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Normale Version: [Basilika] Gerichtstag des Statthalters Petilius Rufus
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[Bild: Atrium-1842-grueber-walhalla-anagoria.jpg]

BASILICA DER THERME VON ISCALIS
Die hiesige Basilika war  wie in allen Thermen Kultbereich und gesellschaftlicher Treffpunkt zugleich.
Der Statthalter selbst hatte sie als Gerichtsort vorgeschlagen.
Das mochte an ihrer prächtigen Ausstattung und guten Akustik, aber auch daran, weil fast alle römische Bürger leidenschaftliche Zuschauer von Gerichtsprozessen waren, liegen: Die Basilika fasste zumindest die Einwohnerschaft des halben Städtchens.
Natürlich würde die Basilika streng bewacht und am Eingang kontrolliert werden. Saturninus, der für die Organisation verantwortlich war, hatte den Badebetrieb nicht nur einen, sondern gleich zwei Tage still legen lassen. Das erlaubte dem Militär im Vorfeld, Soldaten bis in den Dachstuhl zu schicken, um alles, wo sich ein Attentäter verstecken konnte, vernageln und verschließen zu lassen und dem LAPP rechtzeitig ein Sicherheitskonzept vorzulegen.
Saturninus wusste, dass das eine zweischneidige Sache war. Es wurde von einem Politiker erwartet, sich frei und ungezwungen unter der Bürgerschaft zu bewegen. Nur ein Tyrann musste schließlich seine Mitbürger fürchten. Doch wenn der Furius aufrichtig war - schon seit Caesars Zeiten haute diese Idealisierung der Verhältnisse nicht mehr hin. Also verließ man sich auf den Schein. Das beste Beispiel war der LAPP selbst, der unter seiner prächtigen Amtstoga ein Kettenhemd trug.

Dann aber war die Basilica hergerichtet und wartete nur noch auf den Gerichtstag.




Sim off: BIldnachweis: Bernhard Grueber (1807-1882), Public domain, via Wikimedia Commons  
Lucius Petilius Rufus nahm auf dem curulischen Sitz Platz.

Die Basilica der Thermen war eine große Säulenhalle mit einem hohen Dach, so dass viele Menschen im Innenraum Platz fanden, ohne sich auf die Füße zu treten, und dennoch war sie hell und offen genug, um Tageslicht hereinzulassen. Da Iuppiter es heute nicht stürmen und donnern, sondern allenfalls bisweilen leicht nieseln ließ, sprachen auch keine göttlichen Zeichen gegen einen Gerichtstag, so dass er stattfinden konnte.
Die Equites singulares standen im Raum, um die anwesende Menge ein wenig zu ordnen und nur jeweils diejenigen ganz nach vorne zu lassen, die entweder den hinreichenden stand hatten, so dass sie vertrauenswürdig waren, sich zu benehmen, oder eben für die gerade vorgebrachte Angelegenheit von Bedeutung zu sein. In Rufus’ Nähe hingegen waren nur seine Liktoren mit ihren Rutenbündeln, die weit weniger gefährlich aussahen, als sie tatsächlich waren. Aber auch sie hielten angemessenen Abstand zum curulischen Stuhl.

Rufus selbst trug eine weiße Toga mit einem breiten Purpurstreifen und sonst keine weiteren Symbole der Macht. Dass er hier auf diesem Stuhl sitzen durfte, auch wenn der curulische Stuhl hier eine Reisevariante und daher im Vergleich zu dem in Londinium oder denen in Rom selbst recht schlicht war, war Ausdruck seiner Macht und damit genug. Mehr wäre Angeberei gewesen.
Etwas im Hintergrund war eine reihe Schreiber beschäftigt, alles wichtige nachzuhalten und gegebenenfalls Urkunden auszustellen, und natürlich war auch sein Freigelassener Petilinius Pertax anwesend, um dem Chaos hier einen Hauch von Ordnung einzuflößen.

Nach einem eröffnenden Opfer an Iuppiter Optimus Maximus, das den im Hintergrund über die Therme eigentlich wachende Mercurinus hoffentlich nicht zur Eifersucht veranlasste, konnte es also losgehen.

