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[Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Druckversion

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RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Flavianus Pytheas - 07-24-2023

Pytheas sah zu, wie der Fremde seine Sachen nahm und dann mit einem der Operationsbestecke zurück kehrte und sich ihm gegenüber hinsetzte. Es war nicht das erste Mal, dass er in solch einer Situation war. Einige Male war er denen begegnet, die zerstörten, um des Zerstören Willens, dem Unheilvollen und Frevelhaften. Er war ein Sklave gewesen; und es war ihm nie etwas anderes übrig geblieben, als die Augen zu schließen, still zu halten und zu hoffen, dass alles  rasch vorüber gehen mochte. Er überlegte, wer der Mann war. Er sprach in Wirform - und wer war wir? Pytheas glaubte nicht, dass er selbst wichtig genug war, um sich persönliche Feinde gemacht zu haben. Der Angriff galt dem Centurio. Vielleicht war der Fremde ein neidischer Kollege. Doch das Schwert, das er gezückt hatte, war außerordentlich kunstvoll gearbeitet und teuer gewesen. Und er redete davon, dass Lustknaben - damit meinte er ihn, Pytheas, keine römischen Ritter, damit meinte er gewiss sich selbst, in den Dreck ziehen sollten. Also war er ein Militärtribun. Aber nicht der Laticlavius Iulius, den Pytheas ja vom Sehen her kannte. Er war folglich einer der Angusticlavii. T.O.D, von dem so viele sprachen? Blondes Haar, Fischaugen, das könnte hinkommen. 
" Centurio Octavius ist mein Vermieter. Er hat mir aus dem Wunsch heraus, alle Belange des Kaisers zu unterstützen, seine Villa überlassen. Über seine sexuellen Gepflogenheiten ist mir nichts bekannt", antwortete der Medicus tonlos, den Sperberblick gesenkt:
"Der Centurio hat mich aufgesucht, um sich mit mir zu unterhalten, das tut er manchmal. Er hat nie etwas in Bezug auf meinen Patron, den Caesar Augustus, verlangt, schon gar nicht, jemanden in den Dreck zu ziehen. 
Damit dürfte ich dir alle deine Fragen beantwortet haben. Und nun lasse mich bitte weiterarbeiten, denn ich habe noch einiges zu tun, edler Tribun Ovidius. Vale bene"
Die Nennung von Titel und Namen war ein Pfeil ins Blaue. Pytheas nahm wieder seinen Bergwerksbericht zur Hand. Er achtete sehr darauf, dass Zittern seiner Hand zu unterdrücken, aber er erkannte selbst, dass er Angst hatte.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Titus Ovidius Decula - 07-25-2023

"Du arbeitest weiter, wenn ich es dir erlaube. Keinen Moment früher!", erwiderte ich. Oh, der Grieche war arrogant. Seine Arroganz verbarg sich hinter Höflichkeit, doch sie war offensichtlich. Verlogenes und feiges Drecksvolk. Ich würde ihn Respekt lehren. 
Ich beugte mich vor und ohne jegliche Vorwarnung versetzte ich Flavianus einen Messerschnitt über den Handrücken. Nicht sehr tief natürlich. Vermutlich würde nicht einmal eine Narbe zurückbleiben. Aber es blutete heftig.
Flavianus keuchte auf und zog seine Hand an seine Brust. Ich betrachtete das Skalpell von allen Seiten. Das Blut schimmerte auf der Schneide. Ich ließ es auf den Tisch tropfen:
"Hübsch scharf. Bestimmt kann man damit auch eine Sehne durchtrennen. Und nun zeigst du mir, was Octavius dir aufgetragen hat, zu schreiben. Ich gestatte dir, deine Hand zuvor zu verbinden. Sonst hast du hier eine schöne Sauerei. Und das wollen wir doch nicht" 
Ich lächelte den Medicus arglos an.
Er würde tun, was ich sagte. Am Ende taten sie das immer.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Flavianus Pytheas - 07-27-2023

