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Thermenbesuch
02-02-2023, 11:51 AM,
Beitrag #1
Thermenbesuch
Ein Aufenthalt in den Thermen diente weniger der Säuberung, als vielmehr dem allgemeinen Wohlbefinden und der sportlichen Ertüchtigung. Hier war der Dreh- und Angelpunkt des sozialen Lebens und Neuigkeiten wurden hier am schnellsten verbreitet, weshalb Thermenbesuche mehrfach die Woche für die meisten römischen Bürger zum kultivierten Leben dazugehörten.


Die öffentlichen Thermen gliedern sich wie folgt:


Haupteingang: Hier betritt man die Badeanlage vorbei am Pförtner, der darauf achtet, dass nur die für diesen Tag auch zugelassenen Personen das Bad betreten. Auch wenn das Baden grundsätzlich umsonst ist, haben nicht alle immer Zugang, um Überfüllung zu vermeiden.
Hier erhält man auch Marken (Spintria) oder Schlüssel für die verschließbaren Spinde im Apodyterium (Umkleidebereich)


Basilica: Hinter dem Haupteingang schließt sich mit der Basilica ein großer säulengetragener Raum an. Sofern die Therme über einen Kultbereich verfügt, ist der üblicherweise auch hier zu finden in Form einer großen Götterstatue und Opfermöglichkeiten vor Ort. Dementsprechend prunkvoll ist der Raum auch ausgestattet, häufig mit aufwändigen Deckenmalereien und Mosaikfußboden.
Üblicherweise trifft man sich hier (noch angezogen) mit seinen freunden, um sich zu unterhalten, auch geschäftliches zu besprechen oder einfach den neuesten Klatsch auszutauschen.


Apodyterium: Der Umkleidebereich ist in Form von Sammelumkleiden gegliedert und mit Sitzbänken und verschließbaren Spinden ausgestattet. An den Wänden oberhalb der Spinde verlaufen verschiedene Fresken mit unterschiedlichen, häufig erotischen Motiven, so dass man sein Schließfach auch wiederfindet. Die meisten Besucher bringen bis hierher auch ein oder zwei eigene Sklaven mit, aber auch die Therme an sich hat einige Sklaven oder andere Angestellte, um hier gegen kleines Entgelt behilflich zu sein.
Für die Therme selbst trug man einfache Badelatschen aus Holz, die die Füße vor der Hitze des Bodens schützen sollten. Am Fuß befestigt war die Holzsohle mittels eines Lederbandes, das zwischen den Zehen durchging und am Rand befestigt war. (Ähnlich wie Flip Flops)


Palaestra: Vor dem Entspannen kommt der Sport! Hierfür haben die Thermen einen groß angelegten Sportplatz, der mit Sand gestreut und vom Personal gut gepflegt wird. Hier stehen verschiedenste Möglichkeiten zur Verfügung.
Natürlich wird dieser Platz gerne zum Laufen verwendet, sowohl für Sprints als auch für den Dauerlauf. Das Badpersonal kann sogar Hürden für ein ordentliches Hindernisrennen aufstellen.
Die meisten aber dürften die Bälle benutzt haben für verschiedenste Spiele: Kleinere, luftgefüllte Bälle für schnelle Wurf- und Fangspiele, aber auch größere, mit Sand gefüllte, schwere Bälle für Kraftübungen und mit Wolle gefüllte, mittelgroße Bälle für Gymnastikübungen.


Folgende Ballspiele kennt man namentlich:

Ourania
Dies ist ein Spiel für zwei Personen. Der Ball musste dabei von einem der Spieler so hoch wie möglich in die Luft geworfen werden. Der andere Spieler musste ihn wieder fangen. Möglicherweise durfte er beim Fang nicht den Boden berühren; d.h. er musste ihn im Sprung ergreifen. Apollonius von Rhodos erwähnt dieses Ballspiel als jenes, das die Argonauten gespielt hätten.

Ludere datatim (Geschenker Ball)
Dies ist eines der einfachsten Ballspiele. Zwei Personen stehen sich in Abstand gegenüber und werfen sich die Bälle zu.

Geraubter Ball
Für dieses Ballspiel benötigt man zwei Mal zwei Personen. Wie bei ludere datatim werfen sich zwei Spieler den Ball zu. Zwischen beiden stehen jedoch die beiden anderen Spieler und versuchen den Ball zu fangen. Gelang es ihnen, wurde höchstwahrscheinlich die Position gewechselt. Das Spiel kennt man heute noch als "Tretze" oder unter diversen lokalen Bezeichnungen.


