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Normale Version: Cubiculum | ABS: Allein allein! – Wo ist eigentlich Madoc?
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Früher als gedacht war ich in die Casa zurückgekehrt – allein! So viel ich wusste, wollte oder konnte mein Bruder nicht auf das Fest gehen, weil er ja noch sooo viel zu tun hatte! Wahrscheinlich saß er immer noch vor seinen Zahlen im Tablinum. Armer Irrer! So sollte es auch am besten bleiben! Ehrlich gesagt legte ich gerade auch keinen gesteigerten Wert auf seine Gegenwart, denn ich war überhaupt nicht in der Stimmung, ihm beichten zu müssen, dass mir sein Barbar verlorengegangen war. Also ermahnte ich Carthus zur Verschwiegenheit und schlich mich durch das Atrium. Jedem Sklaven, der mir entgegen kam und mich grüßen wollte, gestikulierte ich, dass er still sein sollte. Ich war heilfroh, als ich dann wohlbehalten mein Cubiculum erreicht hatte, ohne Varro über den Weg gelaufen zu sein. Mein beiden Süßen standen schon bereit. Ganymed kam mir sogleich entgegen und wollte mir beim Entkleiden helfen und Asarea… war einfach Asarea und sah hinreißend aus. Einfach zum Anbeißen!

"Scheiße, Scheiße Scheiße!" rief ich, aber nicht zu laut. Nicht dass ich  noch unnötigerweise schlafende Hunde, sprich meinen Bruder weckte. "Aber Dominus, was hast du?" fragte Asarea ganz verschreckt. So hatte sie mich wahrscheinlich nur sehr selten erlebt. Üblicherweise war ich der smarte Typ mit dem selbstsicheren Lächeln. Grade jetzt kochte ich vor Wut. Gleichzeitig zermarterte ich mir das Hirn, was ich meinem Bruder sagen sollte. 
"Was ich habe? Du fragst mich was ich habe?" fuhr ich die arme Asarea an, der sofort die Tränen in die Augen stiegen. "Nichts habe ich! Gar nichts! Das ist es ja! Dieser nichtsnutzige Barbar! Ans nächste Kreuz sollte man ihn schlagen lassen!" Ich war gerade dabei, mich noch weiter in Rage zu reden und die beiden Sklaven begriffen schnell, dass sie nun am besten still waren. Oder noch besser, Land gewannen!
Varro hatte noch nicht geschlafen. Draußen in der Stadt herrschte Lärm und ständig waren Rufe zu hören. Er hatte nicht erwartet, dass das Fest so eskalieren würde, hatte aber ein ungutes Gefühl, weshalb er seine bereits zurückgekehrten Sklaven (er war ja kein Unmensch, natürlich durften sie feiern) nicht nochmals für Erkundigungen herausgeschickt hatte. Er selbst hatte gearbeitet. Davon hatte er mehr als von einer öffentlichen Orgie. Beinahe wollte er daran glauben, dass sie dort Drogen ins Essen gemischt hatten, so wie sich seine beiden Sklavinnen an ihn rangemacht hatten.
Er hatte sich gefragt, ob sein Bruder und Madoc bereits zurückgekehrt waren, als ihm Carthus berichtete, dass dieser in seine Kammer eingekehrt sei. Diese wollte er auch aufsuchen, als ihm schon die beiden Sklaven auffielen, Asarea und Ganymed, beide nicht besonders erbaut. Und dann berichtete ihm Carthus noch etwas. Und Varro ging ein Licht auf.

Zielgerichtet ging er in Richtung des schäbigen Cubiculums, in dem sein Bruder einquartiert war. Er hatte sich schon überlegt, ihm ein größeres zur Verfügung zu stellen, da er bisher die Arbeit ganz gut mitmachte. Er würde diese Möglichkeit noch etwas zurückstellen.
Ohne zu klopfen, öffnete er die Tür und musterte den Schwachkopf, der auf seinem Bett saß. Er hatte nicht erwartet, Madoc hier zu sehen, doch wurde seine dunkle Vorahnung dadurch auch nicht besser.
"Scheint ja ein aufregendes Fest gewesen zu sein", sagte er distanziert. "Wo ist mein Sklave? Carthus meinte, du bist allein zurückgekommen. Du weißt, ich traue ihm noch nicht genug, um ihn allein draußen herumlaufen zu lassen."