Pytheas wusste weder wie spät es war, noch wie lange T.O.D. schon hier drin war. Sein Blut tropfte auf den Tisch wie eine besonders makabre Klepshydra. Der Medicus befand sich in der Situation eines Menschen, der mit Folter bedroht wird, obwohl er die Informationen, die er herausgeben sollte, gar nicht besaß. Er hatte zuweilen in Rom solche Szenarien durchgespielt. Damals war es um politisch missliebig gewordene Menschen gegangen, gegen die er aussagen sollte, weil sie die Patienten seines Lehrers gewesen waren. Er hatte Glück gehabt, dass Vitellius so schnell das Zeitliche gesegnet hatte und Caesar Augustus Vespasianus an die Macht gekommen war. 
Doch nun war er mit einer ähnlichen Situation konfrontiert, und ihm schien es, als erhebe eine Schlange aus den Tiefen seiner Vergangenheit ihr grässliches Haupt. 
Pytheas begriff sehr gut, dass der Hass des Militärtribuns etwas Unpersönliches hatte, was sich gegen sein Volk und seinen Stand mehr richtete als gegen ein Verbrechen, das er begangen haben könnte (Und er hatte gegen Ovidius nichts unternommen. Centurio Octavius hatte das nie von ihm verlangt)
Der Medicus verhielt sich wie ein Kaninchen vor einer Schlange. Ihm wurde kalt und er war ganz starr. Dabei ahnte er schon, dass man ihm diese äußere Unbewegtheit als Hochmut auslegen würde. Er war ein ehemaliger Sklave, er hatte sich zu Ritter Ovidius Füßen zu werfen und ihn um Gnade anzuflehen. Aber es gelang ihm nicht. 
Gedanken schossen durch seinen Kopf: Wenn Ovidius ihm die Sehnen durchtrennte, konnte er vielleicht nie wieder chirurgisch tätig werden.  Aber er konnte noch Patienten behandeln. Vielleicht ließ man ihn auch junge Ärzte ausbilden.  Doch wenn T.O.D. es nicht bei seinen Händen beließ, dann würde er den Beruf aufgeben müssen, den er liebte. Oder der Römer würde ihn töten. Er gehörte zwar zur Klientel des Kaisers, aber er war nur einer von vielen und nicht so wichtig. Vermutlich würde Ovidius auch alle Hinweise auf seine eigene Person beseitigen. Die Akte würde schnell geschlossen werden. Pytheas glaubte an kein irgendwie geartetes Jenseits. Dann wartete das Nichts. Eine graue kalte Nacht ohne Bewusstsein. Vielleicht war es das, weshalb er hierher nach Iscalis gekommen war.
Er stand mühevoll auf und nahm einen Verband aus seinem Regal. Den wickelte er sich um die Hand und zurrte ihn mit den Zähnen fest:
"Ich habe für Centurio Octavius nichts aufgeschrieben, edler Tribun, das schwöre ich bei den Laren des Caesar Vespasianus Augustus", sagte er leise.
Und er glaubte schon zu ahnen, dass es im Grunde gleich war, was er sagte, was er gestand, was er erflehte. Dies war das Wesen des Terrors.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Titus Ovidius Decula - 07-28-2023

Ich merkte schon, wie er seinen Patron vorschob, als er bei ihm schwor. Aber der Kaiser war weit weg. Und der Flavianus war nur einer der Sklavenärzte gewesen, die die große Familia auf dem Palatin betreuten. Nicht etwa Leibarzt des Kaisers oder eine medizinische Koryphäe. Ich vermutete einmal, dass sich Caesar Augustus Vespasianus wegen Flavianus kein Bein ausreißen würde. 
Nun stand er auf und verband sich die Hand. Er war noch jung, wenn auch kein Jüngling mehr, und etwas an ihm reizte mich. Es konnte seine Halslinie sein, die aus seinem Tunikaausschnitt herausragte, als er so mit dem Rücken zu mir stand oder seine schlanken Finger, als er den Verband festzog:
"Du magst die Wahrheit sprechen oder lügen. Das kann ich nicht wissen", sprach ich: 
" Wahrheit definiert sich als ein Urteil, das mit seinem Inhalt mit der Welt übereinstimmt oder auch als ein Urteil, das nicht im Widerspruch zu den bereits vorhandenen Überzeugungen, die sich gegenseitig stützen, steht.
Definiert Platon nicht  die Wahrheit wie die Schönheit und das Gute als absolute Werte? Doch wie gelangt man dorthin, Flavianus, kannst du mir das verraten? Woher weiß ich, dass du wahrhaftig bist? Du bist Grieche, du verstehst das Problem, das ich mit dir habe, nicht wahr? Eine Wahrheitsfindung ist ein langer, intensiver Prozess, der für beide Seiten... schmerzhaft sein kann"
Ich fixierte ihn. Er war bleich geworden, das war gut:
" Nein, setze dich nicht. Komme hierher", als Flavianus vor mir stand, nahm ich mein kurzes Schwert und schnitt sorgfältig seine Tunika vom Halsausschnitt bis zu seinen Knien auf.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Louarn - 08-03-2023

