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Ein gemeinsamer Ausritt
06-16-2024, 11:34 PM,
Beitrag #21
RE: Ein gemeinsamer Ausritt
Ich beobachtete Frowin dabei, wie er die Wärme der Sonne genoss. Sein Lächeln wirkte unbeschwert. Offenbar war er zufrieden mit sich und seinem Leben als Sklave. Wahrscheinlich lag das daran, dass er nie etwas anderes kennengelernt hatte, seit er als Sklave geboren worden war.

"Ein Jahr kann eine lange Zeit sein", sagte ich nachdenklich und ließ mich auf einen flachen Stein am Ufer des Baches nieder. Wenn ich auf das vergangene Jahr zurückblickte und bedachte, was alles geschehen war, musste ich zweifellos feststellen, dass mein Leben keine Ruhepunkte oder sicheren Häfen bot. Es gab nichts Konstantes, das mir Sicherheit gegeben hätte, obwohl das genau das war, wonach ich seit der Flucht aus meiner Heimat gesucht hatte.
"Bist du zufrieden mit deinem Leben hier? Und mit ihm?" Dabei warf ich noch einmal einen Blick auf Saturnus.

Als Frowin erklärte, dass er sich darauf freue, sich in den Rennen zu beweisen, sah ich wieder zu ihm auf. "Ein Sieg für ihn?" wiederholte ich. Hatte er denn schon einmal bei einem Rennen gesiegt? Ich verstand nicht so genau, weshalb die Römer daraus einen Wettkampf machten. Wozu sollte das gut sein?
"Wie empfindest du es, für ihn als Wagenlenker anzutreten? Ich meine, in meiner Heimat werden Wagenlenker sehr geachtet. Meist sind sie Krieger und gehören dem Adel an.“ Insgeheim bewunderte ich ihn auch dafür.

"Magst du mir etwas über dein Leben erzählen, bevor du zu Saturnus kamst?" fragte ich vorsichtig.
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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06-23-2024, 06:31 PM,
Beitrag #22
RE: Ein gemeinsamer Ausritt
Frowin errötete.
"Nun, ein Krieger oder Adliger bin ich sicher nicht... In Rom sind Wagenlenker aber auch gefeiert und können sehr reich werden. Athleten werden überall bewundert!"
Das Leuchten in seinen Augen verriet, dass Frowin sich dies ebenso wünschte. Siege zu fahren und von Leuten dafür bewundert zu werden, es zu Ruhm und Wohlstand zu bringen. Das war mehr, als ein einfacher Sklave vom Land eigentlich zu hoffen wagen konnte.
Natürlich musste er das erst einmal schaffen. Er war noch jung. Die anderen Fahrer hatten viel mehr Erfahrung. Die Strafe seines Herrn nach der letzten Niederlage hatte er nicht vergessen. Er war stolz, dass er Saturninus gehörte, der ihn gut behandelte, doch machte er sich keine Illusionen. Er war jetzt nett und vergebungsvoll, aber was, wenn er nie gewann?
"Ich... mag es hier, ja. Ich lebe gern auf dem Hof. Und wenn das Vereinshaus fertig ist, werde ich vielleicht sogar in die Stadt ziehen. Weißt du, er hat mich extra dafür gekauft. Vorher war ich Sklave auf dem Bauernhof, auf dem auch meine Eltern leben, aber mein damaliger Herr hat gedacht, ich würde so viel größere Chancen haben."
Mit einem Seufzen zog er die Beine an.
"Ich wünschte nur, ich könnte meinen Wert endlich erbringen..."
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06-29-2024, 08:03 AM,
Beitrag #23
RE: Ein gemeinsamer Ausritt
Er errötete, als ich ihm sagte, dass seine Stellung als Wagenlenker in meiner Heimat eine ganz andere wäre. Dort wäre er frei und von edler Herkunft. In der Welt der Römer jedoch konnte er höchstens zum vielbejubelten Athleten werden, solange er erfolgreich war. Mir schien, als wäre genau das sein Ziel. Nur daran arbeitete er, um eines Tages ein gefeierter Athlet zu werden. Aber was war mit seiner Freiheit? War es nicht auch ein erstrebenswertes Ziel, frei zu sein? Um sein Leben selbst entscheiden zu können und nicht den Launen eines Einzelnen ausgesetzt zu sein. Ich fragte mich, was Saturnus mit ihm machte, wenn die Erfolge doch ausblieben und es andere Fahrer waren, die sich die Siege holten? Irgendwann würde auch seine Geduld mit ihm am Ende sein. Was dann?

