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Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
10-24-2024, 08:46 PM,
Beitrag #1
Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Lucius Petilius Rufus tat so, als hätte er einen unbeschwerten Abend.


In regelmäßigen Abständen kam der Statthalter Britanniens auch seinen sozialen Verpflichtungen nach und lud Teile der Oberschicht Londiniums oder der Verwaltung (oder gemischte Gruppen aus beiden Bereichen) zu einem offiziell informellen Abendessen in den Statthalterpalast ein, um Beziehungspflege zu betreiben, wie es so schön hieß. Dabei war die Teilnehmerzahl stets auf insgesamt neun teilnehmende Herren beschränkt, so dass es als ein informelles Essen im Triclinum durchgehen konnte, auch wenn es nicht im Triclinum stattfand, sondern dem großen, säulengestützten Atrium im Privattrakt des Praetoriums nach der Empfangshalle, so dass die Herren auch die dazugehörigen Damen mitbringen konnten, die daneben bequem in Korbstühlen dinieren konnten mit seiner eigenen Gattin, und gegebenenfalls sogar noch irgendwelchen Klienten, die in der Empfangshalle verköstigt wurden, bis sie zum geselligen Teil nach dem eigentlichen Essen und den wichtigen Gesprächen, die dabei geführt wurden, dann hinzukommen durften.


Der gefräßige Teil war auch schon erledigt, so dass sich alle erheben und im Raum herumspazieren oder sich zu den Latrinae zurückziehen konnten. Ein paar Wachen sorgten dafür, dass niemand wirklich in die privaten Bereiche des Praetoriums vordringen konnte, der dort nicht hingehörte, und einige eifrige Sklaven kümmerten sich noch um die ganz durstigen. Das Thema des Abends war natürlich neben der wirtschaftlichen Lage auch die sicherheitstechnische Lage. Und hier war Rufus dann doch sehr erfreut, endlich die Meldung zum allgemeinen Klatsch freigeben zu können, dass die XX Valeria Victrix unter Fabius Priscus diese vermaledeite Druideninsel vor der Küste zum zweiten Mal nun eingenommen hatte. Dieses Mal auch mit sehr viel weniger Gegenwehr, denn allem Anschein nach waren die dortigen Krieger so sehr von der römischen Fähigkeit, hinüberzuschwimmen, beeindruckt gewesen, dass sie sich kampflos ergeben hatten. Rufus kam das durchaus sehr gelegen, er war im allgemeinen nicht blutrünstig und hatte ganz sicher nichts gegen eine einfache Eroberung.
Die XX Valeria Victrix war also auf dem weg nach Norden zur IX Hispania bei Eburacum, von wo aus sie den Norden endlich noch weiter befrieden wollten. Rufus hingegen war auf dem Weg von einem nun eher beiläufigen Gespräch zum anderen und hoffte, dass dieser Abend sich nicht allzu lange hinziehen würde, denn er hatte sich mittlerweile von einem Sklaven schon den kleinen Lederball bringen lassen, um etwas zum zudrücken zu haben, wenn sein Gegenüber ihn mit Belanglosigkeiten folterte und dessen Hals leider als Ziel dieses Impulses ausfiel. So knetete er also unauffällig hinter seinem Rücken den kleinen Ball, während er von einem Gespräch zum nächsten schlenderte.
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11-27-2024, 05:32 PM,
Beitrag #2
RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Ich musste aufpassen, dass ich beim Eintreten nicht die Augen aufriss, als sei ich wirklich eine Landpomeranze. Der Statthalterpalast war eindrucksvoll, und ich hatte in meinem Leben schon einige eindrucksvolle Gebäude gesehen. 
Es war überhaupt ein Wunder, wie schnell Londinium aus den Ruinen wieder auferstanden war, nachdem Königin Boudicca doch vor etwa zwanzig Jahren die ganze Hauptstadt in Schutt und Asche gelegt hatte.