Ich hatte die letzten Nächte wirklich nicht gut geschlafen. So viele Dinge, die mir im Kopf herumgeisterten. Viel zu viele Dinge. Die sich vornehmlich um Frauen drehten, was beim Einschlafen mal so wirklich gar nicht half. Aber heute war irgendwas anders gewesen, als es mich mal wieder aus dem Schlaf gerissen hatte. Ich konnte es nicht ganz greifen, es war mehr ein Gefühl. Aber in jedem Fall war ich wach und es trieb mich schon etwas früher raus. Ich hatte das Gefühl, ich sollte heute früher zur Arbeit erscheinen als sonst, auch wenn ich nicht glaubte, dass jetzt schon jemand wach wäre. So war es auch nicht, das Haus lag dunkel da, alles schien zu schlafen. Ich traf zufällig Peigi, die auch nicht hatte schlafen können und schon früher anfangen wollte, zu kochen. Auch sie hatte seltsame Träume gehabt. Ich ließ sie mit dem Ersatzschlüssel durch die Seitentür und schaute mich kurz im Haus um. Aber Flavianus Pü war gar nicht da. Er musste noch in seiner anderen Wohnung sein. Keine Ahnung, warum, vielleicht war es dieses ungute Gefühl in der Magengegend, aber ich beschloss, ihn abzuholen und ihm Geleitschutz, wenn man so wollte, zu seiner Praxis zu geben. Es war noch eine knappe Stunde bis Sonnenaufgang, also sollte er so langsam wachwerden, wenn er zu Sonnenaufgang starten wollte.

Die Stadt schlief und war ruhig. Eigentlich war es ein schöner Spaziergang, so durch die ruhigen Straßen. Ein bisschen tot alles für meinen Geschmack. Ich verstand nicht, warum Römer gerne alles mit Stein zupflasterten – wortwörtlich – aber gerade war es wenigstens friedlich.
Naja, bis ich zu der Ecke mit den zwei größten Steinblöcken weit und breit kam. Dort war die Wohnung von Flavianus Pü, wie ich wusste. Aber davor lungerten zwei Soldaten herum. Selbst wenn die nicht ihre lächerlichen Gürtel getragen hätten, hätte wohl jeder Kelte mit etwas Verstand sie als das erkannt, was sie waren. Sie lehnten gegen die Wand und bedachten alles und jeden,d er so früh schon unterwegs war, mit einem Blick, der Gewalt verhieß. Ganz so, als wären sie was besseres. Ich hasste sie jetzt schon.
Aber sie standen vor der Wohnung von Flavianus Pü herum, und das hieß nichts gutes. Was wollte die Legion von ihm? Und wenn sie etwas von ihm wollte, dann nur zwei schlecht verkleidete Kerle und wer auch immer bei Flavianus Pü noch drin war? Konnte noch ein Dutzend sein.