Neugierig und gespannt wartete er auf die Antwort seines Bruders. Er spürte es schon in seinem Bauch brodeln, hielt die Wut jedoch wenigstnens so lange zurück, bis Scapula etwas Dummes sagen konnte. Lange würde es erfahrungsgemäß nicht dauern.
Nur selten hatten mich meine beiden Sklaven so erlebt. Daher hatten sie gut daran getan, sich zurückzuziehen und mich mit meinem Zorn und meiner Verzweiflung alleine zu lassen. Denn zweifellos würde es nicht lange dauern, bis die Sache ans Ohr meines Bruders getragen würde. Dass dies allerdings so schnell ging, damit hatte selbst ich nicht gerechnet! Denn kaum waren Asarea und Ganymed aus meiner Gegenwart entwichen, platzte auch schon Varro ohne Vorwarnung herein. 
"Was zum..." Henker suchte er hier! Seinem Gesichtsausdruck und der ganzen Haltung, in der er mir gegenübertrat, wusste ich schon genau, welches Stündlein geschlagen hatte auch wenn er zunächst nur eine belanglose Frage gestellt hatte. "Ach ja, ging so!" antwortete ich und hatte noch eine kleine Hoffnung, dass es das war. Aber mein lieber Bruder hatte sich wie ein Molosserhund an seiner Beute festgebissen und ließ nicht mehr los! "Wie? Dein Sklave? Ist der noch nicht zurück?" fragte ich, als wüsste ich von nichts. Diese Taktik hatte mir auch schon früher in meiner Jugend manchmal den Kopf aus der Schlinge gezogen. Vielleicht klappte es ja auch diesmal. "Ich hatte ihn losgeschickt, um mir etwas von der Essensausgabe zu holen. Aber er ist nicht zurückgekommen! Dieser dreckige Nichtsnutz! Er wird doch nicht etwa..." Das war noch nicht einmal gelogen. Lediglich die Erkenntnis, dass Madoc das Fest zur Flucht genutzt hatte, war mir bereits schon viel früher gekommen. Nun machte ich ein betroffenes Gesicht. "Ach herrje, was machen wir denn jetzt?" fragte ich, als wäre das eigentlich gar nicht wirklich mein Problem.
"Ging so", wiederholte Varro, der schon eine mehr oder weniger gute Vorstellung davon hatte, welches Schauspiel ihn hier erwarten würde. Sein Bruder war kreativ, aber er baute auch viel Scheiße und Varro kannte ihn bereits seeeeehr lange.
Milde lächelnd legte er dem kleinen Bruder eine Hand auf die Schulter, als der auch schon - fast hätte man es ihm abnehmen können - voller Entsetzen den Verlust des Sklaven bemerkte. In gespielt milder Überraschung lupfte er die Augenbraue. Das milde Lächeln verschwand nicht so ganz, wurde nur unmerklich schmaler. Varros Augen jedoch waren eiskalt und wie bei einem Raubtier auf seine Beute gerichtet.
"Ach, Bruderherz", sagte er milde, die Hand immer noch auf der Schulter seines Opfers. "Weißt du, du hast dich schon immer für schlauer gehalten als den Rest. Das Problem ist nur, wenn man dumm ist, merkt man nicht, dass das ein Irrtum ist,"
Langsam, ganz langsam drückte er zu, bis sich seine Finger schmerzhaft in die Schultern seines jüngeren Bruders bohrten. Er schrie nicht. Noch nicht. Er war nicht ihr Vater.
"Ich hoffe doch, er amüsiert sich einfach nur. Hat die Zeit vergessen. Und wem er etwas schuldig ist. Ich müsste ihn natürlich bestrafen, aber das wäre immer noch besser als wenn du vergessen hättest, was DU mir schuldig bist. Nicht wahr, Brüderchen?
Herrje, wenn er nicht wieder auftauchen würde, da müsste ich glatt... hach... dein Leben in eine lebende Hölle verwandeln, nicht wahr? Es würde ja so unangenehm... So völlig ohne Geld, ohne Sklaven, wie ein bettelarmer Plebejer. Natürlich würde ich dich nie rausschmeißen. Dich, meine Familie. Immerhin, wir könnten sicher noch ein Plätzchen in der Vorratskammer freiräumen.
