04-06-2024, 10:08 AM,
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Licinianus Owain
Begnadeter Kunstschmied
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Ein geheimnisvoller Besucher
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Im Inneren der Schmiede, die auch mein Wohnraum war, roch es verführerisch nach einer herzhaften Mahlzeit. Auch das Herdfeuer, das friedlich vor sich hin brannte, wärmte den ganzen Raum und trug dazu bei, dass es trotz all der Werkzeuge und der teils fertigen Büsten und Skulpturen, doch recht behaglich wirkte.
"Bitte setz dich doch an mein Herdfeuer!" bat ich ihn und bot ihm einen Platz auf einer der Bänke um das Feuer an. "Hast du Hunger? Ich hatte mir gerade etwas Eintopf zubereitet." Ich deutete auf den Kessel mit dem blubbernden Inhalt, der über dem Herdfeuer hing. "Oder möchtest du etwas trinken? Ich habe frischgebrautes Bier hier oder auch Wein, wenn du möchtest." Letzteren hatte ich mir für meine römische Kundschaft angeschafft, damit ich ihnen etwas anbieten konnte. Natürlich gab es auch Wasser.
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04-07-2024, 03:21 PM,
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Druide
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RE: Ein geheimnisvoller Besucher
Corio
Corio nahm Platz und streckte die Beine gegen das Feuer aus, um sich seine Zehen zu wärmen:
"Mein Name ist Corio, mein Vatername tut nichts zur Sache. Früher nannte man mich auch Corio vom See der kleinen Steine. Ich nehme gerne einen Becher Bier und eine Schale deines Eintopfes an, denn ich sehe, dass deine römischen Kunden dich die guten Regeln unserer Gastfreundschaft nicht haben vergessen lassen",
nun glitt ein Lächeln über des Mannes Gesicht, und er wirkte jung, weit jünger als zuvor. Tatsächlich konnte niemand, der mit ihm sprach, Corios Alter wirklich schätzen.
Corio nahm Speise und Trank entgegen. Er aß bedächtig, konzentriert auf das, was er tat. Dann schmatzte er behaglich: "Ich danke dir" Seine Hand vollführte ein Segenszeichen:
"Bevor wir weiterreden, junger Schmied- der- nicht- Bedran- ist, wie darf ich dich nennen?
Sage mir nur, welchen Dingen du die Treue hälst?
Deinen Freunden oder deiner Frau? Deinen Kunden oder deinem Land? Den neuen oder den alten Göttern?"
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04-16-2024, 09:03 AM,
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Licinianus Owain
Begnadeter Kunstschmied
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RE: Ein geheimnisvoller Besucher
Der Fremde nahm meine Einladung an und setzte sich ans Feuer. Sein Name war Corio. Corio vom See der kleinen Steine. Ich musste zugeben, dass ich diesen Namen noch nie gehört hatte. Bevor ich mich zu ihm ans Feuer setzte, reichte ich ihm einen Becher Bier und eine Schale des Eintopfes. Während wir aßen herrschte bedächtige Stille, die schlicht und ergreifend dem Hunger geschuldet war. Hin und wieder spülte ich einen Bissen mit dem Bier hinunter. Schließlich beendete ich mein Mahl mit einem herzhaften Rülpser. Auch meinem Besucher schien es geschmeckt zu haben. Er bedankte sich und vollführte ein Zeichen mit seiner Hand, das ich zuvor nur bei einem Druiden gesehen hatte. Zugegebenermaßen beeindruckte und beunruhigte mich dies zugleich. Nein, nicht die Tatsache, dass gerade ein Druide in meiner Schmiede mit mir am Feuer saß, sondern dass er hier saß!
Zunächst wollte er meinen Namen wissen und wem ich die Treue hielt, meinem Volk oder den Besatzern. Diese Frage war für mich ganz einfach zu beantworten.
"Mein Name ist Owain. Ich bin Silurer. Meine Heimat lag am Y Mynydd Du, dem schwarzen Berg in Cymru, bevor die Römer mein Dorf zerstörten und mich in die Sklaverei verkauften. Meine Frau, die nicht mehr meine Frau ist, kaufte mich und ließ mich frei. Sie hat diese Schmiede gepachtet, nachdem der alte Schmied gestorben war," erklärte ich. "Meine Treue gilt nach wie vor meinem Volk und seinen Göttern."
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04-17-2024, 03:07 PM,
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Druide
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RE: Ein geheimnisvoller Besucher
Corio
" Das habe ich gehofft zu hören, Owain vom Schwarzen Berg", erwiderte Corio und schaute in das offene Gesicht des jungen Schmieds:
"Vor langer Zeit, kurz nach dem Fall der Großen Königin, bekam Bedran den Auftrag, die übrigen Schwerter und Streitäxte ihres verlorenen Heeres zu verbergen sowie heimlich neue Waffen zu schmieden. Doch niemals hat sie jemand bei Bedran abgeholt. Ich bin gekommen, um zu fragen, was aus diesen Waffen geworden ist", nun warf der Druide Owain wiederum einen prüfenden Blick zu:
"Weißt du etwas über ihren Verbleib? Oder haben die Römer sie gefunden und mitgenommen?"