Es wäre sicher klüger gewesen, jetzt zu gehen und sich nicht einzumischen. Oder jemanden zu Hilfe zu holen. Die Römer mischten sich doch in alles mögliche ein, da sollte es sie interessieren, wenn ihr Medicus von der Legion beschlagnahmt wurde. Aber auf die war eh nie verlass. Aber wenigstens meine Brüder sollte ich holen. Oder wenigstens Calum. Wenn ich das richtig verstanden hatte, hatten er und Flavianus Pü irgendwas am laufen. Oder Alun, der mir definitiv noch einen gefallen schuldete.
Aber ich war nicht clever und wollte jetzt nicht gehen, wenn Flavianus Pü in Gefahr schwebte. Also tat ich, was ich immer tat: Ich machte es schlimmer.

In der Nähe kam wohl eine Prostituierte gerade von ihrer Arbeit zurück. Sie torkelte ein wenig müde und sah etwas angeschlagen aus. Und sie sah römisch aus, mit dunklen Locken und einem komisch aussehenden Kleid, das verdammt viel Haut zeigte. Sie war jung. Ich bemitleidete sie, auch wenn sie eigentlich ganz hübsch war. Aber begehrt hätte ich sie nie.
“Haia“, grüßte ich sie leise und erschreckte sie im ersten Moment, ehe sie entschied, dass von mir keine Gefahr drohte und sich in Pose schmiss. “He, Süßer! Na, so früh unterwegs? Kannst du nicht schlafen? Soll ich dir helfen? Es kostet nur drei lausige As, gleich hier an der Hauswand...“, spulte sie ihr Angebot ab, aber ich winkte ab. Drei As, verdammt, gaben sich römische Frauen billig her. Da musste sie ja täglich… nein, ich wollte da jetzt nicht drüber nachdenken.
“Nein, nein, danke. Du bist sicher toll, aber siehst du die beiden da drüben?“ Ich deutete auf die Legionäre.
“Die zwei, die aussehen, als hätten sie zuviel Essig gesoffen?“ fragte sie zurück und erhielt dafür von mir ein Lächeln.
“Ja, genau die. Ich zahl dir...“ Ich kramte in meiner Tasche und zog den Denar raus, den mir Flavianus Pü erst vor drei Tagen ausgezahlt hatte. “Diesen Denar, wenn du zu ihnen rübergehst und sie ein wenig anbaggerst. Wenn du es schaffst, dass sie mit dir mitgehen, kriegst du hinterher einen zweiten.“ Das war wahrscheinlich mehr, als sie die ganze Woche verdienen würde. Nein, das war ganz sicher mehr, so wie sie mich anschaute. Ihr Blick war sehr fest auf die Silbermünze geheftet. Sie zögerte, weil das Angebot zu gut war. “Ich soll einfach die beiden Kerle abschleppen? Was hast du vor? Willst du eine Wohnung ausrauben?“
Blöd war sie nicht. Ich grinste. “Für einen Denar sollte es dich nicht interessieren. Und von den beiden kriegst du sicher auch noch was.“
Sie wusste, dass ich irgendwas vorhatte, aber schließlich siegte die Gier und sie griff nach der Münze. “In Ordnung, Süßer. Aber wehe, du hältst dein Wort nicht!“ drohte sie mir noch einmal und machte sich dann auf, mit gekonntem Hüftschwung, auf einmal hellwach und durchaus verführerisch, schlenderte sie geradewegs mit einem feisten Lächeln auf die beiden Soldaten zu und gab sich wirklich alle Mühe, sie mit sich um die nächste Häuserecke für einen Moment zu locken.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Titus Ovidius Decula - 08-03-2023

Flavianus lag mit dem Gesicht nach unten halb auf dem Tisch und rührte sich nicht. Ich hatte ihm mit dem Skalpell mehrere Wunden beigebracht. Doch auch der Anblick von Blut reizte mich nicht.  Dann hatte ich ihn beschimpft und mit der Faust geschlagen, weil die Lust nicht kommen wollte. Dabei hatte ich ihn an der Schläfe erwischt. Er war zusammen geklappt und lag da wie ein nasser Sack. Ich war dabei, systematisch die Schriftrollen durchzusehen. Ich hielt sie auch gegen das Licht der Öllampe, um zu erkennen, ob eine zweite, eine Geheimschrift, unter der ersten existierte. 
Doch ich wurde nicht fündig. Wie immer Flavianus seine Berichte nach Rom verfasste, er tat es entweder nicht hier oder er war noch raffinierter, als ich dachte.
Dabei bemerkte ich, dass ein grauer Schimmer durch den Türspalt kroch. War das bereits die Morgendämmerung? Hatte ich mich solange mit dem Medicus abgegeben? Es war Zeit zu verschwinden. Ich würde ihn gleich töten müssen. Flavianus atmete noch, war aber bewusstlos. Was immer man mir nachsagte, ich war kein Unmensch: Er würde den Schnitt durch seine Kehle kaum spüren. 

