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Normale Version: Das Balneum
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Balventius Varros Entspannungsoase findet sich hinter einem niedrigen Durchgang, der in eine Art Keller führt. Da sich die Casa auf einem Hang befindet, kann man hier jedoch durch die Fensteröffnungen nach außen sehen. Ein schmaler Gang führt zu zwei rechteckigen Becken, von denen eines durch das villeneigene Hypocaustum beheizt wird. Auch hier gibt es eine schmale Fensteröffnung und vom Zugang aus sorgt ein Wandbehang für Privatsphäre. Auf einer Bank liegen immerzu frische Tücher und Tuniken bereit und  die felsige Decke verleiht dem Ort trotz seines Wandschmucks und der frischen Blumen etwas Höhlenartiges.
Weiter vorn, wo sich der Gang abspreizt, führt eine Treppe in das düstere Domizil für die Sklaven und Bediensteten. Damit diese jedoch nicht denselben Zugang nutzen wie ihr Herr und seine Gäste, führt von hier aus eine Treppe hinauf in die Küchen. Auch dieser Ort ist gut gepflegt, das liegt aber eher an der Ordentlichkeit der Sklaven als am Interesse ihres Dominus.
Nach der kleinen Einführung seines Bruders hatte sich Varro zurückgezogen, um das warme Wasser seines Balneums zu genießen. Die Grotte unter dem Haus bot ihm alles, was er für eine kleine Entspannungseinheit brauchte, denn dieses kurze Gespräch hatte schon ausgereicht, um ihn wieder zu stressen.
Nun... zu früh gefreut, hieß es da wohl, denn als Varro bereits wieder Schritte hörte und die Stimme seines Bruders wusste er, dass die Götter ihm heute noch eine Menge Geduld abnötigen würden...
"Besetzt!", brummte er.
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"Dieser miese Stinkstiefel! Aber genau so ist mein Bruder! Elende Mistkröte! Jupiters Blitze sollen ihm beim Scheißen treffen!" Ich alles andere als amused! Dieses Drecksloch, in das mich mein Bruder gesteckt hatte, war sowas von daneben! Wie sollte ich da meinen Bedürfnissen nachkommen? Dass er von mir verlangte, mich in seiner Mine nützlich zu machen, konnte ich ja noch verstehen. Aber das war einfach zu viel! Zum Glück hatte mir Ganymed ein Bad gerichtet. So konnte ich hoffentlich meinen Ärger einfach wegspülen und mich mit ihm vergnügen. Danach würde er mich noch massieren und vielleicht durfte er dann noch bei mir schlafen. Aber halt, ich hatte ja Asarea vertröstet, nicht mit mir ins Balneum zu kommen, weil ich mit Ganymed noch ein ernstes Wörtchen reden wollte.
Schwungvoll öffnete ich die Tür zum Balneum, während Ganymed schön artig hinter mir herdackelte. Er hatte meine frische Tunika  und eine Phiole mit Öl in Händen, mit dem er mich nach dem Bad noch massieren sollte. Moschus! Das war der letzte Schrei in Rom. Ich hatte mir extra noch etwas davon besorgt, bevor ich zum Arsch der Welt aufgebrochen war.
'BESETZT!' lärmte da schob die brummige Stimme meines Bruders in meinen Ohren. Pah, besetzt! Dieses Bad hatte mein Ganymed für mich gerichtet!
"Da muss ich dich leider enttäuschen!", entgegnete ich zuckersüß mit einem Lächeln im Gesicht. "Ganymed hat für mich das Bad vorbereitet! Aber du kannst dich gerne eingeladen fühlen! Ich teile gerne mit meinem Bruder!" Kaum hatte ich den letzten Satz ausgesprochen, da entledigte ich mich bereits meiner Kleidung und stieg ins herrlich warme Wasser. Ganymed tat es mir gleich und schaute etwas verlegen zu meinem Bruder.
"Typisch. Nur du hast den Nerv, bei deinem Bruder aufzutauchen, sein Wasser zu benutzen und es dann hinzustellen, als würdest du teilen", sagte Varro, der sich sammelte und langsam damit abfand, dass dieses Bad wohl nicht allein stattfinden würde.
Er blickte bei der Erwähnung von Ganymeds Namen zu dem Jungen hinüber, dessen Unsicherheit ihm nicht entging. "Viel wichtiger, wer ist dieser 'miese Stinkstiefel', von dem du so erbost sprichst? Das muss ja wahrlich ein Mistkerl sein, dass er meinen wohlerzogenen kleinen Bruder so zum Schreien bringt."
Varro gab sich gelassen, war jedoch durchaus amüsiert. Seinen Bruder derartig zu empören, hatte sich doch wahrlich gelohnt.
Varro hatte die Arme links und rechts auf dem Beckenrand liegen und legte den Kopf entspannt in den Nacken. Das grottenartige Balneum mochte außerhalb des Wassers - vor allem im Winter - kalt sein, doch der Ausblick war herrlich und man konnte hier gut abschalten.
