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Empfang der Verlobten
11-02-2024, 08:28 PM,
Beitrag #11
RE: Empfang der Verlobten
Es beruhigte Leander ein wenig, dass sie sich nun traute, auch etwas zu essen. Sie schien doch recht schüchtern zu sein und versucht, es allen recht zu machen. Das fand er an sich gar nicht einmal so unattraktiv – und erneut war er um die räumliche Distanz zwischen ihnen ganz dankbar – war aber in diesem Fall nicht nötig. “Ich hoffe, das Essen trifft deinen Geschmack? Ich habe die Köchin gebeten, anstelle der üblichen Reste vom Vorabend lieber ein wenig die Speisekammer zu plündern für den besonderen Anlass“ fragte Leander einmal nach, auch um ein wenig herauszufinden, wie sie sich diesen Lebensbereich zukünftig so vorstellte. Als seine Ehefrau würde sie den Schlüssel zu den Vorräten erhalten und deren Übersicht wäre ihre Domäne, die Köchin wäre ihr direkt unterstellt.

Als sie meinte, seine Einstellung zu Anerkennung sei für sie schwer vorstellbar, machte Leander sich eine geistige Notiz, sie in regelmäßigen Abständen für gute Erfüllung ihrer Rolle zu loben. Wenn dies der Ehe zuträglich war und sie glücklich machte, war das nun kein großer Aufwand für ihn. “Nun, du bist anders aufgewachsen als ich, mit anderen Aussichten, und du bist eine Frau“, meinte er nicht abwertend, sondern nur als sehr verständliche Gründe, warum sie da emotional abhängiger war. Es war auch das Privileg von Frauen, emotionaler zu sein, ja gewissermaßen auch gesellschaftliche Erwartung.

Dann geschah etwas, das Leander nicht ganz einordnen konnte. Sie klang nicht so, als wolle sie bald heiraten, würde es aber eher aus der Not heraus tun. Natürlich wollte, nein, musste er bald heiraten. Wenn sein Vater wirklich diesen Winter starb und er konnte keine schwangere Ehefrau vorweisen, bekam er eine Menge Unannehmlichkeiten bezüglich des Erbes. Zwar hatte er ein Jahr Zeit, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, aber er wollte es lieber vollbringen, ohne sich mit den Behörden herumzuärgern, die eine fette Steuereinnahme witterten.
Aber er war sich nicht sicher, ob dies ein guter Start für ihre Ehe wäre. Daher versuchte er es mit etwas logischer Überzeugung. “Ich kann und will dich zu nichts zwingen, Orestilla. Natürlich habe ich ein Interesse daran, zu heiraten, ehe mein Vater stirbt, das möchte ich nicht verleugnen. Aber ich möchte nicht, dass du dich da gezwungen fühlst. Ich dachte nur, dass es auch für dich von Vorteil wäre, da ich nach der Ehe für dich und deine Sklaven als Mitglieder meines Haushaltes Sorge tragen kann. Bis dahin müsstest du allein für die Versorgung deiner Sklaven aufkommen. Als deine Mitgift hingegen wären das meine Obliegenheit. Ich wollte dir Sorgen nehmen, nicht welche bereiten.“
Er hoffte, dass sie das überzeugte, so dass sie mit mehr Überzeugung einer baldigen Hochzeit zustimmte und nicht wie ein Lamm, das zum Opferaltar schritt.
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11-03-2024, 12:08 AM,
Beitrag #12
RE: Empfang der Verlobten
Ich sah Leander an und konnte nicht anders, als sein Lächeln zu erwidern, als er mich fragte, ob das Essen meinen Geschmack traf. Das Mittagsmahl fiel hier wohl normalerweise einfacher aus, und bestand meist aus den Resten des Vorabends, was durchaus eine vernünftige und wirtschaftliche Lösung war, wie ich fand. Doch heute, meinem Besuch zuliebe, hatte er die Speisekammer etwas plündern lassen, wie er sagte. Dass er sich diese Mühe gemacht hatte, beruhigte mich. Seine Sorge um mein Wohlbefinden mag nüchtern und sachlich gewesen sein, doch sie zeigte mir, dass ich ihm keineswegs gleichgültig war.
"Oh ja, es schmeckt sehr gut, danke. Besonders der Schinken ist köstlich," antwortete ich und nahm einen weiteren Bissen vom Brot mit Schinken. Es tat gut, etwas zu essen, und schaffte eine kleine Ablenkung von der Unsicherheit, die mich immer noch ein wenig innerlich bewegte. "Dürfte ich bitte noch etwas von den Beeren haben?" fragte ich, mehr an Leander gewandt als an Morwen, die uns bediente.

