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[Isurium] Der weiße Hügel
08-17-2024, 04:03 PM,
Beitrag #1
[Isurium] Der weiße Hügel
Im Süden Isuriums lag eine Hügelkette von Kreidefelsen, von denen es so weit nordlich nur noch wenige und vereinzelte gab. Der Ausläufer dieser Kette reichte bis an den Außenbezirk der Siedlung Isurium und war an der Oberseite mit saftigem Gras bewachsen. Wo der Kreidefelsen entblößt war, konnte man selbst im Dunkeln noch das strahlende Weiß im Mondenschein sehen. Schon vor Generationen wurde ein sich windender Weg zur flachen Hügelkuppe aus dem Gras und der Erde gegraben und alle paar Jahre mit frischem Kalk geweißt. 

Auf der Hügelkuppe selbst wuchsen viele Wildblumen und hübsche Kräuter wie Schafgarbe, Vergißmeinnicht und Margariten, deren weiße und blassblaue Blüten sich vom grünen Gras abhoben. Vor allem im Sommer sah der Platz auf der Hügelkuppe prächtig aus und wurde wegen der schönen Aussicht oft als Platz für spezielle Anlässe wie eine Bestattung von wichtigen Personen genutzt. Im Zentrum des flachen Plateaus führte der geweißte Weg zu einem runden Platz aus gestampfter Erde.
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08-17-2024, 04:12 PM,
Beitrag #2
RE: [Isurium] Der weiße Hügel
Die Bestattung von Königin Cerivellana



Den ganzen Tag schon war Cahir unterwegs und organisierte Ausrufer, die die Nachricht verkündeten, Holzfäller, die große Holzscheite für den Scheiterhaufen mit Wagen den Hügel hinauf brachten und im Allgemeinen kam Isurium wie es schien nicht zur Ruhe. Die letzten Wochen waren anstrengend gewesen und niemand hatte mit soviel Veränderung in so kurzer Zeit gerechnet. Auch wenn der Tod der Königin nicht unerwartet war, so hatten doch viele gehofft, dass Cerivellana bis Samhain durchhielt. 


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Am Nachmittag war dann auch endlich alles an seinem Platz und der gewaschene und in ein Leinentuch gehüllte Körper der Königin konnte von ihrem Heim zum Hügel gebracht werden. Cahir selbst fuhr den Wagen mit dem Körper seiner Mutter den Hügel hinauf, gefolgt von seiner Frau, Tante und Cousine und seinem eigenen Pferd, das an den Karren gebunden war zum Mitlaufen. Dieses würde er später noch brauchen...

Links und rechts des Weges standen viele der Einwohner und man sah Trauer überall. Viele der Menschen versuchten noch den Wagen zu berühren, der langsam im Schrittempo von starken Ochsen hochgezogen wurde. Oben angekommen halfen einige Männer dem neuen König der Briganten den Leib seiner Mutter auf das hoch aufgeschichtete Holz zu legen, damit die Bestattung beginnen konnte.
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08-17-2024, 11:14 PM,
Beitrag #3
RE: [Isurium] Der weiße Hügel
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Langsam zog die Prozession den Hügel hinauf. Während ihr Gatte die Ochsen sicher lenkte und man immer wieder Einwohner erkennen konnte, die neben dem Wagen einher liefen, um den Wagen berühren zu können. Offensichtlich ihre Art mit der Trauer umzugehen und sich zu verabschieden. Die junge Königin saß aufrecht auf ihrer Stute und genoss es regelrecht, den geschmeidigen Pferdekörper unter sich zu fühlen. Auch wenn dieser Anlass weniger erfreulich war und sie in Gesellschaft Brennas hinter dem Wagen blieb. Die Augen der jungen Frau blieben trocken, hatte sie doch an der Quelle die Beherrschung über ihren Körper vermittelt bekommen. Und dennoch konnte man die Trauer in Rhians Gesicht erkennen, während ihre Augen rot geädert waren. Wie wohl hier im Norden eine königliche Bestattung ablaufen würde? Hoffentlich in Würde. Daran jedoch hatte Rhian keinen Zweifel, wenn sie sich ihren Gemahl betrachtete, von dem sie in diesem Moment lediglich die Rückansicht erkennen konnte. Auch Cahir hatte seine Haare offen gelassen, die ihm wohl nun verwegen ins Gesicht fielen. Genauso wie Rhian ihre Haare offen trug, so dass ihr diese in wilder Ungezähmtheit über ihre Schultern flossen.