"Wie geht es eigentlich Vater? Er scheint nicht weniger temperamentvoll zu sein als zuvor."
Varro war schon immer ein Miesepeter gewesen und würde auch als solcher sterben. nun moserte er herum, dass ich auf mein Bad bestand, obwohl ich ihn doch gar nicht vetreiben wollte. Er war einfach ein hoffnungsloser Fall! "Das Gleiche könnte ich von dir behaupten, aber ich lasse es einfach. Dafür ist das Wasser einfach zu wunderbar." meinte ich und versuchte mich trotz meines anwesenden Bruders zu entspannen. Was durchaus eine Herausforderung war. Ich tauchte einmal kurz unter und tauchte sogleich wieder auf. "Ahhh!" , machte ich und strich mir das Wasser mit meinen Händen aus dem Haar. "Massiere mich ein wenig, Ganymed! Mein Nacken fühlt sich ganz verspannt an." Mein Sklave stellte sich sofort hinter mich und begann damit, meinen Nacken zu kneten. Das machte er richtig gut und wäre mein Bruder nicht gewesen, hätte ich es auch in vollen Zügen genießen können, Doch dann erwähnte er den Stinkstiefel, welchen ich zuvor auf dem Weg zum Balneum verflucht hatte. Der Kerl hatte doch wirklich Augen und Ohren wie ein Luchs! Und natürlich legte er dann auch sofort nach und fragte nach unserem Vater. "Ach der! Ja, der ist so nervig wie ein Furunkel am Allerwertesten! Aber lass uns nicht von diesem Miesepeter sprechen! Wie laufen die Geschäfte, mein Lieber? Offenbar gut, denn in diesem Kaff scheinst du eine prominente Persönlichkeit zu sein." In der Taberna hatte ich nur unseren Familiennamen nennen müssen und alle wussten Bescheid, wohin ich gehörte. "Ubrigens, ich soll dir schöne Grüße von Vater ausrichten. Ihm geht es gut, wie eh und je. Wahrscheinlich wird er uns alle noch überleben!" Mit meiner Mutter hatte ich Mitleid, denn sie musste es tagtäglich mit ihm aushalten.
Ganymed massierte weiter ohne Unterlass, bis es mir fast schon unangenehm wurde. "Lass gut sein, mein Hübscher! Vielleicht kannst du ja auch meinem Bruder etwas Gutes tun." raunte ich ihm zu, was nicht unbedingt auf Ganymeds Zustimmng traf. Allerdings hatte er keine Wahl. Er war schließlich ein Sklave!
Varro folgte den Aktivitäten der beiden mit einem scheelen Blick. Solche Intimitäten konnte man doch wirklich privat halten. Wenn es wenigstens das Mädchen gewesen wäre, das hätte ja noch was gehabt. Aber im Beisein anderer mit seinem Sklaven zu schäkern, puh...
Aber so war es immer gewesen. Scapula hielt ihn für verstockt, während er ihn für einen verantwortungslosen idiotischen kleinen Versager hielt. Und doch war da eine Spur Neid. Jemand, der sich um seinen Ruf keinen Gedanken machen musste und das Leben genießen konnte... Sein Bruder wusste nicht, wie gut er es hatte.

"Vater ist so ein Ärgernis", seufzte Varro. In dieser Hinsicht waren sie beide sich einig. Von dem Alten wegzukommen, war für ihn das Beste gewesen. Das Schlimmste das passieren konnte war, dass der Alte aus welchem Grund auch immer hierher kommen würde. Varro wollte nicht, dass alles, was er sich aufgebaut hatte, von seinem Vater in Besitz genommen wurde. Pater familias am Arsch. Und doch schien ihr Vater sich eine kleine Machtdemonstration nicht nehmen zu lassen. Wusste er doch, wie sehr seine Söhne sich verabscheuten.
"Was Gutes?", wollte Varro wissen und schnaubte amüsiert. "Ich weiß nicht, ob ich im Augenblick eine Massage benötige... Aber falls ich meine Meinung im Laufe des Tages noch ändere... Sag, wieso schickst du das hübsche Kerlchen nicht heute Abend in meine Richtung? Im Gegenzug könnte ich eine von meinen bitten, dir ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken."
In der Abstellkammer, die Scapula sein Zimmer schimpfte, würde es zu zweit schon reichlich gemütlich werden. Muahahaha!
Ach ja, Vater! Wir hatten nun endlich ein Thema gefunden, bei dem wir einer Meinung waren. Unser Vater in seiner Allmacht, die zuweilen seltsame Blüten an den Tag förderte. Seitdem ich denken konnte, hatte er das natürliche Konkurrenzdenken seiner Söhne für gut befunden und in gewisser Weise auch gefördert. Dabei hatte er billigend in Kauf genommen, dass wir uns eines Tages wie Hunde zerfleischen könnten. Irgendwann war ich aus diesem bizarren Spiel ausgestiegen und versuchte mein eigenes Ding zu machen. Warum umständlich, wenn es auch einfacher ging, war dabei meine Devise, an der ich bis heute festhielt. Ich wusste, Varro hielt nichts vom Weg des geringsten Widerstandes. Er war bis hierher in diese verlauste Provinz gereist, um sein eigenes Leben führen zu können und um nicht ständig unter der Fuchtel unseres Vaters stehen zu müssen. Hut ab, für das, was er sich hier aufgebaut hatte. Ich wusste, ich hätte das nicht gekonnt und mit angrenzender Sicherheit hätte ich das auch nicht gewollt.