“Der erste Fall möge Vortreten. Tiberius Furius Saturninus und Caius Plautius Seneca!“ ließ Pertilinius Pertax verkünden und machte einen Haken an seine Liste, während Rufus möglichst stoisch dasaß und wartete.
Saturninus hatte dem Villicus Gadrianus von seinem Landgut befohlen, Deirdre und den Kleinen herzubringen, und es kam ihm nicht in den Sinn, dass man diese Anordnung missachten könnte, so dass er sie zwar in der Menge einen Moment lang mit den  Augen suchte, sich aber nicht weiter darum bekümmerte, als er sie nicht sah.

Der Gerichtstag hatte begonnen. Im Mittelpunkt des Raumes befand sich der curulische Stuhl, der zweifellos etwas schlichter als sein Pedant in Londinum ausfiel, doch immer noch ein erhebender Anblick war.  Darauf saß Petilius Rufus, angetan mit seiner Toga mit dem breiten Purpurstreifen, die ganz ohne Schmuck und Gepränge seinen hohen Rang verkündete. Um ihn in der Nähe standen seine Liktoren. 
Sorgfältig vermied es Saturninus, zwischen sie und den Legat Augusti zu kommen; er glaubte daran, dass es eine unpersönliche Gewalt gab, die Liktor und Amtsträger verband, und deren Bindung man keinesfalls, auch nicht unbedacht, unterbrechen durfte, wollte man nicht dafür bestraft werden.
Der Furier war gleich nach der Ankunft von Petlius Rufus bei dessen Sekretär gewesen und hatte für sich und Plautius Seneca den ersten Termin bekommen. 
Noch waren nicht alle müßigen Gaffer anwesend waren - die standen nicht so früh auf. Vor allen Dingen waren junge Leute aus der Provinzial- und Stadtverwaltung, die etwas dazu lernen wollten, da. Die Equites Singulares sorgten derweil für Ordnung.

 Saturninus trug seine beste Toga aus blendendweißer feiner Wolle und seinen Siegelring; sein feingegerbtes  rotes Schuhwerk mit dem Halbmond aus Elfenbein über der Knöchelschnürung wies auf seine Abstammung hin. Als adsertor in libertatem trug er ganz traditionell einen dünnen Stab aus Elfenbein in einer Hand:

" Ave Legat Augusti", grüßte er, als er vor den Richter trat:
"Ich bin Tiberius Furius Saturninus" 
Das wusste zwar jeder im Gerichtssaal, aber die Formalitäten mussten sein.
Dass ich noch einmal einen richten Gerichtstag erleben durfte! Ehrlicherweise hätte ich ja nicht damit gerechnet, dass der LAPP nach Iscalis kommen würde, aber hier war er. Das war zwar alles andere als ein gutes Zeichen und brachte meine eigentlichen Pläne durcheinander, aber mal wieder einen Gerichtssaal zu betreten wog das beinahe auf. Selbst dann, wenn der in den Thermen stattfand und wahrscheinlich die Hälfte der Bevölkerung morgen nach drei Tagen ohne Bad ziemlich stinken würde. Der Hauptgrund, besser nicht zu tief Luft zu holen, auch wenn ich mich über den Gerichtstag freute. Selbst dann, wenn ich nur eine kleine Rolle dabei hatte.

Furius Saturninus war auch schon da und schob sich durch die wartende Meute nach vorne, als wir aufgerufen wurden. Irgendwie hatte er gleich den ersten Termin ergattern können, was gut war, denn so mussten wir hier nicht ewig rumstehen und warten und zuhören, wie Caius Bactus sich über Lucius Plusus beschwerte, weil der obszöne Statuen vor dem Haus hatte, oder ähnlich albernen Firlefanz. Was war ich froh, dass ich nicht Prätor war! Ich wäre verrückt geworden bei solchem Mist.
Ich wies Leander an, auch mir etwas Platz zu schaffen, um nach vorne zu kommen. Für einen Rechtsgelehrten war ich vermutlich sehr ordentlich gekleidet, immerhin kam ich aus Rom. Aber neben Furius Saturninus mit seinen blitzenden Schuhen und dem Elfenbeinstab in der Hand sah ich wahrscheinlich trotzdem eher aus wie Silvanus, der durch den Wald streifte.
“Ave, Legatus Augusti Petilius“, grüßte auch ich formhalber. “Ich bin Caius Plautius Seneca. Und das ist Leander.“, deutete ich auf meinen Noch-Sklaven, der sich heute auch fein gemacht hatte. Naja, ehrlicherweise sah Leander die meiste Zeit besser aus als ich. Ich hoffte nur, dass ihm die freiheit nicht gleich zu Kopf steigen würde.
So wirklich sicher war sich Leander immer noch nicht, ob Seneca ihn heute wirklich freilassen würde. Zuzutrauen wäre es dem alten Mann, im entscheidenden Augenblick noch einmal seine Meinung zu ändern und etwas zu sagen, nur um allen zu zeigen, er wäre unberechenbar. Auch wenn der ganze Aufwand dafür sprach, dass es ihm tatsächlich ernst war. Seneca hätte sich nicht so viel Mühe gemacht, sogar Furius Saturninus um einen Gefallen zu bitten, wenn er den Patrizier auflaufen lassen wollte.
Leander bahnte also seinem Herrn einen Weg nach vorne und blieb dann zwischen ihm und Furius Saturninus stehen. In Kürze würde er römischer Bürger sein, weshalb es sich auch jetzt schon nicht mehr geziemte, sich hinzuknien, wie es von einem Sklaven häufig in Gegenwart von freien Römern erwartet wurde. Aber er senkte den Blick demütig zu Boden und wartete darauf, dass wirklich passieren würde, was abgesprochen war und er tatsächlich am Ende des Tages Caius Plautius Leander Caii Plautii libertus sein würde.
Lucius Petilius Rufus blickte auf die drei Männer vor ihm.

