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Normale Version: Morgens im Atrium - Morgenstund hat selten Gold im Mund
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Es war noch früher Morgen und nur die tagaktive Belegschaft war um diese Uhrzeit bereits auf den Beinen. Narcissus und die Mädchen krochen meist vor dem Mittagessen nicht aus den Federn und so war es relativ leise und ich konnte meine anfallenden Aufgaven beim Frühstück auf meine Tabula kritzeln und meine Gedanken ordnen. 

Die Zahlen waren gut und der Betrieb hatte sich bereits gut etabliert und ich war mit den Erlösen des Betriebs definitiv zufrieden. Ich würde wahrscheinlich demnächst nach Londinium reisen müssen um eine neue exotische Schönheit anzustellen, da wir mehr Arbeit als Hände - und andere Körperteile - hatten.

In Gedanken versunken machte ich mir noch ein paar Notizen für meine Reise, während ich ein wenig Käse und Brit knabberte.
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Ich meinte eine Ahnung zu haben, wie sich Theseus beim Gang in das Labyrinth gefühlt hatte. Oder war das Iason gewesen? Ich war mir nicht sicher, ich sollte mein Wissen in griechischen sagen nochmal wieder aufbessern. In jedem Fall war meine Mutter in diesem Beispiel der Minotaurus oder ein Drache oder etwas ähnlich lebensbedrohliches, und ich versuchte, möglichst gelassen zu sein, während ich auf sie zumarschierte. Trotzdem ließ ich sicherheitshalber Owains Hand nicht los, falls der es sich angesichts des Monstrums vor uns doch noch anders überlegte. Was ich eigentlich nicht glaubte, aber trotzdem, sicher war sicher. Außerdem hinderte es mich effektiv an der Flucht.
“Guten Morgen, Mama“, begann ich möglichst unauffällig, auch wenn die frühe Morgenstunde dafür sprach, dass der Morgen vermutlich nicht gut werden würde. Wäre er gut, wäre ich immerhin noch im Bett. “Hast du einen Moment für uns?“ Ja, ich entschied mich für die lukanische-Würstchen-Taktik: Eine Scheibe nach der anderen.
Aglaia hatte nach meiner Hand gegriffen, als wir ihr Zimmer verlassen hatten. Anfangs glaubte ich, sie tat es, weil sie jemanden zum festhalten brauchte und weil sie vielleicht gewisse Ängste verspürte. Natürlich konnte sie sich an mir festhalten. Ich war ja auch ihr Beschützer! Doch als ihre Mutter in Sichtweite kam, da spürte ich plötzlich ein seltsames Gefühl. Wieder musste ich an "Schnippschnapp" denken. Aber verwarf gleich wieder den Gedanken. Nein, diese Frau würde mir kein Leid zufügen. Auch nicht, wenn ich ihr gebeichtet hatte, dass ich ihre Tochter geschwängert hatte. Langsam rutschte mir doch das Herz in die Hose. Wie gut, dass Aglaia mich festhielt. So war ich gezwungen, alles durchzuziehen, wie ich es ja großmäulig gesagt hatte. 
Aglaia begrüßte zuerst ihre Mutter und fragte sie, ob sie etwas Zeit für sie hätte
"Guten Morgen, ... Domina!" begrüßte ich sie mit einer kratzigen Stimme. Das Domina verschluckte ich fast. Komisch, plötzlich fühlte sich meine Kehle so trocken an.
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich es gar nicht gemerkt hatte, wie Aglaia ins Atrium kam. Es gab vormittags einfach immer so wahnsinnig viel zu organisieren für den reibungslosen Ablauf und ich hatte leist einen Stapel tabulae auf dem Tisch neben mir liegen. 

Das "Guten Morgen" von Aglaia riss mich daher aus den Gedanken und ich lächelte warm, als ich meine Tochter sah. Dieses Lächeln gefror aber auch genauso schnell auf meinem Gesicht, als ich sah wie sie mit dem blonden Sklaven Händchen hielt. Dass die beiden Sex hatten war ja kein Geheimnis und mir persönlich recht egal, aber dieses Händchenhalten machte mich stutzig. 

Ich wies auf einen der Korbstühle mir gegenüber. "Guten Morgen. Setz dich doch, Liebes. Der Hartkäse und das Zwiebelbrot sind ausgezeichnet, falls du Hunger hast" sprach ich und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Es musste schon dramatisch sein, wenn mein Kind sich um diese Uhrzeit aus dem Bett bemühte.
Irgendwie gefiel mir nicht, wie Owain meine Mutter mit Domina ansprach. Das fühlte sich falsch an. Ganz furchtbar falsch. Die anderen im Haus nannten sie schließlich auch nicht so. “Du musst das nicht, du gehörst zu uns“, meinte ich so laut, dass meine Mutter es sicher auch hören würde. Da wir hier im Haus aber bewusst keine Sklaven hatten, sondern alle frei waren und Owain der einzige Sklave überhaupt war, konnte ich mir nicht vorstellen, dass es da ein Problem geben könnte.

