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RE: Deirdres Haus - Flavianus Pytheas - 05-07-2023

Das Ungeborene war mehr als nur bereit, das Licht der Welt zu erblicken. Deirdres Leib sprach sofort auf das Nelkenöl an. Die Kontraktionen begannen, und nun tat Pytheas nicht mehr, als Deirdre den fachkundigen Händen der Hebamme zu überlassen. Denn wie gesagt, eine Geburt war keine Erkrankung. Nur die Sorge des Eigentümers der jungen Sklavin ließ Pytheas hier anwesend sein.
Der Medicus, der am Kopfende der Gebärenden saß,  hielt sich zurück, um die Frauen nicht verlegen zu machen, doch er war hellwach und konzentriert, um eingreifen zu können, falls die Natur wider Erwarten nicht ihren Lauf nehmen würde. 
Vor allen Dingen würde er nicht dulden, dass die gerufenene Hebamme mit ungewaschenem, ohne vorher in Essigwasser gereinigtem Besteck in Fleisch schnitt. Alles was Chirurgie war, war seine Angelegenheit. Und er würde auch nicht zulassen, dass die Hebamme hinterher irgendwelchen abergläubischen Kram unternahm, der mehr schadete als nützte; beispielsweise das Kind mit eiskaltem Wasser zu waschen, um es zu kräftigen, wie das beispielsweise bei den Germanenstämmen üblich war.
Anderseits war Flavianus Pytheas neugierig darauf, was diese Gwendolyn tun würde. Er hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, eine keltische Heilkundige bei ihrem Werk zu beobachten. 

Auf dem Feuer blubberte in einem Kessel heißes Wasser; das Feuer selbst gab Wärme; sauberer Leintücher lagen bereit. In seiner Theca waren die Skalpelle, und Pytheas hoffte sehr, dass sie auch dort bleiben würden.


RE: Deirdres Haus - Furiana Deirdre - 06-22-2023

Rhea war nach nur wenigen Minuten mit der tatkräftigen Gwendolyn zur Stelle, die auch noch ein Mädchen dabei hatte. Das musste ihre Tochter Bina sein, die von ihrer Mutter das Handwerk der Hebamme erlernte und mit einem großen Lederbeutel hinter Gwendolyn herlief. Ich hatte Bina noch nicht kennengelernt, aber Gwendolyn hatte mir von ihr erzählt und wie stolz sie auf ihre Jüngste war, die schon mit elf Jahren hellwach und wissbegierig alles aufsog. 

Die erfahrene Hebamme erteilte knappe Anweisungen an ihre Tochter und diese schöpfte heißes Wasser in einen kleinen Krug, in den sie Rinde und Kräuter warf, die bald für die Schmerzen gebraucht wurden. Danach untersuchte mich Gwendolyn und prüfte zuerst mit ihrer Knotenschnur anhand des Bauchumfangs wie groß das Kind war und dann wie weit der Geburtskanal bereits war, aber sie schien noch nicht zufrieden. "Es wird noch eine Weile dauern und das Kind ist groß" sagte die Frau in mittleren Jahren auf Latein, damit auch Rhea und der Medicus sie verstanden. 

Die Stunden fühlten sich wie Tage an zwischen den Kontraktionen und ich konnte mich kaum auf etwas anderes als die Wehen konzentrieren, aber leise hörte ich Bina singen und ich erinnerte mich daran, dass sie mit einer blauen Waidpaste den Brigidstern auf meinen Bauch malte als Schutzsymbol. Der Abend war zur Nacht und dann zum Tag geworden und trotz hoher Schmerzen tat sich nicht viel und Gwendolyn blickte immer beunruhigter. Immer wieder untersuchte sie den Geburtskanal und schüttelte dann den Kopf in Richtung ihrer Tochter. Abwechselnd saßen entweder Bina oder Gwendolyn bei mir, während sich die andere ein wenig ausruhte, als sich die Stunden dahinzogen.

Wann immer ich vor Schmerz weinte, flößte man mir von dem Weidenrindensud etwas ein und Bina ermahnte mich, meine Kraft auf die Geburt und auf Gebete zu Brigid zu verwenden. Erst gegen Mittag war Gwendolyn mit ihren Untersuchungen zufrieden und die Kontraktionen kamen schneller.  Als es dann endlich soweit war, zogen mich Gwendolyn und Bina an den Armen an den Rand des Bettes und richteten mich in eine halb sitzende, halb hockende Pose und Rhea setzte sich hinter mich, um mich aufrecht zu halten. Eine der Frauen drückte und die andere zog, während Gwendolyn irgendetwas tat, das sich wie Rumrühren in meinen Eingeweiden anfühlte. Ich bekam nur bruchstückhaft mit, wie sie Bina erklärte, wie sie den Geburtskanal zusätzlich mit ihrer Hand dehnte, da das Kind so groß war. 

