06-27-2025, 10:28 PM,
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Cinead
Zwillingsfalke
  
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Auf verschlungenen Pfaden durch Britannia
Lindenhain außerhalb von Iscalis
Ein gutes Stück außerhalb von Iscalis gab es einen versteckten Lindenhain, der so gut wie allen Falken und jedem Druiden reglich bekannt war. Oft genug war es ein verborgener Rastplatz, der vor den gierigen Augen der Römer schützte und wo kein Kelte es wagen würde, dein Pferd oder deinen Besitz zu stehlen ohne den Zorn der Götter und der Erde zu riskieren. In den Ästen der Linden hingen druidische Schutzzauber, kunstvoll gewebte Bänder, Gebilde aus Zweigen und schillernden Metall- und Glasteilen. Zwischen einigen der alten Linden standen natürlich in die Landschaft eingelassene kniehohe und mossbewachsene Steine, die den Kundigen Wegweiser zum nächsten sicheren Platz waren und für die Hellfühligen waren sie eine Kreuzung der magischen Linien, die das Reisen auf dem Wind ermöglichten.
Für Cinead, der weder auf dem Wind reiste noch mit Geistern oder Göttern sprach oder einen Sinn für das Geflecht der Götter und der Menschen hatte, war es einfach nur ein bequemer und sicherer Rastplatz. Er hatte sich ein kleines Feuerchen gemacht und zwei abgezogene Hasen waren auf Zweigen aufgespießt und brieten langsam vor sich hin am Rande des Lagerfeuers. Seine Bettrolle hatte Cinead bereits ausgerollt und lässig ausgestreckt lag er da und schnitzte an einem kleinen Wurfspeer. Ein leichter Wind sorgte für einen lauen Sommerabend, der die Schutzzauber und Opfergaben in den Ästen der Linden sanft zum Klimpern brachte ab und an. Cineads Pferd mampfte gemütlich an dem einen oder anderen Grasbüschel am Rand der Lichtung und später würde es noch ein bisschen Korn bekommen. So wartete er auf Fin und den hoffentlich mit ihm eintreffenden Getränken.
Falke
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06-30-2025, 11:18 PM,
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Fintan
Forenmitglied
  
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Registriert seit: May 2023
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RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannia
Als Fintan ankam, war die Mittagszeit längst einem kühlen Abend gewichen. Er führte das Pferd seines Meisters durch den verborgenen Hain, den er besser kannte als die meisten übrigen Menschen. Ob hier wirklich Zauber wirkten, wer wusste das schon? Doch es war sicher und abgelegen und wie erhofft, war der Bruder noch hier und wartete.
"Hier bin ich", sagte er überflüssigerweise und band das Pferd an. Aus dem Sattel holte er das versprochene Ale. Seine Brüder hatten nicht viel für römischen Wein übrig, soweit er wusste, und daher hatte er auch keinen besorgt. Er setzte sich vor das Feuer und reichte Cinead etwas von dem guten Zeug, während der Geruch der langsam gebratenen Kaninchen die Luft erfüllte und den Jungen sehnsüchtig danach riechen ließ. "Hoffe, du wartest nicht zu lange..."
Götter, wieder so ein merkwürdiger Austausch. So wirklich mitteilen konnte Fintan sich noch nicht, immerhin war es unüblich für ihn, überhaupt richtige Gespräche zu führen.
Falke
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07-01-2025, 01:07 PM,
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Cinead
Zwillingsfalke
  
