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Cubiculum | AP - Druckversion

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RE: Cubiculum | AP - Nysa - 06-01-2023

Die Domina musste diese Neuigkeit erst einmal verinnerlichen, bis sie die Konsequenz daraus erkannte. Umso schriller war ihr Ausrufen und kurz darauf das Sicherstellen, sich nicht verhört zu haben.
 "Ja, Domina," antwortete ich traurig. "Domina Calida hat es von Anfang an gewusst. Aber niemand im Haus durfte darüber sprechen." All die Jahre über war dieses Thema totgeschwiegen worden. Mein Vater hatte seiner Frau nachgegeben und hatte es unterlassen, zu mir eine väterliche Beziehung aufzubauen. Damit hatte sie ihre eigenen Kinder schützen wollen. Merula und Calista sollten nicht wissen, dass sie eine Sklavin als Schwester hatten.

Domina Prisca schaute mich voller Erschütterung an. Was  die Domina aber noch mehr erschreckte, war die Frage, ob der Dominus davon gewusst hatte, dass er mit seiner Schwester geschlafen hatte. Doch ich schüttelte den Kopf. "Nein, er weiß davon nichts. Man hat ihm all die Jahre eine Lüge erzählt. Als meine Mutter vor einigen Jahren starb, war er bereits bei der Legion."  Aber Domina Calida hatte es zugelassen und es nicht unterbunden. Nein, sie hatte es mir sogar befohlen. 
Ob Domina Prisca mir glaubt, was ich da gesagt hatte? Ich wusste nur eins, wenn sie Domina Calida davon berichtete, dass ich das Familiengeheimnis preisgegeben hatte, dann würde ich all ihren Zorn darüber zu spüren bekommen.  "Bitte Domina verrate mich nicht! Wenn Domina Calida dahinterkommt, dass du davon weiß, dann … ich weiß nicht, was sie dann mit mir machen wird!" flehte ich sie nun an. Ich hätte es nun verstanden, wenn sie mich nun nicht mehr in ihrer Nähe haben wollte. Vielleicht war es wirklich besser, wenn ich ging.


RE: Cubiculum | AP - Accia Prisca - 06-01-2023

Naevia Calida wusste es. Die nette, ältere Frau, die Prisca so umworben hatte, mit ihr persönlich sprechen wollte, um sie für ihren Sohn kennen zu lernen, hatte eben diesen Sohn mit seiner Schwester in ein Bett gesteckt, wohl wissend, was das bedeutete und was dabei herauskommen könnte! Prisca konnte diese beiden Bilder nicht übereinbringen. Das konnte gar nicht sein! Es durfte einfach nicht sein! Nein, das war nicht möglich. Das war einfach nicht möglich. Nysa musste lügen!
Prisca schaute auf und überlegte, ob das nicht viel wahrscheinlicher war, dass die Sklavin diese Geschichte erfand. Sie wusste nur nicht, warum sie das tun sollte. Wer dachte sich so etwas denn aus? Und was hätte sie davon? “Schwöre mir bei den Laren des Hauses und deiner verstorbenen Mutter, dass das die Wahrheit ist. Du musst es schwören! Bei Semo Sancus und Iuppiter höchstselbst!“ Ja, Prisca bestand darauf, dass sie es schwor und den Zorn von Iuppiter und Semo Sancus auf sich zog, wenn sie log. Die Götter würden eine Lüge bei so einer wichtigen Sache sicher nicht zulassen.