Auf dem Plateau angekommen, eilten bereits stämmige Männer auf den Wagen zu und halfen dabei, den Leichnam der verschiedenen Königin vom Wagen und auf den Scheiterhaufen zu hieven. Respektvoll zogen sich die Männer zurück. Während Rhian versuchte Blickkontakt zu Cahir herzustellen. Wie würde die Bestattung ablaufen? Wer entzündete das Holz? Wurden Segenswünsche zu einem friedvollen Übertritt gesprochen? Fragen über Fragen die Rhian in diesem Moment durch den Kopf geisterten, die sie jedoch nicht zu stellen wagte. Dazu war der Moment zu heilig.
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08-19-2024, 05:28 PM,
Beitrag #4
RE: [Isurium] Der weiße Hügel
Es dauerte gefühlt Stunden, bis der Wagen endlich auf dem Plateau angekommen war und vom Wagen auf den aufgeschichteten Scheiterhaufen transferiert war. Ich musste mich zwingen einen Schritt vor den anderen zu setzen, da ich jetzt nicht Schwäche zeigen konnte. Ich hald zuerst meiner Frau, dann meiner Tante und zum Schluß meiner Cousine vom Pferd.

Viele Menschen hatten Fackeln mitgebracht, die sie später am Scheiterhaufen entzünden würden, ehe wir zum Eichenhain zogen. Niemand musste das erklären oder erwähnen - jeder wusste, was heute Nacht im Anschluss geschehen würde. Wäre ich nicht verheiratet, wäre sonst eine andere unverheiratete Frau für die Göttin eingestanden und musste vorher bestimmt werden, aber dies war ja nicht notwendig. 

Der Schmied Avinath hatte bereits ein wenig abseits vom Scheiterhaufen ein Feuer für das Entzünden vorbereitet, das wir nur noch mit einem Feuerstein entzünden musste, was bei dem trockenen Wetter immerhin keine Qual war. Nach ein paar Funken, ein wenig Pusten und mit genug Kindling in Gorm von Stroh und Gras brannte das Feuer schnell und lichterloh. 

Ich nahm mir selbst eine der Fackeln und reichte dann den drei Frauen in meiner Begleitung jeweils eine, ehe ich meine Fackel entzündete und dann Platz machte, damit die anderen es mir gleichtun konnten. Armiduana und Brenna begaben sich an die beiden unteren Enden des Scheiterhaufens, während ich die oberste Ecke nahm und Rhian zur zweiten Ecke dirigierte. 

Dabei fiel mir ein, dass ich keine Ahnung hatte wie Silurer oder die Priesterinnen der Brigid ihre Toten bestatteten. Vielleicht wusste sie gar nicht, was wir hier taten? Aber ich beruhigte mich damit, dass sie eine ausgebildete Priesterin war und nun als Königin wäre es eine gute Probe, ob sie die richtigen Worte finden würde.
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08-19-2024, 05:59 PM,
Beitrag #5
RE: [Isurium] Der weiße Hügel
Als sich Cahirs Hände ihr entgegen streckten, ließ sich Rhian vom Pferd gleiten und schmiegte sich für einen kurzen Augenblick in die Arme ihres Gatten. Bevor sie dann auch schon zurückwich und respektvoll ihren Kopf neigte. Zu seiner und der verstorbenen Königin Ehrerbietung. Danach wurden auch seiner Tante und Brenna vom Pferd geholfen. Während sich bereits einige Menschen versammelt hatten, die meisten trugen Fackeln in ihren Händen, die ein gar gespenstisches Licht auf die Szenerie zeichneten. Und Rhian spürte wie ihre Brust eng wurde, als würde ihr jemand das Herz zusammen schnüren.

Aus dem Augenwinkel erkannte Rhian wie einer der Schmiede etwas abseits ein Feuer entzündet hatte, welches den Scheiterhaufen später speisen würde.  Als Cahir nach seiner Fackel griff un auch den Damen jeweils eine Fackel reichte, atmete Rhian tief durch und versuchte sich mit dem Boden dieses Landstrichs, ihrer neuen Heimat zu verwurzeln. Sie durfte nun nicht schwanken oder unaufmerksam sein. Nachdem Cahir seine Fackel entzündet hatte, tat es ihnen die Frauen gleich und Rhian beobachtete das flackernde Licht, welches sich sogleich um ihre Fackel fraß. Schließlich folgten die Frauen den stummen Anweisungen des Königs und Rhian stellte sich an die zweite Ecke, die Fackel in ihren Händen. Dann nahm s i e, die neue Königin des Landes das Zepter an sich und begann in gleichmäßig langsamen Schritten den Scheiterhaufen zu umrunden. Sie würde dreimal um den Scheiterhaufen herumgehen und dann sollte ihr Cahir folgen, danach seine Cousin und seine Tante.