Gwendolyn befahl mir zu pressen, als sie endlich mit dem Herumrühren in meinen Innereien aufgehört hatte und ich mobilisierte das bisschen Kraft, das ich noch hatte, aber viel tat sich da nicht mehr. Leises Gerede zwischen der Hebamme und ihrer Tochter, erneutes Herumrühren in den Innereien und es schien einen kleinen Ruck zu geben, aber dann wieder nichts. "Das Kind ist zu groß und steckt im Geburtskanal. Wir werden ihm helfen müssen" sagte Gwendolyn auf Latein und ihre Tochter schaute ein wenig ängstlich drein, aber nickte dann und holte ein Eisenmesser aus dem Lederbeutel.


RE: Deirdres Haus - Flavianus Pytheas - 06-23-2023

Pytheas misstraute den Hebammen nicht. Doch dem eisernen Messer vertraute er keineswegs. Wer wusste, in wie viele Patienten es schon hineingeschnitten hatte,  ohne jemals abgespült zu werden? Der Medicus schüttelte missbilligend  den Kopf und holte einige seiner eigenen Skalpelle aus seiner Tasche. Wicho hatte sie wie immer mit Essigwasser gereinigt. Dennoch hoffte er immer noch, nicht schneiden zu müssen - alles was mit Wunden zu tun hatte, war gefährlich. Pytheas schaute nach, ob der Muttermund wirklich geöffnet war und das war er.
Er legte nun selbst seine beiden  Hände auf Deirdes Beckenschaufeln und drückte mit der nächsten Wehe das Becken zusammen, um die Spinae ischiadica für den Kopfaustritt zu erweitern. Er fühlte unter seinen Händen eine Bewegung und lockerte sofort den Druck; er wollte nicht drücken, sondern nur in die richtige Richtung schieben. Tatsächlich glitt das Kind ein Stück nach unten, immer mehr und allmählich. Pytheas konzentrierte sich ganz darauf, mit seinen Fingern den richtigen Druck zu finden. Es gab Ärzte, die sich mit ihrem ganzen Gewicht auf die Schwangere warfen. Er hatte immer den Verdacht gehabt, dass sie so manchen Schaden beim Kind verursachten, der nicht wieder gut zu machen war: Lähmungen und Taubheit. Pytheas arbeitete lieber mit dem Gefühl seiner Hände. 
Pytheas wusste nicht, wie der Furius auf ein behindertes Sklavenkind reagieren würde. Vermutlich würde er befehlen, es auszusetzen. Daher passte er sehr auf, damit Deirdre ihr Kleines behalten durfte:
"Gwendolyn, der Damm!", sagte Pytheas auf Latein. Die Hebamme sollte hält den Damm von außen halten, um den Druck des Kinderköpfchens etwas abzubremsen, damit das dünne Gewebe nicht riss:
"Es ist ein großes Kind, das ja! Und es will jetzt mit aller Kraft geboren werden", sagte er zu Deirde, um ihr anzukündigen, dass nur noch wenig fehlte.

Mit den nächsten Presswehen wurde zuerst das Hinterhaupt sichtbar. 
Pytheas ließ nun wieder Gwendolyn machen. Er griff nach Deirdres Hand: "Halte meine Hand", sagte er und um die Gebärende abzulenken: " Ich kann schon Haare sehen. Dunkle oder rote, was meinst du? Du machst es großartig, Deirde! Deine Göttin steht uns bei" dann wurde das Köpfchen geboren. Nach einer kurzen Verschnaufpause folgen mit der nächsten Wehe schließlich die Schultern und der Körper des Kindes.
Pytheas war froh, dass er nicht hatte schneiden müssen. Deirdre würde heilen, und sie konnte ohne Komplikationen noch mehr Kinder haben. Er wartete darauf, was ihm die Hebamme verkünden würde. Ein wenig lächelte er, und er schluckte, denn er war gerührt.