Prisca konnte immer noch nicht fassen, was sie hörte. Und sie sollte nicht darüber sprechen? Wie sollte sie DAS denn für sich behalten?! Es war der schlimmste Frevel, den man sich vorstellen konnte, und Prisca wusste gar nicht, welchen Priester man da fragen konnte, um das auch nur möglicherweise zu sühnen und diesen Fluch vom Haus zu nehmen. Was hatte sich Naevia Calida dabei nur gedacht? Warum tat sie so etwas? Hasste sie ihren Sohn auch?
“Du bist meine Sklavin, Merula hat dich mir geschenkt. Und als deine Domina verbiete ich dir, jemals wieder mit Merula ins Bett zu gehen! Ich verbiete es!  Nie wieder! Auch kein Kuss oder… ich hab keine Ahnung, was sonst noch alles passieren kann. Aber du machst nichts mehr, ja?“ Eigentlich war Prisca nicht herrisch und auch nicht nachtragend, zumindest nicht besonders. Aber hier bestand sie darauf und musste einmal die Domina sein. Denn sie konnte dabei nicht zusehen, dass so etwas geschah. “Gibt es noch andere wie dich hier? Noch andere, die...“ Prisca konnte es nicht einmal aussprechen. Sie betete, dass nirgendwo ein Kind herumlief, dessen beide Eltern Geschwister waren.


RE: Cubiculum | AP - Nysa - 06-25-2023

Die Domina schien immer noch fassungslos zu sein und ein recht großer Teil von ihr schien auch noch daran zu glauben, dass ich ihr gerade eine faustdicke Lüge aufgetischt hatte. Denn das alle klang ja auch so unglaublich und perfide. Wenn man Naevia Calida nicht kannte und ihr erst wenige Male begegnet war, dann konnte man tatsächlich nicht glauben, dass dies die Wahrheit sein sollte. Ihre Freundlichkeit täuschte über manches hinweg. In Wahrheit war sie eine alte verbitterte Frau, die noch immer nicht darüber hinweg war, dass ihr Mann, der nun schon über zwei Jahre tot war, eine andere Frau mehr geliebt hatte.

Die Domina war überfordert damit, ob sie mir wirklich glauben sollte und so sah sie den Schwur, auf alles, was mir wichtig war und was Bestand hatte,  als letztes Mittel, um die Wahrheit herauszufinden.  Ich hob meinen Kopf und sah ihr direkt in die Augen. "Ich schwöre es, Domina! Bei den Laren, bei meiner verstorbenen Mutter, bei Semo Sancus und Iuppiter, dass dies alles der Wahrheit entspricht!" Ich hatte keinen Moment gezögert, um den Schwur auszusprechen, denn ich hatte nicht mit dem Zorn Iuppiters oder Semo Sancus zu rechen. Ebenso wenig der, der Laren. Ich hoffte nur, dass die Domina mir nun auch Glauben schenkte und vor allem, dass sie Stillschweigen bewahrte. Darin lag die größte Gefahr in meinem Geständnis. Im Grunde reichte nur eine kleine Bemerkung, die dann weitreichende Folgen für mich haben würde. Sie hatte mich in der Hand, ebenso wie Domina Calida mich in der Hand hatte. Doch bei Domina Prisca hatte ich das Gefühl, dass sie nicht so jähzornig war, wie es bei ihrer Schwiegermutter der Fall war.

Da sie mir anscheinend nun Glauben schenkte und sie mir ihre Macht als Domina demonstrieren wollte, befahl sie mir, mich in Zukunft von ihrem Mann fern zu halten. Nicht mal ein Kuss gestattete sie. Ich persönlich war eigentlich froh darüber, mich dem Dominus nicht mehr hingeben zu müssen. doch was war mit dem Dominus?
"Ja, Domina. Ich werde gehorchen. Doch was soll ich tun, wenn mich der Dominus zu sich befiehlt? Wenn ich mich dann verweigere, wird er zornig mit mir sein!" Wahrscheinlich musste ich dann damit leben, dass er seine Wut an mir ausließ. Denn nur weil ich nun die Sklavin seiner Frau war, würde er mich sicher weiter begehren!

