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Normale Version: Gästezimmer zur Straßenseite
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Über eine Treppe im hinteren Bereich des Erdgeschosses erschließt sich der Zugang zum oberen Geschoss, das aus recht geräumigen Zimmern besteht. Rechts der Treppe befinden sich die gegenüberliegenden Gästezimmer, von denen eines ein kleines Fenster zum Hinterhof hat und das andere ein kleines Fenster hinaus zur Straße. Nach britannischer Sitte haben die Fenster Holzläden, mit denen man sie verschließen kann.

Die Einrichtung beider Zimmer ist einfach, aber von guter Qualität. Es gibt ein Bettgestell mit einer Strohmatratze und einem Tisch mit einer Waschschüssel und einem Krug für Wasser. Der Tisch steht unter dem Fenster, damit man dort essen oder arbeiten kann im Sonnenlicht. Darüber hinaus gibt es eine kleine Kleidertruhe, die an der Wand steht. 

Die Strohmatratze riecht frisch und in der Kleidertruhe warten jeweils zwei dicke Wolldecken sowie ein Schaffell, das man im Winter über den Leinenbezug der Matratze legen kann, damit man es ein wenig kuscheliger und wärmer hat - britannische Winter können ganz schön kalt werden! Die Kleidertruhe riecht vor allem nach Lavendel und Salbei, das in kleinen Leinensäckchen zwischen den Stoffen verteilt ist, um Schädlinge fernzuhalten und einen angenehmen Geruch zu verbreiten.
Lucius war dreimal gelaufen und hatte nach jedem Gang eine dickleibige Amphore abgestellt. Der  Grieche rührte keinen Finger, aber das erwartete Lucius auch nicht wirklich. Er durfte ihn ruhig herumscheuchen. Lucius wollte nur nicht, dass jemand Fabata herumscheuchte.
Das Trinkgeld wollte er nicht nehmen, denn er war echt nicht hinter Geld her, aber dann dachte er, dass jede Münze hier im Haus schließlich Fabata gehörte.  Sie konnte ja eine Kleinigkeit für sich und die Großnichten davon kaufen.
Also wartete er und hielt die Hand auf, natürlich nur im übertragenen Sinn.
"Ich danke Dir", sagte Pytheas und gab dem jungen Mann zwei Asse als Trinkgeld. Es war ihm Recht, dass dieser dann wieder ging, so konnte er sich auf dem Bett ausstrecken und etwas die Augen schließen. Er schlief dann auch bald ein, auf die Seite gerollt, einen Arm ausgestreckt, und den Kopf vergraben.
Niemand wusste, wie sehr Pytheas es immer noch genoss, ein ganzes Bett mit Kissen und Laken für sich alleine zu haben. 
 Vielerorts ging man davon aus, dass die Sklaven des Caesar Augustus, seine Familia, in Glanz und Gloria lebten, aber das war mitnichten so. 
Als kindlicher Mundschenk hatte sich Pytheas oft die Nächte bei irgendwelchen Banketten um die Ohren schlagen müssen und war dann erschöpft hinter einer Säule oder Plastik versteckt auf dem Marmorboden eingeschlafen. 
Sein Leben hatte sich erst zum Besseren gewendet, als er von Kaiser Neros Leibarzt Andromachus als ein Schüler angenommen worden war. Pytheas war seinem Meister noch immer dankbar für dessen Behandlung und die gute Ausbildung, und daher nahm er sich vor, auch für Wicho ein guter Ausbilder zu sein.
Ich wuchtete mich mit dem dicken Bauch die schmale und steile Treppe hinauf, bis ich beim Zimmer des Medicus angelangt war mit Wicho und dem furischen Boten im Schlepptau. Ich klopfte an die geschlossene Türe und sagte laut. "Meister Medicus, du hast Besuch. Hier ist ein junger Mann, der sagt, er ist dein Gehilfe und ein Bote der Furier sucht ebenfalls nach dir!"

Danach trat ich einen Schritt zur Seite, damit Wicho und der furische Sklave an mir vorbeigehen konnte.
Flavianus Pytheas hatte sich auf seinem Bett lang ausgestreckt und schlief. Er genoss es immer noch, ein Bett für sich zu haben. Aber sein Schlaf war leicht. Nicht nur ein Sklave konnte jederzeit geweckt werden, um einen Dienst zu leisten, auch ein Medicus, frei oder unfrei, konnte es. Krankheiten hielten sich genauso wenig an Ruhezeiten wie anspruchsvolle Herren es taten. Er sprang auf, rieb sich kurz über das Gesicht, kämmte sich mit den Fingern und öffnete seine Tür:
" Salve und ich danke Dir, Iuventia Fabata. Doch bitte rufe das nächste Mal nach mir, und ich komme die Treppe hinunter. Es ist nicht gut für Dich, dass Du dich ständig hier hoch bemühst", sagte Pytheas. 
Ein breites Lächeln zog über sein Gesicht, als er des Kelten ansichtig wurde. Wicho hielt Wort und trat seinen Dienst an: "Salve Wicho, mein Gehilfe. Gut, dass Du kommst"