Also noch einmal von vorn: Wo. Hast du. Meinen Sklaven gelassen?"
Zu dumm, wenn man Taktiken zu oft anwandte! Noch dümmer, wenn man sie bei denen anwandte, die sie bereits kannten und dadurch schnell durchschauten! Mein Bruder kannte bedauerlicherweise meine Taktik. Er war oft genug Zeuge oder gar Opfer gewesen, wenn ich meinen Vater hintergangen hatte und es dann meist auch noch zu Varros eigenem Nachteil geschehen war. Ja, so konnte echte Bruderliebe entstehen!

Noch lächelte er milde und legte mir väterlich seine Hand auf meine Schulter. Vielleicht nahm er mein gespieltes Unwissen ja ab, denn im Prinzip war ja alles so gewesen, wie ich berichtet hatte.  Doch ich sah schon, diesmal war mir kein Glück beschieden. Der ganze verfluchte Tag war von Unglück durchdrungen!
"Ich? Schlauer als der Rest? Schlauer als du? Niemals!" entgegnete ich ihm, denn ja, ich musste zugeben, dass ich ihn hin und wieder für vollkommen vertrottelt gehalten hatte. Zuweilen war das auch heute noch so. Ihm täte sicher ein wenig Abwechslung gut! Würde er nicht ständig über seinen Büchern sitzen und arbeiten! Aber gut, das tat hier nichts zur Sache! Der verdammte Sklave war weg! Und weil es sein Sklave war, der weg war, ließ er mich dies auch spüren. Er bohrte seine Finger in meine Schulter, bis es fürchterlich wehtat. Natürlich schrie ich nicht, wie ein einfältiges Kind, doch meiner Mimik konnte man es durchaus ansehen, dass ich gerade Schmerzen litt. Als er dann von Schuld und Sühne zu sprechen begann, vergaß er natürlich nicht zu erwähnen, dass mir ein Leben ohne Geld und Sklaven bevorstehen würde. Ein Leben in der Vorratskammer. Bettelarm! Oh nein! Inzwischen war der Schmerz kaum noch erträglich geworden. Ich verzerrte mein Gesicht und meine Stimme überschlug sich fast, als ich ihm beteuerte, nicht zu wissen, so sein elender Sklave abgebleiben war.

"Bitte Bruder, du tust mir weh! Ich schwöre, ich habe ihn auf dem Festplatz zuletzt gesehen, als ich ihn losschickte, mir etwas zu Essen zu holen!" Aber das war wohl nicht, was mein Bruder hören wollte! "Bitte Varro! Ich mache es wieder gut! Ich versprech’s! Ich werde den Scheißkerl suchen! Und wenn ich ihn gefunden habe, diesen barbarischen Dreckskerl, dann bring ich ihn dir zurück!" Dann würden ihm nur noch die Götter helfen können!
Varro wollte fast lachen, so sehr erheiterte ihn der Vorschlag, den sein verzweifelter Bruder hier machte.
"Du? Du konntest ihn nicht einmal im Zaum halten als er umgeben von Weibern und Alkohol war, glaubst du wirklich, dass du ihn einfangen kannst, wenn er auf der Hut ist? Es braucht nicht viel um zu erkennen, dass der Barbar um einiges schlauer ist als du, Bruder. CARTHUS!"
Es dauerte nicht lang und der hünenhafte Ianitor tauchte in der Tür auf.
"Ja, Dominus?", wollte er wissen und wirkte ehrlich verwirrt.
"Richte den übrigen Sklaven aus, dass hier nur noch ein Balventius die Befehle gibt. Die Anweisungen meines Bruders habt ihr bis auf Weiteres zu ignorieren. Er darf Mahlzeiten erhalten und aus dem Haus ein- und ausgelassen werden. Das war es. Vielleicht lehrt ihn das ja, etwas Respekt vor dem Eigentum anderer zu haben. Du wirst ihm den Zugang zu MEINEM Geld jederzeit verwehren. Völlig egal, wie dringend es ist. Hast du mich verstanden?"
"Ja- Jawohl, Dominus."