Ich trug das neue korallenrote Kleid von Adini, dazu Granatschmuck, der meinen  Ausschnitt betonte und einen meiner Vorzüge herausstrich: Ich hatte von Natur aus jene blasse Haut, um deretwillen sich andere Frauen das Gesicht mit Bleiweiß zukleisterten. 
Kiki hatte mir beim Einkauf als Modeberaterin redlich beiseite gestanden und mich in eine Mischung aus Prosperina und wundersamen Paradiesvogel verwandelt.  Ich hatte den Blick vom Spiegel gar nicht abwenden können, Und da war Kiki ja selbst, schön und geschmeidig wie eine schwarze Pantherin auf der Jagd. Der milchweiße Opal, den sie sich ausgesucht hatte, leuchtete mit ihrem Teint um die Wette.

Ich bekam nichts vom Essen herunter außer etwas Gewürzwein. Der wollte mir aber auch nicht schmecken. Ich hatte jedoch schon damit gerechnet, vielleicht zu aufgeregt zu sein, um zu speisen, Daher hatte ich zuhause schon mit Brot und etwas Käse  eine Unterlage geschaffen.

Es wurde im Praetorium über Politik geredet, und ich hörte da gerne zu. Es war sehr interessant, dass wir die Insel Mona schwimmend eingenommen hatten und dass endlich die nördlichen Stämme auch in den Genuss römischer Zivilisation kommen sollten. Ich stellte einige Fragen zu  den Truppenbewegungen der XX Valeria Victrix  und darüber, welche Auxillartruppen welche schwimmerischen Fähigkeiten besaßen.
Ich brachte es nicht fertig, eine stumme geheimnisvolle Schönheit zu sein, wenn mich ein Thema wirklich fesselte. Dazu hatte ich zu viele Bücher über Kriegsführung und Feldherren  gelesen. 

Dann entdeckte uns Furia Bassa, die bei einer Gruppe von  Damen saß. Sie winkte vergnügt und stellte mich als "Freundin aus der schrecklichen Einöde Civitas Iscalis" vor.
Ich konnte nicht an mich halten und erzählte, dass der Ort so abgelegen war, dass keiner dort Latein sprach, sondern wir alle Britonisch lernen mussten. Zum Beweis sagte ich ein paar Sätze, die mir Niamh eingetrichtert hatte: Hallo, wie geht es und solche Sachen. 
"Meine Güte!", sagte Furia Bassa ernsthaft erschüttert: "Das muss ich meinem Pertax sagen, bestimmt wird er euch bedauernswerten Geschöpfen helfen wollen. Das ist ja wie bei den Wilden!"

Ich tätschelte Bassas Hand, als sei ich ganz ergriffen von ihrer Hilfsbereitschaft. Ich wollte aber ganz und gar nicht bei ihr sitzen bleiben, was sie vermutlich erwartete. Kiki hatte sich wohlweislich schon früher verdrückt.

Ich deutete auf meinen Bauch: "Zur Latrine", flüsterte ich, als hätte ich Probleme mit meiner Blase. Hier konnte ich auf weibliches Verständnis hoffen:

"Dein erstes Kind, Liebes?", fragte eine der älteren Dame, die sich mit Pfauenfedern Luft zufächeln ließ:
" Ja, ja, so ist das mit der Blase, du wirst dich daran noch gewöhnen"

Ich erhob mich also und ging schräg durch den Raum, den Kopf hoch erhoben. Ich hatte Petilius Rufus die ganze Zeit schon gesehen. Er sah immer noch so gut aus wie bei unserer ersten Begegnung, und hier in Londinium kam noch ein anderer Aspekt zum Tragen: Er war ein mächtiger Mann, der wichtige Entscheidungen traf und wichtige Dinge sagten. Wenn er sprach, nahmen auch die eingeladenen Männer unwillkürlich Haltung an. Ich war hingerissen, und mein Herz schlug bis zum Hals. Aber ich wusste auch sehr gut, dass er als LAPP Verpflichtungen politischer und gesellschaftlicher Natur hatte. Deshalb unterhielt ich mich auch mit anderen Leuten. Doch in jedem Moment wusste ich genau, wo er sich im Raum  befand, als sei er eine Sonne und ich sein Trabant. 

