Willkommen im Forum, Bitte Anmelden oder Registrieren

Die Ringe der Macht - geschmiedet in den Feuern von Cheddar
10-11-2024, 09:21 AM,
Beitrag #1
Die Ringe der Macht - geschmiedet in den Feuern von Cheddar
<<<<
Im Inneren der Schmiede brannte noch kein Feuer. Ich hatte es am Morgen nicht entfacht, da ich früh in den Wald aufgebrochen war. Doch etwas Tageslicht fiel durch die schmalen Fensteröffnungen herein. Ohne zu zögern, machte ich mich daran, die Glut in der Feuerstelle zu entzünden. Alles war bereits vorbereitet: der Zunder, der nur noch auf den entscheidenden Funken wartete, um das Nest aus Holzwolle zu entfachen, das dann mit der Zeit das restliche Holz in Brand setzen würde. Mit dem Schlageisen schaffte ich es schließlich, den nötigen Funken zu schlagen.

"Bitte, nimm doch Platz," bot ich Gabinius an und deutete auf die Bänke, die die Feuerstelle umrahmten. "Möchtest du etwas trinken? Vielleicht ein Bier? Meine Nachbarin ist eine ausgezeichnete Bierbrauerin." meinte ich mit einem Grinsen im Gesicht. Ich erinnerte mich noch sehr gut an meinen letzten Besuch auf seinem Landgut vor einigen Monaten, als auch er mir ein besonders schmackhaftes Bier angeboten hatte.
Zitieren
 
10-15-2024, 11:24 AM,
Beitrag #2
RE: Die Ringe der Macht - geschmiedet in den Feuern von Cheddar
>>>

"Ein Bier nehme ich gerne", sagte ich dem Schmied und gab ihm den Sack, den ich hergerichtet hatte. Wohlige Wärme stieg vom von Owen entfachtem Feuer auf, und ich streckte behaglich meine Füße aus:
"Den Inhalt habe ich bei Kräutersuchern hier in Cheddar mischen lassen: Gräser, Eibischwurzel, Hagebutten, Weißdorn, Ringelblumenblüten und Sylibum", erklärte ich: "Das kleine Säckchen ist für dich. Gib sie zusammen mit Öl ins Winterfutter von Kubbo, und er wird nicht krank in der schlechten Jahreszeit  und dir noch viele Jahre treu dienen. Geht es ihm gut? Und wie geht es Dir? Hoffentlich auch gut?"
Es war wohl typisch Pferdezüchter, dass ich mich zuerst nach den Tieren und dann nach den Menschen erkundigte.
Ich hatte den Schmied jedoch gesund und munter auf dem Brunneneinweihungsfest mit Furiana Deirdre, der Mutter des kleinen Neffen meiner Ehefrau, gesehen. Ich nahm daher an, dass er mit seinem Privatleben zufrieden war. Es gefiel mir, ein wenig zu plaudern, bevor wir zum Geschäftlichen kamen. Überhaupt waren die Cheddarkelten umgängliche Leute, und wenn ich ehrlich war, gefiel es mir hier besser als in Iscalis selbst.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
Zitieren
 
10-23-2024, 04:36 PM,
Beitrag #3
RE: Die Ringe der Macht - geschmiedet in den Feuern von Cheddar
Ich kümmerte mich sofort um das Bier und holte einen Krug sowie zwei Becher. Währenddessen fiel mein Blick kurz auf den Sack, den Gabinius mitgebracht hatte. Ich lauschte aufmerksam seinen Erklärungen über die Kräutermischung. Der Gedanke, dass Kubbo durch diese Kräuter gestärkt den Winter überstehen würde, ließ mich zufrieden nicken. "Danke für die Kräuter. Ich werde deinen Rat gern befolgen,"antwortete ich und nahm den Sack entgegen. Der Geruch des Feuers vermischte sich mit dem herben Duft der Kräuter.
Nachdem ich die Becher gefüllt hatte, reichte ich Gabinius einen davon. "Kubbo geht es sehr gut. Er leistet mir treue Dienste. Ich bin sehr froh, dass ich ihn habe," sagte ich und hob den Becher leicht zum Anstoßen. Es überraschte mich nicht, dass Gabinius zuerst an die Gesundheit der Tiere dachte, besonders mit Blick auf den bevorstehenden Winter. Ich kannte ihn von seinem Landgut und wusste, dass das Wohlergehen seiner Tiere für ihn stets an oberste Stelle hatte.

