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Normale Version: Garten der Gwarch
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Dunduvan war hinter das Haus gegangen, hatte das Feuer so angelegt, dass der Geruch weg von der Siedlung gehen würde, und kochte in einer metallenen Wanne, die er zugedeckt hatte, seine Köpfe aus. Er hielt die Flamme klein. Es würde Stunden dauern, bis sich das Fleisch von den Knochen löste und zerfiel, doch dann hätte er zwei Schädel für seinen Wagen - Dunduvan lächelte, denn er besaß keinen Wagen. Wäre er selbst ein Beltanekind gewesen, das Siofra empfangen hätte, dann wäre er von der Sippe seiner Mutter in Ehren großgezogen und da sie von edler Herkunft gewesen war, mit Waffen und Wagen ausgestattet worden.

Die Sonne stieg langsam höher. Dunduvan trank Wasser und setzte sich dann an die Hauswand, um auf die Bewohnerinnen des Hauses zu warten. Auf sie. 

Er hoffte, dass Ceridwen einen Nebel wob als Schirm, damit Cathbad in seinen - Dunduvans - Träumen nicht Niamhs Gesicht erkennen und sie verfluchen würde.....
Niamh hatte die ganze Nacht fest und tief geschlafen. Es war ein ruhiger und erholsamer Schlaf gewesen, der nicht mit schlechten Träumen durchsetzt gewesen war. Dafür hatte der Kräuteraufguss der Alten gesorgt, den Niamh am Abend zuvor, vor dem Schlafengehen getrunken hatte. Als sie nun am Morgen erwachte, fühlte sie sich, wie neu geboren. Die Schatten des vorangegangenen Abends, waren zwar nicht aus ihrem Bewusstsein getilgt, doch schienen sie an einem gut versteckten Ort verwahrt worden zu sein. Sie sah sich um, wo sie hier war. Am Abend zuvor hatte sie wenig Muse, um sich um ihre Umgebung zu kümmern. Niamh war scheinbar allein in der Hütte. Von der Alten war nichts zu sehen. Sie erhob sich von ihrem Lager, streckte sich und gähnte einmal herzhaft.

Die junge Frau zog es hinaus, vor Ceridwens Hütte, um die frische Luft des neuen Tages zu genießen. Als sie den Tau unter ihren Füßen spürte, fühlte sie sich für einen kurzen Moment an ihre Kindheit erinnert. Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht und sie ging noch ein Stückchen weiter. Hinter der Hütte hatte sich die Alte einen kleinen Garten angelegt, in dem hauptsächlich Kräuter wuchsen. 
Schnell bemerkte Niamh, dass sie dort nicht alleine war. Ein junger Mann war dort am Hantieren. Er hatte ein Feuer entfacht und darüber einen Kessel  gestellt, indem er scheinbar etwas kochte. Der Geruch erinnerte sie an Fleisch, das abgekocht wurde. Manchmal hatte es so gerochen, wenn im Dorf ein Schwein geschlachtet worden war.
Als sie noch etwas näher heran trat, erkannte sie schließlich, dass es sich bei dem jungen Mann um Dunduvan handelte, der gerade seine beiden Köpfe, die er am Abend zuvor genommen hatte, kochte.
"Was machst du denn hier?" fragte sie ihn und konnte diesen vorwurfsvollen Ton in ihrer Stimme kaum unterbinden. "Weiß die Alte, dass du hier bist?"
Der vorwurfsvolle Ton von Niamh war Dunduvan nicht entgangen: "Du bist nicht die einzige, die Gastrecht von Ceridwen erbeten hat", sagte er, öffnete den Deckel und schaute nach, wie weit seine Schädel waren:
"Darin ist Erwan. Wenn du ihn haben willst?.." Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Redete man so mit einer jungen Frau? Ciaran würde ihn mit Spott übergießen. Er knallte den Deckel auf. Sein Angebot stand. Niamh hatte den Gallier verurteilt; wenn sie eine Trophäe wollte, sollte sie sie haben.
Er hob das Kinn: "Hör zu, was an Beltane war. ... Es tut mir sehr Leid. Es war der Wille Brigids. Oh, alle Menschen lieben die Weiße Göttin und besonders ihr Frauen tut das. Aber Brigid hat mit uns gespielt. Sie hat mich in dir sie selbst sehen lassen und Du hast geglaubt, dass ich Sullivan, ein Mann aus deinem früheren Leben, sei"
Ciaran war es gewesen, der ihnen etwas in ihre Getränke gegeben hatte, aber es spielte keine Rolle, denn an Beltane geschah nichts ohne den Willen der Weißen Göttin:
"Ich hoffe nur, dass du kein Beltanekind bekommst. Und wenn... behalte es nicht. Es trägt einen Fluch in sich, von dem du nichts wissen kannst. Ich habe ihn nicht gewirkt. Er ist lange vor unserer Geburt geschehen. Vor meiner und auch vor der - Louarns"
Er schaute ihr in ihr liebliches Gesicht. Immer noch lieblich, auch wenn das Leid, das sie durchlitten hatte, sie gezeichnet hatte.  
Einen Moment lang, als sie damals in seinen Armen erwacht war, hatte sie sehr glücklich ausgesehen. Und er, Dunduvan, war sprachlos vor Glück gewesen. Dann hatte sie ihn angeschaut und war vor ihm zurückgewichen, wie einst seine Mutter vor dem namenlosen Römer zurückgewichen war, der auf sie zukam. Das war der Fluch seiner Mutter, Saat, die aus Gewalt erwachsen war. Der gleiche Blick, die gleiche Abscheu, der gleiche Ekel.
Niamh staunte nicht schlecht, als Dunduvan sagte, auch er sei ein Gast in Ceridwens Haus. "Ach ja?" fragte sie überrascht. Ihr abfälliger Ton war verflogen. Sie konzentrierte sich nun darauf, womit er gerade beschäftigt war. Nein, sie wollte lieber nicht wissen, was er da gerade kochte. Es roch ziemlich widerlich. Dunduvan ließ sie keinen Zweifel daran, was sich in seinem Kessel befand. Die junge Frau rümpfte die Nase, als er ihr Erwans Schädel anbot. "Nein, ich habe kein Bedürfnis danach." Angewidert wollte sie sich schon umdrehen, um wieder zurück in die Hütte zu gehen.
Da sprach er sie noch einmal an. Diesmal versuchte er, sich entschuldigen. Wegen der Sache an Beltane. Ach ja, es tat ihm leid! Und wieder musste die Göttin dafür herhalten. "Ach was! Ciaran, dieser Blödmann hat uns etwas in unsere Becher gemischt und hat sich einen Spaß daraus gemacht, als wir übereinander hergefallen sind." Das hatte nichts mit Brigid zu tun!

