Forum

Normale Version: Der Vorabend der Hochzeit von Cato & Sabina
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Seiten: 1 2
[Bild: Hochzeitvorbereitungen-la-fiancee-910b3.jpg]

Der Vorabend der Eheschließung war gekommen. Das letzte Vögelchen würde flügge werden und das Claudiernest verlassen. Alles, alles war gemacht worden, wie es der Tradition entsprach. Die Auguren hatten den Hochzeitstag an einem neunten Juli , A.D. V ID. IUL. DCCCXXXI A.U.C, gelegt, der Ehevertrag war ausgehandelt worden.

Am Abend vorher hatte ich eine Puppe den Göttern geopfert. (Ich hatte sie extra für diesen Anlass kaufen müssen, denn meine echten Kindheitspuppen waren entweder in Alexandria geblieben oder befanden sich auf dem Meeresgrund, als während eines Sturms eine meiner Truhen über Bord gegangen war). Außerdem übergab ich auch meine Kindertoga, denn als Frau würde ich solch ein Gewand nie wieder tragen, den Göttern.  Und leider musste meine Lunula, mein Mondamulett, das ich wie viele römische Mädchen als goldenen Glücksbringer um den Hals gehabt hatte, diesen Weg gehen.

Und ich trug meine eigene Tunika Recta. Jawoll! Sie war mit Hilfe und Unterstützung von  Prisca doch noch  rechtzeitig fertig geworden. Noch nie war ich so stolz auf etwas gewesen. Ich hatte mich einer Aufgabe unterworfen, die ich nicht leiden konnte und mir war ein strahlender Sieg geschenkt worden. 

Meine Cousine Serena würde, da sie auch meine einzig weibliche Verwandte war, die Rolle der Brautmutter einnehmen.  Unsere Freundin Prisca hatte mir zugesagt, meine Brautführerin, die Pronuba zu sein. Heute würde ich den Gürtel in den nodus Herculis gebunden und meine Brautfrisur bekommen.

Die ganze Nacht und den ganzen Tag morgen musste ich angekleidet und frisiert wie eine Puppe  auf den Beinen bleiben. Serena hatte damals nicht schlafen können. Hatte ich schon erwähnt, dass ich überall, wo ich saß oder stand, einschlafen konnte? Besonders wenn mir langweilig war.


  Bildnachweis: Public domain, Jules-Joseph Lefebvre - La Fiancée by Picryl

Prisca war froh über die Gelegenheit, wieder einmal aus dem Haus zu kommen. In der Domus Sabina fiel ihr die decke auf den Kopf, und sie wusste nicht so recht, was sie tun sollte. Oh, sie vermisste Corvus so fürchterlich, dass es geradezu körperlich schmerzte, aber er hatte ihr auch absichtlich weh getan und seine Forderungen waren einfach zu hoch für sie. Auf alles verzichten, ihre Herkunft, ihre Freundinnen, auf alles und jeden, das sie kannte, und wieder aus allem fortgerissen zu sein, nur diesmal in feindlicher Umgebung… Das war zu groß für Prisca. Sie wollte ihn so unbedingt und redete sich immer wieder ein, dass es das wert wäre und sie das schaffen würde. Aber dann dachte sie daran, Sabina und Serena nie wieder zu sehen und auch ihre Freundinnen aus Londinium, und das allein brachte sie dann schon zum weinen.

Aber heute wollte sie nicht an ihn denken. Nein, heute wollte sie bei ihren Freundinnen sein, am Vorabend der Hochzeit von Claudia Sabina. Eigentlich musste sie als Pronuba auch noch das Schlafgemach der Braut in ihrem neuen Heim dann herrichten, während morgen alle anderen noch feierten. Aber bislang hatte sie noch nicht einmal heraus, wo genau das wäre. Hoffentlich waren die dort vorbereitet und hatten Blumen schon bereit, die Prisca verstreuen konnte.
Erst einmal aber ging es in die Villa Claudia, die Prisca schon sehr gut kannte, und dort ließ sie sich zu Sabina führen, die ihre Tunica Recta schon angelegt hatte, aber noch frisiert werden musste. Prisca beneidete sie so gar nicht darum, denn bei ihr hatte das fürchterlich geziept, bis es endlich fertig war und die vielen Zöpfe gehalten hatten.
“Oh, Sabina, du siehst so hübsch in deiner Tunica aus!“ rief sie zur Begrüßung und gab Sabina einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange.“Bist du schon aufgeregt?“
Sabina und Prisca waren noch bei der Begrüßung, als ich auch von einer Sklavin in das Ankleidezimmer der Braut geführt wurde. Dort lagen auch schon alle Utensilien für das Frisieren, Schminken und Ankleiden bereit und ich hatte auch eifrig mit Phoebe geübt,seit Sabina mich gebeten hatte, ihre Brautmutter zu sein. 