RE: Deirdres Haus - Furiana Deirdre - 06-24-2023

Der Blick von Gwendolyn war ein wenig verwirrt, dass ein Mann hier eingriff, aber der Medicus schien zu wissen, was er da tat und so hielt sie sich samt ihrer Tochter zurück. Falls das Kind weiterhin steckenbleiben würde, dann konnte man immer noch eingreifen. Fasziniert sah sie dem Mann zu, wie er auf das Becken drückte und das Kind ein Stückchen weiter hinausglitt. Diese Technik kannte sie nicht, aber sie würde sie sich merken. Wie befohlen ging sie dem Medicus zur Hand und kurz darauf glitt der Rest des Kindes heraus und es war geboren. 

Ich hatte nur noch wenig Kraft zu pressen gehabt, aber Schwerkraft und der Druck auf das Becken taten ihr Übriges und nach einer kurzen Weile hörte ich den kräftigen Schrei meines Kindes. Es lebte und war hoffentlich gesund, da es laut und ausdauernd plärrte. Ich war zu erschöpft für mehr als ein seliges Lächeln, da sich die Geburt einen dreiviertel Tag hingezogen hatte. Nach einigen Momenten reichte mir Gwendolyns Tochter das Kind, das in ein Tuch gehüllt war und verkündete freudig: "Ein Sohn - und was für ein strammes Kind."

Ich hatte Probleme die Augen offen zu halten, aber für einen liebevollen Blick und ein kleines Küsschen auf sein Haupt reichte es noch. Auch Rhea kam an meine Seite und wischte sich ein Tränchen aus den Augen und streichelte das Köpfchen. "Hallo, mein kleiner Aidan..." sagte ich in meiner Muttersprache. Danach wurde das Kind erst einmal gebadet, während sich Gwendolyn um die Nachgeburt kümmerte und Rhea mich ein wenig säuberte. Ich driftete selig in den Schlaf für ein Stündchen oder zwei. 

Die restlichen Frauen in der Hütte waren beschäftigt mit dem Wegbringen besudelter Tücher, dem Schöpfen von frischem Wasser und dem Baden des Kindes. "Kein Wunder, dass es so lange gedauert hat. Das Kind ist mehr als 1 1/4 cubita (über 55 cm) groß und sehr schwer." sagte Gwendolyn bedenklich auf Latein, damit Rhea und der Medicus sie auch verstanden. Zumindest gab es keine großen Blutungen und auch die Nachgeburt war ohne Probleme und vollständig abgegangen und würde später im Garten vergraben werden. Das Kind selbst hatte einen vollen Schopf dunkler Haare, eine gesunde Farbe und keine äußerlich sichtbaren Makel.


RE: Deirdres Haus - Flavianus Pytheas - 06-26-2023

"Bitte lass mich dein Kind untersuchen, Deirdre", sagte Pytheas, nachdem er sich sorgfältig Hände und Arme bis zu den Ellenbogen gewaschen hatte: "Wie hast du es genannt? Aidan? Lass mich also bitte nach Aidan sehen?" Jetzt schon hatte das Kind eine rosige Gesichtsfarbe. Es war kräftig und wirklich groß. Die Hebamme hatte mit ihrem Augenmaß recht behalten: Aidan maß etwas mehr als eine Handbreit über einer Elle. Er war an allen Gliedmaßen wohlgebildet. Pytheas legte sein Ohr an die kleine Brust, um Aidans Herzschlag zu hören. Auch der Herzschlag war kräftig und regelmäßig. Ein strammer kleiner Kerl. Aidan schien die Untersuchung erst stoisch über sich ergehen zu lassen, aber zum Schluss hin protestierte er schreiend. 
Pytheas gab den Kleinen der Mutter zurück und lächelte sie freundlich an:
"Du hast einen schönen, starken Jungen, Deirdre. Ausgezeichnet ausgereifte Lungen", bemerkte er: "Ich gratuliere dir zu deinem kleinen Sohn. Ich überlasse euch Beide nun der Pflege der Frauen"
Er packte seine Sachen, um seine Eselin, die draußen wartete, zu beladen:
" Ich werde mich zu deinem Herren Furius Saturninus begeben und ihm melden, dass seine Sklavin ihm einen gesunden Knaben geboren hat", sagte er.
Denn ja, trotz der Fürsorge, die der Furius ihnen angedeihen ließ, das waren Deirdre und ihr Sohn: Eigentum eines Römers. 
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RE: Deirdres Haus - Tiberius Furius Saturninus - 06-30-2023

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Es dauerte nicht sehr lange. Saturninus hatte seine vier Sänftenträger zur Eile angetrieben und da acht Beine eine größere Geschwindigkeit erreichten als zwei, war er auch schnell vorwärts gekommen. Doch schon am Rande von Cheddar hatte ihn nichts mehr in der Sänfte gehalten. Er hatte sie verlassen und war die Dorfstraße bis zu Deirdres Haus gelaufen. Hühner stobten ihm gackernd aus dem Weg.
Erst als er vor Deirdres Tür stand, kam er zu Atem und dann klopfte er an.