Anscheinend hatte er immer noch ein schlechtes Gewissen, dass sie womöglich schwanger geworden war. Aber da konnte sie ihn beruhigen. "Keine Sorge! Erwans Männer haben dafür gesorgt, dass nichts in meinem Schoß überlebt hat." entgegnete sie ihm verbittert. Natürlich hätte sie auch kein Beltanekind gewollt, das nicht von Louarn gewesen wäre. Nein, eigentlich wollte sie daran gar nicht mehr erinnert werden. Sie tat sicher auch gut daran, nichts zu verraten, dass sie über diesen Fluch wusste, den Dunduwan lediglich angedeutet hatte.
Nun ja, Dunduvan hatte sich für seine Verhältnisse wirklich Mühe gegeben. Das musste sie anerkennen. Dennoch gab es nichts, was sie für ihn hätte empfinden können. Er war eben einfach seltsam und hatte wahrscheinlich keinerlei Erfahrungen, was Frauen anbetraf. "Wie lange wirst du noch hier bleiben?"
Ach, wegen den Köpfen war Niamh also angewidert, aber mit dem Messer hatte sie Rache genommen? Daraus wurde Dunduvan nicht schlau: "Du hast Erwan zum dreifachen Tod verurteilt – schon vergessen?“, fragte er und dachte: Vermutlich ja. Die meisten Leute vergaßen gerne, was sie gerne vergessen wollten.  Jetzt aber fixierte er sie mit seinen dunklen Augen, und es sprach nicht Dunduvan, sondern der Druidenschüler, als er mit tiefer Stimme ausstieß:
"Es geschieht nie etwas ohne den Willen der Götter, das kannst du mir glauben“
Und schon gar nicht, wenn Ciaran beteiligt war. Die Weiße Göttin hatte sie beide gehetzt wie eine Jägerin ihr Wild hetzt. Des Nachts hörte er die Hunde von Andomhain. Jetzt war es Niamh, die nicht sah:
Wenn Brigid nicht ein silbernes Band gewoben hätte, so wäre er nicht mit den Brüdern losgezogen, Niamh zu befreien. Würde nicht das silberne Band existieren, so hätte er niemals gezögert, die Hand gegen die Frau aus Hibernia zu erheben. Doch Niamh wusste das alles nicht. Auch nicht, was ihm auferlegt worden war, um die Brüder zu einen, weil er nicht fähig war, ihr, die sie entzweite, etwas anzutun. Niemals würde sie es erfahren.
Am Ende werde ich siegen, dachte Dunduvan. Und dann sprach Niamh erbittert über ihre Schändung, und dass nichts in ihrem Schoss überlebt hatte. Sie schien genauso froh darüber zu sein wie er selbst. Er war froh darüber, aber das lag nicht an Niamh. Niamh war jedoch froh darüber, weil sie nicht sein, Dunduvans Kind, bekam. Sie war anders als andere Frauen, die stolz auf ihre Beltanekinder gewesen wären. Sie war hochmütig und oberflächlich und blind dazu, und je mehr Fehler Dunduvan an Niamh fand, desto trauriger wurde er.