Er schaute zu dem Jungen, der nach ihm suchte und offensichtlich ein Sklave war:
" Ich bin der, den Du suchst: Medicus Flavianus. Um was geht es, junger Mann?"
"Danke fürs Zeigen, Herrin", sagte Spiros zu Iuventia Fabata, als er vor der Zimmertür stand und atmete tief durch. Dann wurde die Tür geöffnet, und der Grieche stellte sich ihm als Medicus Flavianus vor.

"Genau nach Dir habe ich gesucht, Herr Medicus", sagte Spiros erleichtert:

" Ich bin der Botenjunge der Gens Furia", sagte er: " Meine Domina Furia Stella ist gestürzt, als sie ein Stier angreifen wollte. Dominus Aulus Saturninus schickt mich, um Dich zur Villa zu geleiten, damit du nach ihr siehst"

Das war keine Bitte. Auf den Gedanken, dass Flavianus Pytheas sich weigern könnte, wenn die Furier ihn riefen, kam Spiros nicht.
"Ähem ja", sagte Flavianus Pytheas und nahm seine theca, seinen Arztkoffer. Er winkte Wicho zu sich:
"Komm gleich mit mir, dann kannst du assistieren. Das erste, was ein Medicus wissen muss: Dein Dienst kennt weder Stunde noch Ort. Du kannst jederzeit gerufen werden.", 
er grinste seinem Helfer zu:
"Ist fast wie bei einem Sklaven", sagte er, dann wurde er ernst:
"Ein Stierangriff, sagst du? Wurde die Domina durch Hörner verletzt? Verliert sie Blut?", fragte er den Botenjungen.
So schnell geht das also, mit meinem ersten Einsatz, dachte Wicho. Interessant war für ihn, wohin sie mussten. Das war doch der Römer der ihn unbedingt bestrafen wollte. Und wenn der nun auf die Idee kam nachzuhaken ob er die Schläge erhalten hatte und sie ihm dann noch geben wollte. Vielleicht noch mehr.
So kam es das seine Antwort an Flavianus Pytheas eher kleinlaut ausfiel. „Sicher Medicus Pytheas, darf ich dir das abnehmen und tragen?“ Schon griff er nach dem Arztkoffer.
"Der Stier hat die Herrin nicht angegriffen. Bevor er sie auf die Hörner nehmen konnte, wurde sie von einem Fremden gerettet", erklärte Spiros: "Doch ist sie gestürzt und hat sich den Kopf angeschlagen."
Spiros, der es nicht besser wusste, hielt Wicho auch für einen Medicus, und gleich zwei Heiler anzubringen anstatt einem war bestimmt doppelt so gut:
"Folgt mir bitte in das Haus meines Dominus, ehrenwerte Medici"
Flavianus Pytheas hatte schon wieder vergessen, dass Wicho eventuell Grund hatte, den Furius zu fürchten:

"Ja, danke dir, nimm nur", sagte er und gab Wicho seine theca:

" Es ist schon einmal gut, dass der Stier die edle Dame nicht verletzt hat.  Und da der Sklave von Rettung spricht, gehe ich davon aus, dass sie auch bei Bewusstsein ist. 

Aber durch den Sturz könnte sie natürlich eine Gehirnerschütterung davon getragen haben. Merke dir, dass wir die Dame nach drei Symptomen befragen müssen: War sie eine Weile bewusstlos? Hat sie sich übergeben müssen? Kann sie sich an den Unfall erinnern? 

Außerdem fühlen wir ihren Puls, und ich brauche deine Hilfe, um ihre Pupillenreaktion zu testen.
Wenn sie eine Gehirnerschütterung hat, braucht sie fünf Tage Bettruhe und Schonung, dann wird sie wieder ganz gesund.
Falls in dieser Zeit Kopfschmerzen auftreten sollten, hilft ein Aufguss aus Weidenrinde, Melisse, Mädesüß, Lindenblüten, Rosmarin, Petersilie, Kümmel, Lavendel, Waldmeister, Schafgarbe oder Schlüsselblume. - Konntest du dir etwas merken?"

Pytheas hatte alles im Kopf, und er erwartete auch von seinem Assistenten, dass er lernte.  So wiederholte er auf dem Weg das Gesagte dreimal.
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