Nach einem tiefen Schluck Bier setzte ich mich ans Feuer und verschränkte die Arme, die Wärme war angenehm und beruhigend. "Und mir geht es auch gut, danke der Nachfrage," fügte ich mit einem Lächeln hinzu. Ich erinnerte mich daran, Gabinius auch beim Brunneneinweihungsfest gesehen zu haben, und ging davon aus, dass er wusste, dass Deirdre und ich ein Paar waren. "Wie du sicher schon gehört hast, werde ich bald heiraten," sagte ich schließlich. Der Gedanke an die bevorstehende Hochzeit erfüllte mich mit großer Vorfreude, aber auch mit einem Hauch von Nervosität.
Zitieren
 
10-24-2024, 11:55 AM,
Beitrag #4
RE: Die Ringe der Macht - geschmiedet in den Feuern von Cheddar
Ich stieß mit dem Schmied an und der würzige Geschmack des Bieres prickelte auf meiner Zunge. 
"Ich gratuliere Dir zur bevorstehenden Hochzeit! Ist deine Braut denn die Schönheit, die beim Brunnenfest an deiner Seite war? ", fragte ich :
"Dann ist sie mir gut bekannt. Furiana Deirdre ist nämlich die Mutter eines Neffen meiner Frau Stella, des jungen ...Aidan", ich erinnerte mich daran, dass Aidan der einheimische Name von Klein-Tiberius war.
Vielleicht war die Liberta selbst nicht von ganz tadellosem Ruf, doch ich hatte gelernt, dass die Kelten diese Dinge anders sahen als Römer oder sogar Germanen. Die Frauen hierzulande verfügten anscheinend recht frei über sich und ihren Leib:
"Es freut mich, dass Du sein Stiefvater werden wirst, werter Owen", sagte ich aufrichtig angetan. Tiberius schien ein netter Junge zu sein, und ich fand es schade, dass er so weit fort von seiner Familie aufwuchs. Bei den Familienfeiern sahen unsere und die Furierkinder sich ab und zu , doch Deirdre wurde nie zu solchen Anlässen eingeladen. Owen war ein freundlicher Mann, das merkte ich daran, wie er Kubbo behandelte. Er würde dem Jungen gut tun:
"Auch mir darfst du gratulieren. Ich habe mittlerweile zum Sohn noch ein Töchterchen, eine winzigkleine Stella, erhalten", ich lachte vor mich hin. 
"Auf deine Braut Furiana Deirdre und auf meine Tochter Stellula", hob ich den Becher noch einmal:
"Eigentlich wollte ich nach meinen Ringen fragen, wo ich schon einmal hier bin. Doch wenn Du die schöne Deirdre umwerben musstest, so hattest du vielleicht keine Zeit für diesen Auftrag. Das macht nichts, ich komme gerne ein andermal wieder"
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
Zitieren
 
11-06-2024, 12:14 AM,
Beitrag #5
RE: Die Ringe der Macht - geschmiedet in den Feuern von Cheddar
Ich lachte und stieß mit Gabinius Secundus an. "Ich danke dir! Die Hochzeit rückt immer näher, und ja, meine Braut ist in der Tat die Schönheit, die du gesehen hast. Deirdre ist ein wahrer Schatz!"
Es wunderte mich nicht, dass ihm meine Braut bereits bekannt war. Bei seinem letzten Besuch hatte er erwähnt, dass seine Frau mit Furius Saturninus verwandt war. Als er dann auch noch den kleinen Aidan erwähnte, nickte ich schmunzelnd. Ich hatte den kleinen Kerl wirklich sehr ins Herz geschlossen. "Ja, Aidan ist wirklich ein netter Junge. Er ist mir richtig ans Herz gewachsen. Ich hoffe, ich werde ein guter Stiefvater für ihn sein, solange er noch bei uns ist." Für einen kurzen Moment wich das Lächeln von meinem Gesicht. Der Gedanke an den Tag, an dem Furius ihn von Deirdre fortbringen würde, bereitete mir bereits Sorgen. Doch noch war es nicht so weit. Dann kehrte es doch wieder zurück, als ich mir überlegte, Gabinius und seine Familie zu unserem Hochzeitsfest nach Cheddar einzuladen. Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, überraschte er mich seinerseits mit einer frohen Nachricht. Denn Gabinius war gerade zum zweiten Mal Vater geworden. Natürlich stieß ich mit ihm gerne noch einmal an. 
"Meinen Glückwunsch zu deinem Töchterchen! Das ist ja wunderbar! Auf die beiden Mädels, die unser Leben bereichern!" rief ich und hob meinen Becher.
Als er erwähnte, dass er wegen der Ringe hier war, und er durchaus Verständnis hätte, falls sie noch nicht fertig seien, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. 
"Das Umwerben der schönen Deirdre hat mich in der Tat viel Zeit gekostet, aber ich habe die Arbeit rechtzeitig erledigt. Die Ringe sind bereits fertig! Ich habe sie mit viel Sorgfalt angefertigt, ganz so, wie du es gewünscht hast." erklärte ich und erhob mich, um die Ringe zu holen. Ich hatte sie in einem kleinen hölzernen Kästchen aufbewahrt, in dem sie mit einem Stück wolligem Stoff geschützt wurden. Als ich mich wieder zu ihm setzte, holte ich sie hervor und zeigte sie ihm. "Ich hoffe, sie gefallen dir!"
Zitieren
 
