel die Stirn  sauber zu wischen und sich Louarn so zu präsentieren, da schwang sich der junge Kelte auf sein Pferd und der passende Moment war vorüber. 
"Dir geht es besser, den Sulivae sei Dank!", rief Catia zu ihm hoch und freute sich ehrlich. Sie nahm seine Hand, zog sich auf den Pferderücken, setzte sich bequem zurecht und zog ihren Rock über ihre Beine, so dass nur noch die nicht mehr ganz sauberen Waden zu sehen waren. Dann lehnte  sie sich an Louarn.
"Eine bezahlte Arbeit, die ich verrichten kann,  wäre gut. Denn so langsam gehen mir meine Reisemünzen zur Neige, obwohl ich sparsam gelebt habe", sagte Catia. Je länger sie oben saß, desto mehr spürte sie Louarns Wärme durch ihr Kleid.  Sie hatte sich Sorgen gemacht, dass sie wie ein Liebespaar reiten würden, aber jetzt fand sie das sehr schön. Es war ihr, als würde eine große Anspannung von ihr abfallen, und sie kuschelte sich zurecht, während die Stute vor sich hintrottete.

Sie waren eine Weile geritten, als sie Catias ehemalige Reisegruppe einholten. Sie bestand in einem Ochsenwagen, auf dessen Bock ein missmutiger großer Mann und ein jüngerer saßen, ein halbwüchsiger Sohn, der die Ochsen führte und einem Alten, der auf dem Wagen inmitten von allerlei Hausrat thronte. Dahinter gingen zwei Frauen, eine ein strammes und großes Mädchen, die andere vermutlich ihre Mutter, die an Steigungen den Wagen schieben mussten.
Catia sah sie und legte ihre Hand ganz schnell auf die von Louarn: "Da sind sie ja! Wie werden sie staunen, besonders Meduil! Bitte lass uns Hallo sagen und dann weiter reiten"
Als sie den Hufschlag vernahmen, drehten sich die Frauen um. Ihre Verblüffung war groß, als sie Catia erkannten und noch mehr, als sie Louarn ansichtig wurden, der für sie wie ein Adliger aussah und ein Pferd ritt. Und die arme Catia saß vor ihm auf diesem Pferd.
In ihren Gesichtern war Neid zu lesen: "Catia! Wo kommst du her? Und wer ist der ansehnliche Bursche? Kaum lässt man sie alleine im Wald zurück, kreuzt sie mit einem Reitersmann hoch zu Ross auf. Kaum zu glauben!"
Catia winkte fröhlich von oben herab: 
"Wir sehen uns in Iscalis wieder. Da sind die Straßen angeblich mit Silber gepflastert. Euch noch ein guter Weg und gute Reise!", rief sie.

Kaum waren sie aber außer Sichtweite, gestand sie: "Sie waren nicht meine Freunde. Sie haben mich nur mitgenommen, weil ich sie von hinten bis vorne bedient habe und weil sie mich ausspotten konnten. Jetzt zerbrechen sie sich ihre hübschen Köpfchen darüber, wie ich denn an dich geraten bin", sie zuckte die Schultern:
"Wenn wir anhalten, muss ich dir etwas sagen. Aber erst dann"

Wieder schmiegte sie sich an Louarns Brust und schwieg. Ihr Kopf passte genau in die kleine Vertiefung zwischen seiner Schulter und seinem Arm, als wäre er dafür gemacht. Der Ritt war so schön. Plötzlich wollte Catia gar nie mehr anhalten, sondern nur so mit Louarn reiten, immer weiter.
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