Ich wartete geduldig, bis Prisca und Sabina sich voneinander gelöst hatten, ehe ich meine Cousine ebenfalls herzlich umarmte, wenn auch nicht fest. Ich wollte ihr nicht gleich die Tunika total zerknautschen. "Salve, liebste Cousine. Du strahlst geradezu in deiner Tunica recta." Danach wandte ich mich auch Prisca zu und begrüßte sie ebenfalls.
Die erste, die eintraf, war Prisca. Ich fasste ihre Hände und flüsterte ihr auf ihr Kompliment hin ins Ohr: 
"Sei gegrüßt liebe Prisca! Ohne dich wäre es doch nix geworden mit der eigenen Tunika Recta. Ich hoffe, dass du mir wegen der Fluchtafel nicht mehr böse bist. Das war sehr unbedacht von mir, und ich entschuldige mich aus tiefstem Herzen"
Das hatte ich zwar schon schriftlich getan, aber doppelt hielt besser. 

Und dann kam auch schon Serena, und auch sie umarmte ich. Sie war zögerlich, vermutlich weil sie mir meine Tunika nicht zerdrücken wollte, aber ich freute mich so sehr, sie zu sehen, dass ich nicht anders konnte, als sie an mich zu ziehen:
" Schön, dass du gekommen bist, meine liebe Cousine. Ich bin sogar sehr aufgeregt. Schon weil ich ab Morgen ganz und gar zu euch gehören werde", verkündete ich strahlend. Seit beide Freundinnen verheiratet waren, waren sie angesehene Matronen und ich eben nur ein Mädchen. Ich fand den Gedanken sehr reizvoll, endlich mit ihnen gleich zu ziehen und über Frauenangelegenheiten reden zu dürfen. Die Ehe selbst jagte mir keine Angst ein. Cato tat doch alles, um mir zu gefallen.

Ich hielt die Lanze hoch, den Cato mir vorbeigebracht hatte: "Mit echten Flecken vom vergossenen Blut der Feinde", sagte ich etwas kleinlaut. 
Das ziepte doch beim Kämmen bestimmt noch schlimmer, als wenn mir Anaxarete Zöpfe flocht. Außerdem, und das traute ich mir kaum zu sagen: Ich mochte den Anblick von Blut nicht.  Ich hoffte sehr, dass Linos das Teil tüchtig mit Scheuersand abgeschrubbt hatte. Das war nicht besonders tapfer von mir, und ich hatte auch schon beschlossen, in Zukunft häufiger zu Gladiatorenkämpfen zu gehen, um mich abzuhärten.
Sabinas Begrüßung war schwungvoller und fester, als ich erwartet hatte, als sie mich so fest umarmte. Wahrscheinlich war sie nervöser, als es den Anschein hatte auf den ersten Blick. Ich fand, dass Geschäftigkeit gegen die Nervosität half und so drückte ich Sabina in einen Sessel, damit ich schon einmal mit der Frisur anfangen konnte. Es würde ohnehin Stunden dauern Sabinas Haar zu bändigen und dann erst diese Lanze...igitt. Gestelzt mit zwei Fingern nahm ich die Lanze entgegen, da ich sie für die Frisur brauchen würde. 

