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Brigids Quelle - Druckversion

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RE: Brigids Quelle - Dierna - 03-20-2024

Ich hatte unwillkürlich den Atem angehalten, als Rhian anfing die Bilder zu beschreiben, die sie sah. Nicht Orte oder Ereignisse, aber Personen sah die junge Novizin bei ihrem ersten Wassersehen. Sehr interessant. Meistens waren die Wasser nicht so klar und nicht jedem gelang es direkt beim ersten Mal auch überhaupt Bilder zu sehen, was dafür sprach, dass das Mädchen ein starkes Talent hatte. Ich war alles in allem sehr zufrieden, auch wenn Rhian elend aussah. Das arme Ding. 

Der Raubvogelschrei hatte nicht nur mich erschreckt, sondern auch Rhian vollends aus der Vision geworfen. Ob sich irgendwann offenbaren würde, wer diese Personen waren, die die Novizin gesehen hatte? Leider sandte die Göttin nicht immer auch gleich die Antworten auf Fragen mit, dachte ich seufzend. "Folge meiner Stimme, Rhian von Mona. Die Nebel sind niemals dicht genug, damit du deinen Weg verlierst. Die Göttin leuchtet dir den Weg, wie die Sterne und der Vollmond am Nachthimmel. Kehre nun zurück zu mir und in das Hier und Jetzt."

Ich hielt das Mädchen fest, damit es aus seiner Trance aufwachte und nicht umfiel. Auch wenn sie sich vielleicht nicht an die Worte erinnern konnte, so würde ich diese in meinem Gedächtnis für sie aufbewahren. Das sanfte Glühen war mir nicht entgangen, der sich wie der Glanz der Priesterin um Rhian gelegt hatte. Sie musste wirklich von der Göttin gesegnet sein, wenn es ihr so leicht fiel diese Gaben unbewusst einzusetzen.


RE: Brigids Quelle - Rhian - 03-20-2024

“Der bärtige Mann mit den roten Haaren und den metallenen Spangen an den Oberarmen.“

Murmelte Rhian immer wieder mit allmählich ersterbender Stimme. Als sie flatternd ihre Augen öffnete und allmählich aus der Trance erwachte. Das sie sich dabei unwillkürlich an die junge Priesterin an ihrer Seite lehnte, schien Rhian in diesem Moment nicht zu bemerken. Zu erschöpft wirkte das Mädchen, auch wenn ihr Gesicht von einem beinahe überirdischen Glanz erhellt wurde. So als würde Rhians Gesicht von innen heraus leuchten. Etwa ein Zeichen der Göttin, dass sie ihre schützende Hand über das Mädchen hielt? Wer wusste dies schon so genau.

“Es war ein Mann. Ein großgewachsener Mann. Ein Kelte? Wer war er?“

Wisperte Rhian zusammenhanglose Worte, bis sie schließlich erschöpft verstummte und sich an Dierna lehnte.

“Die Göttin. Sie war hier. Sie war bei mir. Sie hat mich geführt. Ich habe ihre Nähe gespürt.“

Nachdem Rhian einige Augenblicke verstummt war. Erhob sie erneut ihre Stimme, welche abermals zusammenhanglose Worte über ihre Lippen dringen ließ. Schließlich hob Rhian ihren Kopf an und blickte mit einem unsteten Gesichtsausdruck und wirren Haaren in Diernas Richtung.


RE: Brigids Quelle - Dierna - 03-23-2024

Ich hielt Rhian fest, die immer noch halb in der Trance gefangen von einem rothaarigen Mann mit Spangen sprach und dass die Göttin bei ihr war. Der Zustand des Mädchens war nicht ungewöhnlich und ich hatte dies schon in der Vergangenheit gesehen und auch selbst erlebt. Die Orientierungslosigkeit würde in einigen Minuten vorbeigehen. 