Während ich aß, fragte ich mich, wie Leander sich wohl mein Leben in seinem Haus vorstellte. Als seine Ehefrau würde ich für den Haushalt verantwortlich sein – eine Aufgabe, die mich mit Stolz erfüllte, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich seinen Erwartungen immer gerecht werden könnte. Ich dachte an meine Mutter, die in meinem Elternhaus über die Vorräte und die Sklaven mit einer ruhigen Autorität wachte, die ich hoffte, eines Tages ebenfalls zu erlangen.

Leander sprach weiter, und als er meinte, meine Abhängigkeit von Anerkennung sei verständlich – ich sei eben anders aufgewachsen und schließlich eine Frau – merkte ich, wie ich unauffällig schluckte. Seine Worte klangen fast, als sähe er darin eine Schwäche. Doch sie verletzten mich nicht, vielmehr brachten sie mir den Unterschied zwischen uns einmal mehr ins Bewusstsein. Im Gegensatz zu ihm, hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit meiner Mutter genossen, während er als Sklave aufgewachsen war und darauf angewiesen, seinem Herrn zu gefallen.

Dass unsere Hochzeit durch das Weben meiner tunica recta verzögert werden könnte, gefiel ihm nicht sonderlich. Seine Gründe für eine baldige Heirat klangen fast schon kühl und berechnend. Auch wenn er versuchte, sie mir zu erklären, regte sich ein leises Bedauern in mir. Natürlich wollte er mich absichern, für mich sorgen – und doch ließ der Gedanke, dass unsere Ehe lediglich eine Zweckverbindung sein könnte, mich  zögern. Vielleicht war ich wirklich ein naives Mädchen, das sich nach ein wenig mehr sehnte als nur nach Pflichtgefühl und Sicherheit.
Doch je länger ich seinen Argumenten folgte , desto klarer wurde mir, dass er recht hatte. Eine baldige Heirat würde mir die Last nehmen, die Versorgung meiner Sklaven allein tragen zu müssen. Mit ihm an meiner Seite hätte ich die nötige Sicherheit, die ich gerade jetzt so dringend brauchte. Meine Mittel reichten nicht, um die Hochzeit lange hinauszuzögern. Wir sparten bereits, und ich wusste, dass ich es mir einfach nicht leisten konnte, die Entscheidung aufzuschieben.
Ich atmete tief ein und hob den Blick, um Leander direkt in die Augen zu sehen. "Ich… ich verstehe, Leander. Du hast recht. Eine baldige Hochzeit wäre klug, vor allem in Anbetracht meiner Situation." Ich ließ mir einen Moment Zeit, meine Gedanken zu ordnen. "Ich habe die Verantwortung für meine Sklaven, und eine Ehe würde mir vieles erleichtern. Vielleicht sollten wir dann schon in den kommenden Tagen heiraten?"
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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11-03-2024, 07:05 PM,
Beitrag #13
RE: Empfang der Verlobten
“Natürlich“ erwiderte Leander etwas perplex auf ihre frage, ob sie auch Beeren haben durfte. Niemals hätte er einem Gast eine so einfach zu erfüllende Bitte abgeschlagen. Was die Pflichten eines Gastgebers anging, hatte er sich den in der antiken Welt weit verbreiteten Grundsatz zueigen gemacht: Behandle jeden Gast so, als wäre er eine Gottheit, denn es könnte womöglich eine sein. Natürlich glaubte er keinesfalls daran, dass Orestilla sich als Gottheit entpuppten könnte, dafür war er auch nicht religiös genug um die Götter als etwas andere als mächtige Wirkkomplexe unsichtbarer Kräfte zu begreifen. Aber einen Gast zuvorkommend zu behandeln und ihm einen Wunsch nur mit einer verdammt guten Begründung zu verweigern, war für ihn eine absolute Selbstverständlichkeit.
Morwen nahm sich auch schnell Orestillas Teller und richtete an einer freien stelle darauf einige Löffel der honiggetränkten Beeren auf. Nachdem sie Orestille den Teller wiedergegeben hatte, prüfte sie auch gleich, ob das Wasser in einem der Krüge noch warm genug war, falls sie gleich ein Schälchen zum Finger waschen bringen sollte, falls Orestilla ihren Löffel zuhause gelassen haben sollte. Natürlich hatte jeder Mensch einen eigenen Löffel, den nur er selbst benutzte. Alles andere wurde als ziemlich ekelig angesehen, weshalb es feiner war, mit den Fingern zu essen, als den Löffel einer anderen Person zu benutzen.