Ob sich Petilius Rufus überhaupt noch an die kleine Tribunenehefrau aus Iscalis erinnerte? Ich erinnerte mich so gut und hoffte so viel. Er entsann sich vielleicht nicht einmal mehr meiner Existenz.
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Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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11-28-2024, 06:22 PM,
Beitrag #3
RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Lucius Petilius Rufus malträtierte seinen Lederball hinter seinem Rücken.

Der Aedil von Londinium war für seinen Geschmack viel zu betont freundlich und extrem viel zu neugierig und bemüht charmant, als dass er als angenehm empfunden werden konnte. So in etwa wie ein Biga-Verkäufer. Rufus konnte ihn nicht leiden, aber leider verfolgte der Mann ihn ziemlich penetrant, bis Rufus seinem treuen Freigelassenen Pertax einen Wink gab und dieser den Mann in ein längeres Gespräch verwickelte.

Befreit atmete Rufus einmal durch, lächelte politikerhaft in die Runde und beschloss, dass es eine grandiose Zeit wäre, um zur Latrina zu gehen in der Hoffnung, nicht auch dort in ein Gespräch verwickelt zu werden. Er hatte zwar nicht grundsätzlich Einwände gegen gemeinschaftliches Defäkieren, aber im Moment brauchte er einen Moment der Ablenkung von der geistzersetzenden Wirkung des Aedils.

Er machte also gerade zwei Schritte in Richtung der relativen Abgeschiedenheit, als ihm eine junge Dame in einem roten Kleid in den Weg trat, so dass er sie beinahe berührt hätte. “Oh, Verzeihung“ entschuldigte er sich für den Misstritt und überlegte, wer da vor ihm stand. Pertax ging mit ihm zwar die abendlichen Gästelisten durch, aber das Augenmerk lag weit mehr auf den Herren als auf den Damen, die meistens nur das Beiwerk eines Herren waren und üblicherweise in dessen Gesellschaft. Hier aber war kein eifriger Begleiter, der die Ablenkung nutzte, um ins Gespräch zu kommen, sondern nur die junge Dame, die eine ziemlich deutliche Schwangerschaft zur Schau trug. Er überlegte, welcher seiner Gäste denn ein Kind erwartete. Sie kam ihm vage bekannt vor, Wo war der Nomenclator, wenn man ihn brauchte?
“Genießt du den Abend?“ fragte er also ohne persönliche Anrede und hielt seine Hände weiterhin hinter dem Rücken leicht verschränkt, damit er den Lederball kneten konnte. Vielleicht fiel ihm ihr Name ja ein, wenn er sie sprechen hörte. Vielleicht deutete sie auch gleich auf einen Mann als ihren Begleiter oder dergleichen.
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12-04-2024, 04:41 PM,
Beitrag #4
RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Er erinnerte sich offensichtlich nicht.  Ich war mit meinem roten Kleid und dem Granatschmuck eine auffallende Erscheinung und  hätte eingeschnappt sein können. Aber davon war ich weit entfernt. In mir stieg wieder das Gefühl tiefer Zuneigung  auf, als er mich um Verzeihung bat, weil er fast in mich hinein gelaufen war und dann so reizend fragte, ob mir der Abend gefiele.
Petilius Rufus sah aus und klang, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Und diese Erinnerung hatte ich lange genug im Kopf herumgewälzt.... was hatte er da hinter seinem Rücken?
Ich ging meiner Neugierde aber nicht nach, sondern legte den Kopf schief:
"Da ich das Vergnügen habe, dir gegenüber zu stehen, edler Petilius Rufus, erfährt dieser eindrucksvolle Abend gerade noch eine Steigerung", sprach ich:
"Oh, und ich gratuliere Dir natürlich zu deinem unblutigen Sieg über die Krieger der Insel Mona. Mögen Dir weitere Siege für unsere Patria  beschieden sein" , ich wusste, was sich gehörte:
"Claudia Sabina aus Iscalis", half ich dann der Erinnerung auf die Sprünge und schaute mich freimütig um. - also die Räumlichkeiten und den Mann vor mir:
"Dort gibt es nichts diesem Praetorium Vergleichbares. Wahrhaft wunderschön" 
 Ich ließ offen, ob ich nur den Statthalterpalast meinte. Vielleicht bot er mir jetzt an, mir den Palast zu zeigen. Ich hätte nichts dagegen - so ein wenig dachte ich schon wie meine liebe Kiki, von der ich hoffte, dass sie sie auch jemanden Ansprechendes fand. Aber wenn nicht, dann nicht gleich. Ein Würfelspiel begann meist auch nicht gleich mit einem Venuswurf.
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Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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12-04-2024, 05:04 PM,
Beitrag #5
RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Lucius Petilius Rufus fühlte sich einen kurzen Moment lang ertappt.