Ich lächelte nur bei Rhians Worten, die noch ein wenig brauchen würde, um vollends wieder im Hier und Jetzt anzukommen. "Schau zu den herrlich weißen Wolken am Himmel und atme tief durch. Konzentriere dich auf deine Atmung und das Gefühl der festen Erde unter dir." Tiefe Atemzüge halfen die Wirkung des Kräutertranks abzuschütteln. "Und wenn du wieder tief in der Erde verwurzelt bist, versuche aufzustehen, Rhian."

Ich erhob mich selbst, blieb aber direkt hinter Rhian stehen, falls sie doch noch schwindelig war und nicht sicher auf den Beinen war. "Sobald wir in meiner Hütte im Warmen sind, werden wir deine Vision besprechen. Alles wird gut." Die Worte sollten beruhigend und leitend sein und so übte ich mich in Geduld, bis Rhian bereit war das Wasser zu verlassen.


RE: Brigids Quelle - Rhian - 03-23-2024

Den Griff der Priesterin spürte Rhian zwar, jedoch hatte sie den Eindruck als wäre sie lediglich körperlich anwesend. Ihr Geist jedoch schwebte über ihrem Körper. Der Eindruck eben jener Vision war besonders heftig gewesen. Zumindest für die junge Rhian, deren Geist große Mühe hatte in das Hier und Jetzt zurück zu kehren. Der Göttin sei gedankt weilte Dierna an ihrer Seite, so dass sich Rhian an ihrer Stimme orientieren konnte, um den Weg zurück zu finden. Wie Perlen einer Kette wirkte Diernas Stimme, an der sich Rhian entlang hangelte, um nicht in ihrer Vision gefangen zu bleiben.

Wie angewiesen hob Rhian im nächsten Augenblick ihren Kopf und richtete ihren Blick auf die vorüber ziehenden Wolken. Die Wolken waren real. Diese Gebilde gehörten in das Hier und Jetzt, so wie Rhian in die Gegenwart gehörte.

“Ich spüre die feste Erde unter mir. Wie die Wurzeln tief in das Erdreich reichen.“

Murmelte die Novizin mit leiser Stimme, wobei sie ihren Kopf langsam von einer Seite auf die andere neigte und ihr Blick weiterhin den vorüberziehenden Wolken nachfolgte. Ihre Finger ließ Rhian unstet über die Grashalme gleiten. Beinahe so als wollte sie sich an diesen Grashalmen festhalten, um nicht sofort wieder in diese Anderswelt gezogen zu werden. Ein paar mal geschah dieses Phänomen, bis sich Rhian wieder so weit gesammelt hatte, dass sie einen vorsichtigen Versuch wagte um aufzustehen. Nachdem Rhians erster Versuch mit einer Landung auf dem Erdboden endete, atmete das Mädchen tief durch und stemmte sich erneut in die Höhe. Schließlich gelang es ihr einen halbwegs sicheren Stand zu finden, auch wenn ihre Knie deutlich zitterten und sie sichtlich blass geworden war.

“Meine.. meine Vision, war so.. so lebendig. Ist das ..immer so?“

Wollte Rhian von Dierna wissen, bevor sie sich nach dem Becher bückte und diesen aus dem Gras aufhob. Versonnen streichelte das Mädchen über die Gravuren am oberen Becherrand und lächelte leicht dabei.


RE: Brigids Quelle - Dierna - 03-24-2024

Ich erinnerte mich an meine erste Vision und wie danach die Welt wie neu gewirkt hatte und so schien es auch Rhian zu ergehen. Es war eine fast kindliche Neugier, die durch den Kräutertrank geweckt wurde. Beim ersten Versuch aufzustehen fiel Rhian hin, auch wenn meine Anwesenheit das Schlimmste verhinderte, aber der zweite Versuch gelang. Ich war trotzdem so stolz auf sie, dass sie die Prozedur ohne Klagen durchgezogen hatte und meine Anweisungen hoffentlich hilfreich waren. Überhaupt klagte Rhian niemals.

Nachdem Rhian dann auf den Beinen war - schwankend, aber besser als gar nicht - hakte ich sie bei mir unter, aber ich ließ ihr den Becher zum Festhalten. "Ich konnte mich nicht an meine erste Vision erinnern, aber die an die ich mich erinnern kann sind alle so real und lebendig" erklärte ich. Der Glanz der Göttin war etwas, dem man nur schwer widerstehen konnte. "Dein Körper braucht jetzt Nahrung, sonst frisst er sich selbst auf." Die Kräuter hatten Nebenwirkungen, wenn man nicht aufpasste und die galt es nicht zu unterschätzen. 

Ich wartete noch ein wenig mit Rhian, die sich noch nicht ganz losreißen konnte von der Quelle und den Sinneseindrücken. Zu lange konnten wir aber nicht verweilen, da nicht nur Rhian Nahrung brauchte sondern auch mein Kind. Langsam führte ich Rhian daher zurück zu meiner Hütte, darauf bedacht, dass die junge Frau nicht stolperte oder fiel. Bestimmt waren ihre Beine immer noch wie Gummi.


RE: Brigids Quelle - Rhian - 03-25-2024

Der Großen Göttin sei gedankt, war es Dierna, die sich an ihrer Seite befand und sie, als Rhian abermals bedrohlich schwankte, recht schnell unterhakte. So konnte sich die Dunkelhaarige an die ältere Priesterin klammern, um nicht noch einmal das Gleichgewicht zu verlieren. Und das, obwohl sie viel lieber im Gras gelegen hätte. Oder mit den Bienen in der Sonne umher getanzt hätte. Viel zu viele Emotionen zeichneten sich auf Rhians Gesichtszügen aus. Während sie versonnen lächelnd in den Sonnenschein blinzelte. Den Becher mit den wunderschönen Gravuren hielt Rhian viel zu fest in ihren Händen.

“Der Glanz der Göttin war.. war.. unbeschreiblich. Dieses Gefühl.. als würde ich schweben und doch tief mit der Erde verbunden sein.“

Mit glänzenden Augen und geröteten Wangen sprudelten diese Worte über die Lippen der jungen Novizin.

“Auf ein baldiges Wiedersehen.“

Sprach Rhian an die Quelle gewandt. Bevor sie sich dann doch der Schrittfolge Diernas anpasste, die sie vorsichtig von der Quelle hinfort führte. Etwas zu essen wäre nun wirklich eine gute Idee. Denn mit einem mal bemerkte Rhian wie der Hunger an ihr nagte und sich als leises grummeln in ihrem Bauch bemerkbar machte.

“Es war ein wunderschönes Erlebnis.“

Plapperte Rhian unentwegt auf dem Rückweg zu Diernas Hütte.


RE: Brigids Quelle - Anwen - 04-21-2024

Auf der Suche nach der Bestimmung
In der geheimnisvollen Stille des Abends, nur erhellt durch den sanften Schein des Mondes, saß Anwen, auf einem moosbedeckten Stein nahe der Quelle der Brigid. Der Mond, voll und strahlend, warf sein silbernes Licht auf die Wasseroberfläche, die in der Nacht wie ein Spiegel der Sterne funkelte.
Anwen hatte bei ihren Schwestern, den letzten verbliebenen Hüterinnen der Quelle, Zuflucht gefunden, nachdem ihr Pfad durch das Schicksal unerwartet gewendet wurde. Sie waren die letzten Bewahrerinnen der Weisheit und der alten Riten, und in ihrer Gemeinschaft hatte Anwen Heilung, Frieden und Klarheit gefunden. Doch während sie dort saß, umgeben von der ruhigen Kraft des Mondlichts, ließ sie ihre Gedanken über ihr weiteres Leben und ihre Bestimmung schweifen.

Schatten des Abends legten sich über das Land, und mit ihnen kam ein Gefühl der Unruhe. Ihre Welt befand sich im Wandel, seitdem der heilige Boden Albions durche die römische Präsenz besudelt wurde. Ihre einst so lebendige Welt des Glaubens und der Traditionen stand unter dem Druck einer fremden Macht, die mit eiserner Hand und römischen Gesetzen regierte. Die alten Wälder, in denen die Druiden einst wandelten, die heiligen Haine, wo die Stimmen der Ahnen im Wind zu hören waren, schienen nun fast verstummt und bedrückt. Die Römer brachten neue Götter und neue Wege, und viele der keltischen Stämme fanden sich in einem Zwiespalt zwischen Anpassung und Widerstand.

Doch inmitten dieser dunklen Zeiten flackerte ein Licht der Hoffnung. Anwen war nur als Beobachterin dabei gewesen, als zwei junge Priesterinnen ihre Weihe erhalten hatten: Raven und Rhian. In ihnen lag die Hoffnung und in jener Prophezeihung, die ihrer Welt die nötige Kraft zurückgeben konnte, um sich ein für alle Mal von den verhassten Besatzern zu befreien.
Doch wohin sollte Anwens Weg führen? Wo war ihr Platz in diesem Gefüge?

Ihr Blick war auf das reine und klare Wasser gerichtet und ihre Gedanken waren ganz vertieft. Sie hatte ein kleines Gefäß bei sich, das mit Frühlingsblumen und jungen zarten Blättern wohlriechender Kräutern gefüllt war. Sie nahm eine Handvoll und streute sie ins Wasser. Zunächst beobachtete sie die entstandenen Kreise und Scheingungen auf der Oberfläche des Wassers, die aber bald wieder abebbten.  Dann schloss sie ihre Augen und ihre Lippen formten Worte, die sie an die Göttin richten wollte. "O Brigid, dreifache Flamme der Inspiration,  Hüterin des heilenden Wassers, Schmiedin des Schicksals, die das Alte und Neue verbindet. Ich rufe dich an in dieser stillen Nacht. Lass mich deine Weisheit spüren, dein Zeichen in meinem Herzen empfangen. Führe mich auf dem Pfad, der vor mir liegt und offenbare mir die Muster des Schicksals."
Einen Moment lang ließ sie noch ihre Augen geschlossen, dann öffnete sie sie wieder und übergab nun auch die letzten Blüten und Kräuter dem Quellwasser. Wieder zeichneten sich Kreise auf der Wasserobefläche ab, die feine Wellenlinien zogen, und die das Wasser dazu brachten,  sanft über die alten, mit Moos bedeckten Steine zu gleiten.


RE: Brigids Quelle - Louarn - 04-21-2024

Oh, Götter, was für ein Tag! Ich hatte ja gewusst, dass es furchtbar werden würde, aber trotzdem war ich immer wieder aufs neue überrascht, wie furchtbar die Zusammentreffen mit Cathbad wirklich waren. Die meiste Zeit konnte ich das alles ja ziemlich gut unterdrücken und nicht an mich heranlassen, aber spätestens, wenn dann alles ruhig wurde, kam es dann doch zurück in meinen Kopf und hinterließ einen Knoten in meinem Bauch, während die Gedanken in meinem Kopf eine wilde Schlacht mit anschließendem Pferdewettreiten feierten. Ich hatte mal wieder das Gefühl, verrückt zu werden, weil das alles einfach zu viel war. So viele Dinge, die ich versuchen wollte, zu verstehen, die aber auch nach mehrfachen Versuchen keinen Sinn ergaben.

Calum beispielsweise. Ich hatte keine Ahnung, was er sich gedacht hatte. Er hätte nicht mitkommen brauchen, aber er wollte mitkommen. Er hätte in Iscalis bleiben und sich erholen können, aber er wollte mit uns reisen. Und wofür? Nur um Cathbad ins Gesicht zu spucken und zu riskieren, von ihm getötet zu werden, auf welche Art und Weise auch immer? Das verstand ich einfach nicht.  Es ergab nicht das kleinste bisschen Sinn.
Und auch die ganze Reise klang für mich einfach nur bescheuert. Rhian bedeutete dem silurischen König offenbar wenig bis nichts. Sie hatte kein Gefolge und keine Männer, die sie selbst einberufen konnte. Nach den Maßstäben unseres Volkes war sie reichlich wertlos für einen brigantischen Fürsten. Kelten folgten der Stärke, und Rhian hatte keine aufzuweisen. Sie mochte ein nettes Mädchen sein, ich hatte sie noch nicht kennen gelernt, aber ich sah das bei weitem nicht annähernd so wie Cathbad, dass das irgend etwas gegen die Römer ausrichten würde.
Und zudem besorgte mich, dass Fintan mitwollte. Ich mein, ich kannte ihn. Cathbad kannte ihn auch und hatte ihn nochmal darauf hingewiesen, dass er die Finger von Rhian lassen sollte. Ich wusste, dass Fintan das herzlich egal war. Mir aber nicht. Vier Wochen war lang, und ich würde nicht zulassen, dass er ein Mädchen aus Langeweile und Dummheit schwängerte und so ihr ohnehin schon trauriges Leben gänzlich ruinierte, weil Cahir sie dann sicher verstoßen oder ins Moor werfen ließ. Am besten machte ich ihm eigenhändig einen Knoten in sein Ding oder ließ ihn gefesselt und geknebelt an einem Baum zurück.

Heute war es zu spät gewesen, noch aufzubrechen. Morgen beim ersten Tageslicht musste ich in die nächsten Dörfer. Ich brauchte noch mindestens drei Pferde, wofür ich wahrscheinlich mehr als ein Dorf aufsuchen musste, und pro Person mit Pferden neun Stein an Getreide, wofür ich definitiv mehrere Dörfer aufsuchen musste. Die erste Heuernte war noch weit.

Ich sollte also versuchen, früh schlafen zu gehen, aber mein Kopf war zu voll. Deshalb zog ich mich ein wenig zurück und wanderte herum, in der Hoffnung, etwas Ruhe zu finden. Ich lief also eine ganze Weile durch den Wald, ehe ich merkte, dass ich dem Wildwechsel folgte, der von Norden her zur Quelle gelangen würde. Aber warum nicht? Ich bezweifelte zwar, dass die Göttin mich dieses Mal mehr sehen ließ als die letzten hundert Male – nämlich nichts – aber schaden konnte es auch nicht, und es war ruhig da.

Zumindest dachte ich das, als ich aus dem Wald trat und auf die Quelle gemütlich zuging. Aber es war nicht so ruhig, und ich war nicht allein. Auf der gegenüberliegenden Seite des Teiches saß eine Frau. Sie streute gerade ein paar Blumen in die Quelle. Offenbar opferte sie gerade. Kurz blieb ich stehen und betrachtete sie, da sie mir nicht bekannt vorkam. Ich fragte mich, ob das meine Cousine sein könnte, aber nach kurzem Hinüberschauen kam ich zu dem Schluss, dass sie es nicht sein konnte. Sie war zu alt. Rhian sollte fünfzehn oder sechzehn sein, jünger als ich, und diese Frau hier war bestimmt vier oder fünf Jahre älter als ich. Kein kleines Mädchen mehr. Wahrscheinlich eine neue Priesterin oder so.
Ich wollte sie nicht stören und beschloss, leise den Rückzug anzutreten, damit sie in Ruhe ihre Gedanken ordnen konnte, so wie ich meine ordnen wollte, da sie auch gerade so ganz konzentriert auf das Wasser schaute und mich noch nicht bemerkt zu haben schien. Aber in der Dunkelheit übersah ich beim Gehen einen Zweig, der ziemlich bedrohlich für meine Ohren unter meinen Stiefel knackte. Ertappt blieb ich stehen und hob entschuldigend und beschwichtigend die Hände.
“Tut mir leid, ich wollte dein Gebet nicht stören“, entschuldigte ich mich für mein Eindringen und hoffte, dass sie wenigstens wusste, wer ich war oder zu wem ich dazugehörte und mich nicht für einen Räuber oder so hielt.