Die Gedanken der Domina schienen weiter zu arbeiten und so war ihre nächste Frage nicht ganz abwegig.  Es war kein Geheimnis, dass einige der Sklaven mit einander verwandt waren. Doch hier hatte der alte Hausherr stets darauf geachtet, dass es keine Blutschande gegeben hatte.
"Nein, Domina. Einige der Sklaven sind zwar miteinander verwandt. Aber es kam niemals vor, dass Brüder und Schwestern miteinander Kinder gezeugt hätten." Wenigstens konnte ich sie darin beruhigen.


RE: Cubiculum | AP - Accia Prisca - 06-25-2023

Sie schwor es, bei allem, was heilig war. Prisca war davon so überwältigt, dass sie sich erst einmal setzen musste. Sie ließ sich auf den Rand ihres Bettes fallen und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Wo war sie hier hineingeraten? Das war SCHRECKLICH. Wie konnte Naevia Callida das nur ihrem eigenen Sohn antun? Und wieso? Ihr Mann war tot. Was hatte sie jetzt davon? Ausgerechnet das zu tun? Sie hätte Nysa auspeitschen, verkaufen oder verschwinden lassen können, alles. Aber DAS?! Prisca verstand das einfach nicht. Sie verstand es überhaupt nicht. Und wahrscheinlich sollte sie froh darüber sein, sowas nicht zu verstehen.

Nysa klang ängstlich und fragte, was sie machen sollte, wenn Merula sie zu sich befahl. “Dann… dann sag ihm, dass ich es verboten habe. Sag ihm… das ich gedroht habe, dich zu verkaufen, wenn… wenn das nochmal passiert. Oder ruf mich, dann sag ich ihm das selber.“ Sollte er lieber glauben, dass seine Ehefrau eine eifersüchtige Zicke war, als dass er weiterhin mit seiner Schwester kopulierte.  Prisca hatte zwar nicht damit gedroht, Nysa zu verkaufen, aber Merula hatte es ja sogar mehr oder weniger angeboten, als er sie ihr geschenkt hatte, dass das eine Lösung wäre, sollte Nysa ihr nicht gefallen. Prisca hatte nicht wirklich vor, die Sklavin zu verkaufen, aber zulassen, dass das weiterhin ging, das konnte sie auf gar keinen Fall. NICHTS, wirklich NICHTS war schlimmer als das.

Und wenigstens schien sie die einzige zu sein, die so etwas getan hatte. Prisca atmete zittrig durch und nickte. Ihr war irgendwie schlecht. Wo war sie hier nur hineingeraten?


RE: Cubiculum | AP - Nysa - 06-28-2023

Die Domina ließ sich auf den Rand ihres Bettes fallen und fuhr mit ihren Händen über ihr Gesicht. Sie war immer noch sichtlich schockiert. Ich hatte wirklich Angst davor, was jetzt als nächstes passieren würde, denn ich hatte gehofft, nach meinem Schwur würde auch ich mich erleichterter fühlen können. Wenn die Domina mir endlich Glauben schenkte und mich nicht mehr für eine Lügnerin hielt. Aber das Gegenteil war der Fall.

Nachdem ich ihr auch noch mein Versprechen gegeben hatte, nie wieder bei dem Dominus zu liegen, war ich von meiner Angst fast überwältigt, denn ich fürchtete die Konsequenzen des Dominus, wenn ich ihm widersprechen musste. Die Domina meinte, ich solle es damit begründen, dass sie mir gedroht hätte, mich zu verkaufen. Ich traute mich kaum, sie anzuschauen, als sie das sagte. Am liebsten hätte ich losgeheult. Auch dann noch, als sie dann meinte, ich solle sie in diesem Fall rufen. Stattdessen kam das obligatorische "Ja, Domina." Es kam leise und eingeschüchtert. Was hätte ich darum gegeben, nun an einem ganz anderen Ort zu sein!


