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Die alte Schmiede am Dorfrand - Druckversion

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RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Liciniana Aglaia - 05-08-2023

Als Owain noch einmal hineinging, hatte ich schon Angst, dass er gleich die kaputten Schwerter auch herausbringen würde, um sie mir zu zeigen. Aber nein, er holte nur etwas Geschirr und Brot und etwas zu trinken. Ich unterdessen musste mich davon abhalten, an meinen Fingernägeln zu kauen, eine Unart, die meine Mutter früh angefangen hatte, zu bestrafen. Kein Mann mochte zerkaute Nägel sehen. Aber grade im Moment, während ich so dasaß und darüber nachdachte, wie ich am besten wieder aus diesem Schlamassel herauskommen könnte, in den ich unbeabsichtigt gestolpert war, war der Wunsch doch sehr groß.
Ich saß auf dem Boden und schaute in die Flammen. Vertrau mir, hatte Owain gesagt. Ich vertraute ihm ja, aber ich wusste, wie schnell ein dummer Zufall tödlich enden konnte. So lange war das Vierkaiserjahr noch nicht her, und auch, wenn ich ein Kind gewesen war, hatte ich da zu viel gesehen, als dass ich da einfach entspannt bleiben konnte, wenn Waffen im Spiel waren. Oh, ich konnte mich gut verstellen und es sehr gut überspielen. Aber wie es in mir drin aussah, war eine ganz andere Geschichte.

Owain reichte mir einen Becher und bat mich, zu probieren. Wenn er so anfing, war es wohl kein Wein. Ich roch erstmal an dem Getränk, aber bei dem Geruch des Lagerfeuers und des Hasen roch ich nicht viel anderes. Ich nahm einen vorsichtigen, kleinen Schluck und schaute dann fragend auf. “Das ist süß. Und ein bisschen bitter. Was ist das?“ fragte ich und nahm noch einen kleinen Schluck. Es schmeckte irgendwie ungewohnt. Nicht schlecht, aber eben ungewohnt. Und wohl etwas stärker als die dinge, die ich sonst trank. “Willst du mich mit süßem Zaubertrank betrunken machen?“ fragte cih neckend. Ja, necken tat gut, das war viel besser, als sich zu sorgen und über Schwerter und Speere nachzudenken.
Der Hase war dann auch soweit, und Owain zerlegte das Ding für uns und gab mir schließlich einen Teller und etwas Brot. Es war nicht so, dass ich ein übergroßer Fan von Gemüse war, aber dass gar keines dabei war, war auch etwas ungewohnt. Ich hatte gedacht, dass die Kelten uns da ähnlich seien, aber vielleicht lag es auch an Beltane und den Gebräuchen dazu. Oder Owain konnte nicht viel kochen. Egal, ich würde mich heute sicher nicht beschweren, wo er sich doch Mühe gab.
Ich probierte also etwas von dem Fleisch. Außen war es… nennen wir es knusprig, und insgesamt vielleicht ein wenig zäh, was aber sicher an dem Hasen lag, und mir fehlte etwas Salz oder Garum, aber es war nicht schlecht, und ich lächelte Owain an. “Ist gut. Danke. Für das Jagen und zubereiten und alles.“ Ich nahm trotzdem einen etwas größeren Schluck von meinem Getränk, um alles runterzuspülen, und zupfte ein wenig mit den Fingern das Fleisch in kleinere Häppchen.
“Hab ich dir mal vom Vierkaiserjahr erzählt?“ fragte ich ihn. Aber nein, hatte ich natürlich nicht, wie auch. “Das war furchtbar. Ist jetzt… zehn Jahre sind das jetzt schon. Oder neun? Nun, egal, auf jeden Fall war quasi das ganze Jahr lang Krieg in der Stadt, mit kurzen Verschnaufpausen dazwischen. Aber andauernd wurde Rom belagert oder von marodierenden Horden beherrscht, und man konnte kaum auf die Straße, weil man nie wusste, wer jetzt Anhänger von wem war. Furchtbar, sag ich dir. Und andauernd gab es Probleme bei der Versorgung, weil kein Getreide mehr nach Rom kam und die Händler wegblieben oder alles von den Soldaten des Vitellius weggefressen wurde. Einmal hatten wir eine wirklich entsetzliche Woche, wo einfach nur Straßenschlacht draußen war. Überall nur Mord und Totschlag. An unserem Brunnen hatten sie Köpfe aufgestellt von angeblichen Verrätern.
Opa hat für uns dann ein paar Ratten gefangen, die wir gegessen haben. Damals war er noch sehr agil und fit.“
Keine Ahnung, warum mir das ausgerechnet jetzt wieder einfiel und ich das erzählte. “War zum Glück nur das eine Mal. Ich war noch ein Kind, aber ich werd das wohl nie vergessen.“ Vielleicht war es deshalb, weil Owain mich für sehr fein halten musste. War ich ja auch, und wollte ich auch sein. Aber es war nicht so, als würde ich nicht auch die andere Seite kennen. Wenn auch nicht so gut.


RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Ceridwen - 05-09-2023

Es dämmerte schon. Die Sonne war bereits als roter Ball hinter den sanften Hügeln untergegangen. Das Dorf war inzwischen fast wie leergefegt. All die jungen Leute hatten sich hinaus in die Wälder oder zu anderen heiligen Orten begeben, an denen sie Beltane feiern wollten. Nur die Alten und Kranken waren zurückgeblieben und gedachten ihrer Jugend, in der sie den Beginn des Sommers und das Erwachen des neuen Lebens und der Fruchtbarkeit feierten.
 
