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Normale Version: Oecus
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Oecus

[Bild: Naevia-Calida-klein.jpg] | Naevia Calida

Naevia Calida hatte es sich in einem Korbsessel gemütlich gemacht und widmete sich ihrer Handarbeiten. Schon seit ihrer Kindheit liebte sie es, zu sticken. Beim örtlichen Tuchhändler kaufte sie regelmäßig Garn in verschiedenen Farben. Damit verschönerte sie ihre eigene Kleidung, aber auch andere Textilien für den Wohnbereich.

Als sie die nahenden Schritte hörte, legte sie das Tüchlein, welches sie gerade bestickte, zur Seite. Sie hatte den Besuch des Medicus herbei gesehnt, denn in sein Können legte sie all ihre Hoffnung.
Wenige Minuten später erschien dann auch Pacorus mit dem Medicus im Schlepptau.

[Bild: Pacorus.jpg] | Pacorus

"Domina, Pytheas Medicus ist eingetroffen." sagte Pacorus. "Danke, Pacorus!" entgegnete Naevia Calida und erhob sich aus ihrem Korbsessel. Sie machte einige Schritte auf den Medicus zu. "Salve! Ich freue mich sehr, dass du etwas Zeit erübrigen konntest. Bevor ich dich zu meinem Sohn bringe, möchte ich gerne mit dir sprechen. Bitte nimm doch Platz!" Sie deutete auf einen Korbsessel, der ihrem gegenüber stand. "Darf ich dir etwas anbieten?Posca, Wasser oder verdünnten Wein?"
"Sei gegrüßt, ehrenwerte Naevia Calida", erwiderte Pytheas mit einer kleinen Neigung des Kopfes und stellte seine theca, seine Tasche mit seinen Utensilien, neben sich:
"Für einen Patienten werde ich immer Zeit erübrigen. Gerne etwas Wasser bitte", er setzte sich an den Rand des Korbsessels und richtete seinen hellgrauen Blick auf die Matrona, die mit Handarbeiten beschäftigt war. Das ganze Haus strahlte gediegenen Wohlstand aus; nicht wie in einem Patrizierhaus, sondern bodenständig: 
"Ich höre", sagte er: "Dein junger Bote hat mir ein wenig mitgeteilt. Doch ist er noch ein Kind" Er fragte nicht nach, ob Beatus trotz seiner Entschuldigung  für sein Zuspätkommen bestraft worden war. Sich in die Sklavenhaltung einer römischen Bürgerin einzumischen, stand ihm nicht zu - außer sie hätte ihn um Rat gebeten.
[Bild: Naevia-Calida-klein.jpg] | Naevia Calida

Calida musste nur dem Sklaven kurz zunicken, damit dieser verstand, was zu tun war. Pacorus entfernte sich aus dem Oecus und die Dame des Hauses nahm wieder in ihrem Korbstuhl Platz. 

"Beatus ist ein guter Junge und sehr besorgt, um seinen jungen Dominus. Wie wir alle hier." Sie lächelte dem Medicus freundlich zu, bvor sie weiter sprach. "Mein Sohn war Centurio der zweiten Legion. Durch einen schrecklichen Unfall während eines Einsatzes vor über einem Jahr, wurde sein rechtes Bein sehr schwer verletzt. Die Militärärzte gaben gewiss ihr Bestes. Dennoch ist es meinem Sohn nicht mehr möglich, sich ohne Hilfe fortzubewegen. Außerdem wird er regelmäßig von furchtbaren Schmerzen heimgesucht, die ihn dann gänzlich an sein Bett fesseln."
In der Zwischenzeit hatte eine Sklavin einen Krug mit frischem Wasser und zwei Becher gebracht. Sie schenkte beide Becher ein und verschwand dann genauso schnell und unauffällig, wie sie gekommen war. Calida nahm sich ihren Becher und nippt daran. Man konnte spüren, wie sehr ihr das Wohlbefinden ihres Sohnes nahe ging, obwohl sie versucht hatte, in der Gegenwart des Medicus sachlich zu bleiben.
"Man hört viel Gutes über dich. Daher dachte ich, du könntest dir das Bein meines Sohnes einmal anschauen und vielleicht findest du eine Möglichkeit, wie man seine Situation etwas verbessern könnte." Dass ihr Sohn davon alles andere als begeistert war, verschwieg sie erst einmal. Wie jede besorgte Mutter wollte auch sie nichts unversucht lassen, um ihrem Sohn zu helfen. Wenn doch wenigstens die Schmerzen nicht mehr so stark wären, dachte sich Calida.
Vor Pytheas geistigem Auge erschien das Bild eines älteren bärbeißigen Centurios, der auf Grund seiner chronischen Schmerzen und der damit regelmäßig einhergehenden Wesensveränderung die ganze Welt allgemein  und Zivilisten besonders verabscheute. Aber dazu passte die Erscheinung der Naevia Calida nicht. Oder sie hatte sich außergewöhnlich gut gehalten. 
Außerdem hatte sie "junger Dominus" gesagt, als sie über Beatus sprach.
"Wie alt ist bitte Sabinius Merula?", fragte er und:

"Ich denke, dass ich durchaus etwas für ihn tun kann, werte Naevia Calida.  Zumindest bei der Schmerzbekämpfung ist die Wissenschaft heute schon sehr weit. Aber wie jede Beeinflussung der Natur hat eine solche Behandlung Vor- und Nachteile, die ich dem Patienten darlegen muss. Der Unfall hat seinen Verstand doch nicht etwa beeinträchtigt?"

Pytheas wusste selbst, dass diese Frage nicht zartfühlend war. Aber die Mutter hatte ihn gerufen und nicht Sabinius Merula selbst, daher war die Frage, ob der ehemalige Centurio noch Herr seiner Sinne war, für ihn naheliegend. Vielleicht hatte es eine Kopfverletzung gegeben.
[Bild: Naevia-Calida-klein.jpg] | Naevia Calida

Die Frage des Medicus erstaunte sie zunächst. Doch sie beantwortete ihm unumwunden seine Frage. "Mein Sohn wird in diesem Sommer achtundzwanzig Jahre alt. Ich hoffe, dies wird nicht hinderlich sein für eine erfolgreiche Behandlung." Doch er beschwichtigte sie schnell wieder und meinte, ihm in irgendeiner Weise sicherlich helfen zu können. "Das wäre schon eine große Hilfe, wenn man den Schmerzen Einhalt gebieten könnte!" Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, glaubte sie gar nicht mehr daran, dass Merula jemals wieder von alleine gehen konnte. Damit hatte sie längst abgeschlossen. Dies jedoch würde sie niemals laut aussprechen. Seit dem Tag, an dem sie von Merulas Verletzung erfahren hatte, wusste sie, dass sie von nun an stark sein musste. Stark auch für ihren Sohn, damit er niemals seinen Mut verlöre.

"Oh, mein Sohn ist bei vollem Verstand! Sein Kopf war glücklicherweise nicht involviert bei seinem Unfall. Vielleicht sollten wir uns nun zu ihm begeben, damit du dir selbst ein Bild machen kannst," sagte Calida und erhob sich aus ihrem Korbsessel. Sie wartete einen Moment, bis der Medicus es ihr gleich getan hatte. "Bitte folge mir!" Sie ging voraus, hinaus ins Atrium und wandte sich dann einer Tür an der gegenüberliegenden Seite zu und klopfte.

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"Nein, das Alter spielt keine Rolle", erwiderte Pytheas und erhob sich rasch, während er seine Tasche packte:
"Ich folge Dir, werte Naevia Calida und werde sehen, was zu tun ist"