Nachdem ich meine Cousine also in den Stuhl bugsiert hatte, konnten wir unsere Konversation fortsetzen. "In der Tat gehörst du morgen früh ganz zu uns. Als deine Brautmutter und Pronuba ist es an uns dir etwaige Fragen zu beantworten, falls du welche hast...über die äh...Hochzeitsnacht." Das Thema gefiel mir nicht, aber es war eine der Pflichten und lenkte Sabina hoffentlich vom Ziepen des Frisierens ab. Wo waren alte Frauen ohne Scham, wenn man sie nur brauchte. Mein Gesicht war bestimmt rot wie eine Tomate, aber ich hatte versprochen für Sabina da zu sein.
Prisca hatte mir schon unter dem Siegel der Verschwiegenheit einen Teil der Ehepflichten anvertraut. Es schien eine unangenehme Prozedur zu sein. Aber ich war eine Römerin, und wir waren ja tapfer. Unangenehmer als eine Feldschlacht konnte es nicht sein. Wenn ich ein Junge wäre, würde ich irgendwann Militärdienst leisten müssen. Ich war jedoch ein Mädchen, und meine Aufgabe war eine andere. Dennoch biss ich mir einen Moment lang auf die Unterlippe und sah meine beiden Freundinnen etwas ratlos an:
" Was habe ich eigentlich bei dem Ganzen zu tun? ", fragte ich schließlich, denn das war mir nicht ganz klar geworden: " Muss ich vorher mein Kleid ausziehen? Und den Schleier ablegen? Oder macht das Anaxarete? ....", ein weiterer Gedanke kam mir, und der war beängstigend:
"Anaxarete war immer bei mir, soweit ich mich erinnern kann. Ich bin noch nie im Leben ohne sie eingeschlafen", gab ich zu:
"Wird mein Ehemann sie aus dem Zimmer schicken?"
Ich hatte bereits die Frisur vorbereitet und die Zöpfe geflochten, aber nun brauchten meine Finger erst einmal eine Pause und ich setzte mich zu meiner Cousine, um ihr beim Sprechen ins Gesicht zu schauen. "Was du dabei machen musst? Eigentlich nur da sein im Großen und Ganzen. Dein Mann wird dich entweder selbst ausziehen oder es dir sagen, wenn es so weit ist. Dann musst du dich nur ins Bett legen und den Rest macht dein Gatte."

Und schon kam die nächste Frage bezüglich ihrer nutrix und Leibdienerin Anaxarete. "Manlia Secunda hatte mir erzählt, dass sie oft Sklaven im Zimmer dabei hatten, wenn ihr Mann seine ehelichen Pflichten wahrnahm. In meinem Haus ist das allerdings nicht so. Ich glaube, dass das wahrscheinlich unterschiedlich gehandhabt wird. Du kannst bestimmt mit deinem Gatten darüber sprechen, aber ich würde lieber nicht so von meinen Sklaven gesehen werden." Der Vorgang selbst und die klebrigen Körperflüssigkeiten waren schon entwürdigend genug.
Auch Serena kam und Prisca machte es sich auf einem der Korbsessel bequem. Sie würde zumindest versuchen, auch ein wenig zu schlafen, auch wenn das heute unbequem wäre.

Erst einmal hatte Sabina aber doch noch Fragen, obwohl Prisca die eher unappetitlichen Details ihr schon einmal erklärt hatte. Auch wenn Prisca inzwischen wusste, dass es nicht immer so schrecklich war und auch schön sein konnte. Klebrig war es dennoch.
Zum Glück beantwortete auch Serena schon die meisten fragen. “Du kannst deinem Mann auch sagen, dass du die Untertunika anbehalten willst. Miriam hat gemeint, dass eine Dame zumindest ihr Strophium anbehält.“
Weshalb einige der schlüpfrigeren Dichter über ihre Liebschaften auch schrieben, dass sie sogar das letzte Band ablegten.
“Und ich denke auch, dass du nicht wollen wirst, dass Anaxarete dabei zusieht. Bei mir waren ganz viele Sklaven mit im Raum, und ich fand es furchtbar peinlich und schrecklich.“
Anaxarete hatte mich gewickelt, als ich klein war. Sie hatte ein Dutzend Mal meinen bloßen Hintern gesehen, dennoch wusste ich in diesem Moment nicht, ob ich es gerne haben würde, dass man mir zuguckte, während man in mir herumstocherte. Ich nickte also, und ich war froh darüber, dass Cato alles alleine machen und auf meine Mitarbeit nicht angewiesen wäre:

