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Normale Version: Triclinium
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Das extrem weitläufige Triclinium hat extra große Liegen und breite Durchgangswege, die wohl auch groß genug für Riesen waren. Die Proportionen des Raums erscheinen für durchschnittlich beleibte Personen eher grotesk überdimensioniert. 
So wie jeden Tag war die Cena natürlich die liebste Zeit für mich. Doch heute hatte ich extra mein Lieblingsgericht vorbereiten lassen, da ich Besuch von Atreus erwartete und hoffentlich würde sich der alte, kauzige Seneca auch herbemühen. 

Die Sklaven waren bereits eifrig damit bemüht Häppchen und Getränke auf Tischen zu verteilen, damit alles für die Ankunft der Gäste bereit war. Ich wuchtete mich derweil auf eine der Liegen und ließ mir von einem der Sklaven ein wenig auf der Lyra vorspielen, während ich ein wenig Käse und Oliven knabberte. Hoffentlich würden die Gäste bald eintreffen - oder überhaupt.
Nachdem man ihn nun eingelassen hatte, ging Calum bis zum Triclinium durch. Er war ja noch nie in einem patrizischen Haushalt gewesen. War es überall so... groß? Er befand sich in einer Mischung aus Staunen und Wut über diese Verschwendung von gutem Platz. Allein das Esszimmer war gewaltig...
"Ich bin hier", sagte er, als er das dicke Mastschwein am Kopfende als seinen Gastgeber erkannte.
Das Doppelkinn schwabbelte vor Vergnügen, als mein erster Gast endlich eintraf und sogar in Begleitung der wie immer schlecht gelaunten Nike. Ich deutete auf eine der Liegen und sagte: "Nimm Platz Atreus, mach es dir bequem. Was möchtest du denn trinken? Wein, Wasser, Posca oder vielleicht Saft?" Das Tischlein neben der Liege war bereits reichlich mit Häppchen beladen in Form von Früchten, Käse und Brot auf einer Silberplatte und ein feiner Silberbecher stand schon bereit für Getränke. 

"Du hast bestimmt Fragen, aber ich freue mich, dass du gekommen bist. Sobald mein Großonkel eingetroffen ist, können wir 0ber den Grund deines Hierseins sprechen. Bis dahin, greif bitte ruhig zu und lass es dir munden."
Götter, war das entsetzlich hier. Der Reichtum meines Neffen sprang einen geradezu aus jeder Ecke an. Furchtbar. Waren das minoische Vasen? Nein, nein, ganz furchtbar.

Ich folgte also einem Sklaven oder zukünftigen Patrizier – anhand der Kleidung konnte ich da keinen Unterschied ausmachen – in ein Triclinum, in dem Montanus schon lag und eine komplette Kline wohl für sich allein in Anspruch nahm. Aber gut, ich wollte sowieso nicht unbedingt direkt neben ihm liegen. Da hätte ich doch etwas Platzangst.
“Salve, Montanus“, grüßte ich ihn. Wenn er mich schon als Großonkel – wobei das eher ein Urgroßschwippschwageronkel wäre – einlud, musste er auch damit klarkommen, wenn ich ihn beim Cognomen nannte. Ich fürchtete, er würde es anders herum ebenso halten.
Andere Personen im Raum beachtete ich erstmal nicht, im Zweifelsfall waren das eh alles Sklaven oder schlimmer: Verwandte.
Fragen! Fragen hatte er in der Tat.
Da stand er nun, wie bestellt und nicht abgeholt und auch ein wenig pikiert, dass man ihn einfach hierher geladen hatte. Es wirkte alles nicht wie ein Tribunal, was ihn verwunderte. Man bot ihm Essen und Getränke an, bei denen Dunduvan sicher lauthals protestiert und alle Anwesenden niedergestochen hätte.
"Ich mag nichts", sagte er daher, denn auch ihn widerte diese Zurschaustellung von Reichtum ein wenig an.
Da kam schon der sogenannte "Großonkel", der allerdings nicht einmal die Hälfte ihres Gastgebers ausmachte,
"Ich... verstehe einfach nicht, warum ich hier bin, mein Herr."
Der junge Bursche neben mir war wohl doch kein Sklave. Ich hoffte, es war kein verwandter. Aber da Montanus eine Familienangelegenheit besprechen wollte, ahnte ich fürchterliches. Wobei… ne, der sah nicht nach den verwandten aus, die ich kannte. Und bei Montanus war das unmöglich zu sagen, da der jegliche Familienähnlichkeit unter dicken Sicherheitspolstern versteckte.
Aber er redete den Hausherrn mit mein Herr an, was mich doch erleichterte. Und er wusste nicht, warum er hier war. “Da sind wir schon zwei“, stimmte ich brummelnd zu, denn ich hatte auch keine Ahnung und war noch immer nicht erpicht darauf, überhaupt hier zu sein.
Da bemühte man sich um eine angenehme Atmosphäre und üppige Bewirtung, aber mit diesen Gästen war das offensichtlich wie Perlen vor die Säue zu werfen. Also doch kein entspanntes Mahl in Gesellschaft heute Abend. Angesäuert verzog ich das Gesicht und klatschte dann einmal in die Hände, damit zwei der Nubier eine Steinbüste anschleppten und sie neben den Klinen aufstellten. Es war eine Büste meines verstorbenen Bruders Ursus, als er etwa so alt war wie Atreus und wenn er es nicht besser wüsste, dann hätte es eine Büste von Atreus sein können bis auf die Frisur.