Dass die Dame sich selbst vorgestellt hatte, war ein kleiner Fauxpas, den Rufus vollständig dem Nomenclator anzulasten gedachte, sofern er sich später daran erinnerte. Was nicht unbedingt gegeben war. So aber stand er einen winzigen Moment überrascht da, ehe sein Gedächtnis die Namen wieder geordnet hatte. “Ah, Claudia, die Nichte von Consular Claudius Menecrates und Ehefrau von Tribun… Iulius, richtig?“ Wenn man schon ertappt worden war, durfte man auch Rückfragen stellen und damit wenigstens versuchen, noch ein wenig zu beeindrucken und den Ersteindruck zu verwischen. “Mir wurde gar nicht gesagt, dass einer der beiden heute auch hier sein wird. Ich hoffe dein Onkel und dein Ehemann befinden sich wohlauf?“ Wahrscheinlich wollte sie etwas für einen der beiden, wie es die Aufgabe einer jungen Frau ja auch war in Gegenwart eines hohen Beamten.

Zumindest schmeichelte sie ihm und bekam daher ein wohldosiertes Lächeln zur Antwort. “Die meisten wünschen sich eher blutige Schlachten mit möglichst wilden Barbaren, so dass der Ruhm der Tat noch wächst. Aber ich bin ehrlicherweise froh, dass es dieses Mal ohne großen Blutzoll vonstatten ging, so dass unsere Armee zum größten Teil auch in den Norden marschieren konnte, um für Rom die Provinz weiter zu sichern. Blut und Ruhm werden hier bestimmt noch genug zu gewinnen sein. Wer weiß, vielleicht erweist uns der Kaiser sogar die Ehre eines Triumphes“, scherzte er, auch wenn wahrscheinlicher war, dass der Kaiser diese Ehre für sich selbst beanspruchte, auch wenn Kaiser Titus selbst seine Befähigung als Krieger nach der Eroberung Jerusalems nicht mehr unter Beweis stellen musste.

Eigentlich wollte Rufus sich auf ihre letzte Bemerkung hin schon mit einem höflichen Kompliment entschuldigen, als er dann aber aus den Augenwinkeln sah, wie Pertax den nervigen Aedil verlor, der sich nun aufmachte, sich wieder an Rufus’ Fersen zu kleben. Da blieb keine Zeit für langes Taktieren, da musste man die Gelegenheit wie ein Stratege beim Schopf packen und die Truppen vorwärts stürmen lassen.
“Oh, einiges ist noch nicht fertig, aber ich bin ein großer Freund der Gartenanlagen. Darf ich sie dir zeigen?“ Draußen war es zwar dunkel und eher kalt, aber deshalb wäre der Aedil auch abgehängt, wollte er nicht noch mehr auffallen.
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12-06-2024, 03:05 PM,
Beitrag #6
RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Wenn Titus so war wie die Kaiser vor ihm, würde Petilius Rufus keinen Triumph bekommen, selbst wenn er ihn tausendfach verdiente. Die Caesaren pflegten große Triumphzüge nur noch innerhalb des engsten Familienkreises zu gestatten - obwohl sie das streng genommen nicht einmal zu entscheiden hatten sondern SPQR. 