11-11-2024, 11:47 AM,
Beitrag #6
RE: Die Ringe der Macht - geschmiedet in den Feuern von Cheddar
Ich glaubte, ein Zögern wahrzunehmen, als Owen davon sprach, dass Aidan nicht mehr lange bei Deirdre leben würde. Aber so war es überall; Kinder gehörten ihren Vätern, wenn diese sie anerkannten:
"Aidan ist ein Furius", sagte ich: "Und gleichzeitig ist er ein Kind dieses Landes. Er wird euch alle lieben dürfen, solange wir in Frieden leben"
Das wünschte sich eigentlich jeder hier, besonders die Bauern und die Handwerker, denn Handwerk, Land und Tiere gediehen nur in Friedenszeiten.
 
Dann gratulierte mir der Schmied zu meinem Töchterchen, und wir ließen die beiden Frauen, die neuerdings unsere Leben bereicherten - Deirdre das seine und Stellula das meine - tüchtig und mehr als einmal hochleben. So kam es, dass ich sagte:
"Besuche mit Deirdre und den Kindern doch einmal uns auf unserem Landgut, wenn ihr Zeit habt. Am besten im kommenden Frühling. Da haben wir junge Fohlen, Kücken und Lämmchen, bestimmt hätten alle Kinder ihre Freude daran. Vielleicht gibt es sogar Kätzchen, und ich weiß, dass Hauskatzen in Britannien noch selten sind, sie würden also staunen. Stella hat Katzen mitgebracht, und sie sind schon dabei, die halbe Insel mit kleinen Kätzchen zu bevölkern"
ich schmunzelte. Katzen waren wirklich erstaunlich fruchtbar. Sie stanken auch weniger als Frettchen und sie waren kälteunempfindlicher als Schlangen, so dass sie als Mäusefängerinnen fürs Haus immer beliebter wurden.

Dann erklärte mir Licinianus Owen, dass er trotz des Umwerbens seiner lieblichen Braut seine Aufträge nicht vernachlässigt hatte. Meine Ringe waren fertig. Er holte sie, um sie mir zu zeigen, und ich war sprachlos. Sie waren perfekt.
Unsere goldenen Eherringe trugen jeweils die Inschrift Friudel und Fridila.
Die drei Siegelringe waren einer für mich und je einer für Stella und Clara. Das Motiv im Karneol war ein Pferd, so zierlich und kunstvoll gearbeitet, dass ich mir den Ring vor die Augen halten musste, um alles genau zu erkennen. 
Die Ringe waren vermutlich mehr wert als Kubbo, dachte ich. Der Kelte war sehr gutmütig, dass er ihn dafür in Zahlung genommen hatte:

"Ich danke Dir, Schmied Licinianus Owen", sprach ich: "...für diese schöne Arbeit. Du bist wirklich ein Meisterschmied als wärst du ein Schwarzalb!" ,
 instinktiv gebrauchte ich das germanische Wort, dachte aber gleich daran, dass ein Inselkelte die Geschichten aus den nordöstlichen Landen vermutlich nicht kannte und womöglich noch dachte, ich beleidige ihn:
"Ich vergleiche deine Kunst mit den Schmieden eines Volkes aus unseren Geschichten, welche die tödlichen Waffen und den herrlichen Schmuck für unsere Götter und Göttinnen herstellen", erklärte ich daher:
"Diese Ringe sind ihrer Kunst gleich, wollte ich nur sagen.  Lebe wohl, Schmied. Noch einmal Danke" 

Etwas benommen vom würzigen Bier und mit einer so vollen Blase, dass ich unterwegs zweimal anhalten musste, machte ich mich auf den Heimweg.
Unterwegs dachte ich daran, was wir Owen und seiner Deirde zur Hochzeit schenken konnten. Stella würde vielleicht Rat wissen.
[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
Zitieren
 


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste