Forum

Normale Version: Atrium | Wieder eine Rechtsberatung
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Seiten: 1 2
<<<

Leander hatte aufgrund der sehr sommerlichen Temperaturen dieser Tage im Atrium bequeme Korbsessel aufstellen lassen. Durch das offene Dach war hier die Belüftung wesentlich angenehmer als in der Bibliothek, außerdem roch es hier nicht so nach der vermaledeiten Pfeife seines Herrn.


Er hatte auch schon einen Tisch bereiten lassen mit gekühltem Wein, Wasser und frischem Posca, um die Gäste zu erfrischen, und in der Küche stand frisches Brot und Moretum bereit, dazu frisches Obst und eine besonders frische Kürbisgewächszüchtung, die in einigen Jahrhunderten der Zuchtgeschichte mal zur Gurke werden würde.


So gut es eben ging vorbereitet, stand er also da und begrüßte beim Eintritt die Gäste.
“Ah, Princeps Officii Furius Saturninus. Und deine Gemahlin Furia Serena? Nehmt Platz und lasst es mich wissen, wenn ich euch etwas zu trinken servieren darf. Dominus Plautius Seneca wird auch gleich erscheinen.“
Wahrscheinlich würde er gerade den armen, jungen Sklaven anfauchen, der ihn aus seinem Mittagsschlaf weckte, aber so genau mussten die Gäste das nicht wissen. Und Leander war sich ohnehin sehr sicher, dass Seneca wenig Einwände hatte, wenn er schon einmal die gastgeberischen Pflichten abarbeitete, so dass sein Herr daran nicht denken musste.
>>> "Grüß Dich Menander!", sagte Saturninus vergnügt, aber dann stutzte er: "Nein, Leander mit einem L wie Lapsus Calami war es, stimmts? Sei mir gegrüßt" Er hatte eine Schwäche für griechische Sklaven und schätzte ihre Gescheitheit, doch er war im allgemeinen nicht sehr versiert darin, sich fremdsprachliche Namen zu merken:
"Serena, meine Teure, nimm bitte Platz. Möchtest du etwas? Ich lieber hinterher, wenn ich etwas esse, werde ich unkonzentriert und unkonzentriert sollte man keinesfalls mit einem Anwalt reden, auch nicht mit dem eigenen. Doch bitte etwas Posca", das Kürbisgewächs erweckte seine Aufmerksamkeit; Landwirtschaft interessierte ihn. Er nahm es in die Hand. Es sah fast aus... nun ja: "Woher kommen die, Leander? Isst man sie oder sind sie Dekoration?"
Ich trat auch mit einem großen Schritt über die Schwelle in Begleitung meiner Leibdienerin Phoebe, die die Dokumentenrolle für mich trug. Dann folgte ich Leander und meinem Gatten in das herrlich luftige Atrium, wo ich mich in einem der Korbsessel niederließ. Ich fächerte mir ein wenig Luft zu, während wir auf unseren Gastgeber warteten. 

"Nur Wasser für mich und vielleicht ein wenig Obst bitte" sagte ich mit einem sanften Lächeln in Richtung meines Gatten.
Leander lächelte höflich wie immer und nickte, als Furius Saturninus sich doch noch an seinen Namen erinnerte. “Richtig, werter Furius, Leander stimmt“, antwortete er und machte sich dann daran, die gewünschten Getränke anzureichen. Natürlich dem Mann entsprechend seinem höheren Rang zuerst und anschließend seiner Dame, wie es sich gehörte. Ebenso bereitete er eine Platte mit etwas geschnittenem Obst, um sie in der Nähe des Platzes, den Furia Serena sich suchte, abzustellen, so dass sie bequem ein wenig naschen konnte.
Furius Saturninus fragte nach dem Kürbisgewächs. “Die sind heute Morgen frisch vom Markt. Der Händler heißt Staius Lunaris, er ist zu jedem Markttag dort. Wir hatten letzte Woche schon einmal von ihm gekauft, es ist eine Kürbiszüchtung. Roh ist es recht erfrischend bei diesen Temperaturen, aber man kann es auch schmoren.“
Leander schnitt ein paar optisch ansprechende Scheiben von dem Gewächs  und bot dem Furier auf einem kleinen Teller an, zu probieren oder eben auch nicht.
Ich hatte nur einmal kurz die Augen geschlossen, um nachzudenken, da platzte auch schon ein Sklave in die Bibliothek und riss mich aus meinen Gedanken! Meine Gäste wären da! Ja, ja, Gäste! Pah! Ich mochte keine Gäste. Das waren Klienten, nicht Gäste! Klienten, zumindest die im Anwaltsverhältnis, waren gerade so noch erträglich. Gäste waren es nicht.
Ich stand also auf, suchte meine Pfeife und schimpfte vor mich hin, während der Sklave, der nicht Leander war, um mich herumhüpfte wie ein aufgescheuchtes Huhn und an mir rumzupfte, bis ich ihn mit unwirscher Hand wegscheuchte. Das war mein Haus hier, verdammt. Warum nur war ich dann derjenige, der sich von den Sklaven immer anzupfen lassen musste? Ich strich noch einmal über die Leinentunika – für Wolle war es zu warm – und machte mich auf ins Atrium, wo Leander gerade Kochrezepte herausgab oder so etwas.
“Ah, Furius Saturninus! Willkommen. Hat Leander euch schon etwas zu trinken angeboten, oder füttert er euch nur?“ fragte ich mit kleinem Seitenblick zu dem Sklaven, der hier viel zu elegant herumstand.
"Salve ehrenwerter Rechtsgelehrter Plautius Seneca. Ich danke Dir dafür, dass Du uns empfängst", grüßte Saturninus und winkte leicht mit einer Scheibe der Kürbiszüchtung, die Leander zum Probieren hergerichtet hatte: "Dein Sklave hat mich gerade auf eine neuartige Frucht- oder ist es ein Gemüse? hingewiesen. Schmeckt ein wenig wie eine geschmacklose Wassermelone, finde ich, ist aber sehr efrischend" 
Er aß die Scheibe auf. Serena hatte eine Platte kleingeschnittenen Obst bekommen:"Etwas Wasser für uns beide wäre ausgezeichnet"
Das britannische Wasser schmeckt so hervorragend, dass man kaum Essig brauchte. Doch genug des Geplänkels:
"Ich stelle Dir meine Gattin vor, Furia Serena. Furia Serena, der Hausherr Plautius Seneca. Es geht um das Vermögen. Sie hat die relevanten Unterlagen dabei. Leider befindet es sich in den Händen ihres Onkels, der nicht gewillt ist, ihr ihren Teil auszubezahlen"
Also wirklich Kochrezepte. Was sich Leander nur dabei immer dachte? Den Burschen konnte man wirklich nicht unbeaufsichtigt lassen. Vielleicht sollte ich mir das mit der Freilassung doch besser nochmal überlegen. Da fiel mir ein, dass ich für eine ordentliche Freilassung für ihn noch einen Beistand brauchte. Und einen Legatus Augusti. Nun, aber beides später.
“Furia Serena, eine Freude, dich kennen zu lernen“, sagte ich mit angemessener Freundlichkeit. Naja, was ich eben dafür hielt. Ich hielt wenig von Ehefrauen. Im besten Fall waren sie lästig und im schlimmsten Fall war es meine gewesen. Aber man war ja höflich und salutierte dem Rang, nicht der Person, wie man im Militär so schön sagte.
“Ich fürchte, ich benötige etwas mehr Informationen“, meinte ich, da diese Zusammenfassung nun doch etwas sehr zusammengekürzt war. “Was für Vermögen und von welchem Wert reden wir? Und warum wurde das nicht vor Übergang der Gewalt geregelt?“ Damit meinte ich natürlich die Hochzeit, denn seit diesem Zeitpunkt besaß Furia Serena natürlich kein eigenes Vermögen mehr, sondern stand unter der vollständigen patria potestas ihres Ehemannes.
"Serena bitte, gib dem Anwalt deine Unterlagen", bat Saturninus seine Gattin und dachte, warum das nicht vorher geregelt wurde, ist gute Frage. Ich nehme an, weil der vorige Vormund es entweder ebenfalls nicht gewusst oder nicht gewollt hat:
"Serenas Vater ist überraschend verstorben. Serena ist seine einzige Tochter. Meine Gattin meint, dass es kein Testament gab.  Das Mädchen wurde zur Familie ihrer Mutter geschickt  und dem Consular Claudius als Onkel die Vormundschaft übertragen. Es muss aber doch ein anderer Onkel, nämlich ein jüngerer Bruder des Vaters, aufgetaucht sein, der nicht die Verantwortung für die Nichte übernehmen, aber sehr wohl das Vermögen des Bruders in seine Hände bekommen wollte. 
Er hat also das Eigentum seines verstorbenen Bruders in Besitz genommen. 
Nur dass Furia Serena, die damals noch Lucretia hieß, die Eigentumsdokumente über zwei Minen für Zinn und Blei sowohl eine halbfertige Villa an sich genommen und heimlich mit nach Iscalis gebracht hat.
Oh, ich wusste von der ganzen Geschichte rein gar nichts. Serena hat bis heute darüber geschwiegen und sich mir jetzt anvertraut. Ich wollte gerne das Mündel des Consularius Claudius heiraten" 

Saturninus war tatsächlich davon ausgegangen, dass die Lucretia mittellos und nur durch ihren Vormund mit einer Mitgift ausgestattet worden war. Er hatte sie wegen des Einflusses und der Beziehungen, die Claudius Menecrates in Rom besaß, geheiratet. Als sie noch verlobt gewesen waren, hatte Serena ihn durch ihre stille Würde beeindruckt. Mittlerweile liebte er sie sehr. Das hatte er gespürt, als er über den bloßen Gedanken, sie könne ernstlich krank sein, so erschrocken gewesen war:

"Deine Angelegenheiten habe ich doch richtig wiedergegeben, meine Gemahlin?“, Saturninus blickte zu seiner Frau.
Das Durcheinander bei den Lucretiern ging ihn nichts an. Wichtig war ihm, dass jedes vorenthaltene Vermögen furisches Vermögen war. Und er fand es geradezu unanständig, das Vermögen de facto sich anzueignen und seine Nichte nicht einmal mit einer Mitgift auszustatten, wenn man ein Vaterbruder war:

"Geschickt wäre es gewesen, hätte dein Vater mit einem Fideikomiss deinen Anteil abgesichert. Leider ist das nicht geschehen“,
er wandte sich an Plautius Seneca:
"Es dürfte trotz der Einschränkungen, die das Gesetz Frauen, wenn es um große Erbschaft geht, auferlegt, nicht im Geiste des Gesetzes sein, eine Erbtochter völlig mittellos zurückzulassen.
Wir werden zunächst nach Dumnonia reisen, um dem Onkel ins Gewissen zu reden. Und ihm, nun ja, vielleicht auch ein wenig drohen. Dann weiter nach Londinium.
Denn sollten wir uns nicht gütlich einigen, möchte ich diesen Fall vor den Richter bringen. Genauer gesagt, da wir hier in Britannien sind, vor den LAPP.  Ich möchte Dich, werter Rechtsgelehrter, bitten, mich bei der Anklageschrift so zu beraten, dass sich ein Prätor der Wichtigkeit unseres Ansinnens nicht verschließen kann"
Natürlich hoffte Saturninus, dass der Lucretius nachgeben würde. Der Prozess war nur das letzte Mittel.
Ich erhob mich, als ich vom Hausherr angesprochen wurde und erwiderte die Begrüßung. "Salve, werter Plautius Seneca. Es ist mir eine Freude, einen so brillanten Rechtsgelehrten persönlich kennenlernen zu dürfen." Mein Ton war freundlich und herzlich und hoffentlich nicht zu schmierig, auch wenn ich den als sehr mürrisch geltenden Plautier ein wenig freundlicher mit einem Kompliment stimmen wollte. 

Ich ließ mich dann aber wieder in den Hintergrund sinken und die beiden Männer die Diskussion führen. Es war in der Regel besser, sich nicht in die Konversation von Männern ungefragt einzumischen. Mein Gatte hatte so weit auch alles korrekt zusammengefasst und ich nickte und bejahte an den passenden Stellen, ehe die Dokumente verlangt wurden. 

Ich ließ mir von Phoebe, die hinter mir stand, die schwere Lederrolle mit den Dokumenten reichen, die ich dann meinem Mann reichte, damit wir sie gemeinsam ausbreiten konnten. Die Dokumente beschrieben detailliert die Grundstücke und hatten die entsprechenden Siegel. Ausgestellt waren sie auf Aulus Lucretius Ursus, meinen verstorbenen Vater. 

Auf die Frage hin, warum das nicht früher geregelt wurde, musste ich dann doch antworten. "Ich hatte gehofft  dass ich die Angelegenheit meinem Onkel mütterlicherseits, dem Consular Claudius, anvertrauen konnte, aber weder seine freie Zeit noch sein Gesundheitszustand ließen dies nicht zu." Ich hoffte trotzdem, dass sich nun fast eineinhalb Jahre nach dem Tod meines Vaters noch etwas machen ließe.
Ich ließ mir das ganze Katarakt an Schriftrollen und Urkunden anreichen und versuchte, gleichzeitig zu lesen, und zuzuhören. Der gradnächste Agnat, der Bruder des verstorbenen, hatte die Tochter einem einfachen Cognaten, dem Bruder der Mutter, überlassen. Dafür aber das gesamte Erbe eingestrichen, außer den Urkunden, die Furia Serena gestohlen hatte. Es ging um zwei Minen und eine halbfertige Villa, und ich musste nicht viel rechnen, um festzustellen, dass wir hier mehrere Probleme hatten, die ich nicht so einfach ignorieren konnte.

Ich hörte mir also alles an und schaute in die zwei Gesichter, die jetzt wohl ein Wunder oder ein göttliches Eingreifen von mir erwarteten, denn ganz im ernst, das wäre wohl das einzige, das diesen -schlammassel lösen könnte. Ich atmete einmal tief durch und schaute nochmal auf die Urkunden und wieder zurück.

“Werter Furius Saturninus, ich fürchte, dass der LAPP die Klage gar nicht erst zulassen würde. Zumal besagter Bruder wo ist? Auch in Britannia?“ Ich schaute kurz, um überhaupt erst einmal den gerichtsstand zu klären. Einen Einwohner von Gallia konnte man nicht in Britannia verklagen. Der einzige Ort, wo man jeden anklagen konnte, war Rom, da dort das höchste Gericht tagte. Und eben dort, wo auch immer der Kaiser gerade war.
“Nun, wir haben folgende Probleme bei diesem Fall. Du erwähntest ja selbst schon die Lex Voconia, nach deren Bedingungen Erblasser nichts an Frauen, ob Töchter oder nicht, vererben können, wenn sie ein Vermögen von mehr als einhunderttausend As besitzen. Du wirst mir zustimmen, das zwei Minen und eine halbfertige Villa allein diesen Wert übersteigen. Und dabei sind die ganzen Barvermögen, Sklaven, Viehbestände et cetera noch nicht einmal einberechnet. Es wird also für Lucretius… wie heißt er eigentlich? Nun, in jedem Fall wird es für ihn ein leichtes sein, anzuführen, dass der verblichene Lucretius Ursus seiner Tochter gar nichts erst hätte vererben dürfen und deshalb jede Erbschaft nichtig ist. Und ja, das ist vom Gesetz so gewollt.
Wäre das der einzige Punkt, würde ich es ja noch versuchen und versuchen, einen Fideskomiss durch ihn anzuführen, um ihn so unter Druck zu setzen. Aber auch da hätte ein Erbe längstens ein Jahr Zeit, um eine Erbschaft einzufordern. Allerdings ist Aulus Lucretius Ursus schon länger verstorben. Man könnte ja vielleicht noch argumentieren, dass durch die Mitnahme der Urkunden der Wille bekundet wurde, die Erbschaft anzutreten. Aber wegen ersterem Punkt birgt dies das Risiko, im Gegenzug des Diebstahls von Urkunden angeklagt zu werden. Außerdem können Frauen nicht selbst für sich eintreten, solange sie nicht das ius liberorum besitzen. Das hätte also auch Consular Claudius machen müssen.
Und schließlich und endlich ist deine werte Gattin nicht mehr die Tochter ihres Vaters. Durch die Manus-Ehe wurde sie vollständig rechtlich ihrer Familie entzogen und deiner patria potestas unterstellt. Im Grunde hast du sie rechtlich gesehen androgiert. Noch dazu hast du sie via coempio geheiratet, also gekauft. Bei einem Kauf gilt eine Sache ins Eigentum so übergegangen, wie sie gesehen wurde, sofern der Käufer nicht arglistig und in böser Absicht über eine wesentliche Eigenschaft belogen wurde. Du sagtest, dass du einfach nur das Mündel des Consular Claudius heiraten wolltest. Und offensichtlich hat dir die angebotene Mitgift da auch gereicht, um die Ehe einzugehen. Demzufolge könnte man anführen, dass sowohl Consular Claudius als auch du auf die Prüfung weiterer Vermögen der Braut verzichtet habt und die Mitgift als gezahlten Erbteil allseitig akzeptiert habt.“
Ich atmete nochmal durch und schaute noch ein wenig durch die Unterlagen, ob ich etwas vergessen oder übersehen hatte. Schien mir aber nicht so.
“Ganz ehrlich, wäre ich der Anwalt des Bruders, ich würde jede Anklageschrift mit Leichtigkeit in der Luft zerfetzen. Ich würde mir keine großen Hoffnungen machen, sofern er nicht sein Gewissen auf einmal entdeckt.“
Seiten: 1 2