RE: Cubiculum | AP - Accia Prisca - 06-28-2023

Prisca war viel zu sehr mit ihren eigenen Problemen und der Ungeheuerlichkeit der ganzen Situation beschäftigt, als dass sie den Stimmungswechsel bei Nysa gleich mitbekommen hätte. Sie saß auf dem Bett und versuchte, zu ordnen, was nicht zu ordnen war und zu begreifen, was einfach unbegreiflich war und wäre am liebsten darüber verzweifelt. Wo war sie hier nur hineingeraten? Was hatte sie falsch gemacht, dass die Götter ihr so eine Prüfung auferlegten? Hatte sie nicht schon genug damit zu leiden gehabt, so auszusehen, wie sie nun mal aussah? Dann mit dem Tod ihres Vaters und einem Bruder, der sie offenkundig verabscheute? Warum musste sie jetzt in einer Ehe sein mit einem Mann, für den sie keine Leidenschaft empfinden konnte, auch wenn sie sich bemühte, und als wäre das nicht schon schlimm genug, mit einer Schwiegermutter, die dem eigenen Sohn die eigene Schwester ins Bett steckte? Wie sollte sie das alles nur lösen?

Prisca wusste es nicht, und fing an zu weinen. Sie wollte eigentlich nicht, wollte eine souveräne Matrone sein und stark sein, wie ihr Vater es ihr beigebracht hatte: Stark, mutig, ehrlich, treu. Das waren für ihn die höchsten Tugenden gewesen, die er ihr beibringen hatte wollen. Und sie wollte ja so sein. Aber das gerade war zu viel. Also war sie nicht mutig, nicht stark, sondern zog die Beine an und fing an zu weinen, weil sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte angesichts dieser Hercules-Aufgabe, die da vor ihr lag. Und ja, im Moment hätte sie lieber den nemeischen Löwen oder die Ställe des Augias als Aufgabe erhalten als das hier.


RE: Cubiculum | AP - Nysa - 06-30-2023

Das musste alles viel zu viel für die Domina sein! Ich kannte das Gefühl nur allzu gut, wenn man glaubte, alles was auf einem lastete, könnte einen erdrücken. Sie fing bitterlich an zu weinen und ich stand wie ein begossener Pudel vor ihr, unfähig etwas zu tun oder gar etwas zu sagen. Im Gegenteil, ich fühlte mich schuldig. Denn ich war wie ein kleines Steinchen, das in ihren Schuh geraten war und nun unangenehm drückte. Ich war Teil des Problems. Das machte mir Angst, denn was machte man mit drückenden Steinchen im Schuh? Richtig, man entfernte sie! Ich glaubte nun wirklich, meine Tage in diesem Haus seien gezählt. Dieses Haus, das mir so viel abverlangte. In dem ich nie wirklich willkommen gewesen war, das aber trotzdem mein Zuhause war. Wenn man mich von hier wegbrachte oder verkaufte, dann hatte ich gar nichts mehr.

Mir war auch zum Heulen zumute! Es gab so viele Gründe dafür! Außerdem hatte das Jammern und Wehklagen der Domina eine ansteckende Wirkung. Ich kämpfte mit meinen Tränen, begann aber auch irgendwann, zu schluchzen. Nun weinten wir beide.
Ich wagte es, mich nun neben die Domina auf den Rand ihres Bettes zu setzen und legte ihr vorsichtig meinen Arm um ihren Rücken, während mir selbst die Tränen über beide Wangen liefen.