Auch ich gedachte meiner Jugend, damals in unruhigen Zeiten. Nach all den Jahren verfolgte mich das Bild eines jungen Mannes immer noch. Damals hatte ich zum ersten Mal Liebe empfunden und dennoch war ich standhaft geblieben. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wäre ich damals ein gewöhnliches Mädchen gewesen. Schon oft hatte ich daran gedacht, wie dann mein Leben verlaufen wäre. Aber diese Gedanken waren im Grunde vollkommen überflüssig, denn die Götter allein lenkten unser Schicksal und bedienten sich unser, um uns zu ihrem Werkzeug zu machen. Also hatte ich gar keine andere Wahl, als alles so hinzunehmen, wie es gekommen war. Ich beneidete all jene, denen dieses Wissen verborgen bleib und die in jedem neunen Tag ein Geschenk der Götter sahen, den sie nach ihrem Willen gestalten konnten.


Ich hatte erst meine Hütte verlassen, als der erste Stern am Himmel zu sehen war. Ein kleiner Spaziergang am Abend konnte nicht schaden. Wie immer war ich in meinen verschlissenen dunkelblauen Umhang eingehüllt, der lediglich mein Gesicht preisgab und alles andere unter sich verbarg. Stille lag über dem Dorf. Nur der Duft gebratenen Fleisches lag in der Luft, der mich leitete und darüber entschied, welchen Weg ich an diesem Abend nehmen würde.
Seltsamerweise führte ich mich wieder zu dem jungen Mann, dem ich vor wenigen Tagen erst begegnet war. Der neue Schmied, der sichtlich überfordert gewesen war, als er mich zum ersten Mal gesehen hatte. Aber noch seltsamer jedoch war die Tatsache, dass er an einem Abend wie diesem nicht mit all den anderen jungen Leuten feierte. Doch nein, ganz allein war er gar nicht! Eine junge hübsche Frau war bei ihm. Eine Weile beobachtete ich die beiden aus einer sicheren Entfernung. Die Frau sprach Latein und der junge Schmied gab sich alle Mühe, ihr in Latein zu antworten, wobei sich seine Sprachkenntnisse in Grenzen hielten. Fast schien es, die beiden könnten ein paar sein.
"Guten Abend Owain, Schmied!" Ich war, wie die Nebelschwaden eines regnerischen Morgens, aus meiner Deckung herausgetreten und stand nun vor der Schmiede und konnte so noch besser das Treiben dort beobachten.


RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Licinianus Owain - 05-09-2023

(05-08-2023, 10:03 PM)Liciniana Aglaia schrieb: Als Owain noch einmal hineinging, hatte ich schon Angst, dass er gleich die kaputten Schwerter auch herausbringen würde, um sie mir zu zeigen. Aber nein, er holte nur etwas Geschirr und Brot und etwas zu trinken. Ich unterdessen musste mich davon abhalten, an meinen Fingernägeln zu kauen, eine Unart, die meine Mutter früh angefangen hatte, zu bestrafen. Kein Mann mochte zerkaute Nägel sehen. Aber grade im Moment, während ich so dasaß und darüber nachdachte, wie ich am besten wieder aus diesem Schlamassel herauskommen könnte, in den ich unbeabsichtigt gestolpert war, war der Wunsch doch sehr groß.
Ich saß auf dem Boden und schaute in die Flammen. Vertrau mir, hatte Owain gesagt. Ich vertraute ihm ja, aber ich wusste, wie schnell ein dummer Zufall tödlich enden konnte. So lange war das Vierkaiserjahr noch nicht her, und auch, wenn ich ein Kind gewesen war, hatte ich da zu viel gesehen, als dass ich da einfach entspannt bleiben konnte, wenn Waffen im Spiel waren. Oh, ich konnte mich gut verstellen und es sehr gut überspielen. Aber wie es in mir drin aussah, war eine ganz andere Geschichte.

Owain reichte mir einen Becher und bat mich, zu probieren. Wenn er so anfing, war es wohl kein Wein. Ich roch erstmal an dem Getränk, aber bei dem Geruch des Lagerfeuers und des Hasen roch ich nicht viel anderes. Ich nahm einen vorsichtigen, kleinen Schluck und schaute dann fragend auf. “Das ist süß. Und ein bisschen bitter. Was ist das?“ fragte ich und nahm noch einen kleinen Schluck. Es schmeckte irgendwie ungewohnt. Nicht schlecht, aber eben ungewohnt. Und wohl etwas stärker als die dinge, die ich sonst trank. “Willst du mich mit süßem Zaubertrank betrunken machen?“ fragte cih neckend. Ja, necken tat gut, das war viel besser, als sich zu sorgen und über Schwerter und Speere nachzudenken.
Der Hase war dann auch soweit, und Owain zerlegte das Ding für uns und gab mir schließlich einen Teller und etwas Brot. Es war nicht so, dass ich ein übergroßer Fan von Gemüse war, aber dass gar keines dabei war, war auch etwas ungewohnt. Ich hatte gedacht, dass die Kelten uns da ähnlich seien, aber vielleicht lag es auch an Beltane und den Gebräuchen dazu. Oder Owain konnte nicht viel kochen. Egal, ich würde mich heute sicher nicht beschweren, wo er sich doch Mühe gab.
Ich probierte also etwas von dem Fleisch. Außen war es… nennen wir es knusprig, und insgesamt vielleicht ein wenig zäh, was aber sicher an dem Hasen lag, und mir fehlte etwas Salz oder Garum, aber es war nicht schlecht, und ich lächelte Owain an. “Ist gut. Danke. Für das Jagen und zubereiten und alles.“ Ich nahm trotzdem einen etwas größeren Schluck von meinem Getränk, um alles runterzuspülen, und zupfte ein wenig mit den Fingern das Fleisch in kleinere Häppchen.
“Hab ich dir mal vom Vierkaiserjahr erzählt?“ fragte ich ihn. Aber nein, hatte ich natürlich nicht, wie auch. “Das war furchtbar. Ist jetzt… zehn Jahre sind das jetzt schon. Oder neun? Nun, egal, auf jeden Fall war quasi das ganze Jahr lang Krieg in der Stadt, mit kurzen Verschnaufpausen dazwischen. Aber andauernd wurde Rom belagert oder von marodierenden Horden beherrscht, und man konnte kaum auf die Straße, weil man nie wusste, wer jetzt Anhänger von wem war. Furchtbar, sag ich dir. Und andauernd gab es Probleme bei der Versorgung, weil kein Getreide mehr nach Rom kam und die Händler wegblieben oder alles von den Soldaten des Vitellius weggefressen wurde. Einmal hatten wir eine wirklich entsetzliche Woche, wo einfach nur Straßenschlacht draußen war. Überall nur Mord und Totschlag. An unserem Brunnen hatten sie Köpfe aufgestellt von angeblichen Verrätern.
Opa hat für uns dann ein paar Ratten gefangen, die wir gegessen haben. Damals war er noch sehr agil und fit.“
Keine Ahnung, warum mir das ausgerechnet jetzt wieder einfiel und ich das erzählte. “War zum Glück nur das eine Mal. Ich war noch ein Kind, aber ich werd das wohl nie vergessen.“ Vielleicht war es deshalb, weil Owain mich für sehr fein halten musste. War ich ja auch, und wollte ich auch sein. Aber es war nicht so, als würde ich nicht auch die andere Seite kennen. Wenn auch nicht so gut.