Nachdem Orestilla also versorgt war und sie sich die Erklärungen, weshalb eine baldige Eheschließung für sie vorteilhaft wäre, angehört hatte, dachte sie kurz darüber nach und willigte schließlich zu einer so raschen Eheschließung ein, dass Leander hocherfreut war. Er hatte mit etwas mehr Zögerlichkeit gerechnet, aber wenn sie einverstanden war, so schnell seine Gemahlin zu werden, war es ihm sehr recht. Mehr als recht, seinetwegen konnte sie auch gleich heute Nacht hier bei ihm bleiben. Allerdings würde sie dieser Vorschlag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verschrecken. Sie er schien ihm nicht so sexuell offen zu sein, als dass das in frage käme. Ihr schüchternes Auftreten passte eher zu einer Jungfrau, aber das konnte auch gespielt sein, und jetzt war nicht der passende Augenblick, sie nach ihren Erfahrungen zu fragen.
“Sehr gerne. Kannst du es morgen einrichten, zur Curia zu kommen? Dann können wir dem Duumvirn unsere Absicht erklären und ihm den Ehevertrag zur Durchsicht überreichen. Sobald er dann sein Einverständnis erklärt hat, steht der Ehe dann nichts mehr im Weg.“
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11-03-2024, 10:13 PM,
Beitrag #14
RE: Empfang der Verlobten
Ich freute mich sichtlich über die süßen Beeren, die mir Morwen reichte. Meinen eigenen Löffel hatte ich dummerweise nicht dabei, denn ich hatte einfach nicht mit einem so leckeren Essen gerechnet. Doch das störte mich kaum. Ohne lange zu zögern, begann ich, die Beeren mit den Fingern zu naschen. Der Honig, der daran klebte, ließ mich kurz innehalten, während ich ihn genüsslich von den Fingern leckte. Ich schloss die Augen und ließ den Geschmack von süßem Honig und reifen Beeren auf meiner Zunge zergehen. Eine wahre Geschmacksexplosion breitete sich aus, und für einen Moment vergaß ich alles um mich herum.
Als ich die Augen wieder öffnete, wurde mir bewusst, dass mein Verhalten wohl kaum als damenhaft gelten konnte. Mit einem leicht verlegenen Lächeln warf ich meinem Verlobten einen entschuldigenden Blick zu. "Die Beeren sind wirklich unglaublich köstlich! Vielen Dank dafür!" Vielleicht sollte ich meine Finger von nun an doch besser in einem der dafür vorgesehenen Schälchen säubern, dachte ich, während Morwen aufmerksam den Krug prüfte, um mir Wasser zum Waschen anzubieten.

Als Leander dann auf meinen Vorschlag einging, die Hochzeit auf die nächsten Tage anzusetzen, spürte ich plötzlich ein überraschtes Flattern in meiner Brust. Die Geschwindigkeit, mit der alles nun voranschritt, brachte eine Welle innerer Unruhe mit sich. Natürlich war ich einverstanden, doch ein leiser Zweifel nagte weiter an mir. Alles schien so rasch auf mich einzustürmen. Mir kam es so vor, als stünde ich am Rand einer hohen Klippe und müsste in ein unbekanntes, tiefes Wasser springen. Ich fühlte mich völlig unvorbereitet, was die Hochzeit und alles, was danach kommen würde, betraf.
Was würde mich in der Hochzeitsnacht erwarten? Die Geschichten meiner Mutter waren immer nur vage Andeutungen gewesen, und ein Teil von mir wünschte sich jetzt jemanden, der mir meine Fragen ehrlich beantworten könnte, jemand, dem ich meine Ängste anvertrauen könnte. In dieser Hinsicht fühlte ich mich fast wie ein kleines, unerfahrenes Kind, was ich ja insgeheim auch noch war.
Und außerdem musste ich Juno noch meine Kindersachen opfern, um mit meiner Kindheit und meinem bisherigen Leben abzuschließen. Auch das würde sicherlich schwer für mich werden. Aber nur so konnte ich den Weg in diesen neuen Lebensabschnitt betreten.