Vorher würde ich Albius und Titius hereinrufen. Wenn sie noch in der Kasse nachsehen oder Spaß mit Flavianus haben wollten, sollten sie. Meine Männer hielten zu mir, weil sie sofort belohnt wurden. Plündern würde die ganze Sache nach einem Raubüberfall mit Mord aussehen lassen. Wir brauchten den Kadaver nicht in den Isca werfen, wie ich zunächst gedacht hatte. Wir würden ihn besser einfach hier lassen. Da der Überfall im Thorianum passiert war, gab das meiner Vexillation zukünftig die Möglichkeit, auch diesen Teil der Stadt zu übernehmen. 

Ich schaute noch einmal zurück. Mein "Kunde" regte sich immer noch nicht. Ich öffnete die Tür einen Spalt:
"Männer!"


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Louarn - 08-04-2023

Ich hatte ja nicht zu hoffen gewagt, dass mein dämlicher Plan wirklich klappen würde, aber das tat er. Das Mädchen ging zu den Legionären hinüber, lachte sie an, flirtete ein wenig und verschwand dann um die Ecke, die beiden mit den Fingern mit sich lockend. Die beiden zögerten noch kurz, bis sie rief, dass sie jetzt nackt sei. Dann setzten die beiden sich doch in Bewegung und gingen mit ihr um die Ecke.
Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit ich haben würde, rechnete aber nicht ernsthaft mit mehr als ein paar Minuten. Bei einer Prostituierten gaben sich die wenigsten Männer irgendwie Mühe. Und keine Ahnung, wie dringend nötig die beiden es hatten. Ich zögerte also nicht und spurtete über die Straße hin zu der Wohnung von Flavianus Pü. Und dann war mein Plan zuende, denn weiter hatte ich nicht gedacht. Wie kam ich jetzt rein? Einfach reingehen? Oder war die Tür abgeschlossen? Auf jeden Fall sollte ich schnell handeln, denn wer weiß, wann die Legionäre zurückkämen?
Ich wollte also grade nach der Tür greifen und mein Glück probieren, als es auch schon zu mir kam. Die Tür öffnete sich von innen und eine Stimme befahl die Männer, die nicht da waren, herein. Meine Chance! Ich riss die Tür vollends auf und drängte mich in den Raum. Vor mir stand ein blonder Kerl mit hochnäsigem Gesichtsausdruck, offenkundig überrascht und mit Blut an den Händen. Im Hintergrund lag Flavianus Pü über den Tisch gebeugt, blutete aus zig Wunden und rührte sich nicht. Keine Ahnung, ob er tot war. Auf jeden Fall war er gefoltert worden.

Und dann schaltete irgendwas in mir um. Es war, wie wenn Nut und Feder ineinander griffen, als mein jahrelanges Training als Krieger die Kontrolle übernahm und den blonden Kerl als Feind ausmachte. Ich stieß ihn kräftig mit der Hand zurück, um mir Platz zu verschaffen und die Zeit zu haben, meine Handaxt zu ziehen. Ein Knurren kam tief aus meiner Kehle, als ich zum Angriff überging. Mit so Kleinigkeiten, wie erst einmal zu reden und dumme Fragen zu stellen, hielt ich mich gar nicht erst auf.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Titus Ovidius Decula - 08-05-2023