RE: Brigids Quelle - Anwen - 04-22-2024

Anwen hielt ihren Blick noch einige Herzschläge ganz konzentriert auf das Wasser gerichtet. Sie verfolgte nun die feinen Wellen mit ihren Augen, bis hinüber zum anderen Ufer in die Dunkelheit ebbten. Sie war sich gewiss, dass Brigid ihr Anliegen erhört hatte und sich schon bald ein Zeichen auftat, das ihr den Weg aufzeigen würde, den sie einzuschlagen hatte. Langsam entspannte sie sich. Sie wollte hier, an diesem friedlichen Plätzchen im Mondschein noch etwas verweilen, bevor sie zurückging, um sich zur Ruhe zu legen.

Als plötzlich ein lautes Knacken vom anderen Ufer an ihr Ohr drang, spannten sich blitzschnell ihre Muskeln wieder an. Sie sprang auf und war bereit, sofort loszurennen, denn sie war unbewaffnet. Ihr Opfermesser lag in dem Haus, welches sie sich mit Raven teilte. Doch bevor sie davon rannte, versuchte sie in die Dunkelheit zu spähen, woher das Knacken herrühren konnte. Vielleicht war es nur ein Tier, das zur Quelle kommen wollte, um zu trinken. Genauso gut konnte es aber ein Römer sein, der diesen heiligen Ort mit seiner Anwesenheit beschmutzte und sich anschlich. "Wer ist da?" rief sie beherzt in die Dunkelheit. In ihrer Stimme klang schon noch eine Prise Angst mit. Sie hatte kaum mit einer Antwort gerechnet. Doch dann kam eine. Nun erkannte sie auch die Umrisse eines Mannes mit langen Haaren. Es war eindeutig kein Römer, zumal er auch kein Latein sprach. Ein wenig wich ihre Anspannung. Doch der Mann konnte auch ein ganz gewöhnlicher Räuber sein.
"Wer… wer bist du und was machst du hier?" rief sie ihm zu.


RE: Brigids Quelle - Louarn - 04-22-2024

Ich hatte sie wohl ordentlich erschreckt, denn sie sprang auf, wie von einer Spinne gebissen und wollte wohl gleich wegrennen. Götter, was erwartete sie an diesem heiligen Ort? Gut, dass heilige Stätten keinen Schutz stellten, wussten wir nicht erst seit dem Samhain, an dem Caradoc getötet worden war. Und auch nicht erst seit Mona. Nicht alle Kelten respektierten die Steinkreise so, wie sie es sollten. Aber die meisten schon.
“Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich bin Louarn. Einer von Cathbads… Schülern.“ Auch wenn er mir ehrlicherweise noch nie irgendwas wirklich beigebracht hatte. Das waren andere gewesen. Caradoc, Idris, meine Brüder… Von Cathbad hatte ich nur gelernt, ihm nicht über den Weg zu trauen. Aber ich hatte keine Ahnung, wer die Frau war und wie viel sie wusste. Vielleicht war sie hier auch nur auf Besuch oder ein Flüchtling wie Niamh.
Ach, verdammt, ich wollte nicht mehr an Niamh denken, aber trotzdem passierte es mir immer wieder. Ich ärgerte mich über mich selber und machte noch eine beschwichtigende Geste. “Cathbad hat uns hergerufen, weil wir Rhian zu ihrer Hochzeit eskortieren sollen, damit sie sicher ankommt. Kennst du Rhian?“ Soweit ich wusste, wohnte meine Cousine hier schon etwas länger und Frauen lernten sich untereinander meistens schneller kennen, also standen die Chancen nicht allzu schlecht.

Ich hielt meinen Abstand und machte keine Anstalten, irgendwie näher zu kommen, um ihr auch zu zeigen, dass ich keine Bedrohung für sie war. Ich würde auch gleich wieder gehen, um sie nicht weiter zu beunruhigen, und wollte nur kurz abwarten, ob sie verstanden hatte und mir bestenfalls verzieh.