RE: Cubiculum | AP - Accia Prisca - 06-30-2023

Prisca bemerkte erst nicht, dass Nysa auch weinte, und auch nicht, dass diese sich bewegt hatte. Sie merkte es erst, als sie neben sich den Druck auf die Matratze fühlte, als Nysa sich zu ihr setzte und dann die Arme um sie schlang. Und Prisca war dankbar für diese kleine, menschliche Geste, denn sie brauchte das gerade so sehr. Sie brauchte das schon seit ihrer Hochzeit, nein, schon seit ihr Vater gestorben war so sehr, und auch, wenn Miriam schon vieles aufgefangen hatte, merkte sie gerade, wie sehr ihr so etwas gefehlt hatte.
Sie drehte sich heulend leicht seitlich und vergrub ihren Kopf an Nysas Schulter, schlang ihr etwas hilflos die Arme um die Taille und weinte einfach gemeinsam mit ihr über die ganze Ungerechtigkeit der Welt. Es tat gut, einfach einmal alles rauszulassen und sich an jemandem festzuhalten, der genauso litt wie man selber. Wie sagten die Philosophen? Geteiltes Leid war halbes Leid. Und Nysa und sie litten eindeutig in diesem Haus unter diesem Mann und seiner Mutter, und sie beide waren hier gefangen und konnten nicht einfach weg.

Nysa roch irgendwie nach Blumen. Als die Tränen langsam weniger wurden und Prisca wieder Luft bekam, merkte sie das. Wahrscheinlich war es irgendeine Seife oder ein Parfum, oder es war Einbildung. Aber es roch gut. Es erinnerte Prisca ein wenig an das Parfum von Carisia Prima und an zuhause.
Sie wischte sich über die verweinten Augen und die tropfende Nase und richtete sich wieder etwas auf, als sie glaubte, dass auch Nysa fertig geweint hatte. Richtig los ließ sie sie noch nicht, aber ein bisschen, um sich aufzurichten. Irgendwie war es komisch, so dicht bei Nysa zu sitzen. So ganz dicht bei ihrem Gesicht zu sein. Nysa hatte einen ähnlichen Mund wie Merula. Die Nase war ein wenig ähnlich, aber nicht gleich. Kurz durchzuckte ein total verrückter Gedanke Priscas Geist, von dem sie nicht wusste, wo er hergekommen war, aber er war ihr etwas peinlich, und sie ließ Nysas Hüfte dann besser doch los.
“Tut mir leid“, sagte sie und fühlte sich so hilflos. “Das alles. Ich meine… Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du das schaffst. Ich bin erst ein paar Wochen hier und….“ Sie schüttelte den Kopf und wischte noch einmal ein paar nachgekommene Tränen weg. “Ich werde versuchen, dass es wieder gut wird. Ich… ich verspreche, dass dir niemand mehr etwas antun wird. Nie mehr. Ich weiß noch nicht, wie ich das alles schaffen soll, aber… dir wird niemand mehr weh tun. Auch mein Mann nicht.“ Da war Prisca fest entschlossen.


RE: Cubiculum | AP - Nysa - 09-03-2023

Die Domina wehrte sich nicht gegen meine Nähe. Ich nahm an, dass es gerade das war, was sie gebraucht hatte. Jemand, an den sie sich anlehnen konnte, weil er gut nachvollziehen konnte, wie es ihr ging. Das tat sie dann auch und vergrub ihren Kopf an meiner Schulter und schlang ihre Arme um mich. So saßen wir beide da und weinten. 
Erst als sie sich wieder aufrichtete und ihre Tränen aus ihrem Gesicht wegwischte, tat ich es ihr gleich. Einen Arm aber ließ sie immer noch über meinem Rücken liegen. Dann musterte sie mein Gesicht. Bisher waren wir uns noch nie so nah gekommen. Für einen kurzen Moment glaubte ich, da sei noch mehr in ihren Augen. Ein unterschwelliges Verlangen, von dem die Domina wahrscheinlich selbst nichts geahnt hatte. Beinahe schon wollte ich meine Lippen mit ihren vereinigen und sie sanft küssen. Doch dann schien ihr das peinlich zu werden und sie ließ mich auf der Stelle los. Sie begann sich zu entschuldigen, für diesen winzigen Moment und schließlich für alles, was mir bisher in diesem Haus widerfahren war. Dabei kannte sie nur einen Bruchteil davon. Sie versprach mir, es wieder gutmachen zu wollen. Selbst das, was lange vor ihrer Zeit geschehen war und von dem sie gar keine Ahnung hatte. Nie wieder sollte mir jemand etwas antun können. Weder der Dominus, noch seine Mutter oder sonst wer. Das klang natürlich verlockend. Aber ich wusste auch, wie schwach die Domina war und dass sie sich kaum gegen den Willen ihres Mannes durchsetzen könnte. Doch ihr Versprechen war ein feiner Zug. Zumindest bewirkte es bei mir, dass ich mir sicher sein konnte, sie nicht mehr länger als Feindin zu haben. 
"Ich danke dir für deine Freundlichkeit, Domina! Und dass du das alles für mich tun willst. Ich verspreche, dir immer gut zu dienen und stets treu hinter dir zu stehen. Nichts, von dem, was du mir anvertrauen solltest, wird mir jemals über meine Lippen kommen." Ob ich diesem Versprechen auch dann noch nachkommen würde, wenn der Dominus mir Schläge oder noch schlimmeres androhte? Ich war mir nicht sicher. Doch das behielt ich besser für mich.