"Ja," hörte ich mich schließlich selbst sagen, und ein vorsichtiges Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. "Das lässt sich einrichten. Ich komme morgen zur Curia."
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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11-04-2024, 06:06 PM,
Beitrag #15
RE: Empfang der Verlobten
Ein klein wenig beachtete Leander absichtlich nicht, wie sie an ihren Fingern wegen dem Honig leckte und war wieder einmal froh über den Abstand, da die Versuchung sonst doch vorhanden gewesen wäre, einen Annäherungsversuch schon vor der Eheschließung zu starten.
Als sie dann einwilligte, am nächsten Tag zur Curia zu kommen, wodurch es nur eine Frage von Tagen wäre, bis sie tatsächlich vermählt wären und damit ganz offiziell mit der Kinderproduktion starten konnten, war die Versuchung noch ein klein wenig größer. Leander räusperte sich leicht und trank noch etwas Posca, um nicht weiter an ihren Mund zu denken und über eben jene Gedanken hinwegzutäuschen.

“Sehr schön. Dann wäre das geklärt.“
Leander übte sich noch ein wenig in seichter Unterhaltung mit ihr, während sie fertig aß, und erst, als er den Eindruck hatte, dass sie gesättigt war und auch ein Aufstehen seiner Person nichts ungewolltes enthüllen würde, setzte er sich auf und an den ihr zugewandten Rand der Kline. “Wenn du in einigen Tagen dann schon hier einziehst, sollte ich dir vermutlich auch noch die anderen Räume zeigen. Bislang kennst du ja nur das Atrium und das Triclinum. Neben uns befindet sich die Küche und eins weiter noch die Latrina, auf der anderen Seite ist die Bibliothek, an die sich das überschaubare Tablinum anschließt. Neben dem Durchgang zum hinteren Bereich des Hauses ist das große Schlafzimmer meines Vaters, hier schräg gegenüber durch das Atrium. Direkt daneben ist das Lararium und daneben wäre erst einmal unser Zimmer. Bis mein Vater verstorben ist, müssten wir uns platzbedingt diesen Raum fürs Erste teilen“, gab Leander ihr schon einmal einen groben Überblick über die Räumlichkeiten. Das hier war keine Villa mit mehreren großen Schlafzimmern. Dass er ein eigenes hatte, hatte er auch nur dem Umstand zu verdanken, dass es für ihn als Erben unziemlich gewesen wäre, mit den Sklaven zusammen zu nächtigen. Wenngleich hin und wieder Morwen oder Innogen bei ihm nächtigten, was weniger platzbedingt war.

“Bevor ich dich aber frage, was du zuerst ansehen willst, habe ich noch eine persönliche Frage an dich“, sagte er und wartete, bis auch sie sich aufgesetzt hatte, damit sie auf einer Höhe waren. Und ja, er hatte versucht, nicht an ihren Mund zu denken und nicht an Honig und an verschiedene Dinge, die ihr hoffentlich gefielen. Als er aber fragte: “Erlaubst du mir, dich zu küssen?“ musste er sich selbst eingestehen, dass das nicht vollständig erfolgreich gewesen war angesichts ihrer baldigen Verbindung.
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11-04-2024, 11:41 PM,
Beitrag #16
RE: Empfang der Verlobten
Morwen hatte mir ein kleines Schälchen mit Wasser gereicht, damit ich meine Finger säubern konnte. Ich tauchte meine klebrigen Finger hinein, um den letzten Honig zu entfernen. Danach fühlte ich mich deutlich frischer. Dann naschte ich noch etwas Brot und Käse, und während ich Leanders Worte lauschte, spürte ich, wie sich eine angenehme Sättigung einstellte. Unsere Unterhaltung plätscherte leicht dahin, über dies und das, und hin und wieder entlockte er mir ein kleines Kichern. Ein untrügliches Zeichen, dass ich allmählich auftaute, zumindest solange das Gespräch nicht auf die Hochzeit kam.