" Ich vertraue darauf, dass die britannischen Kelten einst gute Bürger Roms sein werden. Sie haben großes Glück von jemandem wie Dir erobert zu werden und nicht von jemandem, der bis zu den Knien in Blut waten will", erwiderte ich:
" Ich werde zur Nymphe Egeria beten für deinen militärischen Erfolg, edler Petilius Rufus. Mein Vater Claudius Sabinus tat das vor jeder Schlacht in der Nacht davor" 

Ich nickte zufrieden, als Rufus mich richtig einordnete.
"Dein Gedächtnis beeindruckt mich, edler Petilius Rufus. Nichte des Consulars Menecrates ist richtig, nur die Ehefrau muss ich aktualisieren. Tribun Iulius Cato und ich sind seit kurzem geschieden. Ich hoffe selbstverständlich, dass sie beide wohlauf sind, auch wenn ich sie länger nicht gesehen habe..." selbst wenn Cato mich gekränkt hatte, hatten wir uns als zivilisierte Menschen getrennt:
"...doch keiner von ihnen ist in Londinium. Nur ich", ich hob wieder den Kopf und studierte die Züge des Mannes vor mir. Mein Herz klopfte so laut in meiner Brust, dass ich meinte, Rufus müsste es vernehmen. 

Petilius Rufus  zögerte wohl nicht, eine Festung zu erstürmen. Dennoch überraschte mich der plötzliche Vorschlag, die Gartenanlagen zu besichtigen, ein wenig. Doch nur ein wenig, denn das ganze Gespräch erschien mir wie eines der Gespräche, die man im Traum führte: Hochinteressant, etwas verwegen und losgelöst von Bedenkenträgerei. Ich war nicht im Gefolge eines Gatten oder Vaters mitgekommen. Ich, Sabina, stand für mich alleine.

"Ich mag deine Gärten sehr gerne besichtigen", stimmte ich zu.

Das war nicht gelogen: Ich liebte Gartenanlagen und Parks tatsächlich: Im Sommer nämlich bei Tageslicht oder in der Dämmerung, oder in den Sommernächten, wenn Fackeln sie beleuchteten oder überhaupt in Alexandria. Dies hier war jedoch Londinium, und ich trug ein sehr offenherziges Kleid. Und ich war kälteempfindlich. Anaxarete hätte mich gewarnt, dass ich mir eine Lungenentzündung holen könnte,  und dass ich doch wenigstens eine Sklavin nach meiner Stola schicken sollte. Aber der Mann vor mir erwärmte mein Herz ja schon, wenn auch nicht meine bloßen Arme - zumindest nicht in diesem Moment.
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Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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12-07-2024, 09:29 PM,
Beitrag #7
RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Lucius Petilius Rufus ging voran und knetete hinter seinem Rücken seinen Ball.

Dass die junge Dame ganz allein hier war, war mehr als ungewöhnlich, denn üblicherweise wurden nur Herren eingeladen und die Frauen waren eher nettes Beiwerk, das der jeweilige Herr stolz präsentierte. Das hieß also, dass die junge Frau eigene Bestrebungen angestellt haben musste, um herzukommen. Und das hieß, dass sie vermutlich etwas wollte. Rufus machte sich also auf Wünsch gefasst.
“Zumindest die Consulare, die es in die Provinz verschlagen hat, sollte man als Legat kennen“, meine er charmant zwinkernd, als Sabina sein Erinnerungsvermögen lobte.
Dass ihr Mann sie mit einer offensichtlichen Schwangerschaft hatte gehen lassen, war hingegen wohl ein kleiner Skandal, der kein gutes Licht auf den Iulier warf. Allerdings hielt Rufus auch nicht allzu hohe Stücke auf ihn, nachdem sich die Legion bei seinem Besuch in Iscalis nicht von ihrer besten Seite gezeigt hatte. Vielleicht ging es der jungen Frau auch genau darum.
“Wenn du möchtest, kann ich deinem Onkel eine Liste mit vielversprechenden jungen Männern zukommen lassen, die sicher in den nächsten Jahren Karriere machen werden“, ahnte er also den Grund ihres Besuches und kam einer entsprechenden Bitte zuvor.