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04-21-2024, 09:36 AM,
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Licinianus Owain
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RE: Ein geheimnisvoller Besucher
Corio schien mit meiner Antwort zufrieden zu sein. Nun, da er sich sicher sein konnte, wem meine Treue galt, hoffte ich nun auch, Näheres über den Grund seines Besuches zu erfahren. Meine Hoffnung sollte sich erfüllen! Der Alte sah mich einen Moment lang an, dann begann er auch schon zu erzählen. Er holte dafür weit aus und begann mit der großen Königin und deren Fall. Eine schwarze Stunde für uns alle! Doch war Corio dann erzählte, ließ mir fast den Atem stocken. Mir war Bedrans Waffenarsenal sehr wohl bekannt! Ich hatte sie selbst entdeckt, als ich die erste Zeit hier in der Schmiede gearbeitet und auch hin und wieder übernachtet hatte. Ich konnte mich noch sehr gut an jene Nacht erinnern, als ich die Kisten mit Schwerten, Axten, Speer- und Pfeilspitzen entdeckt hatte. Als er mich nun über den Verbleib der Waffen fragte, lief mir ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Ich hatte immer schon geanht, dass dieser Tag kommen würde, an dem jeamnd nach den Waffen fragen würde.
"Ja, ich weiß, wo sich die Waffen befinden. Sie waren im Kasten meines Bettes versteckt. Aber dort sind sie nicht mehr." antwortete ich bedeutungsschwanger.
Zum Glück hatten die Römer die Waffen nicht gefunden, sonst hätten sie mich damals sicher ans nächste Kreuz genagelt. Es war die alte Gwrach gewesen, die mir geholfen hatte. Sie hatte mich damals gewarnt, die Römer hatten überall ihre Aufen und Ohren. Wie ein Nebelschwaden war sie damals aufgetaucht und dann auch wieder verschwunden. Doch die Waffen lagen nun in einem sicheren Versteck!
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05-18-2024, 07:40 PM,
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RE: Ein geheimnisvoller Besucher
Corio
Corio atmete tief aus, die Erleichterung darüber, dass die Waffen zumindest nicht verloren waren, war ihm anzumerken. Für die Kelten bedeutete Rüsten jedes Schwert, jede Axt eigenhändig anzufertigen. Jedes einzelne Stück war kostbar. Sie konnten nicht auf Heere von Schmied- Sklaven und reichem Metall aus allen Minen der bekannten Welt zurückgreifen wie das Imperium es konnte:
"Du hast demnach die Waffen selbst verborgen? Dein Handeln war sehr umsichtig, Owain vom Schwarzen Berg", sprach er und nickte mit dem Kopf:
"Damit du siehst, dass ich dir vertraue, werde ich dir verraten, wer denn ihre Reparatur und Herstellung in Auftrag gegeben hat. Es war Meister Cathbad. Er hat mich geschickt. Wenn überhaupt jemand den Titel des Pendragon von Albion beanspruchen dürfte, so ist er es, der Höchste im Rat der Druiden. Ich werde ihm berichten, was du für uns getan hast. Er wird es nicht vergessen"
Corio machte eine Sprechpause. Er ließ Owain Zeit , erst einmal zu verdauen, dass es noch Druiden gab. Und das einer von ihnen ihm gegenüber saß:
"Die Bürde, Schwerter und Äxte zu verstecken, soll jedoch bald von dir genommen werden. Am nächsten Neumond werden fünf Krieger vom Volk der Silurer kommen, um sie mitzunehmen", kündigte er an.
Gegen diese Entscheidung gab es keine Wiederrede. Aber der Schmied gefiel Corio, und deshalb fuhr er fort:
" Sage einmal, möchtest du dich ihnen nicht anschließen und mit nach Norden gehen? Umsichtige Männer können wir immer gebrauchen. Oder....", er wies mit einer Geste auf das Haus, denn der Wohlstand von Owain war ihm nicht entgangen:
"Oder bist du den Römern irgendetwas schuldig?"
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05-26-2024, 09:11 PM,
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Licinianus Owain
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RE: Ein geheimnisvoller Besucher
Die Erleichterung war dem Alten anzusehen, als er erfuhr, dass die Waffen bislang unentdeckt geblieben waren. Aber weshalb er erst jetzt gekommen war, um danach zu fragen, das gab mir Rätsel auf. Natürlich konnte ich nur mutmaßen, wie lange Bedran diese Waffen in seiner Schmiede gehortet hatte – einige Jahre mussten es schon gewesen sein.