RE: Deirdres Haus - Furiana Deirdre - 06-30-2023

Das Baby und ich hatten einige Stunden geschlafen, in denen Rhea das Häuschen gelüftet und gesäubert hatte mit der Hilfe von Gwendolyns Tochter. Gwendolyn selbst war nach Hause gegangen um selbst zu schlafen, da sie die ganze Nacht mit mir auf gewesen war. Als ich wieder auf der Liege erwachte, kehrten die Schmerzen zurück und mir tat noch alles weh von der schweren Geburt. Ich fühlte mich wie durch einen Fleischwolf gedreht, aber mein Körper schien intakt. 

Rhea half mir mich zu waschen und das Baby zu füttern und servierte mir auch eine herzhafte Suppe mit einem Kanten Brot. Ich war so froh über die Hilfe und ein bisschen Konversation, als sie sich setzte und wir ein wenig plauderten. Wir waren kaum mit dem Essen fertig, als es auch schon stürmisch an der Tür klopfte und der frischgebackene Vater vor der Tür stand. Rhea ließ ihren Herren ein und ging dann in den Garten um sich um das Unkraut zu kümmern und Deirdre und ihrem Herrn ein wenig Privatsphäre zu geben.


RE: Deirdres Haus - Tiberius Furius Saturninus - 06-30-2023

Bevor er die Sklavin fortschicken musste, machte Rhea schon selbst, dass sie fortkam.  Deirdres Haus war wie immer aufgeräumt, nicht ärmlich, aber auch ohne Überflüssiges. Es roch sauber und noch nach etwas anderem, welches der Furier nicht einordnen konnte.
Saturninus  war in drei Schritten am Bett, kniete sich an Deirdres Seite, dann zog er ihren Kopf zu sich und küsste sie sanft:
 "Sei gegrüßt, meine Deirdre. Wie geht es dir?", sagte er: "Ist das.. ist er Aidan?",
er schwieg einen Moment. Er war ergriffen. Aidan war sein erstes Kind. Zumindest von dem er wusste. Es interessierte ihn, weil ihn die Mutter interessierte:
"Schläft er?", Saturninus flüsterte.


RE: Deirdres Haus - Furiana Deirdre - 07-05-2023

Ich hatte diese Küsse vermisst und erwiderte den liebevollen Kuss, aber meine Bewegungen waren langsam und vorsichtig, als ich mich ein wenig vorbeugte um Saturninus das Baby zu zeigen und wenn er wollte, konnte er es mir auch aus den Armen nehmen. "Ja, das ist Aidan" sagte ich voller Wärme. Momentan döste das Kind ein wenig vor sich hin, aber es schien nicht wirklich tief zu schlafen. "Er döst nur ein wenig. Möchtest du ihn halten?" fragte ich. Ich vermied zu schnelle Bewegungen, da diese schmerzhafte Impulse durch meinen Körper zucken ließen.


RE: Deirdres Haus - Tiberius Furius Saturninus - 07-07-2023

"Ich kann ihn halten?", fragte Saturninus etwas verwirrt. Aidan war so... winzig. Aber dann streckte er beide Hände aus: "So?", fragte er erwartungsvoll. Es war ein wenig, als wolle er ein Schwert in Empfang nehmen:
"Was meinst du, wann Aidan und du nach Iscalis reisen können? Ich möchte euch beide so schnell wie möglich freilassen. Und ich möchte Aidan anerkennen. Aulus Furianus Aidanus. Auch wenn ihr zunächst keine römischen Bürger seid. Und die Bürgermeister meinen Antrag erst einmal nur aufnehmen können. Bis dereinst der Statthalter herkommt"
Das konnte dauern. Er saß im fernen Londinium. Aber natürlich würde er seinem Princeps Officii diesen Wunsch nicht verweigern. Saturninus konnte ganz gut mit Claudius Crus, fand er. Aidan verzog sein Gesichtchen, und instinktiv küsste Saturninus ihn auf den Kopf. Aidan roch gut, fand er:
" Hast du alles, was du brauchst, Deirdre? Wo wird Aidan schlafen?"