"Es war Unrecht, und du bist gerächt worden“, erwiderte er fast sanft:
"Mach dir keine Sorgen, Niamh, dass ich auch mit bei Ceridwen einziehe. Ich bleibe auch nicht bis Lughnasadh in Cheddar. Ich breche heute auf. Mich verlangt es nach der Einsamkeit der Wälder. Lebe wohl“, hinter seinem Rücken machte er ein druidisches Segenszeichen: Möge das Glück dich verfolgen.
Mit ernster Miene deutete er dann auf die metallene Wanne: "Meine Köpfe sind gar, ich werde sie nun herausholen und polieren“ Oh, Dunduvan wusste schon, wie man Frauen vertrieb....
"Ja, das habe ich!" entgegnete sie ihm nickend. "Weil er es verdient hat! Als ich ihm damals zum ersten Mal begegnete, erzählte er mir, ich würde ihn an seine verstorbene Tochter erinnern. Aber sag mit Dunduvan, tut man so etwas seiner eigenen Tochter an, was er mir angetan hat? " Sie schüttelte ihren Kopf und war wieder so aufgewühlt, weil alles wieder so präsent war. "Nein, ich brauche keine Andenken an Erwan. Dass ich nun hier sein kann und frei bin, ist mir Andenken genug!"

Offenbar glaubte er allen Ernstes, Ciarans Schabernack sei der Wille der Götter gewesen. Natürich! Niamh hatte ihn von Anfang an für einen komischen Kautz gehalten und wenn er nun so etwas von sich gab, würde sich daran auch kaum etwas ändern.
"Das mag schon sein! Dann wollten die Götter eben nicht, dass ein Kind in mir heran wächst." Nicht von dir und auch von keinem anderen Mann, dachte sie. Vielleicht würde es auch niemals wieder einen Mann in ihrem Leben geben. 
Sie spürte, wie sich bei diesem Gedanken ihre Augen wieder mit Tränen füllten. Die letzten Wochen hatten ihr viel abverlangt. Ihr ganzes Leben war aus den Fugen geraten. Im Grunde wünschte sie sich doch nur eins: Ein bisschen Normalität! Und so erstaunte es Niamh schon fast, als Dunduvans Stimme plötzlich ganz sanft klang. Dafür war sie ihm dankbar. 
"Ja, ich wurde gerächt!" sagte sie nickend mit belegter Stimme.
"Leb auch du wohl, Dunduvan! Und hab Dank!" Einen Moment lang hatte sie geglaubt, ihn doch mögen zu können. Doch dann brach sein eigentliches Wesen wieder hervor und er war wieder der Alte! Eilig wandte sie sich zum Gehen um, als er verkündete, seine Schädel seien gar.
"Das hat nichts mit den Göttern zu tun. Wenn eine Frau sehr verletzt wird in ihrem Inneren, kann es sein, dass sie nie wieder Kinder bekommen kann", erwiderte Dunduvan. Niamh sah nicht. Das brachte sie in höchste Gefahr, denn Cathbad konnte sie so mühelos erreichen. Wäre sie wie Raven oder Ceridwen gewesen, so hätte sie es bemerkt und sich verborgen. Er hoffte, dass Ceridwen ihre Kraft benutzt hatte, sie wenigstens ein  Weilchen zu verstecken.
Ihm fiel selbst auf, als sich Niamhs Augen mit Tränen füllten, wie grausam seine Worte gewesen waren. Das brachte seinen Widerstand zum Schmelzen, am liebsten hätte er die Arme um sie gelegt und sie getröstet. Doch er war der Letzte von dem sie solchen Trost wünschte, und er respektierte das:
"Es kann aber auch gut sein, dass die Göttin wieder heilt, was zerstört wurde. Sei zuversichtlich", sagte er. 
Und dann vertrieb er sie. Louarns Niamh, sagte er sich: Louarns Niamh. Sie oder Du sagte Cathbad, und Dunduvan kannte die Antwort.