Als Leander sich aufrichtete und mir zugewandt Platz nahm, war ich gespannt, was nun folgen würde. Noch hatte ich das Haus nicht vollständig gesehen, und ich nahm an, dass er mir die übrigen Räume zeigen wollte. Tatsächlich gab er mir zunächst einen Überblick, welche Zimmer sich wo befanden, doch ich zweifelte, ob ich mir all das auf Anhieb merken konnte. Dann, ganz beiläufig, erwähnte er, dass wir uns zunächst ein Zimmer teilen würden. Einen Moment lang erstarrte ich, und ein heißer Schwall von Verlegenheit überkam mich. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg, und mir ein verlegenes "Oh..." entfuhr. Schnell versuchte ich, meine Verlegenheit zu verbergen, setzte mich auch auf und lächelte gequält. Ich nickte, um ihm zu zeigen, dass ich verstanden hatte. Doch das Bild, Seite an Seite mit ihm schlafen zu müssen, konnte und wollte ich mir jetzt nicht zu genau vorstellen.

Als ich ihm gegenübersaß, überraschte er mich damit, dass er noch eine persönliche Frage stellen wollte. Für einen Moment herrschte eine angespannte Stille, und mein Herz begann schneller zu schlagen, während ich glaubte, meine Wangen würden zu glühen beginnen. Die Frage ließ nicht lange auf sich warten – und brachte mich völlig aus der Fassung. Ein Kuss? Jetzt schon? War das nicht viel zu früh? Oder nicht?
Meine Gedanken überschlugen sich. Ein Kuss war doch etwas sehr Intimes! Und konnte man davon vielleicht sogar schwanger werden? Ich hielt den Atem an, unfähig, auch nur eine Silbe hervorzubringen. Doch irgendwann zwang mich der Luftmangel, wieder zu atmen. Ich schluckte und sah Leander scheu an. Er wartete auf meine Antwort. Dabei hoffte ich, er registrierte nicht, wie verwirrt ich innerlich war. Das half ein wenig, doch die Unsicherheit in mir blieb. Am liebsten wäre ich jetzt gegangen oder hätte jemanden gefragt, was zu tun war. Aber das war unmöglich. Schließlich, nach einem Moment des unbehaglichen Schweigens, nickte ich zögernd und brachte ein kaum hörbares "Ja" hervor.
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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11-05-2024, 02:06 PM,
Beitrag #17
RE: Empfang der Verlobten
Natürlich bemerkte Leander sehr genau, wie sie über seine frage erschrak und sich erst zusammenreißen musste, ehe sie das zögerlichste Ja der Welt herausbrachte. Er seufzte innerlich und erhob sich von seiner Sitzposition.
Er hatte auf ein neugieriges, vielleicht sogar enthusiastisches Ja gehofft. Etwas, das annehmen ließ, dass sie sich auf die körperliche Zweisamkeit mit ihm freute, oder zumindest neugierig genug war, um diesen winzigen Vorgeschmack darauf freudig anzunehmen. Sie hingegen sah aus, als hätte er sie gebeten, einen Hundewelpen zu erwürgen, und er fragte sich einmal mehr, ob das an ihm lag, oder ob ihre Eltern wirklich derart viele Versäumnisse in ihrer Erziehung gemacht hatten, dass sie schlicht nicht wusste, was auf sie zukam. Was eigentlich beinahe unmöglich war in einer Welt, wo in den Thermen sehr explizite Darstellungen an den Wänden zu finden waren und Prostituierte ihr Geschäft auch gerne am Straßenrand gegen eine Häuserwand gepresst durchführten, und wo Sklavinnen sehr regelmäßig mit den männlichen Hausbewohnern verkehrten. Ja, manche Mutter sandte ihrem Sohn sogar explizit welche ins Bett, sobald er auch nur ein beginnendes Interesse dafür zeigte. Senecas drei Töchter hatten allesamt gewusst,  wie Kinder entstanden, ehe sie in die Ehe eintraten. Bei Norbana Orestilla war sich Leander dessen nicht sicher.

Er stand also einfach nur auf und reichte ihr die Hand als Hilfe, von der Kline elegant aufzustehen, ohne sich mit dem Kleid zu verheddern, ohne sie zu küssen. Hätte sie sich offen gezeigt, hätte er sie gerne geküsst, bei Gefallen auch mehr, hätte sie zu sich und auf seinen Schoß gezogen und wer weiß, woran sie noch Gefallen gefunden hätte. So allerdings nicht. Leander war niemand, der Frauen gegen ihren Willen zum Beischlaf zwang, er war nicht gewillt, bei seiner Ehefrau dann damit anzufangen. Was heißen würde, dass er getrennte Betten aufstellen lassen würde und sich in dem Waisenhaus nach der Möglichkeit der Adoption eines Mädchens erkundigen würde, sobald sein Vater gestorben wäre.
“Ich hoffe, dass du mir eines Tages so weit vertraust, dass du mir auch ein Nein zu sagen dich traust, wenn du etwas nicht willst. Ich neige nicht zu Zornesausbrüchen und bin allgemein kein besonders übergriffiger Mensch.“
Nachdem das also festgestellt war, hoffentlich sanft genug, um sie nicht weiter zu verschrecken, fragte Leander also schlicht. “Was würdest du gerne zuerst sehen?“
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11-05-2024, 09:31 PM,
Beitrag #18
RE: Empfang der Verlobten
Als Leander auf meine zögerliche Antwort hin einfach aufstand, fühlte ich eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Verwirrung. Einerseits war ich froh, dass er mich nicht wirklich küssen wollte – mein Herz pochte ohnehin schon bis zum Hals, und allein die Vorstellung hatte mich völlig aus der Fassung gebracht. Doch als er sich höflich abwandte und mir die Hand reichte, spürte ich auch einen winzigen Anflug von Enttäuschung, der mich selbst überraschte. Irgendwo, ganz tief in mir, war da doch die Neugier, wie es sich wohl anfühlen würde, von einem Mann geküsst zu werden. Es war diese Ungewissheit, die mich in den letzten Tagen öfter beschäftigt hatte, als ich es zugeben wollte. Aber wenn der Moment tatsächlich kam, war ich dann doch vollkommen überfordert und viel zu verunsichert.
 Leander war so höflich und rücksichtsvoll, wie er mir half, von der Kline aufzustehen, und ich fühlte, wie meine Wangen immer noch leicht brannten. Seine Hand war warm und kräftig, doch er hielt sie mit einer leichten Distanz, als wollte er mir respektvoll Raum lassen. Ein kleiner Teil von mir fragte sich, ob ich ihn enttäuscht hatte, ein weiterer, ob ich selbst enttäuscht sein sollte. Vielleicht hatte er sich ein begeistertes Ja von mir gewünscht, doch ich hatte es ihm nicht geben können.
 Dann, ganz sanft und mit einem ruhigen Blick, sagte er etwas, das mich innerlich aufrüttelte: Er hoffte, dass ich ihm eines Tages so weit vertrauen könnte, dass ich mich trauen würde, ihm auch ein Nein zu sagen, wenn ich etwas nicht wollte. Seine Worte waren ruhig, aber sie hinterließen einen starken Eindruck in mir. Ein Nein... die Möglichkeit, meine eigenen Grenzen zu setzen, selbst jetzt, wo er bald mein Ehemann sein würde? Wenn ich den Worten meiner Mutter Glauben schenken durfte, gab es ein solches Nein kaum. Sie hatte mich gelehrt, dass der Mann der Herr sei. Sein Wort sei Gesetz, und seinem Willen habe man zu gehorchen. Doch irgendwie beruhigte mich das, und ich lächelte schwach. Vielleicht wollte er mir auch nur zeigen, dass ich keine Angst vor ihm haben musste. 
"Ich... äh... Es tut mir leid, ich werde mir Mühe geben, ehrlich zu sein, wenn ich mich bei etwas unwohl fühle," stammelte ich schließlich verlegen.