Der Weg führte durch den Oecus und die sehr große Säulenhalle hinaus in den Garten, der jetzt im Dunkeln natürlich nicht halb so imposant war, wie er einmal sein würde, wären alle Baumaßnahmen abgeschlossen. Und es war frisch hier draußen, was Rufus erst merkte, als er schon hinausgetreten war, und die junge Dame trug keine Stola. Er steuerte also das nächste der aufgestellten Feuerbecken an, damit sie nicht zu sehr frieren musste.
“Ich fürchte, im dunklen und im November sind sie weniger beeindruckend als im Sommer. Die Kolonnade der Bäume hier ist erst dieses Jahr gepflanzt worden und trotzt hoffentlich dem britischen Winter, der ja mehr nass als kalt sein soll. Meine Frau will sie noch von Marmorstatuen begleiten lassen, wenn sie einen geeigneten Marmorsteinmetz findet, der ihren Ansprüchen genügt“, begann er also ein wenig über die Dinge zu plaudern, die man im Schein der Fackeln und Feuerbecken erkennen konnte.
[Bild: 3_18_08_22_4_38_08.png]
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12-11-2024, 04:10 PM,
Beitrag #8
RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
"Ich danke Dir für deinen Beistand und die Liste herzlich und im Voraus", erwiderte ich, als Rufus mir anbot, sich um eine Aufstellung geeigneter Ehemänner Nummero zwo zu kümmern und sie meinem Vormund zukommen zu lassen. Das war sehr freundlich und mich vorteilhaft zu vermählen war meine Pflicht, die ich durchaus dachte, im stoischen Sinne zu erfüllen: 
" So jung müssen die Männer gar nicht sein. Ich schätze eine gewisse Welterfahrung sehr. Nur einen Erben sollten sie noch nicht haben. Ich mag meine Söhne ungern auf dem zweiten Platz wissen"
Ich reckte mein Kinn und gab zu verstehen, dass ich mir sicher war, Söhne zu gebären. Das das mir von einer keltischen Weisen Frau vorausgesagt worden war, erzählte ich dem Legaten Augusti allerdings nicht. 
Über den Oecus und eine große Säulenhalle traten wir in den Garten hinaus. Vorher war es dunkler gewesen, aber hier standen einige Feuerbecken, die Licht spendeten.  Flammenschein jedoch war ein Verbündeter der weiblichen Schönheit. Ich wusste, dass meine Haut hier noch weißer wirkte, dass mein Granatschmuck funkelte, meine Augen groß und dunkel glänzten, und mein Haar wie aus Gold gesponnen schimmerte. Nur die rosigen Wangen, die kamen nicht vom Feuer, sondern von der Nähe meines Begleiters:
"Sind das ... Kirschbäumchen? Und Rosenbäume aus Persien? Wie lieblich", hier im Schutz der Mauer würden sie trotz des britannischen Klimas gedeihen. Ich lief umher und drehte mich um:
"Wenn ich die Augen schließe, kann ich mir so gut vorstellen, wie es im Sommer aussehen wird..." 
Ich biss mir auf die Lippen. Zu viel Vorstellungskraft war für eine Matrona keine Tugend, und ich wollte nicht, dass mich Petilius Rufus für überdreht hielt.
Daher öffnete ich die Augen wieder und sagte ganz brav:
"Aber jetzt ist erst einmal Winter, nicht wahr? Erinnerst Du dich noch an den Iscaler Schmied Licinianus, der in der Villa Furia die schöne Statue eines Jünglings schuf? Du hattest damals Lob für ihn. Wenn deine edle Gattin eher Bronze anstatt Marmor den Vorzug geben würde, wäre das vielleicht eine Option. 
Im Licht der Feuerschalen würden sie aussehen wie lebendig. Licinianus hat seine Kunst immer mehr und mehr verfeinert. Mir hat er für meinen Theaterbau neun Musen gegossen, und eine ist schöner als die andere"
Mein Theaterbau! Iulius Cato hatte ihn mir zu Ehren stiften wollen, als er noch vernarrt in seine junge Frau gewesen war. Nun war der Ehemann fort, und der Bau wurde von mir alleine fortgeführt. Eine Bauruine hätte alle für immer an "Arme Claudia" erinnert. Ich aber wollte strahlen.  Ich hatte damals den Statthalter zur Eröffnung einladen und extra für ihn ein Stück verfassen wollen: heiter und frivol, damit er ein paar Stunden die Bürde seines Amtes vergessen konnte.
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Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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12-14-2024, 08:16 PM,
Beitrag #9
RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Lucius Petilius Rufus entspannte sich.