Aporrhaxis
Dieses Spiel konnte mit einem oder zwei Personen gespielt werden. Der Sport wurde mit einer Pila, einem kleinen Ball aus zusammengerollten Lederstreifen, gespielt. Man warf den Ball gegen den Boden, nahm ihn im Flug wieder auf und warf ihn dann wieder hart auf den Boden, um die Anzahl der Abpraller zu zählen. (Also Dribbling) Man konnte es auch zu zweit spielen, indem man den Ball so abprallen ließ, dass er in Richtung des Mitspielers hüpfte.

Episkyros
Episkyros war ein Mannschaftsspiel mit sichtbaren Grenzen. Die Mannschaftsgröße war üblicherweise 12 oder 14 Personen, aber es gab sicher auch Adaptionen mit weniger Spielern. Das Feld bestand aus 3 Linien, die entweder schon fix vorhanden waren oder einfach von den Spielern gezogen wurden.
Jede Mannschaft bezog anfangs auf einer Seite der Mittellinie Stellung. Die Mannschaften versuchten nun, den Ball so zu passen oder über die Köpfe der Gegner zu werfen, dass die jeweils andere Mannschaft hinter ihre Linie gezwungen wurde oder der Ball hinter jener Linie landete.

Ludere expulsim
Ein Spiel für zwei Personen mit einem kleinen Ball, die sich den Ball durch Schlagen mit der offenen Hand zuspielen. (Ähnlich Tennis ohne Schläger)

Trigon
Um den Sport zu spielen, ordneten sich mindestens drei Teilnehmer in einer Dreiecksform an. Jeder Spieler hielt einen kleinen, harten Ball. Die Spieler warfen sich die Bälle mit der rechten Hand zu und versuchten, die ihnen zugeworfenen Bälle zu fangen. Eine übliche Ballzahl waren 3 bis 6 Bälle.
Ziel des Spiels war es, die Bälle ständig mit hoher Geschwindigkeit zwischen den Spielern kreisen zu lassen. In einer Version des Spiels verlor ein Spieler einen Punkt, wenn es ihm nicht gelang, den Ball zu fangen. Wer am Ende des Spiels die wenigsten Punkte hatte, verlor. In einer anderen Version des Spiels war das Spiel vorbei, wenn der Ball fiel, und derjenige, der ihn nicht fangen konnte, galt als Verlierer. Spieler, die Bälle mit der linken Hand fangen konnten, galten aufgrund ihrer Geschicklichkeit als bewundernswert. Es wurden Punktezähler eingesetzt, die den Überblick über die Punkte behielten und verirrte Bälle auffingen. Dies war ein in allen Altersstufen sehr beliebtes Ballspiel.

Harpastum
Über die genauen Regeln ist nicht viel überliefert. Es wird davon ausgegangen, dass Griechen und Römer das Spiel nach ähnlichen Regeln bestritten. Nach heutigen Gesichtspunkten war es eine Mischung aus Rugby und Handball. Es wurde mit zwei Mannschaften auf einem rechteckigen Spielfeld gespielt. An den beiden Enden des Spielfeldes war in 75 Schritten Entfernung eine Mallinie. Ziel des Spieles war es, den Ball hinter die Mallinie der gegnerischen Mannschaft zu bringen. Jede Mannschaft bestand aus vermutlich 5 bis 12 Spielern. Der Ball konnte sowohl aus der Luft gefangen als auch mit der Hand geschlagen oder geworfen werden. Körperbetonte Zweikämpfe waren offensichtlich elementarer Bestandteil des Spiels. Der Ball bestand aus einer Schweinsblase.
Für dieses Spiel sind auch selten geschlechtergemischte Mannschaften überliefert, auch wenn dies ein recht raues Spiel war, bei dem es schon mal zu Knochenbrüchen kommen konnte.

Sonstige Ballspiele
Ausser den genannten Ballspielen gab es noch zahlreiche andere, von denen man weder die Namen noch die Regeln genau kennt.
So scheint es auch Spiele ähnlich wie Volleyball (allerdings nur mit einem Spieler pro Seite) gegeben zu haben, was durch verschiedene Malereien in den Thermen belegt ist. Für ein anderes Spiel nahm ein Spieler einen anderen Huckepack bzw. auf die Schultern. Ein einzelner Spieler schoss den Paaren Bälle zu, die diese zu fangen hatten.
Ballspiele mit Schlägern waren dagegen selten. Eine Art Hockey wurde bereits in antiker Zeit gespielt. Mittels an Enden gebogenen hölzernen Schlägern, die alsulegia genannt wurden, dürften je zwei Spieler um einen Ball gerungen haben. Ziel des Spiels war vermutlich das Einbringen des Ball hinter eine vorgegebene Linie.