Wenn er sich richtig erinnerte, sollte das hier nur eine kleine Formalie sein, die keiner großen Aufmerksamkeit bedurfte. Genau das richtige, um einen langen Tag zu eröffnen und erst einmal richtig wach zu werden. Nachdem also scheinbar alle bereit waren, gab er mit seiner rechten Hand einen kleinen Wink, um anzuzeigen, dass er bereit war. “Was ist euer Anliegen?“ fragte er also förmlich, denn man musste ja ein gewisses Maß an Würde ausstrahlen, wenn man in der Funktion als Prätor gerade auftrat.
Saturninus machte einen Schritt in Leanders Richtung. Der Sklave erwartete mit bescheidener Kopfhaltung die Ehre, die ihm zuteil werden würde. Der Furier hätte ihm gerne beruhigend zugenickt, tat das jedoch nicht. Stattdessen berührte er ihn mit seinem Stab an der Schulter, verharrte einen kleinen Moment und sprach dann laut und vernehmlich:
"Ich behaupte, dass dieser Mann frei ist"
Lucius Petilius Rufus blickte zu Caius Plautius Seneca.

“Möchtest du etwas erwidern?“ fragte er also förmlich, da die manumissio vindicata nur dann rechtsgültig wurde, wenn der Besitzer eines Sklaven in Gegenwart des Prätors auf die Behauptung der Freiheit des Sklavens und der Frage nach einer Erwiderung schwieg. Frei nach dem römischen Grundsatz: qui tacet consentire videtur. Wer schweigt, scheint zuzustimmen.
Ich gebe zu, es juckte mich in den Fingern, jetzt doch etwas zu sagen. Ja, ich hatte den ganzen Aufwand betrieben, ja, ich wollte Leander freilassen und obendrein auch noch zu meinem Erben erklären und ihn, wenn er nicht bald heiratete, dann auch androgieren, um das Erbe nicht zu schmälern, das er dann an meine Töchter, diese gierigen Furien, weitergeben sollte. Aber trotzdem war so ein Moment wirklich wahnsinnig verlockend.
Aber nein, ich sagte nichts und schwieg und machte mich schon innerlich bereit, das ganze Theater noch zwei Mal durchzuspielen, diesmal für die Sklaven des Furius’. Am besten würde ich mir dafür auch seinen schicken Stab leihen, denn meine einfache Vitis war ihm bei seinem ganzen Putz, den er angelegt hatte, vielleicht zu einfach.
Lucius Petilius Rufus wartete.

Als auch nach ein paar Augenblicken keine Antwort kam, nickte er und fuhr dann fort. “Dann sei hiermit bezeugt, dass dieser Mann ein freier Mann sei.“ Und damit war dieser Akt auch abgeschlossen und vorüber und man konnte den Sklaven wohl zur Freiheit beglückwünschen.
“Für die Eintragungen im Register der Stadt wendet euch an die zuständigen Stellen. Meinen Glückwunsch, Libertus.“
Damit dachte Rufus, dass die Sache abgeschlossen wäre und machte sich gedanklich schon auf den nächsten Sachverhalt dann gefasst.
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