Endlich konnte sie sich wieder etwas entspannen und wollte sich sogar auf etwas Neues einlassen. Ich sah ihr ganz gebannt zu, wie sie den Met kostete und nicht gleich das Gesicht verzog. Sie fand ihn süß und bitter zugleich und nahm gleich noch einen Schluck. "Das ist Met.Wein aus Honig," versuchte ich ihr zu erklären. Sicher würde sie bald von selbst herausfinden, dass der Met wesentlich stärker war, als verdünnter Wein. Und ja, sie lag eindeutig richtig, als sie mich fragte, ob ich sie mit dem Zaubertrunk betrunken machen wollte. "Ja, will ich!" antwortete ich ihr grinsend.

Als der Hase fertig war und ich mich wieder zu ihr setzte, lief mir bereits das Wasser im Mund zusammen. Ich hatte nun wirklich Hunger und griff zu. Der Hase war köstlich! Ich hatte mich mal wieder selbst übertroffen. Nun ja, das Brot schmeckte wesentlich besser. Aber der Hase hatte auch etwas. Vielleicht ein wenig zäh. Aber das lag natürlich an dem Hasen. Er war wohl nicht der Jüngste gewesen.
Aglaia kostete dann auch von dem Fleisch. Es war natürlich etwas ganz anderes, was sie sonst gewohnt war. Doch sie lächelte und bedankte sich. "Freut mich!" Ich nahm nun auch einen großen Schluck. Ach wie hatte ich diesen Geschmackt vermisst! Er schmeckte nach Freiheit! 
Ich war ihr so dankbar, dass sie gekommen war und dass wir diesen Abend hier draußen am Feuer verbringen konnten. Alles war gelungen. Auch wenn es nicht das typische Beltanefest war.
Sie begann, mir von einem Vierkaiserjahr zu erzählen. Ich hatte davon noch nichts gehört. Doch sie hatte es miterlebt, als sie noch ein Kind war. Auch sie hatte schlimme Zeiten voller Krieg und Gewalt erlebt. Auch sie hatte Hunger und Todesangst erlebt.
"Du Ratte gegessen?" fragte ich erstaunt, denn das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen.  Aber ja, es gab Situationen im Leben,in denen man für alles dankbar war. Auch für eine Ratte!
"Das tut mir leid! Wie hat Krieg aufgehört?" wollte ich wissen. Irgendetwas musste doch passiert sein, damit der Friede wieder einkehren konnte. "Ich wünsche mir auch Frieden, irgendwann," meinte ich schließlich und lächelte ihr zu.
Noch einmal biss ich in das Stück Fleisch und nahm einen weiteren Schluck Met. Dann plötzlich war da diese Stimme, die scheinbar aus dem Nichts kam und die daran Schuld war, dass mir beinahne der Bissen im Hals stecken geblieben wäre. Erschrocken sah ich mich um und erkannte sie! "Verdammt, die Gwrach!" War sie real oder nur ein Hirngespinst?


RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Liciniana Aglaia - 05-09-2023