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Registriert seit: Apr 2023
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RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannia
Als Fin auf der Lichtung erschien, war das Essen schon fast fertig. Ich legte noch ein paar Zweige und einen halben Scheit auf das bereits ein wenig heruntergebrannte Feuer und fachte es neu an, damit die Hasen noch eine schöne knusprige Kruste außen haben würden durch die Hitze. Ich hob die Hand zum Gruße und machte ein wenig Platz ums Feuer, damit Fin sich ebenfalls breit machen konnte. Als das Ale zum Vorschein kam, musste ich aber grinsen. Ich lebte nicht gerne in Siedlungen, aber gegen ein kräftiges Ale hatte ich absolut gar nichts. Auf die Bemerkung mit dem Warten hin grinste ich nur schief, da ich es mir offensichtlich gemütlich gemacht hatte und sowieso hier nächtigen würde.
Für mich war Schweigen eine zweite Natur und ich war es gewohnt stundenlang den Geräuschen des Waldes und der Tiere zu lauschen. Fin dagegen schien noch mit sich zu hadern, ob er nun sprechen wollte oder nicht. Oft war ich wochenlang alleine unterwegs, mal hierhin oder dorthin auf der Suche nach einer obskuren Zutat für Ciarans Experimente und Zauberpülverchen oder einfach nur, weil ich wieder Hummeln im Arsch hatte. Seit einiger Zeit allerdings kamen keine kryptischen Aufträge mehr von Cathbad und auch um Ciaran war es still geworden seit er verschwunden war und so driftete ich hierhin und dorthin, wie es mir gefiel.
Der Wurfspeer war seit Stunden fertig und mein Schnitzen erstreckte sich mittlerweile auf einen Klotz Holz in meinen Händen, der einmal ein Fischotter werden würde, auch wenn man das noch nicht erkennen konnte. Ab und an nahm ich einen Schluck Ale, während ich konzentriert an meinem Klotz arbeitete und darauf wartete, dass Fin endlich mit der Sprache rausrücken würde. Irgendetwas schien er mir sagen zu wollen oder mich fragen zu wollen, aber vielleicht brauchte er erst auch noch einen vollen Magen um sich zu entspannen oder so. Das Essen sollte ja hoffentlich gleich fertig sein.
Falke
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07-08-2025, 08:47 PM,
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Fintan
Forenmitglied
  
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Registriert seit: May 2023
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RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannia
"Stimmt. Dir geht's gut", interpretierte Fintan das Lächeln. Die beiden Zwillinge zu lesen, war so gut wie unmöglich. Er war ganz gut darin, doch da aus ihm selbst stets nur Spott oder wirres Zeug zu holen war, hatten seine Brüder das nicht so mitbekommen.
Und so schwiegen sie. Fin starrte ins Feuer. Er mochte es nicht, wenn Worte zwischen ihnen hingen, denn eigentlich wollte er sprechen. Viele Dinge sagen. Doch den Trost, den er sich wünschte, würde er von Cinead wohl nicht bekommen. Wohl von keinem sonst ebenso, denn seine Brüder waren in alle Winde verstreut - und hassten ihn - und seinem Meister konnte er schlecht die ganze Wahrheit erzählen.
"... Und, nochmal was vom Alten gehört?", fragte Fintan stattdessen. Immerhin, vielleicht saß er hier mit Cathbads Mörder zusammen...? Er wollte unbedingt jemandem sagen, dass er die Leiche verscharrt hatte, doch... was, wenn er es dem falschen erzählte? Was, wenn es Ärger gab? Er musste sich langsam vortasten.
Falke
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07-09-2025, 09:42 PM,
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Cinead
Zwillingsfalke
  