"Dann geh, los. Und du Bruder, ich hoffe, ich habe dir meinen Standpunkt klargemacht. Schön, wende deine Kräfte auf, mir den Sklaven wiederzubeschaffen. Wenn du mir nicht die Kosten des Mannes bis nächsten Monat wieder aufgewogen hast, kann ich gerne deine beiden Huren verkaufen. Um Ganymed wär's nicht schade. Wie könnte der arme Junge sich je wieder in deinem Bett amüsieren, wo er inzwischen einen echten Mann in sich hatte."
Er konnte nicht anders, er musste noch Salz in die Wunde streuen. Der Zorn sprach aus ihm, denn nie und nimmer konnte sein Bruder ihm die Kosten erstatten, hatte er doch keinerlei Einnahmequelle. Doch im Augenblick war es ihm egal. Er wollte die Ratte leiden sehen, verängstigt und wimmernd. Götter, wie gern hätte er ihm diese arrogante Dummheit einfach ausgeprügelt.
"Und jetzt geh mir aus den Augen."
Varro, dieser widerwertig Bastard! Jetzt hatte er mich wirklich da, wo er micht immer schon haben wollte! Er kostete das hier voll aus, um mir zu zeigen, wie nutzlos und unfähig ich war. Es mochte ja sein, dass der Barbar in seiner heimischen Umgebung wesentlich mehr Vorteile genoss, doch wenn er sich irgendwann sicher fühlte, würde er unvorsichtig werden. Das war dann der Moment, an dem ich  er denn jetzt von Carthus?  Dieser gemeine Mistkerl befahl ihm, dass die Sklaven keine meiner Anweisungen mehr nachgehen durften. Ich konnte nur fassungslos zusehen, wie gerade meine Autorität eingerissen und zu Staub zertreten wurde. 
"Das kannst du nicht tun! Varro, ich bitte dich!" rief ich. aber das interessierte ihn reichlich wenig! Schließlich setzte Varro mir ein Ultimatum. Einen Monat Zeit wollte er mir geben, um den Sklaven wieder zurückzubringen. Wenn ich es nicht schaffen sollte, wollte er meine beiden Süßen, Ganymed und Asarea verkaufen! Und schließlich trat er noch einmal nach, als er mir eröffnete, dass er sich Ganymed genommen hatte!

"Du elendes Scheusal!" rief ich verletzt und jammernd. Wenn ich mich nicht schon in meiner eigenen Abstellkammer befunden hätte, wäre ich sofort dort hingerannt. So musste ich auch noch warten, bis er endlich ging!
Varro schnaubte nur verächtlich. Ein Scheusal war er also? Nun, was ihn betraf, waren dies längst überfällige Erziehungsmaßnahmen. So konnte es nicht weitergehen. Mit dem Vermögen anderer derart leichtsinnig umzugehen, ohne auch nur einen Handschlag zu tun, es zu mehren? Das würde er ihm austreiben.
Natürlich würde er nie so weit gehen, die Sklaven seines Bruders zu verkaufen. Erstens fand er sie nützlich/hübsch und zweitens hatte er wenigstens noch diesen kleinen Rest Respekt vor Scapula. Er hatte ihm die Chance gegeben und nun wollte er sie ihm auch lassen. Doch natürlich würde die Angst davor, dass er seine Drohung wahrmachte, Scapula hoffentlich dazu antreiben, alles zu geben, auch wenn die Forderung nie erfüllt werden konnte. Einen so teuren Sklaven mit so wenigen Mitteln wie er ihm gelassen hatte wieder abzubezahlen, war so gut wie unmöglich. Doch wenn das seinem Idioten von Bruder wenigstens ein bisschen Geschäftssinn einprügeln würde, war's die Sache vielleicht am Ende noch wert?

"Ich denke, das ist fair", sagte er auf die Beleidigung seines Bruders nur kalt und machte sich daran, die Kammer zu verlassen. Seinen zutiefst entsetzten und verletzten Bruder zurücklassend, wandte er sich noch einmal zu ihm um und war fast versucht, doch noch ein paar Worte versöhnlicher Natur zu sagen.
Doch dann ging er lieber. Für so etwas war später noch Zeit. Nachdem er sich bewiesen hatte.