Honigwein? Nein, das schmeckte anders. Ich kannte Wein, der mit Honig versetzt war, sehr gut. “Das schmeckt nicht wie Mulsum, da ist noch was anderes drin“, meinte ich lachend und nahm noch einen kleinen Schluck. Ich vertraute Owain und darauf, dass er schon auf mich aufpassen und mir ncihts zu trinken geben würde, was schädlich wäre. Auch wenn es stärker war als das, was ich kannte und ich vielleicht betrunken werden könnte – etwas, das für eine römische Dame überhaupt nicht in Betracht kam. Für Männer galt es schon als unschicklich, betrunken zu sein, aber Frauen war es eigentlich sogar verboten. Theoretisch durften sie nicht einmal Wein trinken, aber daran hielt sich niemand. Aber eine betrunkene Frau? Oh weh, wäre ich nicht schon infam, nach einem Besäufnis wäre ich es garantiert. Aber ich machte langsam, ich fürchtete einen Kater, oder noch schlimmer, dass ich Owain vor die Füße kotzen könnte, wenn ich zu viel trank.
Er nahm mein Kompliment zu dem Hasen dankbar auf und sah selbst so aus, als hätte er ein kaiserliches Mahl vor sich, und ich schmunzelte einfach wegen seiner Freude daran. Ich aß langsam, um mir nicht die Finger zu verbrennen, und erzählte nebenbei. Irgendwie hatten wir so wenig über meine Vergangenheit geredet wie über seine, schien mir. “Ja, eine Ratte. Die schmecken furchtbar. Und es ist nicht mal was dran an den Biestern. Aber besser als nichts, und auf der Straße wäre es zu gefährlich gewesen.“
Er fragte nach dem Krieg und ich stellte den Teller vor mir ab und lehnte mich etwas zurück, um mir die Sterne über mir anschauen zu können. “In Rom sieht man nachts so gut wie keine Sterne, nur von ganz wenigen Orten aus“, sagte ich und stützte mich mit den Händen hinter mir ab, um besser hinauf schauen zu können. Hier gab es so viele Sterne. Ich hatte nicht gewusst, dass sie so zahlreich waren, bis ich aus Rom wegging.
“Nachdem Kaiser Nero getötet worden war… wie war das? Erst kam Galba, der überall Schulden eintreiben ließ und sehr viele Leute hinrichten ließ. Eine ganze Legion soll er abgeschlachtet haben, weil die ihren Sold verlangt hat. Nichts weiter, nur den Sold, der ihnen zustand. Und Rom ließ er hungern, weil er die Getreidespeicher schloss.
Dann kam es zum Putsch… ähm, also ein anderer, Otho, ergriff die Macht.“
Ich wusste nicht, ob Owain das Wort Putsch verstand. “Er hat Galba angegriffen, und es gab einen großen Kampf zwischen Galbas Anhängern und denen von Otho. Galba starb, und Otho herrschte. Und wir dachten alle, jetzt sei der Frieden zurück, denn Otho machte eigentlich alles richtig. Es gab wieder genug zu essen in der Stadt, wir fühlten uns alle sicher. Aber… dann kam Vitellius mit seinen Legionen.“
Einen Moment verstummte ich und schaute einfach nur zu den sternen hinauf. Sie sahen so friedlich aus. “Er besiegte Otho in einer Schlacht, und Otho befürchtete, dass Vitellius Rom selbst belagern und angreifen würde. Um das zu verhindern, tötete er sich selbst und überließ so Vitellius kampflos das Feld.
Aber Vitellius war furchtbar. Seine germanischen Truppen, sie… Sie haben viele schlimme Dinge in Rom getan. Viele Mädchen, die nicht mehr nach Hause kamen, viele Händler, die im Streit getötet wurden, viel Gewalt ohne jeden Grund. Er hat sogar die Palastsklaven ermorden lassen, einfach so, zum Vergnügen.“
Ich hatte Geschichten gehört von den jungen Eunuchen, die noch von Nero übrig geblieben waren. Schlimme Geschichten.
“Und dann kam Kaiser Vespasianus aus dem Osten. Er hatte in Judaea gekämpft. Das… liegt viele tausend Meilen im Osten. Und dort hatte er gesiegt, und deshalb rückte er auf Rom vor. Sein Bruder war schon in Rom und verhandelte mit Vitellius über die Kapitulation, um Blutvergießen zu vermeiden. Aber Vitellius hat ihn umbringen lassen. Seine Truppen haben ihn öffentlich hingerichtet, nur Stunden, bevor Vespasianus dann ankam. Vespasianus hat die Stadt gestürmt und… es gab viele Kämpfe, den ganzen Tag lang. Und auch noch mehrere Tage danach. Sehr viel Blut. Sehr viele Schreie. Und am Ende war Vespasian Kaiser.“
Ich schaute wieder zu Owain. “Ich hoffe, dass ich das nicht noch einmal erleben muss. Ich hoffe, unsere Völker können einen anderen Frieden schließen.“

Ich hatte kaum zuende erzählt, als wir angesprochen wurden. Erschreckt fuhr ich hoch und schaute mich um. Da stand eine ältere Frau, der Kleidung nach zu urteilen eine Keltin. Ich hatte das Guten Abend, Owain, verstanden. Den Rest nicht. Und ich nahm an, dass das, was Owain sagte, ihr Name war. “Guten Abend, Gurach“, versuchte ich sie in ihrer Sprache zurückzugrüßen, trotz meines sicher fürchterlichen lateinischen Akzentes. Aber ich wollte ja freundlich sein und kannte weder keltische Bräuche an sich, ob es normal war, da nachts einfach beim Nachbarn aufzutauchen, noch die speziellen Gepflogenheiten zu Beltane. Also war die Devise, nett sein und auf das Beste hoffen.


RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Ceridwen - 05-10-2023

Sollte ich etwa überrascht sein, wie der junge Schmied und seine, nennen wir sie der Einfachheit halber, römische Freundin bei meinem Erscheinen aufgeschreckt waren? Meiner Person ging ein gewisser Ruf voraus. Der ließ sich auch nicht so schnell durch ein paar gute Taten wieder herstellen.
"Na na, wer wird denn gleich so ausfallend werden? Du hast wohl schon vergessen, wer dir geholfen hat? Und im Übrigen hast du eine ehemalige Priesterin Monas vor dir, Freundchen!" Nur ungern führte ich den Leuten wieder vor Augen, was ich Gutes für sie getan hatte und dass ich eben nicht die plumpe Dorfhexe war, für die mich alle hielten.

Völlig unbedarft jedoch war seine kleine Römerin, die mich mit ihrem grässlichen lateinischen Akzent und vielem guten Willen in unserer Sprache begrüßte, mich aber im gleichen Moment auch schon wieder, wenn auch unwissentlich, beleidigte. Ich wollte schon 'guten Abend, Römerhure' entgegnen, besann mich aber etwas Besserem. Seine römische Freundin erntete zunächst für ihre Anstrengung ein anerkennendes Lächeln.

"Guten Abend! Oh, du sprichst unsere Sprache? Das hört man auch nicht alle Tage!" antwortete ich ihr in einem lupenreinen Latein, welches ich bereits in meiner Kindheit, noch bevor die Römer unsere schöne Insel besudelt hatten, gelernt hatte. Ich schaute mir dieses ungleiche Gespann an und fragte mich dann laut (und selbstverständlich wieder in meiner Sprache), was der Sinn dieser Zusammenkunft war. "Was macht ein junger Kerl wie du an solch einem Abend hier mit einer Römerin? Wieso feierst du nicht mit Deinesgleichen?" Sofort wechselte ich wieder ins Lateinische unt tat so, als würde ich für sie das Gleiche noch einmal in Latein wiederholen.