"Ja, das habe ich", antwortete ich auf seine Frage. "Das war auch gut so, denn einige Tage später kamen römische Soldaten ins Dorf, um eine Razzia durchzuführen. Sie suchten aber nicht gezielt nach den Waffen. Ihr Interesse war es, Beute zu machen und Schrecken zu verbreiten." Selbst jetzt noch wurde es mir ganz unbehaglich, wenn ich an jenen Morgen zurückdachte. "Damals war ich noch ein Sklave. Hätten sie die Waffen bei mir gefunden, hätten sie mich ans nächste Kreuz genagelt."
Der Alte begann, etwas von Vertrauen zu faseln und wollte mir nun verraten, wer der geheimnisvolle Auftraggeber der Waffen gewesen war – ein gewisser Meister Cathbad, der, wenn man seinen Worten Glauben schenken durfte, ein hoher Druide gewesen war. Da staunte ich nicht schlecht, denn offenbar weilte dieser Cathbad immer noch unter den Lebenden.
"Ein Druide?", fragte ich verwundert. Dann schlussfolgerte ich, dass auch Corio einer sein musste. "Ich dachte, ihr wärt alle tot!" Das klang nun nur halb so ehrerbietig, wie ich mich gerade fühlte. Denn natürlich war es mir eine Ehre, dass ein heiliger Mann seinen Weg zu meiner Schmiede gefunden hatte, auch wenn dies höchst gefährlich war. Wenn jemand den Römern steckte, dass ich mit Druiden verkehrte, konnte ich meine Schmiede dichtmachen!
Corio verkündete mir nun, dass schon bald fünf silurische Krieger kommen würden, die die Waffen mitnehmen wollten. Einerseits war es beruhigend, wenn die Waffen endlich fort wären. Andererseits fragte ich mich, was die fünf silurischen Krieger damit vorhatten. Das Silurerland war inzwischen mehr oder weniger von den Römern unterworfen worden. Soweit ich wusste, gab es auch keinen großen und mächtigen Anführer mehr, der zu einem Aufstand gegen die Römer aufrufen konnte. Also wozu dienten dann die Waffen?
Mit der nächsten Frage des Alten hatte ich absolut nicht gerechnet. Entsprechend hielt ich auch erst einmal die Luft an, bevor ich etwas erwidern konnte. "Sie bringen die Waffen in den Norden?" Wie man so hörte, hatten sich die Briganten von Rom abgewandt, nachdem Königin Cartimandua vertrieben worden war. Was lag also näher, als dass die Waffen für die Briganten bestimmt waren?
Doch Corio wollte eine Antwort hören, ob ich mich den Kriegern anschließen wollte oder ob ich den Römern etwas schuldig sei. "Wie gesagt, ich war bis vor gut einem Jahr noch Sklave einer Römerin. Sie hat mich freigelassen und ich nahm sie zur Frau. Doch wir haben uns wieder getrennt, weil…" Ich zögerte. "Nein, ich bin den Römern nichts mehr schuldig! Aber zum Krieger tauge ich nicht." Ich war einSchmied und wollte es auch bleiben!
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05-28-2024, 01:22 PM,
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Druide
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RE: Ein geheimnisvoller Besucher
Corio
" Es tut mir Leid, dass du dein Leben riskieren musstest", sagte Corio betrübt. Er war verbindlicher als Carthbad, weshalb der Alte ihn gerne in die Dörfer schickte:
" Mehr als Dank können wir dir nicht geben. Aber eines Tages, Owain vom Schwarzen Berg, wird es gerächt werden, dass Rom Sklavendienste von dir verlangt hat. Und ich verspreche dir, dass der Tag nicht fern ist. Du wirst ihn noch erleben"
Das der junge Schmied darüber, ihn so gesund und munter zu sehen und dazu noch von anderen Druiden zu hören, staunte, wunderte Corio nicht:
" Auch die Römer glauben, dass wir alle tot sind. Und es ist nur gut, wenn sie dies annehmen", antwortete er grimmig:
"Du bist nicht dumm, du kannst du dir denken, dass diese Waffen nicht in den Norden gehen, um nur in Truhen aufbewahrt zu werden"
Das Owains ehemalige Herrin, die Römerin, ihren früheren Sklaven, zum Manne genommen hatte, konnte Meister Corio gut verstehen. Owain sah gut aus, und als Schmied war er in seinem eigenen Volk nicht von niedriger Herkunft. Einen Moment sah er ihn forschend an:
" War es der römische Hochmut, der dich von deiner Ehefrau entzweite? Sie können nicht anders! Sie sind auch Menschen, und eine Mutter muss sie geboren haben. Doch manchmal glaube ich, dass sie dem kalten Eisen entstammen, so kalt und gierig wie sie selbst sind", sprach er über die römischen Herren des Landes.
Dann erhob er sich:
"Schade, dass du nicht mit den Silurern gehen wirst. Aber wir können nicht alle Krieger sein. Wir sollten es auch nicht, denn wenn die jungen Krieger fallen, wer sät, wer erntet? Auch wenn ich glaube, dass du schon mehr Tod im Kampf gesehen hast als du zugibst, Schmied Owain. Ich lese es in deinen Augen.
Lebe wohl und halte dich bereit. Danke für deine Gastfreundlichkeit"
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