Ich zog Owain mit mir zu dem Korbsessel und dirigierte ihn hinein, so dass ich mich auf seine Beine setzen konnte. Ich wollte ihn grade ganz dicht bei mir haben und es kam mir doof vor, wenn er stehenbleiben würde. Außerdem waren die Dinger ja durchaus absichtlich so breit, dass es auch für zwei Personen in unterschiedlichen Stellungen bequem war.
“Nein, ich hab grad noch nicht wirklich Hunger. Ich… hab mich heute Morgen übergeben.“ Ich sah meine Mutter einen langen Augenblick an. Wir beide wussten, wofür das ein Anzeichen war. “Ich bin fünf Tage drüber“, kam dann auch gleich die zweite, relevante Information.
Und jetzt wartete ich erst einmal auf ihre Reaktion darauf. Da ich die letzten paar Wochen nicht wirklich Kunden hatte, konnte sie sicher eins und eins zusammenzählen.
Ich runzelte nur die Stirn bei der Aktion mit dem breiten Korbsessel, aber naja. Das Domina hatte ich ebenfalls überhört, da ich generell nicht auf irgendwelche Titulierungen bestand. Auch die anderen Mitarbeiter des Hauses und vor allem die anderen Hetären sah ich alle wie meine Töchter und meine Familie. 

Fünf Tage drüber...das wäre früh genug noch ein paar Mittelchen zu versuchen. Ich beschloss nüchtern und neutral zu bleiben, auch wenn alles in mir gerade kochte. Warum musste das gerade jetzt passieren, wo Aglaia so gute Kontakte geknüpft hatte.

 "Soll ich nach dem Medicus schicken oder dir einen Kräutertrunk bereiten?" fragte ich daher gerade heraus um abzuwägen, was für Pläne meine Tochter hatte.
War ja klar, dass sie mich fragte, ob ich es loswerden wollte. Ich schaute zu Owain und drückte einmal leicht seine Hand. Denn jetzt kam der knifflige Teil. “Nein, ich… wir  wollen es behalten. Ich weiß, es ist nicht ganz günstig, aber… Ich werde Owain freilassen und wir werden heiraten. Und wir werden Kinder haben. Das war eigentlich viel später alles geplant und nicht jetzt, aber… es ist jetzt so, wie es ist. Und ich wollte, dass du es gleich weißt und nicht von irgendjemand anderem erfährst.“
Ich sah wieder zu meiner Mutter zurück und hoffte, dass sie mich verstand. Mich hatte sie damals ja auch behalten.
Wenn Blicke töten könnten, wäre ich wahrscheinlich in genau diesem Moment gestorben, als wir beide, händchenhaltend auf Aglaias Mutter getroffen waren. Es gefiel ihr so gar nicht, was sie da sah, auch wenn sie es nicht kommentierte. Eigentlich sagte sie gar nichts zu mir und tat so, als sei ich Luft.

Sie frühstückte gerade und lud Aglaia auch dazu ein auch. Ich hoffte, wir würden ihr nicht auch noch den Appetit verderben, wenn sie gehört hatte, was wir beide ihr mitteilen wollten!
Aglaia störte es, dass ich ihre Mutter mit Domina angesprochen hatte. Sie versicherte mir, dass ich zu ihnen gehöre und ich das nicht machen müsse. Für mich war es eine komische Situation, Schließlich war ich derjenige, der Aglaia geschwängert hatte und sie auch heiraten wollte. Ich, der nur ihr Sklave war, der nichts Eigenes hatte und der auf sie angewiesen war. Eigentlich sollte es doch anders sein!

Aglaia zog mich zu dem Korbsessel, in den ich mich setzen sollte, so dass sie sich auf meine Oberschenkel setzen konnte. Zunächst lehnte sie dankend ab, denn ihr war ganz und gar nicht nach Frühstück. Ganz unumwunden erklärte sie auch warum. Sicher würde ihre Mutter nun schon Verdacht schöpfen. Spätestens dann, als sie sagte, sie sei mit ihrer Blutung überfällig, mussten alle ihre Alarmglocken klingeln.

Zunächst herrschte Stille. Es war der Moment, in dem alle darüber nachdachten, wie man mit dieser neuen Lage umgehen sollte. Auch ich überlegte krampfhaft, was ich Aglaias Mutter sagen sollte. denn irgendetwas musste ich doch sagen!
Olympias erwähnte dann den Medicus und einen Kräutertrunk, den sie ihrer Tochter zubereiten wollte. nur schleichend begriff ich, was sie damit meinte. Sie durfte unser Kind nicht töten! Glücklicherweise lehnte Aglaia das vehement ab und erklärte ihrer Mutter ihren, nein unseren Plan.