"An diesem herrlichen Abend hat mich der köstliche Duft eures Hasenbratens angelockt. Da doch heute fast das ganze Dorf ausgeflogen ist. Nur uns Alte hat man zurückgelassen! Ihr hättet nicht zufällig noch einen kleinen Bissen für eine alte Frau übrig?"  Ein wenig auf die Tränendrüse drücken, konnte nie schaden. Wenn der Schmied klug war, würde er mich jetzt nicht einfach so davonjagen.
"Mein Name lautet übrigens Ceridwen."




SimOff:
normal = Latein
kursiv = Keltisch


RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Licinianus Owain - 05-10-2023

(05-09-2023, 10:39 PM)Liciniana Aglaia schrieb: Honigwein? Nein, das schmeckte anders. Ich kannte Wein, der mit Honig versetzt war, sehr gut. “Das schmeckt nicht wie Mulsum, da ist noch was anderes drin“, meinte ich lachend und nahm noch einen kleinen Schluck. Ich vertraute Owain und darauf, dass er schon auf mich aufpassen und mir ncihts zu trinken geben würde, was schädlich wäre. Auch wenn es stärker war als das, was ich kannte und ich vielleicht betrunken werden könnte – etwas, das für eine römische Dame überhaupt nicht in Betracht kam. Für Männer galt es schon als unschicklich, betrunken zu sein, aber Frauen war es eigentlich sogar verboten. Theoretisch durften sie nicht einmal Wein trinken, aber daran hielt sich niemand. Aber eine betrunkene Frau? Oh weh, wäre ich nicht schon infam, nach einem Besäufnis wäre ich es garantiert. Aber ich machte langsam, ich fürchtete einen Kater, oder noch schlimmer, dass ich Owain vor die Füße kotzen könnte, wenn ich zu viel trank.
Er nahm mein Kompliment zu dem Hasen dankbar auf und sah selbst so aus, als hätte er ein kaiserliches Mahl vor sich, und ich schmunzelte einfach wegen seiner Freude daran. Ich aß langsam, um mir nicht die Finger zu verbrennen, und erzählte nebenbei. Irgendwie hatten wir so wenig über meine Vergangenheit geredet wie über seine, schien mir. “Ja, eine Ratte. Die schmecken furchtbar. Und es ist nicht mal was dran an den Biestern. Aber besser als nichts, und auf der Straße wäre es zu gefährlich gewesen.“
Er fragte nach dem Krieg und ich stellte den Teller vor mir ab und lehnte mich etwas zurück, um mir die Sterne über mir anschauen zu können. “In Rom sieht man nachts so gut wie keine Sterne, nur von ganz wenigen Orten aus“, sagte ich und stützte mich mit den Händen hinter mir ab, um besser hinauf schauen zu können. Hier gab es so viele Sterne. Ich hatte nicht gewusst, dass sie so zahlreich waren, bis ich aus Rom wegging.
“Nachdem Kaiser Nero getötet worden war… wie war das? Erst kam Galba, der überall Schulden eintreiben ließ und sehr viele Leute hinrichten ließ. Eine ganze Legion soll er abgeschlachtet haben, weil die ihren Sold verlangt hat. Nichts weiter, nur den Sold, der ihnen zustand. Und Rom ließ er hungern, weil er die Getreidespeicher schloss.
Dann kam es zum Putsch… ähm, also ein anderer, Otho, ergriff die Macht.“
Ich wusste nicht, ob Owain das Wort Putsch verstand. “Er hat Galba angegriffen, und es gab einen großen Kampf zwischen Galbas Anhängern und denen von Otho. Galba starb, und Otho herrschte. Und wir dachten alle, jetzt sei der Frieden zurück, denn Otho machte eigentlich alles richtig. Es gab wieder genug zu essen in der Stadt, wir fühlten uns alle sicher. Aber… dann kam Vitellius mit seinen Legionen.“
Einen Moment verstummte ich und schaute einfach nur zu den sternen hinauf. Sie sahen so friedlich aus. “Er besiegte Otho in einer Schlacht, und Otho befürchtete, dass Vitellius Rom selbst belagern und angreifen würde. Um das zu verhindern, tötete er sich selbst und überließ so Vitellius kampflos das Feld.
Aber Vitellius war furchtbar. Seine germanischen Truppen, sie… Sie haben viele schlimme Dinge in Rom getan. Viele Mädchen, die nicht mehr nach Hause kamen, viele Händler, die im Streit getötet wurden, viel Gewalt ohne jeden Grund. Er hat sogar die Palastsklaven ermorden lassen, einfach so, zum Vergnügen.“
Ich hatte Geschichten gehört von den jungen Eunuchen, die noch von Nero übrig geblieben waren. Schlimme Geschichten.
“Und dann kam Kaiser Vespasianus aus dem Osten. Er hatte in Judaea gekämpft. Das… liegt viele tausend Meilen im Osten. Und dort hatte er gesiegt, und deshalb rückte er auf Rom vor. Sein Bruder war schon in Rom und verhandelte mit Vitellius über die Kapitulation, um Blutvergießen zu vermeiden. Aber Vitellius hat ihn umbringen lassen. Seine Truppen haben ihn öffentlich hingerichtet, nur Stunden, bevor Vespasianus dann ankam. Vespasianus hat die Stadt gestürmt und… es gab viele Kämpfe, den ganzen Tag lang. Und auch noch mehrere Tage danach. Sehr viel Blut. Sehr viele Schreie. Und am Ende war Vespasian Kaiser.“
Ich schaute wieder zu Owain. “Ich hoffe, dass ich das nicht noch einmal erleben muss. Ich hoffe, unsere Völker können einen anderen Frieden schließen.“