Abseits der Ballspiele gibt es noch andere sportliche Möglichkeiten. So gab es Gewichte und Bänke für Krafttraining mit Blei- oder Steingewichten.


Sehr beliebt war auch das Ringen, das in dafür extra abgegrenzten, runden Feldern betrieben werden konnte.


Manche Palaestrae verfügten auch über Boxsäcke, um den Faustkampf zu trainieren.


Nach dem Sport wurde sich erst einmal vernünftig abgerieben und mit Strigilis abgeschabt. Nur sauber ging man ins Wasser!


Natatio: Einige Bäder verfügten über ein richtiges Schwimmbecken. An mindestens einer Seite führte eine Treppe in mindestens schultertiefes Wasser. Die Länge der Becken war nicht genormt und den Gegebenheiten angepasst, erlaubte aber ausgiebiges Schwimmen zu sportlichen Zwecken. Diese Becken befanden sich üblicherweise im Freien und waren dementsprechend nicht beheizt.


Sudatorium:
Wer keine Freude an Sport hatte oder einfach nur gerne so ins Schwitzen kommen wollte, begab sich ins Sudatorium (Dampfbad/Sauna). Dieser kleine Raum hatte am Rand Sitzgelegenheiten, die man aber besser mit einem Handtuch abdeckte, da der Stein darunter sehr heiß werden konnte.
Es gab verschiedenste Aufgüsse, so dass die Räume manchmal trockene Hitze hatten und manchmal starken Dampf entwickelten.


Caldarium
Das Caldarium (heißes Bad) bestand aus einem großen Raum. An einer Seite befand sich ein großes, rundes Waschbecken auf Hüfthöhe, an dem man sich ausgiebig und bequem waschen kann und das Platz genug für ein dutzend Personen rundherum bietet.
Auch stehen hier im warmen viele Liegen bereit, auf denen man sich im warmen ausruhen kann. Üblicherweise laufen hier auch einige Masseure herum, die ihre Dienste anbieten und ihre Kunden direkt auf ihren Liegen massieren und pflegen.
Daneben gibt es natürlich auch noch ein Becken mit heißem Wasser, das mehreren Personen gleichzeitig Platz bietet und zum entspannen in der Hitze gedacht ist.



Tepidarium
Noch immer warm, aber nicht so heiß ist das Tepidarium. Auch hier findet man ein rundes Waschbecken, um sich zwischendurch schnell erfrischen zu können, und etliche Liegen, die zum Ausruhen und Unterhalten einladen. Üblicherweise suchen sich hier die Haarausreißer ihre Kunden, weshalb immer wieder auch Schreie und Schimpfen das Stimmengewirr durchbrechen.
Das große Wasserbecken hat eine mittlere Temperatur.
Ebenso konnte man sich hier mit diversen Ölen und Salben einreiben lassen, die insbesondere vor Erkältung schützen sollten. Insbesondere nach dem Aufenthalt im Sudatorium war ein längeres Ausruhen und Salben im Tepidarium wichtig, um sich langsam an die Temperaturunterschiede zu draußen zu gewöhnen und den Kreislauf zu entspannen.
Um die Zeit zu verkürzen, standen auch hier mitunter ein paar Spieltische (genauere Beschreibung unter Frigidarium)


Frigidarium
Das kälteste Bad in der Therme hatte ein kleineres Becken, da die meisten Personen es nur zur Abkühlung nach dem Saunieren kurz nutzten, sich aber nicht länger im Wasser aufgrund dessen Temperatur aufhalten wollten, insbesondere im Winter.
Dafür fanden hier auch diverse Spieltische einen Platz, die zu den gängigsten Brettspielen einluden.

Die genauen Regeln für die einzelnen Brettspiele sind nicht überliefert, werden aber so angenommen:

Tris
Das quadratische Spielfeld war wiederum in 9 gleichgroße Quadrate unterteilt. Jeder Spieler erhielt drei Spielsteine, die abwechselnd gesetzt werden durften. Waren alle Steine gesetzt, darf gezogen werden, aber nur zu einem benachbarten Feld (gerade oder diagonal). Ziel des Spiels ist es, alle Steine in eine Reihe zu bekommen.