Er hätte schon viel früher auf die Idee kommen sollen, in den kalten Garten zu flüchten, um diesen dusseligen Aedil loszuwerden. So aber war es zwar ein wenig frostig, aber trotzdem ganz unterhaltsam, denn Rufus gab sich ja gerne großzügig. Und wenn die junge Claudia vor ihm gerne den nächtlichen Garten bewundern wollte, konnte er  sich so ganz in seiner Rolle als Gastgeber gefallen.
Ein Mann, der noch Erben brauchte, war nach ihrem Sinne, selbst wenn dieser schon älter wäre. “Nun, ältere Männer werden eher in Rom zu finden sein, sofern du noch auf eine Karriere wert legst. Hier in der Provinz sind entweder junge Männer, die sich erste Ehren verdienen wollen, oder eben Männer wie ich, die diese jungen Männer anleiten“, dozierte er ein wenig und überlegte schon einmal eine Hand voll Namen, die er guten Gewissens weiter empfehlen konnte. Wobei Rufus ohnehin nicht annahm, dass eine Claudia allzu lange suchen musste, es gab genügend Kandidaten, die nur zu gerne in diesen alten Namen einheiraten wollten. Ein Wunder, dass Iulius sie überhaupt gehen ließ. Er würde Pertax später fragen, ob er von irgendwelchem Klatsch wusste diesbetreffend. Jetzt war dafür nicht der passende Augenblick.

Sie fragte nach den Bäumen. “Ja, Kirschen aus Asia und Äpfel aus Griechenland. Man sollte denken, dass diese Bäume wärmeres Klima bevorzugen, aber scheinbar wachsen sie hier ganz gut. Meine Frau schwärmt schon von Feigen und persischem Apfel, aber ich fürchte, das bleibt dann doch nur ein Traum. Was die Blumen angeht, müsstest du meine Frau fragen.“

Sie erinnerte Rufus an den jungen Künstler in Iscalis. Soweit er sich erinnerte, hatte er diesen auch schon an seine Frau empfohlen. Allerdings war er nicht in Londinium aufgetaucht bislang. Was aber auch nicht so verwunderlich war, die Reise war weit und der Mann einfacher Kelte.
“Ich erinnere mich an den Mann. Sollte er hierher kommen, werde ich mein Lob meiner Frau gegenüber bekräftigen. Aber die Gestaltung des Gartens ist ihre Domäne. Und wie ich schon seit langer Zeit weiß, sollte man seiner Ehefrau vertrauen und nicht in ihre Arbeit reinpfuschen.“ Er sagte es lächelnd und mit einem Zwinkern. Damen hörten es gerne, wenn ein Mann seine Frau und ihre Kompetenzen lobte.