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Registriert seit: Apr 2023
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RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannia
Den Kopf des Otters konnte man schon gut erkennen, aber der Körper war noch im Holz verborgen. Nach dem Essen war aber noch genug Zeit dafür, also legte ich den Holzklotz und das kleine Messer beiseite, welches ich zum Schnitzen benutzte. Dann kontrollierte ich, dass die beiden Hasen schon gar und außen knusprig waren und nickte dann zufrieden. Ich hatte die Hasen auf nasse Weidenzweige gesteckt, damit man sie nach der Zubereitung leicht abziehen konnte, aber noch waren sie ein wenig zu heiß zum Essen. Ich reichte einen Hasen an Fin weiter, während ich meinen eigenen neben mich mit einem Ende in die Erde steckte, wo er ein paar Minuten abkühlen konnte, damit ich mir nicht den Mund daran verbrennen würde.
Der späte Nachmittag ging in den Abend über und als das Zwielicht einsetzte, begann ich mich über mein Abendessen herzumachen. Mir ging es in der Tat gut, wie auch Fin bemerkt hatte. "Geht es dir denn auch gut? Du hast gesagt du hast Arbeit? Wie siehts mit einem Weib aus?" Ich blickte Fin forschend an, dessen Laune ich selten einschätzen konnte. Er lachte und scherzte oft, auch wenn er gar nicht froh wirkte, was mir unnötig und verwirrend erschien. Aber vielleicht wollte er ja bei den Falken aussteigen und sich irgendwo niederlassen nachdem er nun eine Lehre angefangen hatte...vielleicht war das sein Anliegen?
Dann jedoch sprach er Cathbad an. Von dem hatte ich selbst schon Ewigkeiten nichts mehr gehört. "Den alten Zausel? Hab ich zum letzten Mal gesehen, als er uns die Prinzessin aufs Auge gedrückt hat. Seitdem ist er mir nicht mehr auf den Geist gegangen. Vielleicht hat ihn ja der Blitz beim Scheißen getroffen" merkte ich lachend an, weil ich dem Alten ohnehin nichts Gutes wünschte und biss wieder herzhaft in meinen Hasen, ehe ich mich ausgiebig auf das Abnagen der Knochen konzentrierte. "Behelligt dich der Alte mit seinen komischen Aufträgen oder warum fragst du?" Ich hatte schon so viele merkwürdige und kryptische Anweisungen erhalten wie "Bring mir dieses Kind, kill diesen Kerl, lass dieses Weib verschwinden, besorg mir diesen Krötenschleim, usw..." - mich würde bei dem Alten gar nichts schockieren.
Falke
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07-16-2025, 11:49 PM,
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Fintan
Forenmitglied
  
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Registriert seit: May 2023
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RE: Auf verschlungenen Pfaden durch Britannia
Dass ihn Cin fragte, wie es ihm ging, erwischte Fintan ein wenig auf dem falschen Fuß. Seine Brüder fragten ihn nie, wie es ihm ging!
Nun... Er hatte ja auch immer eher gescherzt, als gefragt... Sehnsüchtig betrachtete er die wunderbar duftenden Hasen und nahm den seinen dankbar entgegen. Er selbst war kein so besonderer Jäger. Er kam zurecht wenn er musste, doch meist musste er sich mit Pilzen oder Beeren begnügen. Da waren Cin oder auch Calum, der ein guter Schütze war, ihm weit voraus.
"Ich... Ja, ich habe Arbeit. Ich... wollte einfach... etwas tun. Etwas richtiges... Ich gehe bei diesem Goldschmied in Cheddar in die Lehre. Er ist ein sehr netter Mann. Es macht Freude, ist aber auch harte Arbeit. Ähm. Ein... Mädchen gibt's aber nicht, nein..."
Er errötete.
Er hatte zwar bei seinen Brüdern immer mit seinen Frauengeschichten angegeben, doch diese waren wie der ganze Rest von ihm eine Aufstellung von Märchen gewesen. In Wahrheit hatte er sich an Beltane lieber zurückgezogen. Tatsächlich fühlte er sich da überhaupt nicht so reif wie seine Brüder, auch wenn er inzwischen nicht mehr völlig unerfahren war. Dass ihn beide Geschlechter interessierten, hatte er allerdings tatsächlich zurecht zur Schau getragen.
Das Feuer knackte in der aufkommenden Dämmerung und Funken stoben wie Glühwürmchen in die Lüfte. Fintan tat sich an dem köstlichen Hasen gütlich und lauschte den Worten Cins, der scheinbar nichts mit Cathbads Tod zu tun hatte. Natürlich hätte er lügen können. Fin war ein Profi darin, zu erkennen, ob jemand log, doch all seine Brüder hatten die Fähigkeit von Cathbad erworben und so war es selbst für ihn nicht einfach, beispielsweise die Absichten oder Gedanken der Zwillinge zu erraten. Ebensowenig, ob sie die Wahrheit sagten oder flunkerten. Dennoch hatte er so ein Gefühl. Cinead schien aufrichtig.
"Er... Er ist tot...", murmelte er leise, starrte furchtsam ins Feuer, denn er fürchtete die Reaktion.
Falke
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