Aber ja, da war er wieder, der liebe Varro. Mein kleines Friedensangebot, Ganymed mit ihm zu teilen und hier im Wasser vielleicht noch etwas mehr Spaß zu haben, lehnte er natürlich ab, diese elende Spaßbremse! Doch er schloss es dann zu meiner Überraschung auch nicht aus, ihn später vielleicht einmal auszuleihen. Im Gegenzug wollte er mir einen von seinen anbieten. Sollte mein Bruder am Ende doch noch über so etwas wie Spontanität und Ideenreichtum verfügen? Meine Mundwinkel gingen automatisch nach oben. "Das wird sicher machbar sein, mein Lieber! Hast du immer noch den kleinen Griechen mit der flinken Zunge?", fragte ich ihn. Ich erinnerte mich noch ganz gut an den Sklaven, auch wenn ich schon längst seinen Namen vergessen hatte. "Oder hast du dir inzwischen etwas Exotischeres zugelegt?" Vielleicht sogar etwas von hier. Einen Barbaren hatte ich bisher noch nicht in meine Nähe gelassen. Wenn ich so darüber nachdachte, hatte es sicher auch seine Reize.
In Bezug auf ihren Vater hatten die drei Brüder schon immer dieselbe Meinung gehabt. Wenn man einen Streit schnell beenden wollte, war es beinahe immer eine gute Idee, das Gespräch auf ihn zu lenken.
Varro schnaubte amüsiert.
"Flavian, ja. Der Junge ist blitzgescheid und der Vorsteher meiner Minenverwaltung, wenn er nicht seinen Pflichten hier nachkommt. Er war kein Fehlkauf, ganz und gar nicht. Ich bin sicher, er wirddich gerne in deinen neuen Aufgabenbereich einführen und dir alles zeigen, was du wissen musst."
De facto würde der Sklave sogar Scapulas Vorgesetzter sein, auch wenn sie es nicht so nennen würden. Nie im Leben würde dieser Schwachkopf von ihm eine Tätigkeit bekommen, die ein Mindestmaß an Verantwortung erforderte.
"Nun, ich habe einen neuen Sklaven, den ich als Leibwächter ausbilden lassen will. Der Mann ist Kelte, aber ich würde mich hüten, allzu aufdringlich zu werden. Er kann und wird dir den Arm brechen und den Schwanz gleich dazu. Auch Flavian würde er keineswegs zwingen, sich auf seinen Idioten von Bruder einzulassen, aber das würde er Scapula erst sagen, wenn er sein Stelldichein mit Ganymed gehabt hatte. Apropos...
"Wieso schickst du mir den Hübschen nicht gleich zu meinem Cubiculum? Dann gebe ich ihm eine kleine Führung durch das Haus." Das war ein sehr schlecht getarnter subtiler Code für "ihm das Hirn rausvögeln", das wussten sie beide. Wobei er noch einen weiteren Grund für diese... private Runde hatte.
Einen Kelten? Ich rümpfte ein weinig angewidert die Nase. Was mein Bruder mal wieder unter 'exotisch' verstand! Aber gut, wenn er auf behaarte Barbaren stand, dann viel Spaß. Andererseits wäre es eine neue Erfahrung und da ich nun eh schon hier in dieser, von den Göttern verlassenen Provinz war, musste man sich den Gegebenheiten anpassen.
"Nun gut, dann kann dein Flavian mir morgen alles zeigen, was er so drauf hat. In meinem Officium." Ja, ich ging davon aus, dass man mir ein eigenes Büro zur Verfügung stellen würde und ja, seinem Flavian würde ich morgen zeigen, wozu ein Balventius alles fähig war.
Als Varro meinen Ganymed wieder ins Spiel brachte, zwinkerte ich ihm zu. Offenbar hatte man ihm doch irgendwann den Stock im Arsch entfernt, so dass er den Verzügen des Lebens doch noch etwas abgewinnen konnte.
"Aber klar doch!" meinte ich "Er kann gleich mit dir gehen, nachdem er mich abgetrocknet und angezogen hat." Meine Massage würde ich heute meiner süßen Asarea überlassen. Darüber würde sie sich sicher freuen. 
So entstieg ich dem Bad und mit mir mein Ganymed, der nun noch seinen geforderten Dienst erledigte. Danach verließ ich ohne ihn das Balneum. Ganymed indes stand etwas verloren herum. Sollte er wieder ins Wasser zum Bruder seines Dominus' steigen oder kam dieser nun heraus? Er waretete einfach auf seine Ansage.