Mulino
Entspricht voraussichtlich weitestgehend dem heutigen Mühle-Spiel. Annahmen einer Version als Rund- oder Radmühle gelten in der heutigen Forschung als überholt.

Latrunculi/Ludum latrunculorum
Die Spielfeldgröße war meistens 8x8 Felder, aber es gab auch größere Spielbretter mit mehr Feldern.
Beide Spieler mussten sich auf die Anzahl der Spielsteine einigen, üblich waren mindestens 16 und höchstens 24.
Als erstes beginnt die Setzphase, in der noch keine Steine geschlagen werden können. Abwechselnd setzen die Spieler ihre Steine aufs Brett, bis alle gesetzt sind. Erst danach kann abwechselnd gezogen werden zu einem angrenzenden Feld nach Wahl, oder durch überspringen eines anderen Steins beliebiger Farbe. Ein feindlicher Stein kann geschlagen werden, indem er von zwei eigenen Steinen eingekreist wird. In dem Fall wird er umgedreht, so dass seine (meist bemalte) Rückseite sichtbar wird. Im nächsten Zug kann der Spieler den gefangenen Stein dann vom Spielfeld nehmen, anstatt einen eigenen Stein zu bewegen. Sollte der andere Spieler in seinem Zug davor einen der Steine, die zuvor dessen Stein gefangen hatten, selbst einkreisen können, kann der Stein allerdings wieder zurückgedreht werden.
Man darf nur dann absichtlich in eine Falle zwischen zwei gegnerische Steine ziehen, wenn dadurch einer der beiden gegnerischen Steine selbst in eine Falle gerät.
Gewonnen hat, wer die meisten Steine geschlagen hat. Das Spiel endet, wenn eine Person nur noch einen Stein hat oder aber keine gültigen Züge mehr machen kann.

Auch eine einfachere Variante ist denkbar: Jeder Spieler erhielt 2 Reihen mit Spielsteinen, die abwechselnd gezogen wurden (vertikal, horizontal oder diagonal). Ziel war es, einen gegnerischen Spielstein mit zwei eigenen einzukreisen und ihn so zu schlagen. Wer zuerst nicht mehr ziehen kann oder keine Steine mehr hat, hat verloren.



Daneben beherbergte die Therme auch einige Räume für den allgemeinen Betrieb:


Latrina
In den Thermen gab es auch immer größere Toilettenanlagen, die auch gerne für einen Plausch genutzt wurden. Es war völlig normal, ohne Geschlechtertrennung und ohne weitere Abtrennung gemeinsam zur Latrine zu gehen.


Praefurnium
Die Heizungsanlagen bestanden aus mehreren Räumen: Holzlager, Vorraum und die eigentlichen Öfen (Fornax), mit denen sowohl die Fußbodenheizung betrieben wurde, als auch das Wasser vortemperiert wurde. Hierfür gab es mehrere Kessel, von denen aus das Wasser in die Becken gepumpt wurde.



Weitere Räume
Daneben gab es noch weitere Technikräume mit Wasserhebeanlage, die üblicherweise mittels Tretmühle betrieben wurde, um das Wasser zirkulieren lassen zu können und so jederzeit für sauberes Wasser zu sorgen.
Ebenso gab es natürlich Stauraum für Sportgerät und Räume für das Badpersonal.


Tabernae
Vor der Therme waren diverse Geschäfte gelagert, an denen man beim Besuch also vorbeikam. Da dieser Platz hoch frequentiert war, waren die Plätze bei Händlern dementsprechend beliebt. So konnte man nach dem Bad noch ganz gemütlich bummeln oder eine Kleinigkeit essen.


Quellen:

https://www.historyforkids.net/greek-games.html
https://fr.wikipedia.org/wiki/Aporrhaxis
https://es.wikipedia.org/wiki/Episkyros
https://de.wikipedia.org/wiki/Pal%C3%A4stra
https://en.wikipedia.org/wiki/Trigon_(game)
https://de.wikipedia.org/wiki/Harpaston
https://www.der-roemer-shop.de/roemische-badeschuhe
Der kleine Pauly
Peter Connolly, Pompeji, Tessloff Verlag 1979
https://www.naturpark-altmuehltal.de/sho...piel-6907/
http://bgsj.ludus-opuscula.org/PDF_Files/04online.pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Latrunculi
https://en.wikipedia.org/wiki/Ludus_latrunculorum
Board Game Studies Journal, Ausgabe 2014
https://de.wikipedia.org/wiki/Tretze
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