Erst dann würde Rhian den Anfang machen und die Fackel an den Scheiterhaufen halten. Ohne Worte, einfach nur mit ihrer aller Anwesenheit würden sie die verschiedene Königin in die Anderswelt hinüber tragen.
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08-19-2024, 09:52 PM,
Beitrag #6
RE: [Isurium] Der weiße Hügel
Ich war beruhigt, da Rhian genau das tat, was ich erwartete und feierlich drei Mal um den Scheiterhaufen herum ging. Ich folgte ihr feierlich und dann meine Tante und auch meine Cousine, bis wir wieder an den Ecken zu Stehen kamen. Drei Kreise hatten wir gezogen für die Jungfrau, die Mutter und die Alte und an vier Ecken standen wir, was ebenfalls eine mächtige Zahl war für die Jahreszeiten, die Himmelsrichtungen und die Elemente. 

Ich wartete bis Brenna als Letzte an ihrem Platz zu stehen kam, bis wir der Reihe nach unsere Fackeln entzündeten am kleinen Feuer und damit die einzelnen Ecken des Scheiterhaufens in Brand setzten. Es dauerte nicht lange, bis der fast mannshohe Holzstapel lichterloh brannte dank der Jahreszeit, die uns reichlich trockenen Zunder und Brennholz bescherte. 

Viele der erschienenen Bewohner Isuriums sah man offen weinen und es bildete sich langsam eine Schlange aus denen, die sich ebenfalls verabschieden wollten. Wir traten ein wenig von dem Scheiterhaufen zurück, damit das Volk Zugang hatte und einer nach dem anderen zog eine Runde und entzündete seine Fackel, ehe sie zur Menge zurückkehrten. 

Schweigend standen wir aufgereiht als Totenwache für Cerivellana bis auch die letzte Fackel entzündet war und die Nacht bereits angebrochen war. Einige Diener der Königin sowie meine Tante würden die Nacht über weiter wachen, bis Rhian und ich im Morgengrauen zurückkehren würden. 

"Es ist Zeit" sagte ich leise und drückte die Hand meiner Frau, ehe ich meine Tante umarmte und band dann die Pferde für Rhian, Brenna und mich los. Nachdem ich den Frauen half aufzusitzen, schwang ich mich selbst in den Sattel und ritt dann mit Rhian an meiner Seite und Brenna und der Menge hinter uns langsam im Schritt durch die Stadt und zum Eichenhain. Der Vollmond und die Sterne sowie das zuckende Leuchten der Fackeln wies uns den Weg. 

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08-19-2024, 10:31 PM,
Beitrag #7
RE: [Isurium] Der weiße Hügel
Genauso wie Cahir, schritt auch Rhian dreimal um den Scheiterhaufen. Ebenso die Cousine ihres Gatten und seine Tante. Ein jeder war nun dreimal um den Scheiterhaufen herumgegangen und hatte wieder in der jeweiligen Ecke Position bezogen. Schließlich wurden Fackeln verteilt, welche an einem kleinen Feuer entzündet wurden, so dass sich Rhians Blick für einen kurzen Augenblick im prasseln der Flammen verlor. Dann jedoch besann sie sich und schüttelte kaum merklich ihren Kopf, wie um ihre Gedanken zu sortieren. Schließlich war Rhian an der Reihe ihren Part in dieser Trauerfeier zu präsentieren, in dem auch sie die Fackel an den Scheiterhaufen hielt und gar fasziniert beobachtete, wie das trockene Holz gar begierig in Flammen aufging. Auch die Bewohner Isuriums hielten ihre Fackeln in die Flamme und zollten damit der verstorbenen Toten ihren Tribut. Während es Cahir, Rhian, Brenna, sowie Cahirs Tante waren die die Totenwache übernahmen. Und während Rhian den einen oder anderen schluchzen hörte, so blieben ihre Augen doch trocken.

Schließlich war es ihr Gatte, der sie mit leiser Stimme darauf aufmerksam machte, dass nun der nächste Schritt passieren müsste. Und Rhian nickte. Schweigend nahm Rhian die Zügel ihres Pferdes  und ließ sich von Cahir in den Sattel helfen. Später müsste sie ihm noch sagen, dass sie das auch alleine hinbekam. Jedoch nicht hier und nicht vor seiner Familie. Schweigend ließ Rhian ihre Stute vorwärts laufen, streichelte immer wieder über ihren Hals und behielt Cahir im Blick, der sein Pferd durch die Stadt lenkte, bis zum Eichenhain.