Ich hatte kaum zuende erzählt, als wir angesprochen wurden. Erschreckt fuhr ich hoch und schaute mich um. Da stand eine ältere Frau, der Kleidung nach zu urteilen eine Keltin. Ich hatte das Guten Abend, Owain, verstanden. Den Rest nicht. Und ich nahm an, dass das, was Owain sagte, ihr Name war. “Guten Abend, Gurach“, versuchte ich sie in ihrer Sprache zurückzugrüßen, trotz meines sicher fürchterlichen lateinischen Akzentes. Aber ich wollte ja freundlich sein und kannte weder keltische Bräuche an sich, ob es normal war, da nachts einfach beim Nachbarn aufzutauchen, noch die speziellen Gepflogenheiten zu Beltane. Also war die Devise, nett sein und auf das Beste hoffen.

"Nein, nicht Mulsum! Wein aus Honig!" versuchte ich sie zu korrigieren. Dies hatte ganz und gar nichts mit diesem widerlichen Gesöff zu tun, was die Römer als besondere Köstlichkeit feierten und vor dem Essen tranken. Doch auch wenn es kein Mulsum war, schien es ihr zu schmecken, denn sie nahm gleich noch einen Schluck. Zum Essen mundete er hervorragend.
Währenddessen sprach sie weiter und richtete ihren Blick gen Himmel. Sie meinte, man könne in Rom fast keine Sterne am Himmel sehen. 
"Aha" machte ich ein wenig ungläubig und legte meine Stirn in Falten. Das konnte ich mir gar nicht vorstellen. Ein Nachthimmel ohne Sterne? Gut, gelegentlich versperrten die Wolken die Sicht auf die Sterne. Aber eben nur ab und zu.  Dann berichtete sie weiter davon, was sich damals noch zugetragen hatte. Nicht alles konnte ich auf Anhieb verstehen. Jedoch begriff ich die Zusammenhänge. Scheinbar hatten sich die Römer ein ganzes Jahr lang gegenseitig umgebracht. Regelrechte Massaker hatten sie angerichtet! Nicht schön für ein junges Mädchen, wenn es in einem solchen Umfeld aufwachsen musste! Ein Teil in mir fragte sich aber dann doch bitter, warum sie das nicht auch hier gemacht hatten. Dann wären wir sie schon längst losgeworden und hätten unsere Freiheit wieder. Aber dann wären wir uns wahrscheinlich auch nie begegnet.


Sie schaute mich wieder an und hoffte darauf, dass es eines Tages einen anderen Frieden geben könnte. Ein römischer Friede, geisterte mir gerade noch durch den Kopf, als die Gwrach aufgetaucht war. Sie erinnerte mich gleich wieder daran, wie sie mir geholfen hatte, ein gutes Versteck für die Waffen zu finden und überraschte mich, als sie sagte, sie sei eine der Priesterinnen von Mona gewesen. Zum Glück konnte das Aglaia nicht verstehen, sonst hätte sie sich sicher dazu genötigt gefühlt, auch das zu melden.

"Eine ehrwürdige Priesterin? Du?" fragte ich nun etwas verwirrt. Da fiel mir ein, immer wenn die Gwrach auftauchte, verwirrte sie mich sogleich. Die Tatsache, dass sie Latein sprach, als sei sie eine Römerin, während sie Aglaias Gruß entgegnete, verstärkte das Ganze noch. Völlig konfus war ich, als sie sich dann wieder an mich wandte und problemlos wieder ins Keltische wechselte.

"Ich bin ihr verpflichtet, aber ich liebe sie auch. Und ich kann wohl kaum mit ihr zu einem der heiligen Orte gehen. Die würden sie dort glatt lynchen und den Göttern opfern!" Dann sprach sie wieder zu Aglaia und gab sich als einfache alte Frau aus, die scheinbar Hunger hatte und nicht allein sein wollte. Ich sah kurz zu Aglaia und zog die Augenbrauen nach oben. So hatte sie sich den Abend bestimmt nicht vorgestellt. Andererseits wollte ich auch nicht riskieren, die Gwrach zu verärgern.

"Aber bitte, setz dich doch für einen Augenblick zu uns!" Ich bot ihr den Rest des Hasen an, den ich noch auf dem Teller hatte und reichte ihr ein Stück Brot dazu. Beides nahm sie, ohne mit der Wimper zu zucken an und futterte drauf los. Das musste für Aglaia alles sehr befremdlich sein, denn woher sollte sie wissen, was eine Gwrach war?  "Gwrach ist nicht ihr Name. Bedeutet, sie ist weise Frau hier von Dorf." In gewisser Weise stimmte das ja vielleicht auch. Auch wenn sich jeder vor ihr fürchtete, sobald sie um die Ecke kam.


RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Liciniana Aglaia - 05-10-2023

Ich konnte es an Owains Gesicht ablesen, dass er nicht die Hälfte von dem verstand, was ich gesagt hatte. Aber vielleicht redete ich auch zu viel und zu viel über Dinge, die man ohnehin nicht verstehen konnte, wenn man sie nicht kannte. Wie sollte man auch einen Bürgerkrieg beschreiben? Wie sollte man Rom beschreiben? Das war eine ganz andere Welt als hier, und trotz allem sehnte ich mich manchmal dorthin zurück. Wäre es nicht zu gefährlich für mich geworden, ich wäre immer noch da. Auch wenn ich dann nie Owain getroffen hätte und vielleicht nie all diese verwirrenden Dinge gefühlt hätte, die ich jetzt fühlte.