Statt der vertrauten Schemen von Albius und Titius tauchte der Schatten eines Fremden an der Tür auf. Offensichtlich ein Kelte. Ein Knurren entrang sich seiner Kehle. Ich bekam einen Stoß gegen die Brust. Dann zog der Kerl eine Waffe, eine Handaxt. Ich ging ab genau diesem Zeitpunkt nicht mehr davon aus, dass er ein Patient des Medicus war. 
Blöde nur, dass ich einzig meinen Gladius und keine Lanze dabei hatte. Das Kurzschwert war hinter einem Schildwall eine hervorragende Nahkampfwaffe. Für einen Zweikampf jedoch nur bedingt geeignet. Zumindest wenn der Gegner sowohl an Körpergröße als auch Armreichweite überlegen war. 
Ich fing mich, wich zurück und brachte den Tisch zwischen mich und den Kelten. Ich zeigte ihm mein Schwert.  Aber einen Zweikampf wollte ich gerne vermeiden. Vielleicht wurde ich den Mann auch so los. Ich traute mir durchaus zu, einen Barbaren zu beeindrucken:

"Zu holen gibt es hier nichts!", blaffte ich ihn an: "Verschwinde! Dann will ich noch einmal ein Auge zudrücken, dass Du hier mitten in der Stadt bewaffnet herumläufst! Das ist nämlich streng verboten! Ich bin ein römischer Tribun und meine Männer sind ganz in der Nähe" 
Was immer Albius und Titius auch bewogen hatte, ihre Posten zu verlassen, sie würden es später bereuen.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Louarn - 08-05-2023

Der Typ flüchtete hinter den Tisch und fing an zu reden. Aber mal ganz ehrlich, zwischen uns lag eine blutige Leiche! Wer sollte ihm da glauben, dass er mich einfach so unbehelligt laufen ließ, wo ich den feinen Herrn Tribun jederzeit verpfeifen konnte? “Verschwinde, und ich will nochmal ein Auge zudrücken, dass du hier in der Stadt Leute folterst. Das ist nämlich streng verboten. Ich bin sein Leibwächter, und die Stadt erwacht gleich, um das zu bezeugen.“, imitierte ich seinen Tonfall und versuchte einen Angriff, aber das Wiesel tanzte um den Tisch und wich aus. Feigling. Ich knurrte nochmal und entschied mich für ein direkteres Manöver, um ihn von Flavianus Pü und dem verdammten Tisch wegzukriegen.
Egal, ob tot oder lebendig, Flavianus Pü würde mir das sicher verzeihen. Ich nahm mit der freien Hand den Tisch und kippte ihn zur Seite, so dass der Heiler daran runter rutschte und das Möbelstück ihn etwas abdeckte. Die nun zur Seite ragenden Beine boten dem Mistkerl keine Deckung mehr und waren nur ein kleines Hindernis. Ich machte einen Schritt vor und griff an. Der Tribun parierte den Schlag mit seinem Schwert, denn er war schnell, aber auf so engem Raum hatte meine Axt mehrere Vorteile. Unter anderem die, dass meine Seitbewegung mit der Hand sein Schwert zwangsweise mit nach außen zog, da es sich zwischen Griff und Keil verkeilte und mitgerissen wurde. Meine freie Hand kam auch gleich hinterher und versuchte, einen Treffer an seinem Kopf zu landen. Ich war mit beiden Händen gut im Kampf, was Gegner immer wieder verwirrte, aber der Kerl hatte Glück und ich streifte ihn mehr, als ich traf. Danach musste ich seiner Antwort ausweichen und leicht zurückspringen, wo er natürlich nachsetzte. Ich drehte mich von seinem Schwert weg und meine Axt beschrieb einen Bogen. Ich hatte auf seine Kehle gezielt und hätte ich getroffen, wär der Kampf hier vorbei. Aber er schaffte es, den Kopf noch so weit zurückzuziehen, dass nur die Kante meiner Axt sein Kinn und die Unterlippe aufriss, was ihm ein groteskes Aussehen verlieh, weil es sofort wie verrückt zu bluten anfing.
“Jeden Schnitt an ihm kriegst du zurück“, versprach ich ihm und legte nach. Meine Arme waren länger und ich hatte mehr Erfahrung darin. Er war gut, aber wenn ich mich nicht zu Fehlern hinreißen ließ, war der Kerl geliefert. Dann musste mir noch noch einfallen, was ich mit den zwei Schwachköpfen draußen anstellte. Aber das war erst einmal ganz weit weg. Erst einmal musste das hier geregelt werden.