RE: Cubiculum | AP - Accia Prisca - 09-05-2023

Prisca hatte von Sabina einen Brief erhalten. Offenbar hatte sie ihn sogar persönlich vorbeigebracht und darauf bestanden, dass er ihr sofort überbracht wurde. Prisca bedankte sich also bei dem Sklaven, der ihn ihr auch gleich in ihr Zimmer gelegt hatte, und schaute auf das hübsch verschnürte Päckchen, ehe sie das Siegel des Briefes brach und ihn las.

Sabina fragte sie, ob sie die Pronuba sein wollte. Oh! Prisca fühlte sich zutiefst geehrt, auch wenn sich sofort das schlechte Gewissen meldete, als sie las, für wie treu Sabina sie hielt und wie sie glaubte, dass das den Segen der Götter bringen würde. Vielleicht wäre es besser, sie hätte Serena darum gebeten. Aber wie sollte Prisca das denn absagen, ohne ihrer Freundin dabei zu viel zu offenbaren?
Nein, das würde schon gehen, die Götter würden nicht erzürnt sein und Sabina Ehe dennoch segnen und Prisca wollte ihre Aufgabe gut machen. Schon allein, was es bedeutete, dass sie einen Grund hatte, häufiger das Haus zu verlassen, wenn sie das Schlafgemach für Sabina vorbereiten musste und mit ihr die Nacht vor der Hochzeit bestreiten musste und andere Dinge.

Das post scriptum war etwas verschwörerisch, und Prisca sah sich noch einmal kurz um, ob die Tür wirklich geschlossen war. Aber sie war es, und Prisca war allein. Also öffnete sie vorsichtig das Päckchen.
Und musste sich die Hand vor den Mund schlagen, um nicht erschreckt aufzuschreien. War Sabina VERRÜCKT?! Sie konnte ihr doch nicht einfach eine Fluchtafel zu ihr schicken! Prisca bedeckte die Tafel mitsamt dem Päckchen erst einmal mit ihrem Kissen, als wäre es ein Frosch oder so etwas und sah sich panisch um. Das Ding musste hier raus. Sofort! Ganz weit weg!

Sie hob das Kissen vorsichtig an und schlug das Päckchen sehr sorgfältig zu und band einen ordentlichen Knoten in das Band, der hoffentlich nicht so leicht aufging. Dann rief sie Nysa.

“Nysa?!“ Sie öffnete die Tür und wartete auf ihre Sklavin, unruhig auf und ab gehend und an einem Fingernagel kauend, obwohl sie sich das eigentlich schon vor Jahren abgewöhnt hatte.
Als Nysa schließlich kam, deutete Prisca auf das Päckchen. “Nimm das bitte mit und… und wirf es in den Fluss vor der Stadt.“ Ja, das war eine gute Idee, Wasser hatte eine reinigende und abwehrende Wirkung, das wusste jeder. Dann wäre diese Magie weg und niemand würde dafür wilden Tieren vorgeworfen werden.