Aber die alte Frau unterband sehr erfolgreich weitere Grübeleien. Ich verstand keine fünf Worte von dem, was sie sagte, bis sie auf einmal in meiner Sprache sprach, als hätte sie nie etwas anderes getan.
“Nicht wirklich. Owen bringt mir ein bisschen bei, aber ich fürchte, mehr als eine Begrüßung bringe ich noch nicht zustande“, meinte ich freundlich. Und ich blieb auch freundlich, als sie wieder in ihre Sprache wechselte und Owain ihr ebenso antwortete.
Oh, ich glaubte keine Sekunde daran, dass das einfach ein freundliches Gespräch war. Ihre Stimme blieb zwar leicht und freundlich, aber man wechselte nicht zwischen mehreren Sprachen hin und her, wenn man freundlich sein wollte und wollte, dass der andere einen verstand. Und auch, wenn sie zu mir nichts sagte, glaubte ich zu verstehen, worum es ging. Die Unterhaltung kannte ich nämlich schon sehr gut. Was willst du mit DER? Such dir ein anständiges Mädchen! Ja, das kannte ich sehr gut, selbst in Sprachen, die ich nicht sprechen oder verstehen konnte. Und ich glaubte natürlich nicht, dass es nur um die traurigen Reste des ebenfalls traurigen Hasen ging.
Aber eben, weil ich das schon gut kannte, hatte ich eine weitere Kunst sehr gut gemeistert: Mich dumm und unwissend zu stellen. Und so lächelte ich einfach, als wäre nichts und als würde ich mich nicht ausgeschlossen fühlen von dem Gespräch zwischen den beiden. “Natürlich, setz dich doch“, lud ich die Frau also auch ein und sah zu, wie sie sich über die Hasenreste hermachte, als wäre es ein königliches Festmahl.
Owain klärte mich jetzt darüber auf, dass ich einen Fehler gemacht hatte, und dieses komische Gurach wohl nur ein Ehrentitel oder sowas war. “Oh, entschuldigt bitte. Ich kenne mich mit keltischen Titeln, wie man sieht, auch nicht besonders gut aus“, meinte ich also entschuldigend und kämpfte das Gefühl des Unwohlseins erst einmal sehr erfolgreich nieder. Auch, wenn mein Bauchgefühl mich gerade dazu aufforderte, vielleicht doch besser zurück nach Hause zu gehen. Ich mochte es nicht, wenn mir gesagt wurde, ich wäre nicht gut genug, auch wenn diese Ceridwen es nicht in einer Sprache sagte, die ich verstehen konnte. Vielleicht irrte ich mich ja auch. Auch wenn ich es nicht glaubte. So oder so, ich blieb erst einmal sitzen und tat so, als wäre ich ganz und gar unbekümmert von der etwas seltsamen Situation.


RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Ceridwen - 05-10-2023

Ja, da staunte das Jungelchen! Nicht alle hatten sie von uns umgebracht. Einige hatten sie am Leben gelassen, damit sie sich entweder selbst töteten oder mit ihrer Schande leben mussten. Ich gehörte zur letzten Kategorie, denn ich hatte gezögert, als es nichts zu zögern gegeben hatte.

Doch die Zeiten änderten sich, wie ich nun feststellen durfte. Da hatte ich doch tatsächlich eine keltophile Römerin vor mir! Die sogar ein paar Worte unserer Sprache gelernt hatte! Das war wirklich sehr ungewöhnlich! Aber auch seine Aussage, er sei ihr verpflichtet, war schon ein bisschen schwammig. In welcher Weise war er ihr verpflichtet? War er etwa ihr Sklave? Das war eigentlich die einzige plausible Erklärung. Ach herrje, und das römische Frauchen hatte sich in ihren keltischen Sklaven verliebt? Wie romantisch! Das seltsame Paar erregte immer mehr mein Interesse. Das wollte ich jetzt genauer wissen!

Die beiden luden mich auch schon ein, mich an ihr Feuer zu setzen. Das nahm ich natürlich dankend an. Ebenso die Reste des Hasen und das Brot. Ich begann, das übrige Fleisch mit den Fingern abzupulen und aß es. 
"Dein Hase ist eigentlich ganz gut! Vielleicht ein bisschen zäh und bestimmt hatte er sich über ein paar Kräuter gefreut, bevor du ihn gebraten hast." Wenn ich jetzt noch etwas Met gehabt hätte, wäre der Abend gerettet gewesen!

Das Römermädchen war eigentlich ganz nett und wirkte so gar nicht römisch auf mich. Aber ich konnte mich auch täuschen. Wie nannte man das im römischen Militärjargon? Fraternisierung mit den Unterworfenen!
"Owain ist ein guter Lehrmeister, wie mir scheint. Und er liebt dich. Das hat er mir eben verraten." Ich warf ihr ein vielsagendes Lächeln zu. "Sag, du weißt doch sicher, was für ein besonderer Tag heute ist?" Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Owain sie darüber im Unklaren gelassen hatte. Ich sah zu dem Jungelchen hinüber, als wenn ich auf eine Antwort von ihm wartete.
"Wir feiern heute den Beginn des Sommers und die Vereinigung der Göttin mit dem Gehörnten, aus deren Verbindung neues Leben entsteht und der Natur und uns Fruchtbarkeit schenkt." Ich wartete einen Moment, um festzustellen, ob sie mir soweit folgen konnte. "Ich nehme an, ihr wollt heute Abend auch eine solche Verbindung eingehen?" Wieder sah ich die beiden forschend an. Natürlich würden sie das. Wäre sie sonst hier, bei ihm? "Ich könnte euch helfen, die große Göttin anzurufen und ihr zu opfern, auf dass eure Verbindung Früchte trägt und ihr immer eins sein werdet." Ganz unauffällig ließ ich meine eine Hand unter meinem Umhang verschwinden. Ja, ich hatte mein Beutelchen mit den Zauberutensilien dabei. Die beiden mussten sich jetzt nur darauf einlassen und sie würden den extatischsten und leidenschaftlichsten Abend ihres Lebens erleben.


RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Licinianus Owain - 05-10-2023

Die Alte saß schneller an unserem Feuer, als ich schauen konnte! Ich schickte Aglaia einen entschuldigenden Blick, denn inzwischen kannte ich sie ja schon ein bisschen  besser und wusste, wan ihr etwas unangenehm war und wann nicht. Sicher wollte sie nicht der Gwrach beim essen zuschauen. Als die Alte dann auch noch zu stänkern anfing, war meine Geduld schon fast am Ende. Nur der Respekt vor ihrer nachgesagten Hexenkraft hielt mich zurück, sie nicht sofort davonzujagen. Aber dann begann sie auch schon zu erzählen. Sie versuchte, sich bei uns einzuschmeicheln und erzählte ihr, ich sei ein guter Lehrmeister und ich würde sie lieben. Dann fragte sie sie nach Beltane und in mir stiegen bereits die schlimmsten Befürchtungen auf.  "Ähm ja, ich ihr erzählt habe," antwortete ich leicht genervt. Allerding schien sie da wenig Vertrauen in meine Erklärungen zu haben, denn nun begann auch die Alte Aglaia in die Geheimnisse von Beltane einzuweihen. So sehr, dass es mir langsam peinlich wurde! "Wir werden uns bestimmt nich in deiner Gegenwart vereinigen!" zischte ich ihr auf keltisch zu. Das würde Aglaia ganz sicher nicht gefallen, wenn uns ein altes Weib dabei zusah, wie wir uns liebten. Aber damit war es noch nicht genug! Sie bot sich uns auch noch als Mittlerin zu den Göttern an, damit wir Brigid opfern konnten. Die Alte lebte verdammt gefährlich! Wenn eines Tages der Richtige herausfand, dass sie eine Art Priesterin war, dann waren sicher ihre Tage gezählt! "Du willst helfen bei Opfer?" fragte ich sie nun wieder in Latein und sah wieder zu Aglaia. Zugegebenermaßen war ich hin und hergerissen über dieses Angebot. Ich konnte er Aglaia so erklären, dass auch weise Frauen einen Zugang zu en Göttern hatten.


RE: Die alte Schmiede am Dorfrand - Liciniana Aglaia - 05-11-2023

Ich warf Owain einen kurzen, warmen Blick zu, als Ceridwen meinte, er hätte gesagt, dass er mich liebt. Ich glaubte zwar immer noch nicht, dass das Gespräch um romantische Gefühle gegangen war, aber es war schön, noch einmal zu hören. Und wieder gab es da dieses warme gefühl in meiner Brust, das bei diesen Worten anschwoll und regelrecht davon zehrte, diese Worte zu hören. Er liebte mich. Er liebte mich. Er liebte mich. Ich konnte nicht genug davon bekommen.
Allerdings war jetzt nicht die zeit, genau das zu vertiefen, denn Ceridwen fragte mich regelrecht aus, ob ich denn Bescheid wusste. “Heute ist Beltane“, antwortete ich ihr und fühlte mcih ein wneig wie in der Schule. Und noch mehr hatte ich dieses Gefühl, als sie anfing, nochmal genau zu erklären, was gefeiert wurde. So ungefähr hatte Owain es auch schon erklärt, nur dass er von Gott und Göttin und von nichts mit Hörnern geredet hatte. Ich hatte gedacht, die Keltengötter seien wie unsere und weniger wie die der Ägypter, die Tierköpfe hatten, oder wie auch immer man sich diese Hörner vorstellen sollte. Vielleicht beteten sie ja zu einer Art Minotaurus. Im Grunde war es ja auch ganz gleich.
Als sie mehr oder weniger fragte, ob wir heute Abend auch vögeln wollten, wollte ich eigentlich lachen. Aber Owain sagte schnell etwas, das nicht sehr nett klang und was ich nicht verstand, ehe er mich fragend anschaute und die Frau fragte, ob sie beim Opfer helfen wollte. Ich schaute zwischen den beiden kurz verwirrt hin und her. Gerade eben hatte Owain noch gesagt, dass man dafür Druiden brauchte, die aber waren alle tot oder vertrieben. Glaubte ich zumindest.
“Owen muss entscheiden, ob er Hilfe beim Opfer haben möchte. Aber ich bin mir sicher, dass mir eure Göttin heute keine Fruchtbarkeit schenkt. Ich bekomme keine Kinder.“ Ich sagte es nicht schamvoll. Auch nicht stolz. Es war einfach eine feststehende Tatsache, dass es so war. Oh, ich könnte wahrscheinlich welche bekommen, aber ich wollte das gar nicht. Nur das eine Mal war etwas schiefgegangen, was ich korrigieren hatte müssen, und das war schon lange her. Seitdem war es nicht wieder passiert, und ich glaubte auch nicht daran, dass es heute passieren würde. Und selbst wenn, ich könnte ja nie sicher sein, dass es von Owain wäre. Das würde er auch nicht wollen. Er würde sein Kind wollen, nicht das von einem Mann, den ich nicht sicher bestimmen konnte.
Ich sah kurz zu Owain und fühlte mich jetzt doch ein wenig schlecht. Er hatte mit seiner früheren Frau Kinder haben wollen, hatte aber keine. Und beim letzten Mal, da das Thema aufkam, hätte er mich wohl beinahe verlassen deshalb. Viele Männer verließen die Frau, wenn sie sich als unfruchtbar herausstellte. Sie alle wollten Söhne haben, die sie eines Tages ersetzen würden. Sicher auch Owain, weshalb ich ihn eines Tages wahrscheinlich verlieren würde. Bei dem Gedanken daran schnürte sich mir kurz die Kehle zu. Aber heute war es noch nicht so weit, sagte ich mir. Heute würden wir einfach dieses Fest feiern und uns später vereinigen. Und die ganzen Sorgen wegen Waffen, Kindern, Druiden und komischen Frauen, die verschoben wir einfach auf später.