"Der junge Mann hier ist Atreus, Großonkel Seneca. Ich habe ihn erst gestern getroffen, aber ich bin sehr interessiert wie sich die verblüffende Ähnlichkeit von Atreus mit der Büste hier erklären lässt. Du müsstest dich eigentlich noch an Ursus erinnern, Seneca...er hat mir von einem Zusammentreffen im Familiensitz in Rom erzählt als er dort noch in jungen Jahren weilte und gerade seine militärische Laufbahn begonnen hatte." Gut das war nun auch schon mindestens fünfundzwanzig Jahre her und wer wusste schon, wie verlässlich das Gedächtnis des alten Zausels noch war. Aber wenn er sich erinnern könnte, wäre das nicht schlecht.
Anstatt mir einen Platz anzubieten oder ein wenig gepflegter Unterhaltung, schickte Montanus zwei Sklaven los, die eine Büste hereinschleppten. Angeblich eine von seinem Bruder, wobei ich mich fragte, warum er überhaupt sowas hatte, bis mir wieder einfiel, dass er ja so ekelhaft reich war. Von mir zumindest gab es keine Büsten, und mein Abbild würde auch erst in Wachs gegossen, wenn ich schön auf einer Bahre lag und mich das alles nicht mehr kümmerte.
Dann stellte Montanus den jungen Mann vor. Ich hatte keine Ahnung, ob das ein Cognomen, ein Gentilname oder der vollständige Name des Burschen war, geschweige denn, wer oder was das sein sollte und was ich damit zu schaffen hatte, als Montanus die Ähnlichkeit zwischen dem Burschen und seinem Bruder ansprach. Ich guckte zwischen der Büste und dem Jungen hin und her, und ja, die sahen sich schon irgendwie ähnlich, wenn man das, was der Bildhauer aus Ursus’ Dickschädel gemacht hatte, für bare Münze nahm.
“Ich erinnere mich nur noch daran, wie er immer herumgetönt hat, in welchem Lupanar die schönsten Mädchen seien“, erwiderte ich ehrlich, wenn auch nicht unbedingt positiv über den Verstorbenen, auch wenn man über die Toten allgemein nur gutes oder gar nichts sagen sollte. Aber das letzte Mal, dass ich Ursus gesehen habe, war ein halbes Leben her, und ich hatte meine Verwandtschaft noch nie leiden mögen, erst recht nicht den entfernteren Teil. Aber ja, das, was ich von Ursus so erinnerte, war ein recht eingebildeter junger Mann mit einem leichten Hang zu Gewalt – wenngleich das wohl auf jeden zutraf, der zum Militär ging – und einer Vorliebe für hübsche Mädchen, die ins Unvernünftige ging. Aber wie er ausgesehen hatte, wusste ich doch heute nicht mehr.

“Und ja, sie sehen sich etwas ähnlich. Und? Wer sind deine Eltern, Bursche?“ fragte ich den jungen Mann. Vielleicht hatte man ja doch irgendwo gemeinsame Vorfahren, oder es war einfach ein Zufall. So oder so sah ich nicht, was ich damit zu tun hatte.
Calum hatte die Büste die letzten Sekunden lang die Büste angestarrt, als sei er blöde. Das Ding sah ja aus wie er selbst!
Jetzt ahnte er langsam, warum ihn der Wal mit Beinen hierherzitiert hatte. Aber das konnte nicht sein. Sein Vater hatte seine Mutter auf Mona geschändet und war dann verschwunden, um weiter zu morden. Wie konnte das jetzt sein? Dachten sie etwa wirklich, er sei der Neffe dieses Ungetüms!?
"Ich... verstehe nicht", stammelte er atemlos. Jetzt war guter Rat teuer! "Meine... Meine Mutter lebt auf dem Land. U-Und mein Vater? Den kenne ich gar nicht. Ich bin nur ein Niemand. Ein einfacher Kerl vom Land. Ich gehe beim Schmied in die Lehre!"
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