Er erzählte mir, dass er hier gerne auf dem Landgut lebte. Wahrscheinlich weil er auf einem Bauernhof groß geworden war, dort wo seine Eltern gelebt hatten. Aber womöglich würde er auch bald in die Stadt ziehen können. 
Saturnus hatte ihn speziell dafür gekauft, um für ihn Rennen zu fahren. Sein Wunsch war es nun, seinen Wert auch endlich zu erbringen. Dabei war er doch wertvoll. Auch wenn ihm das vielleicht nicht bewusst war. Wenn ich nur daran dachte, wie es auf dem Sklavenmarkt zugegangen war, lief es mir jetzt noch eiskalt den Rücken hinunter! "Es ist schrecklich, wie ein Stück Vieh verkauft zu werden!", entgegnete ich nachdenklich.

"Strebst du denn nicht nach der Freiheit, damit du dein eigener Herr bist?" wollte ich wissen.
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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07-01-2024, 07:50 PM,
Beitrag #24
RE: Ein gemeinsamer Ausritt
Frowin konnte ihr nicht widersprechen.
"Ist es vermutlich", gab er zu. "Mich haben sie gut zurechtgemacht und angepriesen, aber ich weiß, dass es auch anders geht. Schlimmer."
Er zuckte mit den Schultern.
"Ich wäre gern frei, aber ich wurde schon so geboren. Ich war mein ganzes Leben Sklave von guten Herren. Es geht weit schlimmer, weißt du? Ich habe Domini kennengelernt, vor denen ich mich fürchtete und mit deren Sklaven man sicher nur Angst haben kann.
Eines Tages werde ich mir meine Freiheit verdienen... Ich werde meinen Dominus nicht noch einmal enttäuschen und ihm beweisen, dass das Geld gut investiert war."
Er lächelte verhalten und errötete erneut.
"Es ist nett, dass du dir Sorgen machst."
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07-03-2024, 04:28 PM,
Beitrag #25
RE: Ein gemeinsamer Ausritt
Ich zuckte kurz zusammen, nachdem Frowin mir von seinem Erlebnis auf dem Sklavenmarkt erzählte und dann meinte, es ging auch schlimmer. "Ja, das ist wahr," antwortete ich knapp und musste an mein eigenes Erlebnis denken. Es fröstelte mich dabei, obwohl heute doch so ein schöner Tag war und die Sonne schien.
Er sprach weiter davon, dass er gerne frei wäre, aber eben als Sklave geborgen wurde. Doch er hatte stets gute Herren gehabt. Im Gegensatz zu anderen, vor denen man sich fürchten musste. Mir war, als müsste ich gerade alles wieder von neuem erleben. Die schrecklichen Wochen in der Gewalt des Ovidius, der mich behandelt hatte wie ein wildes Tier und mich an einer Kette gehalten hatte. Ein solches Scheusal wünschte man niemandem als Herr!
Frowins weitere Worte und seine Beteuerungen, seinen Dominus nicht mehr enttäuschen zu wollen, zogen an mir vorbei. Ich nahm sie gar nicht richtig wahr, weil meine Gedanken immer noch bei dem Tribun hingen. Erst als er dann plötzlich lächelte und dabei errötete, ließen die Erinnerungen mich allmählich wieder los. Er bedankte sich, dass ich mich um ihn sorgte. "Jeder Mensch sollte das Recht haben, frei zu sein," erklärte ich ihm mit ernster Miene und schaute ihn eine Weile direkt an.
"Komm, lass uns weiterreiten!" meinte ich schließlich und sprang auf die Füße. Ich nahm die Zügel meines Pferdes und war bereit, aufzusitzen. Doch dann wandte ich mich in Saturnus Richtung. "Wir wollen gerne noch ein Stückchen weiterreiten." Dann schwang ich mich auf den Rücken meines und wartete, bis Frowin und sein Herr soweit waren.
[Bild: 3_15_08_22_9_39_13.png]
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