“Ist dein Theater denn fertig gestellt? Ich erinnere mich nun wieder, wir sprachen in Iscalis darüber, dass dem Ort ein Theater gut tun könnte.“ Ein Theater, eine funktionierende Verwaltung und generell ein paar Männer mit Sinn für Ordnung.
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12-17-2024, 02:45 PM,
Beitrag #10
RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Männer wie er, die junge Männer anleiteten!  Petilius Rufus steckte doch meinen Ex wie auch Saturninus und die anderen jungen Männer in der Provinz  allesamt in den Sack. Ich schwieg darauf hin und lächelte nur ein wenig geheimnisvoll und zustimmend, während die Wärme des Feuers über mein Haar glitt. Ich hoffte zumindest, dass es geheimnisvoll wirkte und nicht so, als sei ich schwachsinnig.
"In meinem Garten blühte auch alles, doch Früchte trug es nicht. Ich fürchte, es ist tatsächlich zu kalt hier im Land" Eigentlich war mir Frau Petilius direkt sympathisch: Ich mochte Gärten wie gesagt auch.

Wir unterhielten uns kurz über Licinianus Owen, und Rufus bemerkte, dass er seiner Ehefrau vertraute und ihr nicht in ihre Arbeit - Gartengestaltung - hineinpfuschte.
Ich hätte sagen können, dass dazu die Ehefrau auch Arbeit brauchte und nicht behandelt werden sollte wie ein zwar dekoratives, aber unnützes Schmuckstück. Aber das hätte sich angehört, als würde ich mich über Cato beschweren. Das wollte ich keineswegs. ich wollte mir die Würde bewahren, die mir geblieben war. Und auch wenn Männer sich spinnefeind waren, gegen uns Frauen hielten sie meistens zusammen. Ich legte den Kopf nur etwas schräg:
"Ist das auch eines der Dinge, zu denen Du die jungen Römer in deinem Gefolge anleitest: Ihren Ehefrauen vertrauen und ihnen nicht in ihre Arbeit pfuschen?", fragte ich:
"Wenn es so ist, verstehe ich, warum meine Verwandte Furia Bassa so glücklich mit ihrem Pertax ist"
Kaum hatte ich das ausgesprochen, musste ich aber an Bassa, das große Ding von Pertax und daran denken, wie Kiki und ich uns über ihre offensichtliche Begeisterung amüsiert hatten. Oh, der Gedanke kam mir völlig ungelegen. Denn nun dachte ich an Rufus'... wenigstens war es dunkel, und er sah nicht, dass ich errötete.

Zum Glück sprachen wir nicht weiter über Ehemänner- und Frauen, sondern er fragte nach dem Theater. Jetzt oder nie....
"Das Iscaler Theater ist  noch im Bau. Aber das Eröffnungsstück ist schon geschrieben", ich tat so, als ob ich überlegte und halb flehend, halb unabsichtlich legte ich meine kleine Hand auf Rufus Arm:
"Dein Urteil über seine Qualität würde mir schrecklich viel bedeuten, edler Petilius Rufus. Ich plane eine sehr intime Soiree im Hause der Fabia Tertia, was sie mir gänzlich während meines Aufenthaltes hier in Londinium überlassen hat und würde das Stück dabei szenisch aufführen lassen. Hoffentlich ist es nicht allzu gewagt..."ich zuckte die Schultern, nahm die Hand weg und schaute Petilius Rufus direkt in die Augen:
"Nichts wäre mir eine größere Freude und Ehre, als wenn du dein Kommen zusagen könntest"
Venuswurf - Claudia Sabina auf dem Silbertablett... wenn er nicht wollte, so wollte er mich nicht.
[Bild: 3_15_08_22_9_35_15.png]
Vormund (Tutor):  Manius Claudius Menecrates
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