"Ich werde alles tun, damit sie glücklich wird!" meldete ich mich endlich zu Wort. "Mit der Arbeit meiner Hände werde ich Aglaia und unser Kind ernähren!" Denn wenn es nach mir ginge, sollte Aglaia nicht mehr ihren Körper verkaufen müssen, wenn wir verheiratet waren. Mir schwebte immer noch das Idyll vor, was sie mir vor einigen Wochen in meinen Kopf projiziert hatte. Wir beide in Londinium, in unserer Schmiede. Sie würde die Dinge verkaufen, die ich geschmiedet hatte. Metallwaren wurden doch immer gebraucht. Wir beide würden glücklich sein, denn der Tribun wäre keine Bedrohung mehr für uns  und wir würden dann zu dritt sein.
Mir blutete das Herz bei diesem gefühlsduseligen Blödsinn, den meine sonst so wunderschöne und äußerst intelligente Tochter da von sich gab. Als der Barbar auch noch anfing etwas von der Arbeit seiner Hände zu schwatzen, während er hier unter unserem Dach lungerte und sich durchfüttern ließ statt dass er etwas Anständiges in seiner Schmiede herstellte, hätte ich beiden am liebsten eine Ohrfeige gegeben. 

"Was ist mit deinen Plänen römische Bürgerin zu werden? Wenn das Kind nach uns schlägt könnte es passabel als römisch oder griechisch durchgehen und du könntest es mir gleichtun und deine Zukunft sichern. 

Ich hatte einen Exklusivvertrag mit deinem Vater Decimus Julius Silanus Torquatus während der Schwangerschaft seiner Frau und wurde großzügig bedacht für deine Geburt. Du könntest es ähnlich halten mit dem Furius, Iulius oder dem fetten Plautier. Ein Stelldichein lässt sich leicht arrangieren und mit der Zuwendung eines reichen Gönners hast du ausgesorgt.

Wenn du den Barbaren heiratest, werde ich Kiki oder Fenya als meine Erbin adoptieren und der Betrieb, die Kunden und mein Vermögen wird zu einer der beiden als Erbschaft kommen, damit sie es weiterführen können in einem neuen Haus. Du verlässt diesen Betrieb zwar mit meinem Segen, aber nur noch mit deinem Privatvermögen ohne meine Mittel und wir werden weiterziehen. Wenn das die Zukunft ist, die du dir wünschst, so stehe ich dir nicht im Weg aber du kannst nicht alles auf einmal haben." 

Ich war sehr direkt gewesen, aber ich hoffte, dass Aglaia noch zur Besinnung kommen würde statt wie ein einfaches Heimchen Kinder und Herd zu hüten bei dem mageren Einkommen eines Dorfschmieds. Was für eine Verschwendung von Intellekt, Schönheit und Bildung...
Während meine Mutter redete, fing ich an Owains Hand immer fester zu drücken. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie Freudensprünge machen würde, aber das hier? Ich blieb ruhig, so lange ich konnte, aber dann explodierte ich. Ich stand auf, weil ich es im Sitzen nicht aushielt. “Ich werde den Furius nicht betrügen, der Iulius fickt mit Narcissus und den Plautier kannst du selber ficken! fauchte ich aufgebracht.
“Und dass du es überhaupt wagst, so mit mir zu reden! Du willst mich enterben, weil ich schwanger bin und heiraten will? Ernsthaft? Hab ich nicht alles, wirklich alles dafür getan, um diese Familie zu ernähren und zu Wohlstand zu bringen? Ausgesorgt, dass ich nicht lache?! Hattest du ausgesorgt, als du meine Jungfernschaft versteigert hast? Oder als du mich zu dem gewalttätigen Aquilius ins Bett gesteckt hast, der mich halb totgeschlagen hat, weil es ihm Spaß machte? Oder als ich wieder und wieder unter diesem Schwein Rubellius Victor liegen musste, damit der sich an mir befriedigt, nur weil er ein verdammter Senator und reich war? Du redest von deinem Geld, aber wessen Geld ist es denn? Wer verdient hier im Haus denn? Du?“
Ja, ich war außer mir. Aber meine Mutter hatte mir schließlich auch grade an den Kopf geworfen, dass der einzige Grund, aus dem ich überhaupt lebte, Geld war. Und das war auch das einzige, was ich für sie war: Eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Ich wusste zwar, wie meine Mutter war, aber irgendwo hatte ich doch angenommen, dass sie, nunja, sowas ähnliches wie mütterliche Gefühle für mich hegte. Aber das stimmte nicht, wie sie mir sehr eindeutig vor Augen führte.
“Und sprich nicht so, als würdest du für alle anderen die Entscheidung treffen. Ich hab von keinem von ihnen verlangt, hier wegzugehen aus meinem Haus, das ich aus meinem Vermögen bezahlt habe. Sie können alle hier bleiben und weiter ihr Geld verdienen. Wenn du gehen willst, dann geh halt, aber tu nicht so, als würde ich irgendjemanden hier zu irgend etwas zwingen, nur weil du wütend bist, dass du mich nicht weiter verkaufen kannst“, schnauzte ich und stampfte dann so königlich wie nur irgendwie möglich davon. Ich würde ihr nicht die Genugtuung geben, vor ihr noch zu weinen. Nein, erst, wenn ich deutlich außer Sicht- und Hörweite war. Aber ich würde nie zugeben, dass sie mich verletzt hatte. “Und um meine Finanzen kümmere ich mich ab jetzt selbst!“, rief ich noch über die Schulter zurück, da sie sich nicht einbilden sollte, nach dieser Ansage auch nur noch ein lausiges As von mir in die Finger zu bekommen.
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