RE: [Thorianum A] - A II Praxis des Medicus Flav. Pytheas - Titus Ovidius Decula - 08-06-2023

Der Mistkerl war also Flavianus Leibwächter. Hatte der Grieche doch besser für seine eigene Sicherheit gesorgt, als ich angenommen hatte.
"Du bist Britannier! Das hier ist eine rein römische Angelegenheit!" , entgegnete ich.
Leider nahm der Leibwächter seine Aufgabe Ernst. Er kippte den Tisch um, und Flavianus rutschte darunter. Damit brachte er den Medicus aus meiner Reichweite. Und der Tisch bot mir keine Deckung mehr.  
Bei der nächsten Attacke wich mir der Kelte aus und dann spürte ich einen scharfen Schmerz am Kinn und an der Unterlippe. Ich schmeckte Blut. Es war mein eigenes. Ich tastete nach der Wunde. Mein schönes, edles Antlitz war entstellt worden. Das würde der Kelte büßen. Doch nicht genug damit:
Er drohte mir, mir jeden Schnitt, den ich Flavianus zugefügt hatte, zurück zu geben. 

Wenn es mir gelänge, ihn unschädlich zu machen, würde ich es so drehen können, dass er selbst  Flavianus die Kehle durchgeschnitten hatte. Keiner würde mein Wort anzweifeln. Das Wort eines römischen Ritters. Aber im Moment wurde mir das unmöglich. Der Kerl war mir über, solange ich alleine gegen ihn stand. Ich hielt nichts von tumbem Heldentum. Selbst der Beste konnte von der Axt des Schlechtesten fallen. Ich wusste, wann ich mich zurückziehen musste.

Ich tat so, als würde ich zurückweichen, dann jedoch schnellte ich vor wie eine Viper, um das zu tun, was man mit einem Gladius am besten tat: Ihn dem Gegner in den Hals zu rammen. Leider erwischte ich den Hals nicht. Die Klinge glitt seitlich ab und bohrte sich mit einem hässlichen Quitschen in den linken Barbarenoberarm. Das sollte genug Ablenkung sein, um zu entkommen. Schnell sprang ich zurück, knallte den Stuhl zwischen mich und den Angreifer, öffnete die Tür und stand schweratmend draußen auf der Straße.

Fünf Augenpaare starrten mich entsetzt an. Vielleicht Patienten des Medicus. Ich lächelte, obwohl ich wusste, dass meine zerschundene Oberlippe und das viele Blut mein Lächeln grotesk aussehen ließen:
"Salvete", sagte ich: "Die Praxis bleibt bis auf Weiteres geschlossen" Ich drängte mich zwischen den Menschen durch. Noch immer hatte ich den Gladius in der Hand. 
Ein junger sommersprossiger Mann stand mir im Weg. "Du da", sagte ich und zog ihn an mich. Er stolperte und folgte meiner Bewegung. Ich lächelte auch ihn an. Das Gesicht des Jungen war gerötet, sein Arm glühte. Ich erstach ihn beiläufig. Er sackte vor der Tür zusammen. Seine ältere Begleiterin fing sofort an zu schreien und zu weinen. Sie warf sich auf seinen leblosen Körper und kreischte etwas in ihrem Barbarenidiom. Damit blockierten sie beide den Ausgang. Brav! Der Leibwächter würde mich nicht so schnell verfolgen können.
Ich machte, dass ich Boden gewann. 

Ohne Albius und Titius kehrte ich zur Castra zurück. Ich hoffte jedoch , dass ich zumindest Flavianus erledigt hatte. Der hatte aus zahlreichen Wunden geblutet. Die Fresse des Kelten aber würde ich mir merken. Irgendwann einmal würde ich ihn alleine erwischen. Nicht Mann gegen Mann wie heute. Eher zehn Mann der Vexillation gegen einen Mann. Und dann würde ich ihn büßen lassen, was er mir angetan hatte.