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08-22-2024, 11:14 PM,
Beitrag #8
RE: [Isurium] Der weiße Hügel
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Der neue Tag war angebrochen und Lady Armiduana und einige Getreue der Königin - viele von ihnen ihre ehemaligen Mägde und Knechte - hatten über das Feuer durch die Nacht gewacht. König Cahir und Königin Rhian hatten im Eichenhain die Große Hochzeit vollzogen im Angesicht des Vollmondes und der Götter sowie des Volkes, wie es Brauch war. Währenddessen trat die Seele der verstorbenen Königin ihre Reise zu den Göttern an und zum Anbruch des neuen Tages, war der große Scheiterhaufen zu einem Haufen Asche und Glut heruntergebrannt. 

Langsam ritt ich mit Rhian an meiner Seite und Brenna direkt hinter uns gefolgt von den Einwohnern der Stadt wieder den Hügel hinauf. Am Morgen sah es ein wenig trostlos aus, da es bewölkt war und die Sonne sich noch nicht gezeigt hatte. Auf dem Hügelplateau angekommen, umarmte meine Tante zuerst Rhian, dann mich und dann Brenna. Der Segen von Armiduana für Rhian war mir auch nicht entgangen. Nach der Großen Hochzeit war es Rhian, die die Zukunft des Landes repräsentierte und ich wusste, dass dies passieren würde. Ich war froh, dass meine Familie und mein Volk Rhian ebenso schnell in ihr Herz schlossen wie ich. 

Ich glitt von meinem Pferd und half auch den Frauen, während ich ein letztes Mal vor dem Haufen Asche kniete, der einmal meine Mutter gewesen war. Es war eine letzte Bezeugung meiner Treue der verstorbenen Königin gegenüber, ehe ich mich wieder erhob und ein vorbereitetes Tongefäß mit der Asche der Königin füllte. Es war noch genug Asche hier, die von den Bewohnern verteilt werden würde oder als Souvenir nach Haus genommen wurde. Das Gefäß verstaute ich in meiner Sattelttasche, ehe ich mich auf Rhian zubewegte und dann zeremoniell vor ihr kniete.

Die Geste wurde auch von meiner Familie und den Untertanen vollzogen. Das Land hatte eine neue Königin, die nach altem Brauch vom Hirschkönig begattet wurde, und sie würde dem Land als Brücke zwischen Göttern und Menschen dienen, ein Garant für Frieden, Liebe und Fruchtbarkeit. Nach den alten Bräuchen, wie sie hier noch gelebt wurden, war es Rhian die von nun an das Geschick von Mensch und Tier in Friedenszeiten lenkte und Cahir, der die Männer in die Krieg führte. Sanft küsste ich die Hand meiner Frau, ehe ich mich erhob.
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08-23-2024, 03:34 PM,
Beitrag #9
RE: [Isurium] Der weiße Hügel
>>> Schweigend verlief der Ritt den Hügel hinauf, während selbst die Vögel aufgehört hatten zu zwitschern und die Sonne ihr Antlitz hinter dichten Wolken verbarg. Ob dies wohl ein Zeichen war? Ein Zeichen dafür, dass an diesem neuen Morgen ein neues Zeitalter angebrochen war? Nachdem sich Jungfräuliche Jägerin und Hirschkönig vereinigt hatten und das Land somit gesegnet hatten? Durchaus möglich. Das Hufgeklapper hallte unnatürlich laut in den Ohren der jungen Königin, welche müde aussah. Zum Glück lief ihre Stute dem Pferd ihres Gemahls einfach hinterher, denn Rhian war außer Stande ihrem Pferd die richtigen Signale zu übermitteln. Schließlich wirkte sie sehr nach innen gekehrt. Ihre Sinne nach innen gerichtet. Was auch kein Wunder war, wenn man bedachte, was in der letzten Nacht im Eichenhain geschehen war und welche Worte die ältere Priesterin zu ihr gesprochen hatte. Sie würde ihrem Gemahl Kinder schenken; ein Mädchen würde an Beltane geboren werden. Ihre erste gemeinsame Tochter; ihre Erbin der Göttin und seines Samens. Am Hügel angekommen ließ sich Rhian vorsichtig aus dem Sattel rutschen, als sie auch schon in eine herzliche Umarmung gezogen wurde. Als Rhian in das gütige Gesicht der Tante ihres Gemahls blickte, spürte sie wie ihre Kehle eng wurde und sie die aufsteigenden Tränen versuchte zurück zu halten. Wieso war sie denn auf einmal derart sentimental? So kannte sich die junge Frau gar nicht und dies ängstigte sie innerlich.