Nachdem diese seltsame Spannung sich etwas gelöst hatte, fragte er, ganz unverfänglich was ich gerne zuerst sehen wollte. Das brachte mich zurück ins Hier und Jetzt. Ich musste die Hände ineinander verschränken, um meine Unsicherheit loszuwerden, und war dankbar, dass wir uns nun ganz anderen Dingen zuwenden konnten.
 "Ich würde gern zuerst die Wirtschaftsräume und die Culina sehen," sagte ich mit einem leichten Nicken. Das klang vielleicht banal, doch ich wollte mich mit den Räumen vertraut machen, die in Zukunft 'mein Reich' sein würden in denen und in denen ich mich wohl am meisten aufhalten würde, um das Haus in Ordnung zu halten und die Sklaven zu beaufsichtigen.
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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11-05-2024, 11:03 PM,
Beitrag #19
RE: Empfang der Verlobten
Leander glaubte nicht daran, dass der Tag bald kommen würde, an dem sie ihre Grenzen offen kommunizierte. Solange er also ihrem Ja nicht vollumfänglich vertrauen konnte, würde er es in gewissen Bereichen als ein Nein bis auf weiteres bewerten. Aber glücklicherweise gab es für all diese Dinge Alternativen.
“Gut, dann starten wir mit der Küche, da diese gleich neben an ist“ meinte er also freundlich und führte sie den kurzen Weg ins Atrium und von dort eine Tür weiter. Die Küche war überschaubar eingerichtet. Für einen kleinen Haushalt brauchte es keine große Küche. Es gab einen eigenen Wasseranschluss, was einen Luxus darstellte, da es den Weg zum nächsten Brunnen ersparte, eine größere Feuerstelle, die durch ein kluges Schachtsystem ihre Wärme auch in den Fußboden und von dort weiter in das restliche Haus leiten konnte, so dass man im Winter die Räume etwas beheizen konnte und nicht nur auf Kohlebecken angewiesen war, einen großen Tisch, an dem alles geschnitten und vorbereitet werden konnte und über dem von der Decke getrocknete Kräuter und einige Töpfe und Pfannen hingen und eine Ecke mit Putzutensilien. Und im Grunde war es das schon. Das, und natürlich die ältere Köchin, die etwas älter als Leander war, aber wesentlich mehr graue haare ihr Eigen nannte, und die zwar freundlich wirkte und mit einem kleinen Lächeln sowohl Leander als auch Orestilla begrüßte, die aber immer wieder abschätzend zu Orestillas Sklavin Corinna blickte. Offenbar war der Wettkampf um den Platz der Köchin schon gestartet. Und noch einmal beschloss Leander, sich aus diesem so gut wie irgend möglich herauszuhalten.
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11-06-2024, 01:14 PM,
Beitrag #20
RE: Empfang der Verlobten
Als wir die Küche betraten, nahm ich mir einen Moment, um die Umgebung auf mich wirken zu lassen. Die Wärme des Raumes verlieh der Küche eine Gemütlichkeit, die ich so nicht erwartet hätte. Ein Hauch von getrocknetem Thymian und Rosmarin lag in der Luft und ließ den Raum einladend wirken. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie hier jeden Tag Brot gebacken, Eintöpfe gekocht und das Haus mit den verschiedensten Düften erfüllt wurde.

Die ältere Köchin, die uns mit einem schmalen Lächeln begrüßte, wirkte freundlich, doch ihr Blick schweifte mehrmals misstrauisch zu Corinna hinüber. Ich bemerkte, wie die norbanische Köchin die Lippen fest zusammenpresste und ihren Kopf leicht hob – ein eindeutiges Zeichen, dass sie sich von der Anwesenheit der anderen Köchin nicht einschüchtern lassen würde. 
Ich räusperte mich leise und wagte es schließlich, meine Hand zu heben und beide Frauen mit einem freundlichen, jedoch bestimmten Lächeln zu mustern. "Ich hoffe, wir werden alle gut miteinander auskommen," sagte ich sanft an die beiden Köchinnen gerichtet, dabei aber doch in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. 
Die ältere Köchin neigte leicht den Kopf und murmelte etwas Zustimmendes, während Corinna ein kleines, zufriedenes Lächeln zeigte, das ihren festen Standpunkt zu unterstreichen schien.  Ob der Frieden in der Küche noch eine größere Herausforderung darstellen würde, musste sich noch zeigen.

"Ich denke, ich habe einen guten Eindruck gewonnen," sagte ich schließlich, um die Spannung ein wenig zu lösen. "Vielleicht könnten wir uns nun das Tablinum und… das Schlafzimmer ansehen?" Ich spürte, wie mir bei diesen Worten wieder die Röte in die Wangen steigen wollte. Obwohl das Zimmer nur ein Raum wie jeder andere sein sollte, gab es doch keine anderen Gedanken, die mir auf Anhieb mehr Verlegenheit bereiteten.
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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