"Ich werde mein Untertunika UND meine Brustbinde anbehalten", entschied ich zufrieden: 
"Es ist schon gut eingerichtet, dass die Ehemänner älter als wir Ehefrauen sind und Erfahrung haben. - Hast du eigentlich unser Brautgemach hergerichtet, liebe Prisca? Und hat dir Serena gesagt, dass ich von Lilienblüten fürchterlich niesen und herumröcheln muss? Bitte keine Lilien....Aua"

Die Zöpfe wurden entschieden strammer geflochten als Anaxarete das tat:

"Die Lanze zum Haarekämmen hat mir Cato vorbeigebracht. Bestimmt wurden damit schon Dutzende von Barbaren gekillt", meinte ich etwas verträumt. Hach, mein Zukünftiger war ein Kriegsheld. Und er sah so gut aus in seiner Uniform:

"Entschuldige, Serena, ich soll ja keine grauslichen Sachen erzählen, wenn Du dabei bist. Erzählt ihr mir lieber etwas über eure Ehemänner. Geht es deinem Sabinius besser, Prisca? Wird er zu meiner Hochzeit kommen können? Oder kommt wieder dein Hausverwalter mit, wie hieß er noch gleich: Tarutius Corvus?"
Die Sabinier hatten einen jungen Angestellten, keinen Sklaven oder Freigelassenen, als Villicus. Tauritius war sogar römischer Bürger. Er schien tüchtig und nett zu sein. Weil Priscas Mann solange auf dem Krankenlager lag, hatte er bisher seine Chefin zu allen offiziellen Anlässen begleitet:

"Dein Furius kommt doch auf jeden Fall, liebste Serena. Da wir Cousinen sind, würde es mich freuen, wenn sich auch unsere Ehemänner gut verstehen würden" 
Iulius Cato hatte mir erzählt, dass ihrer beiden  Familien beide Jungen förmlich aufeinander gehetzt hatten. Sie sollten miteinander wetteifern. Daraus war leider Hass entstanden. Ich wollte alles dafür tun, eine gute Vermittlerin zu sein und Frieden zu stiften.
Sabina fragte wegen des Brautgemachs. Prisca schüttelte den Kopf. “Morgen, nachdem ich eure Hände ineinander gelegt habe, bevor die Hochzeitsgesellschaft dann zur Villa Iulia zieht, muss ich hinübergehen und das machen. Ich hoffe, dort wissen alle Bescheid und sie haben das vorbereitet?“ Die Aufgabe der Pronuba war ja schließlich nicht, erst noch einkaufen zu müssen oder sowas, sondern eigentlich mehr, alles zu inspizieren, das Bett frisch beziehen (zu lassen) und Rosenblätter darauf zu streuen.
Prisca war ein wenig nervös deshalb, da sie ja die strecke weitestgehend allein zurücklegen musste und dann in einem ihr völlig fremden Haus herumgeistern sollte, während alle anderen noch feierten. Gut, dass sie die Feier verpasste, das war ihr nicht so arg, denn immerhin musste sie so nicht mit irgendwem reden, wie ihrem Mann oder einem der Gäste. Prisca war nicht gern im Mittelpunkt, da war sie dankbar, wenn sie eine Aufgabe hatte, die sie wegführen würde.

Sabina plapperte schon weiter und fragte nach ihrem Ehemann. Prisca setzte sich gerade auf und sah beiseite. “Ja, die Behandlung meines Mannes war erfolgreich. Er benötigt noch Übung, aber er kann wieder selbständig gehen. Er wird morgen wohl auch kommen.“
Sie sah noch ein wenig mehr beiseite, damit ihre Freundinnen nicht in ihrem Gesicht lesen konnten, denn sie wollte ihre Gefühle nicht offenbaren. “Tarutius Corvus hat deshalb seine Stelle gekündigt, da er nun nicht mehr benötigt wird.“
Seiten: 1 2