Ruhig beobachtete Rhian nun, wie ihr Gemahl zu Boden kniete, direkt vor den Haufen Asche, der einst die große Königin gewesen war. Mit bedachtsamen Bewegungen befüllte Cahir das Tongefäß mit der Asche seiner Mutter. Die Menge schwieg, sowie auch die Natur für einen kurzen Augenblick regelrecht den Atem anhielt. Während es dann Rhians Stimme war, die leise erklang, während nun auch sie zu Boden kniete und die Asche sanft durch ihre Hände rieseln ließ.

“She knew that she had wandered into the land of truth,
where the body goes while the soul is elsewhere.”

Sprach Rhian in der alten Sprache des Südens, welche wohl nur noch sehr wenige sprechen konnten und noch wenige verstanden. Nachdem die junge Frau für zwei Wimpernschläge lang auf der Erde kniete, erhob sie sich und suchte Cahirs Blick, der das Gefäß in seiner Satteltasche verstaute und nun ebenso zu ihr blickte. So kam es Rhian zumindest vor, denn ihr wurde das Herz sogleich leichter und ein sanftes Lächeln trat auf ihre Lippen. Als sich Cahir in ihre Richtung bewegte, spürte Rhian wie ihr Herz wie ein kleiner gefangener Vogel viel zu hastig in ihrer Brust pochte und jenes pochen intensivierte sich auch noch, als Cahir vor ihr zu knien begann. Auch seine Familie und die versammelten Männer und Frauen gingen auf die Knie, so dass Rhian wahrlich peinlich berührt war. So hob die junge Frau in einer segnenden Geste ihre Hände und hielt diese über das Haupt des neuen Königs.

“Unser starker Wille ist das was uns trägt. Unsere Werte sind das was uns prägen.“

Nach diesen Worten ließ Rhian ihre Hände langsam sinken und wartete darauf, bis Cahir wieder aufgestanden war. Damit sie seine Lippen zu einem besiegelnden Kuss einfangen konnte.
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08-24-2024, 08:39 PM,
Beitrag #10
RE: [Isurium] Der weiße Hügel
Ich hatte es geschafft. Das Volk war zufrieden mit seiner neuen Königin und die Stimmung war hoffnungsvoll für die Zukunft. Zumindest hatte ich nicht das Gefühl, dass verärgerte Einwohner mir das Dach anzünden würden, weil ich in meinen Pflichten nachlässig war oder versagt hatte. Unruhen und Aufstände waren bei einer Machtübernahme nichts Ungewöhnliches, wenn das Volk nichts vom Erben hielt, aber Rhian hatte diese Wogen geglättet und die wenigen Stimmen, die lieber Brenna an meiner Stelle als Erbin gesehen hätten. 

Nachdem ich mich erhoben hatte, zog mich Rhian leicht zu ihr für einen innigen Kuss, den ich liebevoll erwiderte. Die Götter hatten uns wahrlich zusammengebracht zum richtigen Zeitpunkt. "Es ist vollbracht, meine Schöne" flüsterte ich meiner Frau ins Ohr. "Wir können nun nach Hause reiten und uns ausruhen" sagte ich, während ich über ihr Haar streichelte. Ich brauchte dringend Schlaf, bevor es in den kommenden Tagen in unserem Heim wie ein Taubenschlag zugehen würde.  

Einer der Knechte hatte den Wagen mit den Zugochsen weggebracht, also musste ich mich wenigstens nicht darum kümmern. Müde half ich den Frauen auf ihre Pferde, ehe ich selbst wieder in den Sattel kletterte, zum wievielten Male heute wusste ich gar nicht mehr. Doch dieses Mal konnte ich endlich den Heimweg antreten mit meiner Gattin an meiner Seite, nachdem ich mich von Brenna und ihrer Mutter verabschiedet hatte, die auf direktem Weg zu ihrem Langhaus reiten würden. Auch das Volk zerstreute sich nach dieser durchwachten Nacht, auch wenn die Ereignisse noch in aller Munde waren und es wohl auch für die nächsten Tage sein würden.

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